Beiträge von Titus Duccius Vala

    Zitat

    Original von Aulus Iunius Seneca
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    Der Statthalter winkte nur ab, als der Iunius - wohl aus Gewohnheit - soldatesque grüßte. Zwar war das Korsett der Staatlichkeit, das der Person des Legatus Augusti anhaftete, derart eng, dass er sich besonders als taufrisch im Amt noch keine großen Auswüchse leistete, doch derartige Gelassenheit mochte selbst er sich an den Saturnalia zutrauen.
    Letztlich hatte er, der er ja ohnehin nie wirklich etwas mit den Feierlichkeiten hatte anfangen können, kein allzu großes Problem damit auch an diesen Festtagen die biedere Seite der Res Publica zu symbolisieren. Der Staat machte keine Pause und bot 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr die Sicherheit, die sie ihren Bürgern für Steuern, Wehrdienst und Füße-Stillhalten versprach.


    "Nett hast du's hier." , begann der Legat schließlich ein erstes Wortgeplänkel ohne - erneut - durchblicken zu lassen, dass er die Heimstatt eines Alapräfekten eher im Castellum denn außerhalb dessen sah. Solange der Iunius allerdings den Großteil seiner Zeit noch im Castellum verbrachte, hatte der Statthalter keinen Anlass gesehen dem Iunius für dieses Vorhaben auf die Finger zu klopfen.
    "Ich erinnere mich an den Vorbesitzer dieser Villa, wie hieß er noch..." , fragte Vala eher rhetorisch, auf Sirius' Einflüsterungen wartend... die allerdings nicht kamen. Etwas irritiert blickte Vala sich um, nur um zu erkennen, dass sein Leibsklave garnicht anwesend war. Weil er frei hatte. Leicht den Kopf schüttelnd lächelte er seinen Klienten entschuldigend an: "Na, es scheint, als hätte ich seinen Namen tatsächlich vergessen... was hat ihn dazu getrieben, Mogontiacum zu verlassen? Hatte er nicht einige Geschäfte hier?"

    http://www.kulueke.net/pics/ir…pezielle/valahelfer05.png Natürlich stand der Festakt zu seiner Begrüßung (ein Umstand, den der eher Feindseligkeiten gewohnte Vala immer wieder den Kopf schütteln ließ) ganz oben auf dem heutigen Tagesplan des neuen Statthalters. Nichtsdestotrotz war er nach wie vor sehr eng eingebunden in die Geschäfte der Amtsübergabe, eine Prozedur die tatsächlich mehr als eine Woche in Anspruch nahm. Zwar mahlten die Mühlen der Antike SEHR langsam, aber sie mahlten VIEL. Dementsprechend musste abgewogen werden, wann wo wieviel Zeit eingespart werden konnte... und gerade heute war eine kleine Gesandschaft Alta Ripas eingetroffen, die nicht hatte warten wollen bis der Legat sich zu ihnen bequemte, sondern ihm JETZT und HEUTE die Aufwartung machen wollte... natürlich um ihn mit allerlei Anliegen zu belagern, zu denen nicht zufällig auch eine Grenzstreitigkeit mit der Nachbarcivitas Noviomagus gehörte.


    So war es Sirius, der vor der Zeit des Empfangs in der Curia Mogontiacums auftauchte und sich vernehmlich als Leibsklave des neuen Legaten zu erkennen gab, um zu den Organisatoren und Hauptverantwortlichen des Geschehens geführt zu werden. Kurz darauf befand er sich angesichts des Helvetius, der sich auf der Liste der zu lernenden Namen (die Sirius schon während der monatelangen Anreise gepaukt hatte) kurzfristig ziemlich weit nach oben geheiratet hatte.
    "Helvetius, der Statthalter bestellt dir und den anderen Organisatoren seine Grüße und vorauseilenden Dank für die Organisation dieses Moments." , zeigte der Sklave sich in diesem Moment als außergewöhnlich professionell und attitüdenfrei, "Ich kann dir versichern, dass er pünktlich seinen Weg hierher finden wird, allerdings ist er derzeit noch in intensive Gespräche eingebunden, so dass er mich vorgeschickt hat um den genaueren Verlauf des Empfangs abzusprechen. So stehe ich hier nun und bin begierig zu erfahren, was auf den Legatus zukommt und von ihm erwartet wird."

