Nicken, nicken, nicken.
"Jawollja.", bestätigte Vala die Reihe an Befehlen die auf ihn einprasselten, und sprach in seltener Wenigzeilerei: "Wenn es sonst nichts mehr gibt, bitte um die Erlaubnis wegzutreten, Legatus."
Nicken, nicken, nicken.
"Jawollja.", bestätigte Vala die Reihe an Befehlen die auf ihn einprasselten, und sprach in seltener Wenigzeilerei: "Wenn es sonst nichts mehr gibt, bitte um die Erlaubnis wegzutreten, Legatus."
"Ach nein?", stellte Vala ein sehr rhetorische und damit ziemlich überflüssige Frage, bevor er sich mit einem dankbaren Schmunzeln in das Officium des ritterlichen Tribuns begab.
"Salve, Tribunus Artorius. Ich hoffe, ich komme nicht ungelegen? Ich habe Neuigkeiten vom Legaten über gewisse Dinge, die dich interessieren könnten..", und natürlich auch mussten. Aber das musste er ihm nicht auf's Brot schmieren. Nicht zuerst, hieß das.
"Vielleicht wäre es eine Maßnahme, die Cohortes in unregelmäßigen Abständen diese Opfer durchführen zu lassen? Die Opfer könnten dann von den Tribuni durchgeführt werden. Oder jede Centurie, und durch die Centurionen?", warf Vala in den Raum um zumindest einen Vorschlag für die Ruhepflegende Durchführung von Opfern für die Gesundheit der Soldaten zu machen.
Die zentrale Pflege der Kranken zusammen mit den Kräften in der Stadt war eine andere Sache. Wo ließen sich die Möglichkeiten finden, soviele Kranke unterzubringen die nicht in den Häusern ihrer Familie gepflegt wurden? Die Stadt maß tausende Menschen.. und wenn jede zehnte Familie ihre Kranken einfach in die Obhut der Medici gäbe, kämen immernoch einige hundert Menschen zusammen. Aber da fiel ihm was ein: "Ich denke, die Thermen in der Stadt dürften sich zumindest für diese Zeit zweckentfremden lassen. Und die Räumlichkeiten der Curia, die sich soweit ich weiß nicht allzu weit voneinander entfernt befinden. Die Curia ist es ja gewohnt, zu gewissen Anlässen vielen Menschen Platz zu gewähren... und die Thermen... naja... sind halt die Thermen."
Was für Vala immernoch mehr Sinn machte als die größere Art von Bauwerken zu okkupieren: Lagerhäuser und Tempel.
Den Rest nickte Vala einfach nur ab, denn viel gab es ohnehin nicht zu sagen. Wenn die Situation eskalierte, waren sie vorbereitet. Und wenn nicht.. naja, dann konnte man ihnen zumindest nicht den Vorwurf machen, nichts getan zu haben.
Delegieren war eine interessante Sache, die in Vala noch nicht in die Regionen gesickert war, die für die vernunftbegabte Prozession von wahnsinnig großen Aufgaben zuständig war. Aber: er hatte hier zu lernen, und auch wenn sich alles in ihm dagegen sträubte (zumindest der pflichtbewusst-karrieretüchtige Teil von Vala. Der innere Schweinehund war da natürlich gänzlich anderer Ansicht), so musste er doch dafür sorgen, dass andere die Arbeit erledigten die er aufgetragen bekommen hatte.
"Salve, ist der Tribun Artorius in seinem Officium?", wurde der Scriba im Vorzimmer eines der ritterlichen Tribunen gefragt, nachdem Vala sich entschlossen hatte zumindest einen Teil der Aufgaben sofort weiterzudeligieren.
"Große Opfer an Carna, Cardea und Aeolus, auf dass sie die Gesundheit und die Körper unserer Männer gegen diese Prüfung stählen und die Dämpfe über uns hinwegfegen.", war die erste und naheliegendste Antwort. Wenn die Götter wirklich etwas mit dieser Krise zu tun hatten, waren sie schließlich auch die erste Adresse.
