Dann sag es...
Beiträge von Claudia Romana
-
-
Dem Aurelier, der zuerst mit Lob ihre Führung kommentierte, schenkte sie ein einnehmendes Lächeln. Ah, so etwas war Musik in den Ohren der jungen Claudia. “Es freut mich, dass du dies ebenfalls so siehst, Pontifex Aurelius“, sagte sie zu Corvinus hin und horchte sich auch mit Interesse an, was Gracchus sagte, obwohl seine Worte wahrlich schwerer auseinanderzufriemeln waren als die des Corvinus. “Gut“, stellte die Vestalin fest und nickte. Lob gefiel ihr, wie auch Komplimente, einmal wenn sie ehrlich waren. Aber aufgrund fehlender Begabung zum Gedankenlesen war es nicht immer leicht festzustellen, ob jemand log oder die Wahrheit sprach, auch wenn Romana selber von sich glaubte, sie könne das recht gut erkennen.
Sie erwartete nun schon, dass die Führung abgeschlossen sei, doch sah sie, wie sich Gracchus zu Corvinus hinwandte und etwas zu ihm hintuschelte. Eine Causa privater Natur? Aha? Romana war schon gespannt, was dies sein mochte. Wie ein ganz braves Mädchen blieb sie also vor den beiden Pontifices dort am Stehen, wo sie war, und lächelte wie eine Maklerin, die zuvor zwei Herren durch ein Haus geführt hatte, und die nun vor ihrer Nase am Beratschlagen waren, ob sie das Haus kaufen sollten oder nicht.
Hach ja. Manchmal war die Arbeit einer Vestalin doch recht anstrengend.
-
Ach so, dann nichts für ungut.
Mal eine Frage für Liebhaber von schwarz-weiß-Filmen. Wer errät meinen Avatar?
-
“Ssssüffig ist er... ja... hicks...“ Sollten die Leute doch denken, was sie wollten, sie war glücklich, hier, mit ihrem Bruder, weinselig herumzusitzen. Ob er leer war? Romana grinste und nahm ihren Becher, den sie mit einem tiefen Zug heruntergurgelte, als ob es Wasser sei. “Ne... jetz issssser leer“, kicherte sie dämlich und deutete dann auf Flavus, nun ja, in seine ungefähre Richtung. “Marcus, du hast mir doch gesagt, du trägst mich heim... auf deinen Armen...“ Romana prustete und dachte gar nicht daran, dass der nächste Morgen ein wenig anstrengend werden konnte, und sie sich schwören würde, nie mehr fast unverdünnten Wein anzufassen.
-
Nein. Er meint, ist das dein Avatar?
-
Ah, Narcissa war also auch anwesend gewesen? Romana konnte sich gleichfalls nicht erinnern, dass die Aurelia dort gewesen wäre. Nichtsdestotrotz nickte sie bestätigend, denn den besten war es schon passiert, dass man Sachen einfach vergaß. “Das war es.“ Narcissa war offensichtlich mit ihrer Schwester hierher gekommen, von wo auch immer. Romanas Gedanken schweiften ab zu Livilla, die sie vor nicht allzu langer Zeit hier in Rom besucht hatte. Nun lag es an ihr, sich um ihre Großeltern zu kümmern... obwohl es sie schon bekümmerte, dass sie so lange nichts mehr von ihrer Schwester gehört hatte. Auch nickte sie, als Narcissa ihrem Bedauern, dass Septima nun in Mantua war, Ausdruck verlieh. “Das kann ich mir vorstellen.“ Sie selbst hatte davon nur am Rande und zufällig erfahren. Der Aufbruch musste plötzlich gewesen sein, dass Septima ihr nicht einmal einen Brief schicken hatte können. Aber nun gut, es war nicht an Romana, ihr das übel zu nehmen. Nicht jeder in Rom musste einen brief von ihr bekommen, und Romana maßte sich nicht an, dass sie, nur weil sie einen Abend bei den Tiberiern verbracht hatte, ein Anrecht darauf hatte, alles zu erfahren.
Wenn die Aurelia ihr kurzes Zögern auf ihre Frage hin bemerkt hatte, ließ sie sich nichts anmerken, worüber Romana durchaus froh war. Nichts wäre ihr weniger lieb gewesen, als sich einem Frage-Antwort-Spiel zu unterziehen, weil Narcissa einfach zu neugierig war. Doch dem war nicht so. Die Aurelia schien es sogar zu schlucken. Sie würde sich Gedanken machen, wie sie es ausdrückte. Gedanken. Und eine Bedankung bekam Romana auch noch. Huldvoll neigte die Claudia ihren patrizischen Kopf. “Es war mir eine Freude, Aurelia“, versicherte Romana Narcissa. “Und das hoffe ich auch. Ich hoffe es auch.“ Vielleicht würde Narcissa nun wirklich Vestalin werden. Romana selbst würde es freuen. Die Chancen standen sehr gut, dass sie die Mentorin und Lehrerin der nächsten Vestalin sein würde, und die Aurelierin war ihr sympathisch. Sie lächelte leicht, als sie spürte, wie die Aurelierin ihr in einer vertrauten Geste ihre Hände auf die ihrigen legte. Einerseits war das wohl eine ziemlich freundschaftliche Geste – Romana merkte, dass ihr Likor aufsah und besorgt hinblickte – aber andererseits auch eine, die Vertrauen ausdrückte.
