Beiträge von Claudia Romana

    Nun, da war das noch einmal gut gegangen! Romana atmete auf und lächelte zurück, als sie ihr Lob einkassierte. Doch sofort wurde eine weitere Frage auf sie abgeschossen.


    „Die Feiertage... hmm. Die Wichtigste von allen ist die Vestalia. Zu diesem Fest ist der Tempel offen, und die Matronen versammeln sich dort. Wir gaben die mola salsa an das Volk aus... und es ist der Tag der Bäcker. Noch eines, das mir einfällt, ist die Fordicidia. Trächtige Kühe werden der Tellus geopfert und unter der Aufischt der Obervestalin verbrannt. Bei der Parilia, dem Gründungsfest unserer Stadt, müssen wir das Ritual überwachen. Dann gibt es noch das Fest der bona dea – dies wird im Haus eines Magistraten abgehalten, und zwar von seiner Frau. Wir beteiligen uns dabei“, sagte sie.

    Das war eine harte Nuss, aber Romana war von Natur aus keine Zurückrudererin. „Ich denke viel eher, Apollo ist der Gott des Handwerks. Wird er nicht von den Handwerkern als solcher verehrt? Wenn schon, dann teilt sich Vulcanus seine Kompetenzen mit ihm. Er ist zuständig für Schmiede, aber ich denke kaum, dass ein Schuster, ein Tischler oder ein Weber ihn anbeten wird – außer, um zu beten, dass ihm nicht sein Haus abfackelt. Er befiehlt auch nicht über ein ganzes Element, sondern nur über einen Teil, den ungezähmten Teil dessen, was wir als Feuer kennen – das Herdfeuer ist ja die Domäne von Vesta. Diana hingegen ist auch die Geburtenhelferin. Sie ist dafür zuständig, dass Geburten gut vonstatten gehen – und ist dies nicht wichtig? Auch ist sie die Göttin des Mondes, eine Lichtgöttin. Und nicht zuletzt die Beschützerin aller Frauen. Und damit von 50 Prozent unserer Gesellschaft. Insbesondere der Jungfrauen, natürlich.“ Sie lehnte sich an ihrem komfortablen Stuhl zurück und lächelte sinnig. „Und damit wohl auch von uns.“

    „Was ich hier mache?“, entgegnete sie auf die Frage der Germanica. „Darf eine Vestalin nicht mehr die öffentlichen Bäder aufsuchen?“, fragte sie und lachte, als sie sich umarmt fühlte. Sie erwiderte die herzliche Begrüßung – obwohl, splitternackt fühlte es sich schon ein wenig seltsam an. „Nichts gegen die Thermen im Atrium Vestae. Aber es ist doch arg einsam dort hie und da.“ Sie setzte sich zwischen Calvena und Septima hin. „Die Gesellschaft, die ich hier habe, ist vielleicht ein bisschen weniger heilig, aber auf jeden Fall lustiger.“


    Axilla – das war wohl ihr Name – wurde allen vorgestellt, Romana zuletzt. Sie nickte freundlich zu der jungen Frau hin. Es war also doch eine Römerin, da war alles wieder in Ordnung. „Alexandria also. Sicher nett“, vermutete sie, obwohl sie, ehrlich gesagt, keine Ahnung hatte, ob das auch stimmte oder nicht. Wie war das gewesen mit diesem Mord in Alexandria...? Na ja, so etwas passierte in Rom auch.


    Sie blinzelte zuerst ein wenig erstaunt, als Axilla darüber erzählte, wie viel Serrana über sie erzählt hatte. Dann lachte sie, wieder. „Serrana hat dir von uns erzählt?“ Nun ja, wieso denn nicht? Schließlich konnte man hoffen, dass Axilla auch bald in ihren Freundeskreis aufgenommen werden würde. Sie hob ihren Arm und stupste Serrana leicht an. „Wie schade, dass deine Base die Fontinalien und die Ludi Romani verpasst hat! Weißt du, Iunia Axilla, das waren Feste... wie aus dem Bilderbuch. Sag, wie gefällt es dir hier in Rom, nachdem du so lange in Aegyptus warst?“, wollte sie wissen.