"Dann aggressiv all jenes bekämpfen, dass den Dämpfen Halt und Flucht gewährt. Also die Latrinen öfter reinigen, die Stabulae, und das Wasser der Thermen auch nicht zu vergessen. Das unbefugte Betreten der Valetudinarien und der städtischen Lazarette unter Strafe stellen. Die Einheiten beim morgendlichen Exerzieren verkleinern. Wenn es hart auf hart kommt, würde ich das Lazarett in die Stadt verlegen. Einfach, um Kranke und Gesunde so effektiv wie möglich voneinander zu trennen. Wahrscheinlich wäre es garnicht so dumm, die Behandlung der Kranken zu zentrieren, anstelle die Kräfte unserer Heiler zu zerfasern."
Den Befehl der Sicherstellung der Versorgung nickte Vala nur ab, was sollte er da großartig zu sagen?
"Der Krankheitsverlauf? Nein, hat er nicht... aber ich kenne dieses Sterben, allerdings nicht aus Sicht eines Medicus.", sondern aus dem einer Heilerin der Stämme, was allerdings zu den Dingen gehörte, die er getrost für sich behalten konnte, "Es beginnt mit Husten, wohl in dem Moment in dem die Winde sich Zutritt zum Körper verschaffen. Er wehrt sich mit starken Husten, dem oft gelber Auswurf beikommt, wohl von gesetztem Dampf. Haben sich die Dämpfe einmal gesetzt, wird den Menschen der Kopf schwer als hätten sie mit Bacchus getanzt. Dann beginnen die Dämpfe die Körper zu erhitzen und somit sämtliches Wasser aus dem Körper zu treiben, es kommt zu Fluss (Durchfall), Speierei (Erbrechen), Schweissfieber und Blutungen aus allen Körperöffnungen. Schließlich verdursten die Menschen, denn wiewohl man ihnen Wasser gibt, hilft es doch nur wenigen. Alte Menschen und kleine Kinder, die noch keine fünf Sommer erlebt haben sterben sehr schnell. Vom Befall bis zum Tod sind es nur ein bis zwei Tage. Starkgewachsene Menschen überstehen das je nach Götterwille. Aber dies ist anders, da auch die Starken sterben. Nicht alle, aber viele. Daher kann ich auch nicht sagen, wie lange dies dauern wird. Meist werden die Dämpfe innert weniger Tage weitergeweht, und ja, normalerweise überleben die meißten. Aber bei so einer Krise sind es auch eher die Überlebenden, die uns Sorgen machen sollten, wenn die Vertreter der Res Publica sich schon am Anfang in ihren Häusern verkriechen."
Als die feige Sonne schon dabei war sich im Westen zu verkriechen, stapfte Vala mit ernster Miene erneut in das Valetudinarium, um sich dieses Mal den Chef vorzuknöpfen.
"Salve Medicus ordinarius..", grüßte Vala schließlich den ranghöchsten Lagerarzt, nachdem er sich zu dessen Officium durchgefragt hatte, und fragte schließlich reichlich unoffizierlich, ob der Mann einen Moment Zeit für den Tribunen hatte. Es gab im Moment andere Dinge, um die Vala sich einen Kopp machte, und darunter litt als erstes die militärische Standardprozedur, die er sowieso nur schwer in seinen Schädel und in seine Glieder bekam.
Nun, die vorsichtige Masche war offensichtlich nicht die Art, die der Aurelier bevorzugte. Was irgendwie im krassen Kontrast zu dem Eindruck stand, den Vala bisher von dem Mann gehabt hatte. Aber er war fern davon, sich darüber zu beschweren. Letztendlich war er hier um zu lernen, und das tat er gerade.
"Zo befähl, Legatus.", salutierte Vala dann einfach nur knapp, und machte auf dem Punkt kehrt um die Befehle umzusetzen. Nur um wenig später mit dem Bericht des Medicus und der verlangten Liste, und natürlich bedeutend trockener als vorher, wieder im Officium des Legaten zu stehen.