Ihre Hände wurden losgelassen, und Narcissa erhob sich. Auch Romana stand auf. “In diesem Fall – vale. Mögen die Götter dich beschützen.“ Dann wandte sie sich um und blickte auf ihren Liktor. “Manilius? Ich wünsche, mich zurück zum Atrium Vestae zu begeben.“ Der Liktor nickte, und zusammen setzten sie sich in Bewegung.
-
“Totaaaal betrunken? Aber neeee... du bissss betrunken!“ Romana grinste von einem Ohr zum anderen und knuffte ihren Bruder zärtlich am linken Oberarm. “Dass du sowasss sagssss... pfff.“ Sie lüpfte den Inhalt des Bechers in ihren Rachen hinein. “Dass finnn ich schönnnn... ennnnlich wiedaaaa n’Claudier im Zeeeee Haaaaa....“ Durchaus glücklich leerte sie die letzten Tropfen ihres Bechers.
“Noch’n Glas?“ Die Claudia blickte Flavus aus diesigen Augen verwundert an. Dann nickte sie und kicherte sinnlos, während sie hinunterlinste zu ihrem Tonbecher – Glas war zu teuer, als dass man daraus in Tavernen Becher gemacht hätte. Natürlich hatte auch sie als Vestalin einen Ruf zu verlieren, aber wer könnte es ihr bitte verbieten, vor Glück, dass ihr Bruder hier war, zu trinken? Zumindest funkte ihr in seinen Funktionen eingeschränkte Hirn ihr das zu. Sie schenkte sich selber neu ein und nippte davon. “Was Anstrengen.... naja. Feuerwacheeee. Unnnnnn Türdienst. Üblischa... hicks... Käse. Kein großes Fesssss oda sooo.“ Wenn es keine Festlichkeiten gab, dann hatte man als werktätige Vestalin durchaus etwas an Freizeit. Auch wenn diese ziemlich ungeregelt war. Gar lieblich lächelte die beschwipste Vestalin ihren Bruder an. “Du willsss mich nach Hause... tragen? Och wie süß!“ Mit ihrem langen rechten Arm zog sie Flavus an sich ran und verpasste ihm einen Kuss. “Marcus, du bisssss doch... da Besteee.“ Obwohl – eine getragene Vestalin mochte einiges an Stirnrunzeln bei den Leuten auslösen. Doch das war Romana in ihrem Zustand recht egal. Sie war nur gespannt darauf, wie ihr Bruder das bei ihrer langen Figur zustande bringen wollte.
-
“Zuviel getrunken?“ Romana blickte verwirrt auf Flavus und gestikulierte mit ihren Händen auf sich selber. “Iiiiiiiich? Was denks... du denn?“ Zum Beweis ihrer Trinkfestigkeit leerte sie ihren Becher auf Ex und schenkte sich selber geschwind jenen sehr starken Wein nach. “Ah, CRV und so... hassdu dich schon eingeschriiiiiim?“, fragte sie mit schwerer werdender Zunge und kicherte kurz. “Was soll das heisssn, aufbrechen? Magssss du’s hier nichmehr? Bin isch dir sssu langweilischhh?“ Noch einmal wurde kräftig ein Schluck vom Becher genommen. “Komm schon. Wir hamm uns jetssss schon so lang nisch mehr gessssehn. Das kann man doch... hicks... Schulljung... begießen... odaaa, Marcus?“ Dass sie um einiges mehr getrunken hatte als ihr Bruder, bemerkte sie nicht einmal. "Spät? Neee... so lang sitzen wir noch nisch hier...", behauptete sie.
-
“Gut“, machte Romana, befriedigt, dass ihr Bruder auch seinen Anteil an den kultischen Verpflichtungen, die man als Patrizier, vor allem als Claudier, unbedingt eingehen musste – denn sonst war der soziale Abstieg bereits eine geritzte Sache – haben würde. Dass er zu diesem Aurelier da gehen würde und den Platz auch bekommen würde, bezweifelte sie keine Sekunde. Sie lächelte, als er ihr nochmal Wein einschenkte. “Danke!“, freute sie sich und nahm abermals einen Schluck vom Wein, der marginal größer war als der, den Marcus tätigte. Langsam aber sicher konnte sie schon die Effekte des alkoholischen Getränks spüren, aber ihrem Bruder würde sie das sicher nicht zeigen!
