Schon die Stadtmauern! Die Stadtmauern! als Vala den letzten Hügel hinter sich gebracht hatte, und sich durch kleinere Waldstücke und viele Felder auf die Stadt zuarbeitete bekam er nach kurzer Zeit Schmerzen im Unterkiefer, und gefährlich viele Fliegen in den Hals.
Kein Wunder, dass Hannibal sich dagegen entschieden hatte die Stadt anzugreifen. Wer konnte schon glauben, dass man sie tatsächlich einnehmen könnte? Die Mauer musste eine Tagesreise weit sein, wenn nicht mehr. Und dann diese gigantischen Tore.
Mit Valas Selbstbeherrschung war es alsbald vorbei, und er verfiel in simples und ehrfürchtiges Staunen. Wozu er auch genug Zeit hatte, denn in die Stadt reinzukommen war ein Unterfangen, das lange brauchte. Auch wenn es mehrere, unglaublich große Stadttore gab, es waren immernoch enorme Menschenmengen durchzulassen, und auch wieder heraus zu lassen.
Als er fast an der Reihe war, bekam er noch eben mit, wie sich vor ihm ein reicher Mann darüber aufregte, dass seine Leibwächter mit Waffen nicht in die Stadt gelassen wurden, und da Waffen nach wie vor ein richtig teures Gut waren, denn Metall war in jeder Form kostbar, wollte auch der reiche Römer diese anscheinend nicht einfach vor dem Tor stehen lassen, sondern drehte mit seiner kompletten Bagage wieder um.
Wie auch Vala, der mit knirschenden Zähnen eine Kehrtwende machte und sich eine halbe Stunde zurück in die Wälder begab. Dort suchte er sich eine signifikante Stelle, prägte diese sich genau ein, vergrub dort sein Gladius, machte ein paar sehr runisch aussehende Kerben in gewisse Bäume, und kehrte dann zur Stadt zurück. Nur um NOCH länger anzustehen.
'Gut Ding will Weile haben..', sprach Vala zu sich selbst, als er eine Stange Wasser an den eh schon stinkenden Wegesrand setzte. Als er dann endlich an die Reihe kam, war die Prozedur kurz und schmerzlos: er wurde nach Waffen durchsucht, ein paar wenige Fragen, deren Antworten die wachhabenden Soldaten eh nicht interessierten, und schon war er in Rom.
Das erste, was er machte, war einen Brechreiz zu unterdrücken. Der Gestank von einer Million Menschen und wahrscheinlich ebenso vielen Tieren schlug ihm mit einer Kraft entgegen, die man mit dem Hammer Donars vergleichen könnte. Einem grün angelaufenen, schimmligen und verdammt übel riechenden Hammer.
Unwillkürlich zog Vala seinen Mantel vor die Nase, und versuchte durch den Mund zu atmen. Es gab durchaus öffentliche Toiletten, die selbstverfreilich Geld kosteten, aber viele, die hier durchkamen hatten nicht einmal dieses. Was dazu führte, dass an allen Ecken und Kanten die Spuren von menschlicher Notdurft zu riechen und zu sehen war. Dazu kam der Geruch der Garküchen auf den Straßen, und von vielen anderem auch. Eine ziemlich perverse Mischung, wenn der maßgebliche Geruch, den man im Leben in der Nase gehabt hatte der von Wäldern und Wiesen gewesen war.
Und dann dieser Kärm, überall schrie jemand irgendwelche Angebote heraus, Leute unterhielten sich, brüllten sich etwas über die Straße zu oder proklamierten irgendwelchen Unsinn. Direkt hinter dem Stadttor! Allerdings war es Vala nicht vergönnt, dem Eindruck länger zu frönen, denn die Masse an Menschen, die hinter ihm durch das Tor strebte war unerbittlich in seinem Drängen. Er wurde schlichtweg einfach in die Straßen geschoben, ohne irgendwas dagegen tun zu können.
Je tiefer er in die Stadt kam, desto eher legte sich der Geruch, auch wenn dieser nicht weniger als knüppelhart war, er war weniger brutal als am Tor. Als er schließlich nicht wirklich frei, aber auch nicht verstockt durchatmen konnte, stellte er sich dem nächsten Problem: wo war er eigentlich? Durchfragen brachte irgendwie nichts, weil hier kaum ein Mensch Latein sprach. 'Collis!' schrie ihm jemand zu, obwohl Vala quasi direkt vor dem Mann stand, 'Quirinalis' ein anderer. War der Quirinal nicht das Viertel der Oberschicht? Vala stutzte, die Hütten und Häuser sahen kaum so aus, als würden sie jemandem gehören der Geld hatte.
Was sich bald als vorläufiger Irrtum entpuppte, denn je weiter er sich in die Stadt bewegte, desto teurer wurden die Häuser, desto ruhiger wurde die Gegend und desto sauberer sahen auch die Menschen aus, die hier verkehrten. Die umfassende Armut lag wohl an der Nähe zum Tor und zur Mauer.
Schließlich fand er auch jemanden, der ihm sagen konnte wie er zur Via Lata kam, zu der Vala sich dann auch sofort aufmachte. Er war müde von der Reise, und wollte endlich in ein vernünftiges Bett. Rom würde er am nächsten Tage erkunden.