"Legatus, hier der gewünschte Bericht...", begann Vala die zweite Runde, in dem er den schriftlichen Bericht vorlegte, um ihn gleich verbal noch einmal zusammen zu fassen: "Laut dem Medicus, der von unserem Mann konsultiert wurde, liegt der Grund für die Krise in schlechten Winden, die durch die Stadt wehen und die Leute der Seuche anheim fallen lassen. Dabei macht es anscheinend keinen Unterschied ob es Alte, Kinder, Schwache oder vermeintlich Kerngesunde Leute betrifft. Die Medici kaufen alles auf, was sich zu Heilessenzen verarbeiten lässt, was sich mit meiner Beobachtung des erlahmenden Handels in der Stadt deckt. Als Prozedere werden strikte Trennung von Kranken und Gesunden angeraten, und die strenge Einhaltung von Hygienestandards. In der Stadt will man anscheinend von einer medizinischen Hilfe durch die Legion noch nichts wissen, aber man geht davon aus, dass die Seuche wohl bald das Lager erreicht haben dürfte. Der...", hier stockte Vala, denn der nächste Punkt war so vakant wie gewagt, "..eh.. man empfiehlt, das Lager gegenüber der Außenwelt abzuschotten. Was ein eindeutiges Signal an die Stadtbevölkerung wäre. Und wohl auch an die Soldaten. Diese Sache bringt mich aber auch auf ein neues Problem... beziehungsweise eins, das noch nicht allzu sehr in den Vordergrund gerückt ist: wenn die Landbevölkerung ebenfalls von den Winden befallen wird, bekommen wir in absehbarer Zeit Versorgungsprobleme in der Stadt, und auch im Lager."
Nachdem der Soldat verschwunden war, hatte Vala die Zeit genutzt sich noch ein paar Notizen zu der Sache zu machen. Die restliche Zeit hatte er dafür genutzt, sinnlos auf eben jene zu starren ohne zu irgendeiner schlüssigen Antwort für sich selbst zu finden. Das war eine Prüfung, eine Prüfung für die Stadt, die Legion, und vor allem: für ihn. Und er hockte hier und starrte auf ein Stück mit Wachs beschmiertes Holz.
Irgendwann stand der Medicus wieder in seinem Officium, ohne dass er es mitbekommen hätte, und hielt ihm den gewünschten Bericht vor die Nase hielt. Unweigerlich aus seinen trüben Gedanken gerissen, zuckte Vala zusammen und sah ruckartig zu dem Mann auf.
"Ah... Sextius. Bene... gute Arbeit. Richte deinem Vorgesetzten aus, dass ich in absehbarer Zeit mit ihm sprechen möchte. Ähm... weggetreten.", murmelte Vala vor sich hin während er die Tabula an sich nahm. Als der Soldat gegangen war, überflog Vala die Tabula kurz, um einen Moment später schon in Richtung des Officiums des Legaten verschwunden zu sein. Eine halbe Minute später stand er wieder in seinem Officium, und kramte auf seinem Schreibtisch nach der Liste der Medici, die der Legat von ihm haben wollte. Seine Schreiber waren da sehr viel schneller bei der Arbeit als er, zumindest auf die konnte man sich verlassen, wenn nicht schon auf ihn selbst.
"Wenn man von Angang an in die vollen gehen würde..", dozierte Vala, der es mit aller Anstrengung schaffte keine Miene zu verziehen ob dieser Phrasendreherei, "...hätte das Volk von Mantua wohl umso mehr Grund für eine Panik. Oder gleich mehrere. Und auch die Soldaten, denn sobald die Krise auch das Lager erreicht hat, haben wir zwei Baustellen. Wobei ich nicht weiß, ob sie das nicht schon lange hat. Immerhin hab ich mich erst auf die Stadt konzentriert, da ist es noch am auffälligsten."
Ein Tropfen bahnte sich ihren Weg von Valas Haar an seiner Schläfe entlang, wo er seinen Weg kitzelnd nach unten fortsetzte. Er musste sich mal wieder rasieren, dringend.
"Wenn du es also zusammengefasst haben willst: ohne den Bericht des Medicus zu kennen halte ich die Gefahr einer umfassenden Panik in der Stadt wie auch im Castellum für größer als die Gefahr der Krankheit an sich. Deshalb würde ich erst vorsichtig vorgehen, damit die Menschen nicht überreagieren. Soviel dazu..."