    „...geschieht ihr Recht“, murmelte Romana den Satz, den sie innerlich ausformuliert hatte, halblaut zu Ende, als sie im Evakostüm durch die Thermen wandelte, in ein Pergament vertieft, auf dem eine Ausgabe der Acta Diurna in engen Buchstaben hinausgekritzelt war. „Die Caecilia soll sich nicht wundern. Wer auch nur einen Anschein von Unkeuschheit verrät, eine Prätenz von Anrüchigkeit, einen Hauch von Unanständigkeit, soll auch ernten, was er, oder in dem Fall sie, ausgesät hat. Nicht wahr?“, fragte sie nach hinten zu ihrer Sklavin hin. Parthenope, die Romanas Sachen trug, nickte nur, schwieg aber. „Man sollte dem unbedingt auf den Grund gehen. Wo Rauch ist, ist auch Feuer, und diese Caecilia scheint mir auch genau so eine zu sein.“ Sie schüttelte den Kopf, von diesen Schweinereien hatte sie genug.


    „Nun ja. Ich gehe jetzt mal ins Bad.“ Sie reichte der Griechin ihre Acta Diurna hin, und meinte knapp „Danke“ als Parthenope es annahm. Die Epirerin legte es auf ihre Sachen. „Vielleicht ist es nicht so gut, Herrin, wenn du immer so etwas liest. Politik und Klatsch und Tratsch und so. Davon wird man ja ganz wirr im Kopf...“, verlautbarte Parthenope, wie immer mit ihren Augen irgendetwas fixierend, nur nicht ihre Gesprächspartnerin. Die große Claudierin seufzte. „Da hast du sicher Recht. Naja. Auf jeden Fall... bis später, meine Gute.“


    Sie ließ sich nieder und tunkte ihren rechten großen Zehen ins Wasser. Hach, schön warm. Langsam ließ sie sich ins warme Wasser sinken und lächelte glücklich. Aus den Augenwinkeln bemerkte sie derweil eine Zusammenkunft von Frauen... wer mochte dies sein? Die kannte sie ja!


    Romana, die sämtliche Gedanken bezüglich Caecilia Laeva wieder abgeschüttelt hatte und wieder gut gelaunt war, entschloss sich, unterzutauchen. Auf Tauchstation zu sein war immer eine feine Sache. Unter Wasser paddelte sie – sie war eine gute Schwimmerin – auf die Frauen zu, um dann, unmittelbar vor einer, die sie sehr gut kannte, mit einen Mal mit einem schelmischen Grinsen auf ihrem Gesicht auzutauchen. „Salve, Calvena!“, rief sie zu ebendieser hin und blickte sich dann eilends um, ihr nasses Haupthaar dabei mikroskopische Wassertröpfchen herumspritzen lassend. „Salve, Septima! Und salve, Serrana! Was hast du da gerade gesagt wegen deiner Cousine?“ Sie erblickte neben Serrana eine junge Frau, die sie nicht kannte, aber irgendwie fremd ausschaute. Viel zu dunkel, von der Haut her. Eine Peregrine? Eine Christin gar? Was hatte denn so eine hier zu suchen?

    „Huch!“, entfuhr es ihr, als plötzlich Calpetana neben ihr war. „Ähm, ja, salve, Hortensia!“ Die Frau war nicht schlecht! Jagte ihr einen Schrecken ein und riss ihr dann auch noch die Wachstafel aus der Hand.


    Schlussendlich erfing sich die Claudierin wieder und formulierte eine Antwort. „Nun, bei der Reihenfolge habe ich mir nichts gedacht“, gab sie zu. „Sonst hätte ich es sicher durchnummeriert... wie dem auch sei, ich kann die Reihenfolge der Götter, wie sie für mich sind, durchzählen. Ich denke, die ersten 5 Namen stimmen so, wie sie dort stehen. Wir mögen Quirinus als nicht mehr so wichtig erachten – doch wieso sonst hätten sich die Alten dazu entschlossen, ihn in die klassische Trias aufzunehmen? Ich denke, dass er gerade wegen diesem Umstand zu den 5 wichtigsten Gottheiten gehört. Wieso sollte das, was für unsere Ahnen, gerade in der Religion, richtig war, für uns so grundlegend falsch sein?“ Unverdünnter Konservativismus und Traditionalismus sprach aus ihr heraus, Cornelius Sulla und Porcius Cato wären stolz auf sie gewesen. „Ianus kommt dann natürlich als Nächster. Ich würde sagen, dann kommt bei den Göttern auf der Wachstafel Neptun. Er ist sehr wichtig, als Gott des Wassers. Dies ist ja eines der Elemente! Die restlichen Götter, Apollo, Diana und Vulcanus, sollten in ihrer Aufreihung stimmen.“