    https://c1.staticflickr.com/9/…67774116_d012432392_n.jpg Grau waberte sein eigener Atem in der Kälte von seinem Gesicht und verwandelte alle paar Sekunden die Welt vor Valas Augen in eine nebelverhangene Traumlandschaft. Nicht, dass sie das nicht ohnehin schon wäre. Der Winter, durch den sie sich seit Tagen beharrlich kämpften, hatte sich offensichtlich zur Aufgabe gemacht Valas Ankunft zu feiern indem er selbst früher eintraf... und so hart wie sich die letzten zwei Generationen nicht erinnern konnten.
    Das traf nicht nur die Bevölkerung und das Militär, sondern auch die Administration, die noch bis in das hohe Mittelalter hinein davon leben würde, dass das Volk nicht zu den Regierenden kam, sondern die Regierung zum Volk. Rom war keine Ausnahme zu dieser Zeit und auch die Provinzen stellten sich da nicht quer.
    Vala selbst hatte sich schon lange vor seinem Dienstantritt auf die Fahnen geschrieben, den mogontinischen Zentralismus aufzuweichen und zu einem traditionelleren Verständnis seiner Statthalterschaft zurück zu kehren. Recht sprechen, Projekte besprechen, größere und kleinere Wehwechen anhören, den Zustand des Militärs immer und immer wieder zu kontrollieren und eben all das durchzusetzen, was man an römischer Herrschaft in der Provinz verstehen konnte, das war nichts was man machte indem man die halbe Provinz nach Mogontiacum kommen ließ (aber sicherlich verantwortlich war für das Wachstum der Hauptstadt).
    Und dann kam der Winter... eine Woche, zwei Wochen... es wurde nicht weniger.
    Irgendwann musste eine Entscheidung getroffen werden und Vala hatte nicht vor als germanischstämmiger Legat in die Annalen einzugehen der vor dem Winter zauderte. Nein, er packte seinen Stab in dichtes Fell, ließ seine Equites Singulares aufmarschieren und machte sich auf den Weg gen Süden um seine statthalterlichen Tätigkeiten wahrzunehmen und Präsenz zu zeigen.
    Zehn Tagesreisen hatten er und seine Männer sich jetzt schon durch den Schnee gekämpft und waren dabei gerade einmal von Mogontiacum nach Lopodunum gelangt, eine Strecke, die man im Sommer innert drei Tage schafft. Schon am ersten Tag war Vala froh, seine Frau in Mogontiacum gelassen zu haben, drei Tage später schalt er sich selbst ein Genie dem weiblichen Gewitter so vorgebeugt zu haben.


    Was ihn erwartete waren vor allem die Härtefälle, die die Administratio in Abwesenheit eines Statthalters nicht selbsttätig hatte klären können. Ein Todesurteil gar, das allerdings bei vernichtender Beweislage relativ schnell gesprochen und noch schneller vollzogen war.
    Einen Tag später (man hielt den jeweiligen Aufenthalt kurz, um schnell möglichst viele Civitates 'beglücken' zu können) war man schon drauf und dran den Honoratioren der kleinen Civitas für ihre Gastfreundschaft zu danken, da preschte ein berittener Bote auf das Forum und verlangte lauthals den Legaten zu sprechen.


    "Nun, Mann, sprich..." , forderte Vala den Boten auf, als man ihn schließlich vorgelassen hatte, "...was ist von derartiger Wichtigkeit, dass es nicht warten kann bis ich mich hier vernünftig verabschiedet habe?"


    "Verzeih, Legatus, eine Nachricht deiner Familie.", zeigte der Bote sich einerseits außer Atem und doch noch die Contenance wahrend den Legaten in aller Öffentlichkeit standesgemäß anzusprechen, "Die Frau deines Vetters Decimus Verus, Calventia Fusa, ist bei der Geburt dessen Sohnes im Kindbett verstorben.", sprach der Bote in angemessen belegtem Tonfall und hielt dem Legatus die mit dem grünen Siegelwachs seiner Familie verschlossene Tabula hin.