"Was bedeutet, dass man davon ausgeht, dass man das schlimmste noch vor sich hat...", interpretierte Vala die Aussagen des Medicus, der von seinem Fachgenossen nicht mehr zu erzählen wusste als das absolute Standardprozedere im römischen Kulturkreis. Bedeutete in etwa: aussitzen. Augen und Ohren zuhalten und einfach warten bis es vorbei ist. Und danach eben die Toten zählen.
Über den Bericht hinaus gab der Medicus dann ungefragt noch ein paar Ratschläge, was beinahe an Vala vorbeigegangen wäre, hätte er nicht vor weniger als einer Stunde noch nach dem Optio einer Centurie geschickt um einen Probaten wegen genau sowas lang machen zu lassen.
Freilich hätte Vala den Mann selbst nach seiner Ansicht als Medicus über das beste Vorgehen gefragt, allerdings wartete man mit einer solchen Antwort auch auf die Frage, und schoss nicht einfach so vor. Nun war das hier eine Krise, und entsprechend eine andere Situation. Wenn die Krise allerdings vorüber war, würde er, zumindest was ihn anging, die Zügel merklich straffer halten. Was der Legat mit seinem Stab und seinen Soldaten machte, oder der ganze Haufen an anderen Soldaten, konnte ihm ziemlich egal sein.
"Hmhmhm...", brummte Vala einen Moment lang unschlüssig, ob er jetzt mit dem Medicus das weitere Vorgehen diskutieren solle oder nicht. Seine Hand wanderte auf der Platte des Schreibtischs nach rechts und versank dann hinter ihm, ohne dass er den abwesenden Blick vom Optio nahm, und schließlich kam sie mit einer Klapptafel wieder hervor.
"Kannst du lesen und schreiben, Soldat? Wenn nicht, lass dir von deinem Optio helfen, oder von irgendwem, der es kann. Ich brauche das ganze noch einmal auf Wachs. Wenn du das erledigt hast, kannst du zurück an deine reguläre Arbeit. Nun denn... ans Werk."
Zufrieden mit der Antwort wollte Vala den Mann auch schon wieder von dannen schicken, als der noch eine Frage hinterherschickte, die ihm vom Tribunen einen undeutbaren und ziemlich langen Blick einbrachte. Die Legio entpuppte sich immer mehr als Ansammlung von Vorlauten und Neugierigen Soldaten, dachte Vala bei sich, aber vielleicht lag das einfach nur am durch absolute Abwesenheit von Feinden erzwungenen Müßiggang.
Da der Mann allerdings Optio war, wollte Vala hier nicht die gleichen Maßstäbe ansetzen. Allerdings auch nicht großartig andere.
"Im Gespräch eines Offiziers mit einem Vertreter der Stadt. Danke, Optio, du darfst wegtreten.", berichtete Vala ohne wirklich irgendwas zu sagen, was er allerdings auch nicht wirklich brauchte. Er nickte dem Unteroffizier noch einmal sehr schmal lächelnd zu, dann konzentrierte er sich wieder auf die Arbeit, die da noch vor ihm lag.
"Natürlich, Legatus.", antwortete Vala so knapp wie militärisch. Schelte und Lob in zwei Sätzen. Zucker, Brot und Peitsche. Das politische Grundwissen beherrschte der Aurelier auf jeden Fall, was man andererseits wohl erwarten konnte, wenn man es mit einem Mann zu tun bekam der es zum Legaten der ersten Legion, und damit zum Daumen nahe der Wunde Rom gebracht hatte. Die Frage nach seinem eigenen Ermessen war da schon eklatanter, musste Vala hier doch arg improvisieren. Seines Erachtens nach nahmen die Götter sich all jene, die schwach und unwürdig waren. Was sich natürlich mit seiner eigenen Vita biss. Aber so radikal konnte man auch nur dann denken, wenn man auf sein eigenes Leben keinen Pfifferling gab. Aber das konnte er dem Legaten wohl kaum auf die Nase binden.