    „So, kann ich das?“, kam die ein wenig zweifelnde Antwort von Romana. „Na ja... wir könnten es ja mal ausprobieren, zusammen. Was denkst du?“, fragte sie. „Es gibt da bei den Sklavinnen im Atrium Vestae eine wirklich gute Harfenspielerin, die kann ich mir sicherlich ausborgen.“ Sie würde das eigentlich als ganz reizvoll empfinden, vor allem, wenn Calvena ihre Stimme mochte. Ein Sopran (so schätzte sie Calvena ein) und ein Alt (das war sie selber) waren ein reizvolles Duo, konnten es zumindest sein.


    Was Parthenope anging, nickte Romana nur langsam, bevor sie zu grinsen anfing. „Die wenigsten Menschen sind freiwillig... ach so, du meinst die Scheinsklaven. Richtige Sklaven sind das aber auch nicht“, war sie sich sicher. „Richtige Sklaven sind unfreiwillig unfrei – Bona Dea, das klingt wie ein Kalauer“, seufzte sie. „Aber du hast Recht. Unnötig zu quälen, sei es Freier, Sklave oder Tier, ist nicht menschlich. Es ist etwas, was man nicht tun sollte“, war sie sich sicher. Aber natürlich war es nicht angebracht, vor einem Kind über so etwas zu reden.


    Sie lachte, als Calvena den Wein weiter lobte. Perlend und herzlich, aber nicht spöttisch, erfüllte es das Zimmer. „Calvena, du machst mir Spaß! Wie sollst du denn den Wein empfehlen? Ich habe dir ja noch nicht gesagt, was für einer es ist. Roter Caecuber aus Sizilien. Durchaus seinen Preis wert.“ Sie sprach mit der Leichtigkeit über den Preis, mit dem man von etwas sprach, was einem zur Verfügung gestellt wurde, und wozu man das Recht hatte, nicht, was man selber bezahlt hatte.


    Sie musste wieder schmunzeln, als Calvena auf die Beschränkungen der Ehe zu sprechen kam. „Nun, ich bin Vestalin, und trotzdem habe auch ich Valerian kennen gelernt.“ Sie wurde schlagartig ernst. „Und... du weißt, was wir gesagt haben? Wir sollten uns einmal treffen, nur wir drei, und uns aussprechen. Bei den Fontinalien hatten wir ja keine Gelegenheit.“ Weil Calvena und Valerian herumgeschmust hatten ohne Unterlass, und Romana das elende Malheur am Klo widerfahren war.


    „Oh, sicher! Ich führe euch gerne durchs Atrium Vestae. Wohin sollen wir gehen? Das Bad? Das Lararium? In den Speisesaal? Oder wohin?“, fragte sie nach.

    Der Tiberier setzte sich und begann, Romana auszufragen darüber, wie lange sie schon diente. Sie musste grinsen. „Du wirst lachen, aber erst seit zwei Jahren. Fast zweieinhalb. Ich weiß, normalerweise werden Vestalinnen früher ausgewählt, um in den Dienst der Göttin zu treten. Ich aber wurde erst aufgenommen, als ich 15 war. Das hatte mit verschiedensten Umständen zu tun – auf jeden Fall, der Kaiser sah mich als geeignet, die Lücke, die damals im Atrium Vestae entstanden war, zu füllen.“ Dass ihr Vesta erschienen war, vertraute sie nur wenigen an – wenn sie daran dachte, wüsste es nur ihr Vater, ihr Vetter Lepidus, ihre Freundin Calvena, Durus und der Kaiser. Selbst bei den Vestalinnen hängte sie es nicht an die große Glocke.