    "..." , reagierte der Statthalter erst einmal, indem er garnicht reagierte und den Boten einen Moment blöd anglotzte während um sie herum selbst das letzte Getuschel erstarb und sich gespannte Stille auf das Forum legte.
    "Das Kind ist wohlauf? Wann ist das geschehen?" , selbstverständlich kam Vala in den Sinn, wie das erste Treffen mit seinem Vetter nach seiner Rückkehr abgelaufen war und die anschließende Jagd, aber auch wie die Calventia sich als pflichtbewusste und schon fast ekelerregend vorbildlich tugendhafte Römerin bewiesen, die durch die Bekanntheit ihrer eigenen Familie einen guten Ruf über die Grenzen Mogontiacums hinaus genoss. "Ist es. Am gestrigen Tage, Legatus." Als das klar wurde, war die Entscheidung auch relativ schnell gefasst und so wandte er sich an seinen Stab: "Meine Herren, es scheint als hätte nicht nur Hiems Germanus etwas gegen unseren Terminplan, auch Mors scheint uns nicht wohlgesonnen. Ihr werdet verstehen, wenn ich euch nun verlassen werde um meiner Familie in dieser schweren Stunde beizustehen. Es steht euch frei, euch bereits nach Saliobriga zu begeben, ich werde euch dann folgen." , gab er erste Order, da er sich sehr gut vorstellen konnte, dass die Herren aus Lopodunum eine derart große Entourage wie die des Legatus nicht länger als nötig beherbergen wollte.. vor allem in einem derart strengen Winter.
    "Meine Herren Honoratioren..." , wandte Vala sich nun an eben jene, "Ich benötige eure Unterstützung. Auf dem Rücken der Pferde werde ich es nicht schnell genug zurück nach Mogontiacum schaffen, um an der Bestattung teilzunehmen. Daher erbitte ich mir das beste Boot, das eure Civitas herzugeben hat... und eure kräftigsten Ruderer. Ich werde es euch nicht vergessen."
    "Es würde mich mit Freude erfüllen, wenn du auf einem meiner Boote mit den besten meiner Männer zurück nach Mogontiacum reistest, Legatus.", schoss sofort ein junger Entrepreneur, der viel Geld auf dem Fluss verdient hatte, hervor. Vala nickte nur matt lächelnd und wandte sich dann zurück an seinen Stab um das nötigste zu klären... es galt keine Zeit zu verlieren, denn eine Bestattung war nicht so leicht aufzuhalten wie eine Hochzeit.

    "Drei Monatsolde sollten reichen." , gab Vala knapp zu Protokoll, bevor auch das Thema der Saturnalia sich im Guten erledigte.


    "Oy...", hörte hinter der Mauer dumpf das Gerede mehrerer Soldaten, die sich offensichtlich gerade unter dem Abdach der Principia aufhielten, "...was kriegen Weiber, wenn sie sich zulange im Schnee aufhalten?"
    "Keine Ahnung... erzähl...", erklang es nach einer Weile nachdenklichen Schweigens.
    "Schneeglöckchen.", erschall es nun etwas lauter, "Verstehste? Schnee... glöckchen... muahaharr..."
    "Hehe... sehr gut."


    "Wenn wir schon bei den Cohortes sind..." , fiel dem Legaten noch ein weiterer Punkt ein, ohne großartig auf den bezeichnenden Witz von draußen einzugehen, "..solange wir am Limes keine konkrete Gefahrenlage haben, die eine Verlegung unserer Männer an die Grenze erfordert, könnte man in Betracht ziehen sie einzusetzen um die Hauptwege der nördlichen Provinz gangbar zu halten." , dachte der Legat laut nach und blickte den Iulius fragend an.

    Als einer der letzten Gäste traf das Legatenehepaar am Anwesen des Praefectus Alae ein. Die 'Verspätung' (die keine war, immerhin konnten Legaten sich den gandalfischen Luxus leisten dann zu erscheinen wenn sie es für nötig hielten) kam natürlich einerseits dadurch zustande, dass die Arbeitspflichten eines Statthalters auch an den Saturnalia nicht innehielten, sondern vielmehr durch gewisse Spirenzien noch gewisserer Untergebener länger dauerten als sonst... wie auch durch den immernoch knietief liegenden Schnee.
    Ins Rutschen waren die Träger der Legatengattinnensänfte mehrfach gekommen, bis Vala irgendwann einfach orderte zwei Eimer Dreck aus dem Hause eines Anwohners zu holen und dies vorab auf den Weg werfen zu lassen... denn da der Iunius sich nicht die Mühe gemacht hatte seine Gästeliste einzugrenzen war der Schnee auf dem Wege durch den großen Andrang schon zu glattem Eis festgetreten.