"Meiner eigenen Erfahrung nach gibt es zwei Möglichkeiten... entweder diese Krankheit flaut bald wieder ab und entlässt die Stadt und ihre Bürger aus dem Würgegriff. Bis dahin dürfte es reichen Präsenz zu zeigen und den Menschen zu signalisieren, dass die Res Publica auch während einer solchen Krise handlungsfähig und ordnungswahrend bleibt. Was natürlich auch all jene abschrecken sollte, die ihre eigene Gesundheit zum Nachteil der Kranken ausnutzen wollen. Ein größeres Opfer sollte wohl ebenso den Bürgern wie auch unseren Männern, und natürlich vor allem den Göttern zeigen, wie ernst uns diese Sache ist.", reüssierte Vala seine Gedanken, die sich auf dem Weg zurück zum Castellum mehr als nur einmal überschlagen hatten, "Wenn die Krankheit sich allerdings ausbreitet, wie es zu befürchten ist, wird es wohl nicht mit Präsenz getan sein. Ich habe weniger organisierte Gemeinden in einem Sumpf von Panik und Angst untergehen sehen, und wie das Beispiel des Duumvirs zeigt, ist auch Mantua nicht gefeit von solchen Reaktionen. In einem solchen Fall...", Vala stockte. Ja, was würde er tun? Was hatte er getan? Bei der letzten Seuche, die in seiner unmittelbaren Umgebung ausgebrochen war, hatte er wie viele andere die Beine in die Hand genommen und war geflohen. Dies war eine andere Situation, hier übernahm niemand die Verantwortung für ihn, denn ER hatte sie selbst mit seinem Amt inne.
"Schadensbegrenzung. Wenn die Götter uns diese Prüfung geschickt haben, so müssen wir sie auf uns nehmen, und im Extremfall gegen die Interessen der Allgemeinheit dafür sorgen, dass sich die Krise nicht auch noch bis in die Gemeinden Cremona oder Verona ausbreitet. Eh... korrigiere... könnten. Nicht müssen."
"Ah.. Salve Optio, danke für dein Kommen.", grüßte Vala knapp, der gerade dabei war sich einige Notizen zu machen auf die er sich später stützen könnte, "Ich hatte heute das Vergnügen mit einem deiner Schützlinge. Matinius Avianus. Ein tüchtiger Mann, ohne Frage. Allerdings scheint er nicht allzu viel darüber nachzudenken, wo man wann und wie den Mund zu halten hat, und wann eben nicht."
Während Vala über den Casus reüssierte, schmunzelte er den Optio mit einer Mischung aus Müdigkeit und vager Neugier an. Er hatte nicht vor den Probaten, eben seines Status wegen, direkt in die Pfanne zu hauen, aber Strafe musste sein. Wie er eben selbst schon mehrfach und sehr schmerzhaft hatte erfahren müssen. Und Schaden machte klug.
"Ich denke, eine Woche Dienst in den Latrinen sollte ihm Gelegenheit genug geben sich die bitter notwendigen Gedanken zu machen."
Die Laune des Tribunen verschlimmbesserte sich mit jedem Wort des Medicus. Das waren großartige Aussichten.
"Hat man dir gesagt, was man für die nächsten Tage erwartet? Wenn man sämtliche Heilkräuter einkauft die man zu fassen bekommt spricht das meines Erachtens nach für die Erwartung einer längeren Krise... lass dir nicht alles aus der Nase ziehen, Mann. Was hat man dir gesagt?"
"Jawoll.", verharrte Vala in seiner Pose, "In der Stadt wurde ich heute, etwa zur hora octa, seltsamer Geschehnisse gewahr. Im Vergleich zu meiner Anfangszeit hier waren die Straßen verdächtig leer, und es gab einzelne Gruppen kleiner Menschen die mit Karren tote Obdachlose und Arme aus Häusern und Gassen holten. Aus eigener Erfahrung erkannte ich die Male der Toten. Allerdings wollte ich, bevor ich Meldung bei dir erstattete, verlässlichere Information als nur meine eigenen einholen um mit Brauchbarem aufwarten zu können. Ich habe deshalb mit drei Soldaten die Stadt erneut aufgesucht. Ich selbst habe mich dabei zur Curia Mantuae begeben, die quasi leer vorgefunden wurde. Von einem Scriba zur Heimstatt des Duumvirs Cluentius Glabrio verwiesen suchte ich dessen Heim auf, in dem sich der Duumvir anscheinend verbarrikadiert hatte. Als ich den Mann sprach, machte er einen ängstlichen Eindruck, der Panik nahe. Er erzählte von Seuchenartigen Zuständen in der Stadt, die vor wenigen Tagen ausgebrochen sein sollen. Die Leute kämen nicht mehr zur Arbeit, versteckten sich in ihren Häusern und litten. Was für ihn Grund genug war, nicht mehr zur Arbeit zu erscheinen und sein Officium zu verlassen. Ich habe ihn angewiesen seiner Verantwortung als Duumvir gerecht zu werden und für weitere Kontaktaufnahmen von Seiten der Legion unverzüglich zur Verfügung zu stehen."