“Also, Marcus. Wann hassdu... hupps... Verzeihung... hast du vor, als Vigintivir zu kandidieren? Das tust du doch sicher... ähm... mal. In nächster Zeit“, mutmaßte sie.
-
Oje, er schien sich ziemlich zu echauffieren. Jetzt taten Romana ihre Worte wieder Leid. “Entschuldige. Ich habe das nie angezweifelt. Nur, dass du gesagt hast, du willst in keinen Tempel gehen, hat mich stutzig gemacht“, verlieh sie ihrer Bedauerung Ausdruck. Aber Marcus war ihr eh nicht lange sauer; da, er lächelte schon wieder! Romana lächelte zurück, froh, dass sie offenbar Talent drinnen hatte, ihren Bruder zu besänftigen.
“Vielen, vielen Dank, Marcus.“ Wenn ein Claudius ihr etwas versprach, dann hatte sie keine Zweifel daran, dass dieses versprechen gebrochen werden würde! Sie nippte wieder einmal am Wein, bevor sie weitersprach.
“Ah, die palatnischen Salier. Gute Wahl. Da musst du zu diesem Aurelier gehen... wie hieß der? Avigdor. Avignon. Nein, Avianus.“ Sie zog ihre Nase kraus, als sie hörte, was Flavus sagte. “Das selbe habe ich auch gehört. Absolut verlottert. Sie nehmen kaum mehr kultische Aufgaben wahr, und sind vor allem fürs Saufen bekannt.“ Sie schüttelte den Kopf angewidert. “Und so etwas soll die göttliche Ordnung aufrecht erhalten!“
Auf seine Frage hin aber strahlte sie wie ein Kind zu den Saturnalien. “Ja! Bitte!“, rief sie nimmersatt.
-
Romana hatte sich nie für eine ausgezeichnete Schauspielerin gehalten, Narcissa jedoch schien sie nicht zu durchschauen – zumindest, wenn sie es tat, machte sie nicht den Anschein, als ob sie es täte. Gut, dachte sich Romana, die interessiert Narcissa zuhorchte, als diese es schaffte, das Gespräch auf andere Bahnen zu lenken. Eine zweite Tiberia – sprach sie gerade von Septima? Tatsächlich! “Auch sie kenne ich“, machte Romana lächelnd, sich sehr weltmännisch vorkommend dafür, dass sie diese Namen alle kannte. Ja, Septima befand sich eindeutig in ihrem Bekanntenkreis, auch wenn sie einige Zeit nichts mehr von ihr gehört hatte – außer aus zweiter Hand die Tatsache, dass sie mit ihrem Mann, den sie ja flüchtig kennen gelernt hatte auf dem Tag nach der Hochzeit, der so katastrophal geendet hatte für sie wie ohnehin alle Feiern, auf die sie ging (Unziemlich angegrabscht werden, auf einer Latrine vor Magenkolik fast elend krepieren, jemand anderen von oben bis unten mit Kuchenbröseln verdrecken, sich als Vestalin unglücklich verlieben – was war davon das Schlimmste? Wohl die Latrinengeschichte, wenn sie es sich überlegte, knapp vor den anderen). “Ich war auf der Feier, die sie nach der Hochzeit feierten“, gab sie zum Besten – wie schön es war, ein integriertes Element der römischen Gesellschaft zu sein? Oder auch nicht, denn die Banden waren zerbröselt, vor allem, seit Calvena und Septima weg waren, und sie Serrana aus dem Weg ging, weil sie überzeugt war, dass ein Fluch auf ihr lastete.
Das ein wenig undamenhafte Lachen der Claudierin schien gar nicht recht gut anzukommen, und Narcissa war wohl ein bisschen irritiert, bis sich Romana auch, noch immer lachend, entschuldigte. Sie hatte selber keine Ahnung, warum ihr das so komisch vorgekommen war – wohl, weil das, was die Aurelia gesagt hatte, haargenau auf sie gepasst hatte.