    Als sie denn schließlich ankamen galt es erst einmal sich noch einmal herzurichten, was unter anderem darin bestand die Gattin aus gefühlten fünfhundert Lagen Fell zu schälen und in ein respräsentatives Kleid zu hüllen. Der Legat selbst war dem Anlass entsprechend in feingesponnene Wolle gehüllt, die sowohl mit Tunika als auch Toga dem ewig-winterlichem Farbspiel zwischen Grün und Rot entstand. Dass es nebenbei praktischerweise auch noch die Siegelfarben seiner Sippe waren, war ein Nebeneffekt der nicht einmal absichtlich herbeigeführt aber doch begrüßt worden war.


    Als sie nun endlich, natürlich zu spät, in das Atrium traten war die Feier bereits in vollem Gange, weshalb man auf eine offizielle Ankündigung verzichtete und den Gastgebern die Gelegenheit gab, ihre Qualitäten im schnellen Bemerken des hochrangigen Gästepaars zu beweisen. ;)

    "Es würde mich wundern, wenn derartige Rekrutierungsreisen nicht längst Gang und Gäbe sind.", ließ Vala durchblicken, dass er derartiges für selbstverständlich hielt, aber eben auch nicht ausschließen konnte, dass es das hier eben nicht war, "Sollte dem nicht so sein, veranlasse das. Schreibe eine Prämie für die Optiones aus, die innert eines Quartals die meisten Rekruten herschaffen."


    "Oh, ah, ja.. Saturnalia... das steht ja auch wieder an...", rieb Vala sich die Schläfen, als sein Praefectus ihn eine römische Tradition erinnerte, mit der er noch nie wirklich etwas hatte anfangen können. Hatte er dem früher schon skeptisch gegenübergestanden, war seine Haltung dem ganzen gegenüber durch den Ernst der letzten Jahre noch weiter abgekühlt.
    Nichtsdestotrotz wusste er um die Bedeutung des Trubels und hatte seine Untergebenen immer gewähren lassen und öffentlich gute Miene zum unverständlichen Spiel gemacht. Hier jetzt anders zu verfahren wäre Gift für die nicht unwichtige Moral.


    "Ich erinnere mich daran, dass der Praefectus der Legio Vigintitria nach seinem Dienstantritt überhaupt nichts hat durchblicken lassen, was er an den Saturnalia durchgehen ließ und was nicht. Kann mich noch sehr gut an die Unbill erinnern, die sein hartes Durchgreifen bei Ausschlägen gegen die nicht kommunizierte Norm hervorgerufen hat. ", erzählte Vala selbst, wie er damals als junger Mann beobachten durfte, wie ein Kommandant sich durch übertriebenes Autoritätserwarten unnötig viele Feinde geschaffen hatte.


    "Was die Präsenz im Lager angeht: allzu viel Ausgang werden wir uns nicht erlauben können. Wir können nicht einerseits zur Wachsamkeit mahnen und dann bis auf ein paar Mann das Lager nackt dastehen lassen.", gab der Legat zu bedenken und konkretisierte nach kurzem Nachdenken seine Pläne, "Wir behalten eine komplette Cohors als Wache unter Waffen und unsaturnalisch. Nächstes Jahr wird dann eine andere dran glauben müssen... und wir lassen das Jahr für Jahr rotieren.", sprach's und nickte die anderen Vorschläge des Iulius einfach ab.

    Es braucht einen Kläger, der darüber klagt... und einen Richter, der entweder bestehendes Gesetz zur Anwendung bringt oder eine Gesetzeslücke ausmacht und den Senat zur Schließung derselben auffordert.


    Kann man alles SimOn ausspielen.


    Mir persönlich wäre auch sehr daran gelegen, dass dies geregelt wird. Die Vergangenheit hatte das eine oder andere imho äußerst unschöne Beispiel für das schriftliche Ausleben eines Fetischs.

    "Es würde seltsam anmuten, hätten wir die Schola Atheniensis eingestampft nur um eine Schola Provincialis aus der Taufe zu heben.", antwortete Vala im besten Bewusstsein um die damaligen Querelen. Zumindest musste er sich nicht vorwerfen lassen das Bildungswesen zugrunde gerichtet zu haben... das hatten andere übernommen, als die ersten Schritte im Senat getan waren.
    "Eine indirekte Förderung wäre also wünschenswert. Bevor ich jedoch mit meinen Ideen zu dem Projekt aufwarte, würde ich lieber zuerst deine hören. Ich bin mir sicher, du hast dir deine Gedanken dazu gemacht."