Soviel zur Stadtverwaltung. Vala ging nicht allzu sehr ins Detail, hier kam es auf präzise Informationen an, und zu denen gehörte sicher nicht inwieweit der Duumvir sich geweigert hatte mit ihm zu sprechen. Auch wenn Vala ihm nur allzu gerne einen Strick daraus drehen wollte: es gab wichtigeres.
"Ein weiterer Soldat nahm Kontakt zu den Priestern der Tempel auf. Ein gewisser Calavius Saxula gab dabei an, dass er die Zustände in der Stadt auf das fahrlässige Verhalten vieler Bürger während der Saturnalia zurückführe. Er glaubt, es sei eine Strafe der Götter für lästerliches Verhalten und fehlende Gottesfurcht, dabei führte er ebenfalls eine Verbindung zu den Geschehnissen in Nemi an. Er glaubt, es würden bald ähnliche Zustände in Mantua herrschen."
Das zum Thema Götter und Konsorten.
"Des weiteren sandte ich einen Soldaten auf das Forum, das er allerdings nahezu verlassen vorfand. Nur einige unerschütterliche nutzten die fehlende Konkurrenz um Geschäfte zu machen, ein großer Teil der fahrenden Händler aus den umliegenden Vici allerdings scheint fortzubleiben, was ich allerdings nicht bestätigen kann, da mir Informationen aus eben jenen fehlen. Allerdings wurde ihm von einer großen Angst vor einer Katastrophe erzählt, die die Leute in den Häusern hielt und den Händlern das Geschäft vermieste. Man ist anscheinend der Meinung, dass die aktuellen Todes- und Krankenfälle in der Stadt über das Maß eines Winters hinausgehen, und sieht manigfalte Ursachen darin. Auch hier wurde von einem Fluch der Götter gesprochen."
Während Vala sich den Mund fusselig redete, hakte er auch diesen Bericht der Soldaten ab.
"Ich habe zudem einen Medicus aus dem Lazarett angewiesen sich mit Heilern aus der Stadt zu unterhalten und näheres aus deren Sichtweise heraus zu finden, vor allem was Maßnahmen gegen dieses potentielle Übel angeht. Da ich mich in dieser Hinsicht leidlich auskenne, hielt ich es für das richtige einen Fachmann zu einem Fachmann zu schicken. Der Bericht steht allerdings nicht aus, da der Medicus anscheinend noch nicht von seiner Sondierung zurückgekehrt ist."
Und das dazu. Mit starrem Blick achtete Vala genau auf den in seinen Augenwinkeln verharrenden Legaten, gespannt, was dieser aus seinem Bericht machen würde. Berechenbar war der Mann zumindest in dieser Hinsicht ganz und garnicht, weshalb Vala ebenso eine Belobigung in Betracht ziehen konnte als auch einen Strick mit der Dicke seines Unterarms.
Nachdem er einen vorläufigen Bericht beim Legaten abgegeben hatte, war Vala nicht unbedingt bester Laune. Eigentlich war seine Laune wie das Wetter: beschissen. Mit entsprechendem Blick sah er auch dem Medicus entgegen, dessen Chancen, Valas Laune aufzubessern, man mit viel Realitätsverleugnung optimistisch betrachten konnte. Aber dafür konnte der Medicus nichts, und für Vala gab es keinen Grund, seine Laune, beziehungsweise die Laune des Legaten an dem Mann auszulassen. Noch nicht.