Romanas Wetterei traf auf keinen verbalen Widerstand der Aurelia. Wenn diese meinte, dass Romanas Worte widersinnig oder gar schwachsinnig wären, dann verriet sie es nicht. Ja, Religion war etwas, wofür Romanas Herz schlug. Andere mochten ihre Überzeugungen als Superstitio und hanebüchen ablehnen. Sie aber kam erst richtig in Fahrt, wenn solche Vorwürfe kamen. Das, was die Alten gelehrt hatten, das, was althergebracht war, das und dafür wollte Romana leben. Es mochte Aspekte in diesen Weisheiten geben, die sie selber weniger mochte – doch würden sie nicht existieren, hätten die Götter sie nicht gewollt! Das Schöne war – Romana wäre vielleicht keine gute Matrone geworden (viel eher hätte sie einen Ehemann tyrannisiert und komplett unter die Pantoffel gebracht), doch die Götter hatten ihr den Weg der Vestalin mitgegeben, ein Weg, der genau richtig für sie gewesen war! Denn alles war weise vorbestimmt von den Parzen, alles, innerhalb der Ordnung der Götter. Und eine Missachtung der Mos Maiorum, da war sie sich ganz sicher, beschwörte den Zorn der Götter herbei. Doch sie waren immer gerecht, sie gaben den Menschen sogar Prodigien in ihrer grenzenlosen Weisheit und Einsicht, und waren immer versöhnungsbereit, wenn man ihnen ein gutes Opfer brachte. Und deshalb liebte Romana die Götter so sehr, wie sie sie fürchtete. Und noch mehr, was sich gegen diese Götter richtete, war ihr zutiefst suspekt.
Von der inbrünstigen Predigt zitterte ihre linke Hand noch immer, als sich die Aurelia wieder traute, etwas zu sagen. Ein leichtes Lächeln zeigte sich auf den Lippen der Vestalin, als sie die Hände von Narcissa runternahm. War es selbstlos gewesen, dass sie Vestalin geworden war? Gut möglich. Doch hatte es ihr das gegeben, wonach sie gesucht hatte. Erfüllung. Einen Auftrag. Einen Lebenssinn. Die Möglichkeit, die Welt im Gleichgewicht zu bewahren, indem man den Status Quo verteidigte wie das eigene Leben.
Ob sie es manchmal bereute? Romana zögerte kurz, nur den Bruchteil einer Sekunde zu lange. Sie dachte an Sedulus. Was für ein wundervoller Mann... und wie sehr sie sich bei Calvena darüber ausgeheult hatte, weil sie ihn nicht haben konnte. Doch die Liebe war scon abgeflaut in ihr drinnen... denn Liebe verging schnell. Eine Ehe musste aus Respekt und Vertrauen gebaut sein, Liebe war sekundär. Ob sie es auch lange mit einem Sedulus an ihrer Seite ausgehalten hätte? Wohl nicht. Schon alleine, weil er ein Plebejer war – und welch unglückselige Närrin musste man sein, um als Patrizierin einen Plebejer zu heiraten? Noch dazu als Claudia? Nein! “Nein“, antwortete sie unbewegten Gesichtes. “Nicht im Geringsten.“
-
Marcus zeigte immerhin den Willen, das an Vater durchzuleiten, auch wenn er nicht sonderlich begeistert klang. Belanglosigkeit? Romana schaute streng. “Also wirklich, Belanglosigkeit! Was soll das denn heißen? Zunächst versetzte er willkürlich Quintilius. Wen versetzt er als Nächstes? Einen Ritter? Und dann? Vater? Vescularius braucht eine Schranke auferlegt, und zwar so früh wie möglich! Du kannst dir ja nicht vorstellen, was dies für ein Tyrann ist, Marcus. Wenn ihm niemand Einhalt gebietet, wird es so arg in Rom hausen wie der Barbar Brennus, hätte er Rom erobert! Du weißt ja nicht, was Rom in letzter Zeit geworden ist, aber Vater wird das sicher auch so sehen.“ Sie griff in ihre Palla hinein und zauberte eine Wachstafel hervor. Schreibzeug war wichtig, das hatte sie gelernt, und eine Wachstafel herumzutragen war eine geschickte Sache, auch wenn sie sperrig war. Sie tat dies nicht immer, aber nun hatte sie eine per Zufall dabei, was sehr geschickt war.
Wie besessen begann sie hastig mit einem kleinen Griffel auf die Wachtafel einzuhacken. Schnörkellos war ihre Schrift, und ebenso ihre Sprache, sie musste die Sache auf der Wachstafel auf den Punkt bringen.
Lieber Vater,
ich habe von Marcus gehört, dass du nach Misenum zum Kaiser gehst. Ich wünsche dir viel Glück, habe aber eine große Bitte an dich! Der Mann meiner guten Freundin, Germanica Calvena, er heißt L Quintilius Valerian, ein Centurio, wurde von Vescularius von den Prätorianern zur Legio in Mogontiacum versetzt. Ich bin mir sicher, dies war so, weil Quintilius Vescularius zurechtgewiesen hatte, als der Praefectus Urbi versucht hatte, die Zeremonie seiner Hochzeit zu stören, und sich Vescularius dann beleidigt gefühlt hat. Als ich mich bei Vescularius darüber beschwert habe, hat er mich verhöhnt und schließlich rausgeworfen. Ich hoffe, du siehst den Ernst der Lage – heute versetzt Vescularius vielleicht noch willkürlich Plebejer, morgen aber vielleicht schon patrizische Senatoren wie dich, weil er denkt, er kann sich alles erlauben! Bitte, Vater, sprich mit dem Kaiser darüber, und versuche, Quintilius und seine Frau zurückzuholen! Ich habe dem Kaiser schon einen langen Brief über diese Angelegenheit geschrieben, aber dieser blieb unbeantwortet.