    "Das Bürgerrecht bringt nicht das Recht mit sich, die Einheit auswählen zu können bei der man dienen will.", gab Vala zu bedenken, der die Ausführungen seines Praefectus mehr oder minder nickend verfolgt hatte, "Und es geht auch nicht darum, ob ICH ihnen einen Interessenkonflikt vorwerfe... sondern darum, dass ein anderer es tun könnte."


    "Die Hilfstruppen? Naja, dass die namengebende Ursprungsbesetzung dürfte mittlerweile in der Tat verwässert sein. Etwas, das wir längerfristig im Blick behalten sollten. ", überlegte der Legat laut, während er seine Finger gedankenverloren über der sterbenden Flamme der Öllampe wandern ließ, "Ich denke wir sollten einige Legionen anschreiben und mit ihren Legaten Tauschprogramme ausmachen. Vorzugsweise aus Britannia und Pannonia. Alles südlichere wird uns mit Leuten versorgen die das Wetter nicht vertragen.. die Methode hast du ja offensichtlich schon sehr deutlich vor Augen."


    Sim-Off:

    Wenn sich jemand bei uns meldet, der sich nach Italia oder Aegyptus versetzen lassen möchte. Ansonsten werden halt nur die Ausnahmen von der Regel bespielt, würde ich sagen.

    https://c1.staticflickr.com/3/…03008435_078e383031_m.jpg Nicht einmal eine Tagesreise von Mogontiacum entfernt befahl der Legat den ersten Halt ihrer Reise zu den Mattiakern, denen er als neu eingesetzter Statthalter des Kaisers einen 'Freundschaftsbesuch' abstatten wollte. Noch vor Nida wurde das Lager aufgeschlagen, die stattliche Zahl der Pedites und Equites Singulares, die mit ihren Fünfhundert zwei Drittel der Gesamtstärke der statthalterlichen Leibwache darstellten, legten ein kleines Lager nach Vorbild der römischen Legionen an und der Statthalter nutzte die Zeit, um eine Baustelle in Angriff zu nehmen die er nicht vorhergesehen, aber doch zeitig zu bewältigen hatte: Beziehungspflege zu seiner Familie.


    Es waren Witjon und Phelan, die er mit blumigen Worte aufgefordert hatte, ihn zumindest bis Nida zu begleiten. Jetzt, in der Blüte des Tages, verließen sie zu Pferde das Lager (natürlich gefolgt von einer für die Garde minimalistische Leibwache von nur zwanzig Mann) und steuerten ins schneebedeckte Nichts. Knapp eine halbe Stunde entfernt vom Weg trafen sie auf ein offensichtlich vorbereitetes kleines Lager, das sich durch eine kleine Rauchfahne und das Gekläff mehrere Hunde in der Landschaft abzeichnete. Mehrere Männer, dick in Fell und Wolle eingepackt, erwarteten sie und grüßten den Statthalter huldvoll.


    "Manfridu, ich sehe, auf dich ist verlass.", grüßte Vala den Anführer der Männer zurück, und wandte sich erst dann an seine beiden Begleiter, indem er das Pferd auf der Stelle drehen ließ: "Meine Herren. Ich bin mir gewahr darüber, dass unser Start etwas holprig war... doch ich habe nicht vor, die Provinz GEGEN euch zu regieren, sondern MIT euch. Ohne meine Familie brauche ich das garnicht erst zu versuchen. Seht diese Unternehmung also als ein Friedensangebot an... ich weiß, wir sind alt geworden, aber ich weiß, dass unser Blut noch kochen kann.", sprach's und wies auf die Speere, die nahe den Männern in den Schnee gesteckt warteten.

