"LAND!!! Wundervolles, festes, schönes, unsinkbares, trockenes Land!!!", seufzte Vala laut vernehmbar, als er über einen der vielen Hafenstege der Stadt Heraclion in Richtung des Festlandes humpelte, um sich bei erstbester Gelegenheit in den an diesem sonnigen Tag staubtrockenen Dreck des Hafenviertels zu werfen. Das gebrochene Bein war perdu, die Schmerzen dahin, alles was zählte war fester Boden unter den Füßen?
Sirius
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Sirius, der so manche seltsame Anwandlung seines Herrn erlebt hatte und diesem selbst noch viel mehr derer zugemutet hatte, erlebte gerade einen der seltenen Momente, in dem Vala ihm einfach nur unendlich peinlich war.
"Geht weiter... hier gibt es nichts zu sehen!", rief er den Hafenarbeitern und den Passanten auf griechisch zu, die ob des seltsamen Auftritts des großen Kerls verwundert innegehalten hatten, "..und das hier ist nicht mein Herr. Nein, ich kenne diesen Mann überhaupt nicht. Ich habe ihn noch nie zuvor gesehen... geht weiter, Leute, hier gibt es absolut nichts zu sehen!"
Vala lag immernoch im Dreck und krallte seine Hände in den Boden. Genau genommen hatte er die acht Stunden, die sie bei gutem Wind gebraucht hatten um von der ersten Sicht bis zum Hafen gebraucht hatten, gebannt auf das winzige und elend langsam größer werdende Eiland starrend am Bug verbracht.
"Göttlich... einfach nur göttlich!", hörte Sirius von unterhalb seiner Knie, wagte es aus Scham jedoch nicht hinunterzugucken aus Angst, seinen Herrn sonst für diese öffentliche Demütigung erwürgen zu müssen: "Herr.. wir müssen weiter. Wir sind wegen eines Medicus hier, erinnerst du dich?"
"Jaja...", schmollte Vala mit verdrieslicher Miene, als er sich wieder von seinem geliebten Dreck löste und auf einem Stock gestützt in die Stadt zu humpeln begann, wobei er immer wieder die Zähne zusammenbiss, auch wenn er sich größte Mühe gab unbeeindruckt von den Schmerzen zu wirken.. und dem Bein, das nicht mehr ganz so gerade aussah wie es eigentlich sein sollte, "Wie genau ist das hier jetzt noch geschehen?"
"Eh...", stockte Sirius, der sich einige gute Geschichten zurecht gelegt hatte, die er auch mit den Nautae abgesprochen hatte um seinem Herrn weitere Gram zu ersparen, war er doch bei den Seeleuten schon genug zum Ziel ihres Hohns und Spotts geworden, "..während des Sturms kam ein großes Untier des Neptun aus den Fluten gesprungen... ein großer Fisch mit Flügeln! Und er hätte beinahe einen Soldaten ins Meer gerissen, hättest du dich nicht heldenhaft vor ihn geworfen und ihn damit vor dem Untergang gerettet! Mitten im Sturm hast du das Untier bezwungen, aber dabei selbst Schaden genommen, wie man sieht!"
"Das habe ich getan?", fragte Vala mit ungläubigem Blick während sie voran stolperten, "DA! Dass da... das sieht wie eine Taberna Medica aus."
"Ja, das hast du getan.", stimmte ihm Sirius mit Unschuldsaugen zu, und weinte innerlich dabei bittere Tränen über das Geld, dass er den Nauta hatte zukommen lassen, damit die seine Geschichte deckten. Andererseits würde er sich das Geld von seinem Herrn wiederholen... in Worten: stehlen. Nur um nicht aus der Übung zu kommen. Aufgefallen war es Vala noch nie.
Die Taberna Medica war tatsächlich eine Taberna Medica.. irgendwo sahen sie alle gleich aus. Getrocknete Kräuter hingen an den Deckensparren, und einer Wand aus verschiedenen Gerüchen.. mittendrin eine alte Frau die irgendetwas in einem Mörser zerkleinerte.