Alles Liebe,
RomanaSie drückte die Wachstafel Marcus in die Hände. “Pass bitte darauf auf“, bat sie ihn. Nun konnte endlich wieder eine normale Konversation geführt werden.
Sie stutzte, als er etwas darer sagte, dass er nicht in den Tempel gehen wollte. Welchen Tempel denn von den vielen, die es in Rom gab? Über diese Frage drang sein Lob für sie gar nciht mehr richtig durch. “Äh... nicht? Ich meine, du musst ja kein Amt im Cultus Deorum, im Götterkult, einnehmen. Aber der Götter eingedenk solltest du schon sein. Ein gottloser Senator – und das willst du doch werden, ich meine nur ein Senator, ohne das gottlos – wäre ein Skandal! Die Republik ist viel zu sehr mit dem Götterkult verbunden, als dass du ihn vernachlässigen könntest. Vielleicht opferst du mal, Iuppiter würde sich anbieten. Was du auf jeden Fall tun solltest, ist, dich einer Sodalität anzuschließen. Vater ist bei den palatnischen Saliern. Quintus – du weißt schon, unser Vetter Quintus Lepidus – ist bei den Arvalbrüdern. Und Galeo... ich glaube, der will zu den collinischen Saliern gehen. Würde ich persönlich nicht. Die haben einen schlechten Ruf.“ Den letzten Satz machte sie mit leicht gesenkter Stimme.
-
“Gut, danke“, hielt sich Romana kurz angebunden, denn plötzlich war ihr etwas gekommen. “Vater geht nach Misenum, sagst du, zum Kaiser. Um mit ihm zu reden, von Mann zu Mann? Dann habe ich eine Bitte an dich, Marcus, eine große, riesige Bitte. Ich hätte gerne, dass du ihm Folgendes ausrichtest.“ Sie räusperte sich, als sie nach Worten suchte.
“Eine gute Freundin von mir, um nicht zu sagen meine Beste, Germanica Calvena heißt sie, ist mit einem Centurio namens Lucius Quintilius Valerian verheiratet. Sie hat eine Erlaubnis dazu bekommen, wenn es dich interessiert. Auf jeden Fall war Quintilius Valerian bei ihrer Hochzeit ein Prätorianercenturio. Doch dann geschah etwas auf ihrer Hochzeit – der Praefectus Urbi, Vescularius Salinator, platzte herein und versuchte die heilige Zeremonie zu entweihen. Als er daraufhin vom Bräutigam zurechtgewiesen wurde, rächte er sich – und zwar versetzte er Quintilius Valerian nach Germanien, sodass dieser dort nun einfacher Centurio ist. Nun gut, ich kann nichts beweisen, aber ich denke, dass dies sein Beweggrund war. Calvena denkt das auch. Auf jeden Fall, wenn Vater schon in Misenum beim Kaiser ist, dann wäre meine Bitte an ihn, dass er ihn darauf anspricht und versucht, Quintilius Valerian zu den Prätorianern zurückzuholen. Der Kaiser auf jeden Fall hat schon einen Bittbrief von mir erhalten, doch ich habe nie eine Antwort bekommen. Könntest du Vater das ausrichten? Es wäre mir enorm wichtig!“, beschwor sie ihren Bruder. Ihr Vater hatte ihr ja gesagt, dass sie ihn jederzeit um etwas bitten könne – und nun hatte sie solch eine dringende Bitte. Vielleicht konnte Menecrates da etwas ausrichten, direkt an der kaiserlichen Villa. "Kannst du dir das merken? Oder soll ich eine Nachricht für Vater auf eine Wachstafel aufschreiben, die du ihm dann gibst?" Letzteres würde immerhin garantieren, dass die Nachricht ihren Empfänger im Original erreichte!
Sie horchte wieder aufmerksam zu, als Flavus ihr von seinen Vorstellungen erzählte. “Das klingt alles sehr gut! Hast du auch langfristig vor, dich im Cultus Deorum zu betätigen?“ Auf seine Frage hin stutzte sie kurz, bevor sie antwortete: “Ach, das Atrium Vestae meinst du. Du, ich bin erst vor Kurzem zur Vollvestalin geworden. Als solche werde ich erst einmal meinen Dient verrichten, und wer weiß, vielleicht werde ich irgendwann einmal Virgo Vestalis Maxima. Ja, das würde mich sehr freuen“, verriet sie ihrem Bruder.
-
Sie wiegte ihren Kopf hin und her. “Denke schon.“ Noch einmal trank sie etwas. “Ja“, bestätigte sie ihre Vermutung.