    https://c2.staticflickr.com/8/…30406603_526cfc6a9a_m.jpg Zu den ersten Veränderungen, die Vala in Germania spürte, gehörte der tiefere Schlaf den er nachts genoss. Nach kurzer Zeit fiel dieser derart tief aus, dass er nicht einmal mehr mitbekam wie die hiesigen Sklaven in seinem Cubiculum für Wärme sorgten wenn nachts die Temperaturen fielen. Wobei sie dies, zu ihrer eigenen Irritation, deutlich seltener taten als noch beim Vinicius (der einfach eine südliche Pussy war, so sah das aus). Als der Legat noch vor Sonnenaufgang die Augen aufschlug und sich bereit machte, entging ihm nicht der graue Schleier vor dem bunten Glas im Fenster (klares Glas gab es nur in repräsentativen Räumen). Schon als er neugierig an das Fenster trat und alleine die NÄHE zur Kälte seinen Atem in Wolken von ihm fliehen ließ, wurde klar wie deutlich die Verhältnisse in der letzten Nacht gesunken waren. Das geöffnete Fenster offenbarte Mogontiacum, das im wolkenbedeckten Grau der voranschreitenden Dämmerung in eine dicke Masse eingepackt war: Schnee.
    "Den hab ich zuletzt in den Alpes gesehen...", sprach Vala leise, als könnten seine Worte die Zuckerwatte augenblicklich zum Schmelzen bringen, und fuhr mit den Fingern sachte über die Schneedecke auf seiner Fensterbank. Damals, an der Spitze des Rebellenheeres, war der Marsch im späten Sommer geschehen und die Pässe waren größenteils schneefrei gewesen... oder von zigtausenden Sohlen zu starrem Eis getreten worden. Das hier hatte eine ganz andere Qualität: es war Heimat, auf seiner Heimat.


    "Bringt mir meine Tochter, sobald sie wach ist.", befahl Vala einem der Sklaven im Hintergrund und machte sich derweil daran, sich weiter anzukleiden und die übliche Morgenroutine zu vollziehen. Die Sonne war kurz davor schwach über den Horizont zu kriechen, als die seiner Frau treu ergebene Secunda mit seiner Tochter im Arm vorbeikam. Das junge Mädchen war offensichtlich auch im zweiten Lebensjahr eine Frühaufsteherin geblieben und sah es garnicht ein länger als nur absolut nötig zu schlafen. So blickte die junge Alrun ihren Vater auch nur mit großen Augen an, als er sie entgegennahm und zum Fenster schritt: "Kiek, Alrun, het is Snee.", sprach er sie in der Sprache seiner Väter an, wie er es immer tat wenn sie beide 'quasi' alleine waren. Das Fenster knirschte vernehmlich als es geöffnet wurde und die hereinstürzende Kaltluft ließ seine ohnehin dick eingepackte Tochter sich stärker an ihn drücken. Bei seiner Tochter nicht ganz so unaufmerksam wie bei seiner Frau hob Vala einen Zipfel seines Gewands und legte diesen über seine Tochter, um ihr gleich darauf einen Ballen lockeren Schnees von der Fensterbank zu greifen und ihn ihr hinzuhalten. Eine Warnung ob der Kälte hielt er für unangebracht, ein lautes Quietschen ließ dann allerdings doch seine Ohren klingeln als die kleine Duccia nach der ersten Fühlprobe vor der Kälte des Schnees zurückschreckte.
    "Gloob mi, ju wirs faste jenoch rutfinnen, datt het de Spass von düsse Lebn wöd.", prophezeite Vala seiner Tochter, als diese sich erneut an den kalten Schnee in der dargebotenen Hand heranmachte und teils erschreckt, teils fasziniert darauf mit der kleinen Hand herumzupampen begann.

    "Dein erster Befehl lautet, zumindest einen Dialekt der hiesigen Bevölkerung zu lernen..", legte der Legat seinem Praefectus gleich den ersten Klotz vor, "Wenn du für mich Informationen bündelst, solltest du sichergehen können, dass man dich nicht zum Narren hält. Ein Übersetzer weniger ist ein Mann weniger der dich mit falschen Informationen füttert. Und sowieso: ein Großteil deiner Männer spricht die Sprachen der Germanoi und Celti. Du wirst es nicht bereuen..., zeigte Vala sich zuversichtlich mit der Sache richtig zu liegen, legte dann jedoch nach einem kurzen Moment des Nachdenkens die Stirn und Falten und korrigierte sich selbst: "Gut, du wirst es bereuen. Aber es wird nützlich sein.

    "Einlassen? Du bist witzig..", lachte Vala fast auf, als seine Tante ihm tatsächlich Dinge vorschlug, die man von einem dieser verweichlichten Quacksalber hörte. Demgleichen hatte er noch nie viel abgewinnen können, pflegte er doch seit geraumer Zeit einen (nicht unbedingt freiwillig angeeigneten) Ehepragmatismus: "Ich gebe mich einfach damit zufrieden, dass sie zumindest fruchtbar ist und ihre öffentliche Rolle auch als solche zu tragen weiß."