"Hellas!", rief Vala auf griechisch mit halbwegs freundlichem Lächeln aus, "Ich Vala von Baumland! Wollen Mann der Medizin, wegen Stabkörper kaputt! Können filtern diese Traubensaft, durch Rauben von Steinbruch in tote Fliegen?"
Die Alte blickte ihn einen Moment lang irritiert an, aus ihrem faltigen Gesicht sprach wenig mehr als absolutes Unverständnis, um schließlich in einer universell gültigen Minimalsprache zu antworten: "Häh?"
"Ich brauche Kuhfladen zu Tempelsäule schleifen, grobe Fünfmeilenhaare!", fuhr Vala fort, nicht begreifend warum die Frau ihn nicht verstanden hatte, "Blaue. Große. Eichhörnchen. Zum Mitnehmen bitte, ohne Garum oder Essig. Und keine Zwiebeln auf dem Hammelkot, bitte."
Sirius, der bisher betreten geschwiegen hatte, sah sich nun gezwungen einzugreifen um zu verhindern, dass sie noch aus der Taberna rausgeworfen wurden, und sprang mit fließendem Griechisch in die Bresche: "Dies ist mein Herr, Titus Vala von den Duccii, Quaestor des Kaisers im letzten Jahr.. er hat sich am Bein verletzt und braucht die Hilfe eines Heilkundigen."
"Ah, sagt das doch gleich...", antwortete die Alte, deren Irritation einem routinierten Blick auf Valas Bein wich, "..er soll mir folgen, dann kümmer ich mich um ihn."
Es brauchte keine Übersetzung um die Gestik auch seinem Herrn verständlich zu machen, und so folgte Vala der alten Frau in einen der hinteren Räume, in dem er sich in der folgenden Stunde so ziemlich alles antun durfte was die antike Knochenrichterei herzugeben hatte. Sirius hatte seinen Herrn noch nie schreien hören, und als er es zum ersten Mal tat, würde er danach auch nie wieder das Verlangen danach haben. Selbstbeherrschung hin oder her: wenn gebrochene Knochen mit Strick und Winde auseinandergezogen wurden um sie von Hand wieder zusammen zu setzen würde selbst ein Berg die Contenance verlieren.
"Seit wann sprichst du Griechisch, Sirius?", durchbrach Vala die Stille, als er sich vorsichtiger als zuvor, wieder in Richtung Schiff humpelte, die Augen noch glasig von den vielen Schmerzenstränen, die ihm in der vorhergehenden Stunde über das Gesicht gelaufen waren.
"Nun.. nicht jeder von uns hatte nur Mord, Totschlag und vor allem Titten im Kopf als Linus versuchte dir die Sprache seiner Heimat beizubringen..", versuchte Sirius so wertungsfrei wie möglich zu klingen, was ihm wohl nur deshalb gelang, weil der Schmerz jede Aufmerksamkeit aus dem Leib seines Herrn vertrieb.
"Achso... nun, dann hat sich das ja dennoch gelohnt.", quetschte Vala aus zusammengekniffenen Zähnen hervor, während er wieder einen Schritt nach vorne tat, "...du musst übrigens nicht mit zum Schiff zurück, ich werde nur den Nauarchus auszahlen und ihm sagen, dass wir den Weg auf dem Land fortsetzen werden..."
Sirius stoppte abruppt: "Das geht nicht. ... eh... Herr."
"Wieso sollte das nicht gehen? Natürlich geht das! Ich habe etwas Geld dabei, und zwei Wechsel. Das dürfte reichen, um uns von hier nach Alexandria zu bringen.", hielt auch Vala an, wobei der Schmerz seinen fragenden Blick zu einer Fratze entstellte.
"Aber das hier ist Heraclion!", wandte Sirius ein.
"Und?", bohrte Vala nach.
"Heraclion... Creta!!!"
"Ja, ja.. das weiß ich doch."
"Creta ist eine Insel!!"
"Oh."