Sie horchte ihm aufmerksam zu, als sie ihren Weinbecher leicht herumschwenkte. Sie war begeistert von so viel Familienstolz! Nichts anderes hatte ein Claudier zu denken, als er es tat. “Also will er wirklich zum Kaiser gehen, um ihn um ein Amt zu ersuchen?“ Sie strahlte. “Das sind ausgezeichnete Neuigkeiten! Sicher wird er bekommen, was er will, bei seiner Reputation. Wießt du denn, was er in Aussicht hat?“ Sicher etwas militärisch Angehauchtes. Wobei, für ein Tribunen- oder gar Legatenamt war er doch ein wenig zu alt.
Was sie aber mindestens genau so interessierte wie die Karriere ihres Vaters war die ihres Bruders, der noch sein ganzes Leben vor sich hatte. Der Gedanke, dass er die Karriereleiter erklimmen würde, gefiel ihr ungemein. Und sie als Vestalin konnte ihm da sicherlich auch helfen. “Das hört sich ja gut an! Hast du schon Pläne? Willst du vielleicht Klient von jemandem werden und ein Tirocinium Fori machen? Oder schwebt dir was anderes vor? Bezahlte Arbeit womöglich?“ Sie legte ihre Hände übereinander und beugte sich etwas über den Tisch vor zu ihm.
-
An
Tiberia Septima
Villa Aurelia
RomaLiebe Septima,
Danke für deine Mitteilung! Ich würde dich gerne wieder sehen und hoffe daauf, dass dies bald geschehen wird. Wie wäre es in der Taberna Apicia am ANTE DIEM IV NON SEP DCCCLX A.U.C. (2.9.2010/107 n.Chr.)* am Abend nach der Cena? Ich würde mich sehr freuen!
Sim-Off: *Mehr oder minder als Fantasiedatum zu sehen.
-
Sim-Off: EDIT: Ist bezahlt.
An
Germanica Calvena
Casa Quintilia
MogontiacumLiebe Calvena,
es freut mich sehr, dass du dich gefreut hast, dass ich doch nur das Selbstverständliche getan habe. Ich bin mir sicher, auch du hättest alles in deiner Macht Stehende getan, wärst du in meiner und ich in deiner Position gewesen. Doch leider muss ich dir sagen, dass ich beginne, am Erfolg meiner Aktionen zu zweifeln. Mein Brief an den Kaiser blieb bis dato unbeantwortet. Ich denke nicht, dass er auf dem Weg verloren ging, ich habe einen zuverlässigen Boten eingesetzt, der mir bestätigte, dass er abgegeben wurde. Doch der Kaiser hat mir nicht geantwortet! Ich habe nichts gehört. Ich weiß nicht, ob meine Worte ihn kalt gelassen haben oder ob er den Brief komplett ignoriert hat, aber ich glaube auch nicht mehr, dass ich jemals wieder etwas bekomme. Das Schlimmste ist, ich weiß nicht, wieso ich keine Antwort bekommen habe. Sollte ich einen zweiten Brief schreiben? Doch habe ich die Befürchtung, dass auch dieser nichts nützen wird! Denn Vescularius ist eine Schlange, die sich der Kaiser an seiner Brust nährt, ohne es zu wissen, ohne auf die warnenden Worte seiner Töchter [strike]einen götterverdammten Schei[/strike] viel zu geben. Es ist frustrierend.
Ich bete auch darum, dass ich falsch gelegen bin. Die Leber ließ aber keine andere Deutung zu, aus den Omen konnte man eindeutig feststellen, was geschehen wird. Und wer wären wir, die Existenz der Lebensfäden der Parzen in Zweifel zu ziehen, und sie abwenden zu können?*
Dass Mogontiacum leiser ist als Rom, glaube ich – doch kann es nie so interessant sein! Auch wenn ich sagen muss, dass ohne dich mein Kontakt zu unserem alten Freundinnenkreis sehr gelitten hat. Allerdings hat sich meine Verbindung zu meiner claudischen Familie wieder gestärkt – Brüder, Schwestern, und Cousins aus dem gesamten Reich tauchen zur Zeit auf. Familie ist etwas Wunderbares! Dass Septima schwanger ist – sie hat doch diesen Legaten da geheiratet? – wusste ich noch nicht, aber sie ist zur Zeit in Rom, so werde ich sie sicher treffen.
Mögen die Götter die Hände über dich halten, meine liebe, kleine Calvena, und dich auf deinen Wegen beschützen!
Auf ewig deine Freundin,
[Blockierte Grafik: http://img237.imageshack.us/img237/125/unterschriftcr.png]
Sim-Off: *Nur zur Info: Romana hat das Konzept der Haruspizin im Vorhinein in den komplett falschen Hals bekommen und denkt ohnehin in die absolut falsche Richtung.