    Auf die taffen Töchter Wolfriks angesprochen, verdrehte Vala beinahe die Augen: "Manchmal etwas zu taff, wenn du mich fragst. Etwas weniger Drama und Widerspenstigkeit hätte wohl dafür gesorgt, dass wir hier nun die Eheschließung mit einem Senator oder zumindest mit einem Ritter feiern würden... stattdessen bekommen wir nichts von beiden.", fluchte Vala noch einmal vernehmlich in seinen Bart, bevor er mit leidvollem Blick nickte: "Es geht nicht ums Wollen... ich muss. Weißt schon, Etikette und so. Gute Miene zum bösen Spiel machen. Ich werde morgen auf dich zukommen... oder übermorgen. Morgen geht's in die Regia. Also... bis dann. Und feier nicht zuwenig, ist schlecht für's Gemüt.", winkte der Statthalter noch einmal mit dem Zaunpfahl bevor er seiner Tante einen Kuss aufdrückte und sich dann wieder in Richtung der Feiernden verzog.

    Zitat

    Original von Duccia Valentina
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    An dieser Stelle zeigte sich die Überlegenheit des Alters vor dem unverblümten Drang der Jugend: als sein Rang noch der eines absoluten Niemands war, hatte Vala hunderte Stunden mit Warten zubringen müssen. Warten in einer Salutatio. Warten in der kaiserlichen Kanzlei. Warten in der Basilica Iulia. Warten vor der Curia Iulia. Warten AUF die Curia Iulia. Warten vor den hunderten Officii der ewigen Stadt. Warten auf den Kaiser. Warten. Warten. Warten.
    Geduld war dementsprechend eine Tugend der Aufsteiger und Ungeduld ein Privileg der Hochgeborenen. Eine der Dinge im Zeitvertreib war, nebst dem steten Netzwerken, das schlichte und völkerübergreifende Spiel der Käsekästchen... und in hunderten Stunden war Vala zu nicht weniger als einem Vollprofi mutiert.


    Hätten sie die Möglichkeit zum Reden gehabt, hätte Vala seiner jungen Base erklärt, warum sie das Spiel nach nur einem einzigen Zug bereits verloren hatte. Zum Schweigen verdammt blieb Vala nichts anderes übrig, als ihr einen schon fast tadelnden Blick zuzuwerfen und dann mit bedeutungsvoller Leichtigkeit zwei Striche zog, die das Schicksal seiner Kontrahentin früh besiegelten:


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    "Palfurius, ich habe bereits einiges von dir gehört. Man sagt, dass du den Vinicius manchmal stärker stütztest, als es jeder Stock vermocht hätte.", zeigte Vala sich durch Witjon informiert und auf dem neuesten Stand, um den Menschen hier zu zeigen, dass er durchaus wusste mit wem er es zu tun hatte. Bevor er es aber mit der Vorstellungsrunde tat, gab es noch etwas, das ebenso öffentlich geschehen sollte, weshalb er sich wieder dem Senator und momentanen Legatus Iuridicus zuwandte: "Der Kaiser lässt dich noch im besonderen grüßen, aber ich denke, das liest du besser selbst..", sprach's und ließ sich in perfekter Choreographie eine Schriftrolle mit dem makellosen Purpursiegel des Kaisers reichen, um sie gleich darauf dem Rechtsvertreter in die Hand zu drücken.

    "Hmhmhm..", brummte der Legat unvernehmlich, als der Soldat sich nach wie vor wenig bereit zeigte einfach von sich aus zu erzählen und seine Frage lediglich bejahte.


    "Du wurdest mir als verlässlich und loyal beschrieben, wenn auch nicht als besonders intelligent. Ich kann nicht sagen, dass zweiteres eine besondere Auszeichnung wäre... aber wichtig sind mir vor allem ersteres und zweites.", ging Vala unverblümt weiter, als es ihm zu blöd wurde weiter die Waffen anzustarren, "Kannst du reiten?"

