Dem Kaiser.
LEG AUG T DUCCIUS VALA IMP CAES AUGUSTO s.p.d.
Mein Kaiser,
der Centurio Lucius Antoninus von den Iulii hatte die Versetzung erhalten und hat an den achten Iden des Iunius die Castra der Legio Secunda gen Roma verlassen.
Der Tribunus Manius Gracchus Minor von den Flavii hat Mogontiacum am Tage vor den Nonen des Iunius erreicht und augenblicklich seinen Posten in der Legio eingenommen. Wir haben mit dem Flavius einen wissbegierigen jungen Mann voller Tatendrang hier, der innert seiner Einheit als auch bei der Zivilbevölkerung Sympathie erweckte. Da er nach eigener Aussage für jede Schandtat bereit war, habe ich ihn deiner Anmerkung, dass er wohl etwas Selbstbewusstsein gebrauchen könnte, als Emissär zu den Chatten geschickt. Hierzu später mehr.
Ich harre der Ankunft des Appis Massa von den Decimi. Wir standen im Krieg gegen den Usurpator auf unterschiedlichen Seiten, allerdings hat sich der Mann einen Ruf als fähiger Offizier und Macher verdient.
Die Lage am Limes ist alles in allem ruhig. Zu ruhig, wenn du mich fragst, Schmuggler sind aktuell die größte Sorge unserer Grenzer. Wir haben immer wieder mit kleineren Überfällen von Gruppen junger Männer zu tun, aber dies gehört zum üblichen Geschehen an der Grenze. Vor einigen Wochen hat sich in dieser Sache ein Zwischenfall ereignet. Ein Grenzposten wurde von einer eben solchen Gruppe junger Männer angegriffen und angezündet. Die postum erfolgende Reaktion der nahen Garnison wurde überraschenderweise aufgerieben. Legio und Ala Secunda haben mit einer massiven aber kurzen Strafexpedition für Ruhe gesorgt. Dies gelang unter anderem, weil die betreffende Sippe der Chatten, aus welcher die Gruppe junger Männer hervorgegangen war, in einem Thing des Stammes von diesem zur Kapitulation gegenüber unseren Truppen gezwungen wurde.
Ein Vorgehen, dass uns größere Sorgen bereitet als wenn die Chatten sich zu einer der Strafexpedition entsprechenden militärischen Gegenreaktion entschieden hätten.
Als einer der erbittertsten Feinde Roms ist es Tradition, dass eine Generation junger Männer sich im Kampe gegen unsere Männer an der Grenze bewährt. Dass die Reaktion unserer Männer niedergeschlagen wurde, dürfte den Männern der Chatten ihren barbarischen Maßstäben entsprechend viel Ehre innert ihres Stammes eingebracht haben. Eigentlich. Denn stattdessen wurden die jungen Männer sowie ihr komplettes Heimatdorf der römischen Rechtsprechung unterworfen. Die Frauen und Kinder wurden entsprechend der Versklavung preisgegeben und dürften wohl auch in Rom bald zu sehen sein. Die wehrtüchtigen Männer wurden zum Tode verurteilt und zur Mahnung weiterer Brechung des Grenzfriedens ans Kreuz geschlagen. Ebenso wurde eine Völva, eine Seherin, von einem unserer Centurionen gefangen genommen und zur Sklavin gemacht.
Dies könnte, je nach Stand und Ruf der Seherin, gewisse Komplikationen mit sich bringen. Vereinzelte Angehöriger germanischer Stämme, vor allem zuvor verstoßene chattische Flüchtlinge, zeigten sich wenig angetan von der Versklavung einer für sie nicht unwichtigen Frau. Der Exercitus hat die Lage dank der Vielstimmigkeit der hiesigen Bevölkerung allerdings im Griff, von Unruhen ist derzeit nicht zu sprechen.
Die Lage jenseits des Limes lässt zuviele Fragen offen, weshalb eine emissarische Entourage aufgebrochen ist, um das Gespräch mit führenden Köpfen des Stammes zu suchen. Zwar mag noch niemand an so etwas wie an einen Friedensschluss mit unseren erbittertsten Feinden denken, aber Antworten auf die derzeitige Lage sind zwingend vonnöten.
Als oberster Emissär wurde der Tribunus Laticlavius Manius Gracchus Minor von den Flavii bestimmt. Ich bin mir sicher, als Sohn einer der ältesten Familien Roms wird er den Chatti mit Gravitas und Würde entgegentreten... und die erhofften Antworten zutage fördern.
Der Centurio Statorum Aulus Tiberius Verus hat sich im Verlauf der Nicht-Auseinandersetzung mit den Chatten als Held Roms hervorgetan und wurde entsprechend mit einer Torques Aenea ausgezeichnet. Ich bin mir sicher, für einen derart idealistischen und aufrichtigen Mann sind höhere Aufgaben im Exercitus bestimmt.
Die Munera der Civitates sowie der Zölle und Steuern der Provinz werden beinahe besorgniserregend zuverlässig erbracht, gesammelt und gen Rom geschickt. An dieser Stelle erwähne ich besonders die Civitas Vicus Iulius, deren Duumvirn Autronius und Herminius dir ihre ehrerbietigsten Grüße ausrichten lassen und dir einen geschliffenen Bernstein in Form eines Adlers, dem Wappentier deiner Familie, überreichen lassen. Er wird dir mit dieser Nachricht überreicht. Ich darf erwähnen, dass der Bernstein zu den größten gehört, die jemals durch Handel mit den Barbaroi jenseits des Limes seinen Weg in das Imperium gefunden hat.
Vale bene.