-
Romana, die einen guten Zug beim Trinken draufhatte, nahm einen weiteren Schluck vom Wein. “Er ist enorm gut“, stellte sie fest und schenkte selber nach. “Er muss aus den Bergen um Mons Publicianus* stammen. Dort ist die beste Weinregion nördlich von Rom überhaupt. Das sagt Großvater immer.“ Damit meinte sie natürlich nicht den berühmten Kriegshelden Claudius Macrinius Restitutor, der schon lange tot war, sondern den noch immer in Clusium lebenden Gnaeus Manlius Longinus.
Sie schüttelte fassungslos den Kopf, als sie hörte, was Flavus sagte. “Was für Barbaren! Es ist furchtbar, so etwas zu hören. Solchen Schwindlern muss man halt aus dem Weg gehen. Aber in dieser Taverne machen sie, glaube ich, nichts. Und stimmt, schmeckt fruchtig.“ Sie nahm noch einmal einen größeren Schluck, als es notwendig war, um das Aroma des Weins auszuloten. “Pfirsich, glaube ich.“
Das Gespräch musste ja früher oder später auf ihren Vater kommen. Sie seufzte. “Nun ja, es ging ihm schon schlechter. Letztens hat er wieder gesünder ausgeschaut. Ich habe jüngst mit ihm geredet, und vielleicht nimmt er ein neues Amt an! Ist das nicht wundervoll? Und doch ist er momentan der einzige claudische Senator.“ Sie blickte ihren Bruder neugierig an. “Sag, Marcus? Ich hoffe doch, du willst irgendwann einmal das Vigintivirat in Angriff nehmen?“ Dies nämlich war die erste Stufe im Cursus Honorum – und unerlässlich für einen ambitionierten Senatorensohn!
Sim-Off: *Montepulciano
-
Mit einem gewissen Grad an Verwunderung betrachtete Romana den Gesichtsausdruck der alten Germanica. Waren das Magenkrämpfe? Ein nahender Schlaganfall, oder suchte sie mit aller Macht eine undamenhafte Flatulenz zu unterdrücken? Nein, nichts dergleichen – ein Ausdruck des Bedauerns kam aus ihrem Mund. Es war keine Entschuldigung, es war keine Bitte um Verzeihung – aber immerhin. Romana nickte wohlwollend, als sie sich in einem merkürdigen Anfall von Größenwahn dachte, wie schön doch kleine Machtdemonstrationen waren.
Die Flavia bestätigte milde, dass sie wirklich stolz war auf ihren Mann und wie großartig er war. Romana konnte keine Gedanken lesen und war auch nicht sonderlich gut darin, andere Leute zu durchschauen – außer, es war allzu offensichtlich – sodass sie nur befürwortend nickte. Auch wenn sie nicht allzu viel sagen konnte, was das anging. Schließlich hatte der Aurelius kaum ein Wort geredet, das Reden hatte er lieber dem umständlichen und ziemlich kauzigen Flavius Gracchus überlassen. Noch immer gingen ihr die Worte des Flaviers im Kopf herum. Der Kaiser vernachlässigt seine Kinder. Damals hatte sie es wirklich geärgert... aber nun? Hatte er nicht recht? Vom Kaiser hatte sie zumindest nichts gehört, nie, seit seit Vestalin wurde, und das war jetzt auch schon eine lange Zeit.
Als diese jedoch an Serrana die Frage nach ihrem Mann stellte, blickte Romana nur einen Zacken strenger als es gut war zu der Iunia hin.Er wird sich nicht zur Wahl stellen, sondern nach... was reisen? Starr blickte sie zuerst auf die Iunia, sodass die Flavia Zeit hatte, nachzufragen, bevor die Claudia sich ihre Hände seitlich an den hübsch drapierten Schleier, den sie auf ihrem Haupthaar trug, schlug. “Nach Germanien?“ Kein anderes Land auf der Erde faszinierte Romana so dermaßen und stieß sie gleichsam ab. Germanien! Das Land der grausamen Kannibalen! Der Bluttrinker, die sich gegenseitig zum Vergnügen die Köpfe einschlugen! Germania Magna, die Todesstätte des gallanten Quinctilius Varus! “Bei den Göttern! Warum gerade nach Germanien, zu den Barbaren?“ Denen mit den unglaublich, ja faszinierend widerlichen Bärten. Was in aller Welt hatte Serrana dort verloren?
Die Flavia derweilen bekannte, dass sie nciht im Dienste der Götter stand... nun ja, wieso auch, dachte sich Romana, sie war ja eine Matrone und hatte somit alle Hände voll zu tun, den haushalt zu schmeißen. Berufstätige Frauen, mit Ausnahme natürlich der Vestalinnen, waren sowieso etwas, was eher schief zu betrachten war.