    "Mir ist letztens aufgefallen...", sprach Vala in einem seiner Gespräche mit dem Praefectus Castrorum einen Gedanken ein, der ihm vor garnicht allzu langer Zeit gekommen war, "Dass ein nicht unerheblicher Teil der Soldaten dieser Legion aus der Provinz stammt. Viele gar aus der Region." Draußen rollte offensichtlich ein Karren direkt an der Mauer hinter dem Duccius her, das grollende Klacken der Räder auf dem groben Pflaster konnte man bis in die Knochen spüren. Es war bereits dunkel, schließlich stieg die Sonne in Germania nicht ganz so weit wie in Italia zum Himmel empor. Der Unterschied war fein, aber die innere Uhr war feiner. Eine kleine Öllampe, die zwischen ihnen auf dem Schreibtisch des Legaten stand, verlor an Leuchtkraft, offensichtlich hatte man übersehen, dass ihr Öl nachgefüllt werden müsste.


    "Ich denke es ist an der Zeit die Tradition wiederzubelegeben, die Rekruten dorthin zu schicken wo sie nicht zuhause sind. Sollten sich Probleme jenseits des Limes bis an die Grenze ausweiten, könnte der eine oder andere in einen Interessenskonflikt geraten.", und damit vor allem der Legat in eine Bedrouille geraten, da man ihm den Interessenkonflikt quasi fortwährend vorwerfen konnte. Dummerweise hatte Vala nicht vor sich an einen Ort versetzen zu lassen wo das nicht der Fall sein würde, so blieb ihm nichts anderes übrig als an anderer Front dafür zu sorgen, dass seine Legion möglichst frei von Verquickungen war.

    Dem Legaten, der während der Zeremonie den Blick gelassen auf den neuen Rekruten ruhen ließ während diese nacheinander den Eid sprachen, der sie für zwanzig Jahre an den römischen Exercitus band, und machte sich so seine Gedanken. Wäre er mehr an Details interessiert gewesen, hätte er sich groß und breit in Gedanken darüber auslassen können, die diese Männer zu einem nicht unerheblichen Teil den Bodensatz der römischen Bürgergesellschaft darstellten. Zwar brachten sie das nicht unbedeutende Privileg des Bürgertums mit, allerdings machte sie das noch lange nicht zu Mitgliedern der höheren Gesellschaft. Gebildeter. Wohlhabender. Tugendhafter. Nein. Wer in den Legionen unten anfing war auch meistens vorher schon unten gewesen.. bei diesen Männern galt es aber anderes klarzustellen: "Woher stammt deine Familie, Rekrut?", sprach Vala den ersten Mann in der Reihe an, ohne den überflüssigen und der Form halber doch zwingend notwendigen Statusbericht des Optios zu beachten, "Und du? Welcher Sippe entstammst du?", ging er gleich auf den nächsten ein.
    "Ich bin Sigufried, Sohn des Wilbard, Sohn des Ortwin. Meine Sippe stammt aus der Civitas Bingium.", antwortete der erste Mann, der immernoch einen deutlichen Akzent zutage förderte, während der zweite lupenreines Vulgärlatein sprach: "Unser Ahnherr ist Edger aus Lopodunum, Legatus."
    Ohne größere Reaktionen in seinem Mienenspiel preiszugeben fragte der Legat noch zwei weitere Männer, um ähnliche Antworten zu erhalten: sie alle entstammten germanischen Familien die der Region entstammten.


    "Ich bin mir sicher, ihr werdet euren Familien und dem Kaiser große Ehre machen.", zeigte der Legat sich unverbindlich zufrieden und nickte den Männern mit einem matten Lächeln zu, bevor er den Optio mit ebenso knappen Worten entließ, nur um sich selbst auf den Weg durch die Principia zu machen...

    Vala nickte bedächtig, als der Optio auf ihn aufmerksam wurde und wie erwartet die Rotte zur Ordnung rief. Angemessenen Schrittes bewegte Vala sich um die Gruppe herum und nahm etwas versetzt zum Centurio seinen neuen Platz ein. Kurz überlegte er, ob er aus Jux und Dollerei die Zeremonie durchführen sollte, entschied sich dann allerdings dagegen. Solcherlei Freiheiten waren eher für priviligierte Momente priviligierter Menschen... und die hier gehörten nicht dazu. Er beließ es also dabei, einfach nur mit Präsenz zu glänzen und sich anzuschauen, wie sich ein paar Männer an die Legio banden.


    "Weitermachen, Optio." , befahl der Legat daher im üblichen Tonfall des Befehlshabers.