"Rühren, Soldat. Also, was gibt's???", fragte Vala in einer Art und Weise, bei der man jedes Fragezeichen heraushörte.
Mischief! Mischief! Mischief! Erklang es hinter Valas Stirn in einem angelsächsischen Dialekt, den er noch nie im Leben gehört hatte. Sowieso: wer waren die Sachsen? Und warum sprachen die Angeln so komisches Kauderwelsch?
Abseits der linguistischen Selbstdiagnose fragte Vala, ob es einen speziellen Grund für die seltsamen Blicke gab, die ihn bis hierher verfolgte. Mit gerunzelter Stirn und dem Blick eines Mannes, der hinter der Tür einen messerstarrenden Hinterhalt erwartete, stapfte Vala mit den typischen Geräuschen eines Mannes, dessen mittlerweile zu 70% aus Wasser bestand, in das offene Officium.
"Legatus Aurelius.", begann Vala die übliche leichenstarre Prozedur des Salutierens, "Tribun Duccius Vala meldet sich wie befohlen."
Kaum drei Stunden nachdem Vala sich mit den Soldaten in die Stadt aufgemacht hatte um die Lage zu sondieren stand er auch schon nass bis auf die Haut im Vorzimmer des Legaten.
"Der Legat hat mich herbefohlen...", reüssierte er die knappe Anweisung ebenso knapp.
"Ahja? Na, dann wollen wir ihn nicht warten lassen..", fragte Vala als er mit den drei Soldaten und dem Probaten zurück ins Lager kam, und sich abschließend an diese wandte, "Ihr könnt wegtreten, Miletes. PROBATUS Matinius... ich will den Optio deiner Centurie in meinem Officium sehen. Heute noch."
Mit diesen Worten verschwand er in der Castra in Richtung Ställe, um sich sofort darauf zur Principia zu begeben..
Mit knirschenden Zähnen hörte Vala sich das Geheule des Duumvirs an. Hätte er mehr Männer dabei, würde er den Kerl gleich in seinem... und was war das?
Ungläubig starrte er den Probatus eine Sekunde lang an, bevor er sich entsann, dass der Mann eben nur Probatus war.
"Achwas?", zischte er dem Matinier wütend entgegen, "Darauf wäre ich auch noch alleine gekommen, vielen Dank. Und sollte ich jemanden brauchen, der mir sinnloses Zeug ins Ohr flüstert, nehme ich mir ein verdammtes Weib, PROBATUS."
Den insubordinierenden Probaten so abgekanzelt wandte Vala sich wieder dem Duumvir zu: "Dass die Menschen krank sind kann ich auch so sehen! So viele also, meinst du? Und die Stadtordnung bricht zusammen? WAS FÜR EIN VERDAMMTES WUNDER, WENN SELBST DER DUUMVIR SICH IN SEINER HÜTTE VERKRIECHT!!!!", Selbstbeherrschung war eine Tugend, aber unter diesen Voraussetzungen konnte das nichts werden, und so packte Vala den Mann beim Kragen und zwang ihn dazu, sich die nächsten Worte höchstgenau anzuhören: "Du wirst in dein verdammtes Officium zurückkehren, und dafür sorgen, dass die Panik der Menschen sich nicht auf die Stadtverwaltung ausdehnen. Ich muss dir nicht erzählen was du in der Curia zu tun hast, denn DU BIST DER VERDAMMTE DUUMVIR!! Also handle auch danach! Man wird bald einen Boten nach dir schicken, damit du dich gegenüber dem Legaten der Legion erklären kannst.. der mit Sicherheit ein paar mehr Fragen an dich hat, Mann."
Mit diesen Worten, und keinerlei Sinn darin sehend sich weiter mit dieser menschgewordenen Nutzlosigkeit rumzuschlagen, wandte Vala sich mit im Straßenschlamm matschenden Schritten von dem Mann ab, und schwang sich auf sein Pferd. Bevor sie sich aufmachten zurück zum Lager zu reiten um den Bericht der anderen entgegen zu nehmen bedachte er den Probaten noch mit einem kalten Blick. Das würde Latrinendienst hageln. Eine. Ganze. Woche.