Und Bauchpinselei war sowieso immer wieder fein. Romana war für Komplimente nicht gänzlich unempfänglich und lächelte die Flavierin geschmeichelt an. Sie schloss die Augen kurz und sonnte sich kurz im vestalischen Glanz...
...da brach auch schon das Donnerwetter aus mit den Christen. Celerina pflichtete ihr bei, Serrana reagierte schreckhaft, Laevina tat die Problematik ab, und Celerina führte aus, was gefährlich an den Christen sei. Nun war es an Romana, ihre erboste Rede (gespickt mit Unwahrheiten, die man ihr über die Christen eingetrichtert hatte) weiterzuführen.
“Es ist kein Syrer oder Assyrer, den sie anbeten, nein, schlimmer, ein Hebräer! Wisst ihr, warum das schlimm ist? Die Hebräer verehren nur einen Gott – Iuppiter – und die Christen zwei – Serapis und seinen Sohn, für den sie diesen Handwerker da halten. Wie hieß der? Irgendetwas mit C. Crestus oder so. Egal. Das Schlimme ist, sie weigern sich, andere zu verehren! Sie verachten unser Pantheon! Sie weigern sich, die göttliche Natur unseres Kaisers zu erkennen!“ Vor Ärger und Sorge öffneten sich ihre Augen weit, und ihre Augenbrauen zogen sich zusammen. “Diese Christen sind wie ein Geschwür in unserem Reich. Zunächst klein und unscheinbar, aber die schiere Unerhörtheit ihrer Lehren und Vorstellungen müssen uns die Augen öffnen! Ich verstehe nicht, wie man das tolerieren kann. Das Christentum muss ausgerottet werden! Wenn es mit Worten nicht geht, dann mit dem Schwert!“ Hui, da sprach die Soldatentochter in ihr. “Die Christen haben kannibalische Bräuche, stellt euch vor. Sie trinken das Blut und essen das Fleisch von Menschen! Das nennen sie den Leib von Crestus. Widerwärtig! Pfui!“ Sich in Rage reden, das war etwas, was Romana gut konnte.
-
Romana nickte versonnen. Ja, Großmutter liebte es zu erzählen. Sie tat es noch immer. Dass ihr Gedächtnis sie immer öfter im Stich ließ und ihre Erzählungen von Jahr zu Jahr, ohne mangelndem Respekt, immer größerer Stuss wurden, und Großmutter an manchen Tagen nichts von sich gab außer etruskische Wörter (was Romana, die diese Sprache beherrschte, aber nichts ausmachte), das machte diese Geschichten um nichts weniger schön. “Ja... wer weiß schon. Niemand kann uns das Gegenteil beweisen.“ Sie grinste zurück und wunderte sich über das Tempo, mit der der Kellner den Wein brachte – eindeutig hatten die Leute hier einen Zahn zugelegt!
“Sicher, lass uns anstoßen“, lächelte Romana, als sie den einen Becher, der ihr bereits eingefüllt worden war, erhob. “Auf uns und unser Wiedersehen.“ Sie stieß den Becher mit dem Ihren zusammen, was ein dumpfes Geräusch ergab, und leerte gleich einmal einen großen Teil vom Wein. Das kühle Nass rann ihre Kehle hinunter und erzeugte dort ein etwas wärmendes Gefühl. “Ui! Den haben sie ja kaum gewässert!“, lachte sie, denn sie spürte, dass der Alkohol ziemlich stark war.
-
Romana lachte auf, als Flavus die etruskische Herkunft ihrer Mutter ansprach. Klar schimmerte bei ihm der stolz durch, ebenso wie bei ihr. “Was soll ich sonst sein? Marcus, du weißt doch, ich habe lange in Clusium bei unseren Grosseltern gelebt, bevor ich nach Rom kam. Ich liebe Etrurien, es ist wie eine Heimat für mich! Und ja, etrurischer Caecuber klingt gut. Bestellst du mal?“ Romana mochte Rotwein gerne, sie liebte den vollen und starken Geschmack – Weißwein erschien dagegen wie Wasser, auch wenn die Claudia natürlich auch in dieser Hinsicht keine Kostverächterin war. Es musste wohl an ihrem großen Metabolismus liegen, dass die leicht gefräßige Romana nicht schon aufgegangen war wie ein Hefeteig.
“Sag, glaubst du eigentlich wirklich, was unsere Großmutter immer sagt? Dass sie von Lars Porsenna abstammt, und wir somit auch?“ Der Gedanke hatte wirklich etwas für sich. Denn während die Claudier sich natürlich auf die claudischen Kaiser, und noch früher in der Geschichte auf sabinische Könige zurückführen konnten, wäre der etruskophilen Romana eine Abstammung auf den legendären Lars Porsenna, den in Rom jedes Kind kannte, diesen furchteinflössenden und gallanten Herausforderer Roms, mehr als nur Recht.