    „Hmm, ich weiß nicht, wie es um deinen Vetter bestellt ist, Septima, ich kann es mir aber gut vorstellen. Ich habe nichts gegen ein göttergefälliges Opfer, aber Leute dahinschlachten nur zur Belustigung der Massen... und irgendwelche sinnlosen Rennen, wo sich alles nur im Kreis dreht, ohne dass es irgendjemandem was bringt... nein. Diese Gladiatoren sollten als Feldarbeiter verwendet werden, und die Rennpferde vor Pflüge gespannt werden, das wäre sinnvoller.“ Nüchtern und pragmatisch stellte sie die Situation fest, wie sie in ihren Augen war – manchmal konnte Romana ganz staubtrocken sein.


    Doch sie lächelte wieder, als Septima ihr zuzwinkerte. „Was ich mir gerne anschaue? Ein gutes Opfer. Erbaulich und erhebend.“, meinte sie. „Und sonst? Theaterstücke. Ich mag Theater. Und Gedichte. Und Gesang. Schade, dass ich selber nicht so gut singen kann...“ Ein irgendwie nach Bestätigung, dass dem nicht so war, suchender Blick traf Septima.


    „Oh, vielen Dank!“ Die Claudierin wäre nicht sie selber gewesen, wenn sie nein zu einem guten Fresschen gesagt hätte. Sie griff nach dem angebotenen Tablett und zupfte drei verschiedene Küchlein heraus. Natürlich hätte Romana sich die Happen als Ganzes in den Mund stecken können - belustigt musste sie daran denken, wie sie einst in Clusium in einem unter der Städtchenjugend ausgetragenem Wettbewerb, bei dem es darum ging, wie viele Brotscheiben man sich in den Mund stopfen konnte, ohne zu schlucken, gewonnen hatte. Ganze 9 hatte sie geschafft. Doch nun biss sie erst vom Kuchen ab, bevor sie ihn gänzlich zerkaute. „Gut, sehr gut!“, lobte sie, als sie heruntergeschluckt hatte. Auch sie spülte sich die Knabberei mit einem großen Schluck Mulsum runter. „Hui, der ist aber gut. Und stark.“, grinste sie, als sie absetzte.

    Romana blinzelte zu Calvena hin, als siese losprustete, es sah aber weniger verärgert als vielmehr amüsiert aus. „Schön, wenn ich die Leute zum Lachen bringe. Ich weiß, meine Stimme klingt wie ein Muhen oder ein Grunzen.“ Das war so nicht wahr. Sie hatte eine sehr schöne Stimme, wollte es aber nicht einsehen.


    „Armes Ding.“, echote Romana. „So könnte man es sagen. Und nein, ich habe sie noch nicht so lange... weißt du, sie hat nicht immer ein leichtes Leben gehabt.“ Eigentlich konnte man dies von allen Sklaven sagen – doch es traf besonders im Fall von Parthenope zu, die ihre Jungfräulichkeit schon mit 9 Jahren gewaltsam verloren hatte. Doch sie wollte nicht Sachen ausplaudern, die andere Leute ihr im Vertrauen verraten hatten – auch wenn diese Sklaven waren.


    „Schön, dass du den Wein magst!“, kam es von der schon sich am Bett ausstreckenden Claudierin. „Verpflichtungen, ja. Einschränkungen, sicherlich, doch wer hat das nicht? Ich habe weniger Einschränkungen als sehr viele verheiratete Frauen.“, lächelte sie, und stützte sich auf. Leichtfüßig schwang sie sich wieder aus ihrem Bett hervor und blickte Calvena fragend an. „Meine Entscheidung bereut? Nein, wieso? Ich fühle mich hier glücklich.“, beteuerte sie ihr. Doch Calvena hackte nach, und Romana nickte kurz. „Ich verstehe, was du meinst.“ Sie nickte freundlich zu Sabina hin. „Ich würde dir gerne sagen, was ich als Antwort darauf habe, aber nicht jetzt.“ Sie hoffte, Calvena verstand, dass sie vor Sabina nicht so direkt, wie sie es gerne hätte, über Sexualität und das Kinderkriegen reden wollte. Und darum ging Calvena ihr wohl.


    Ja, wenn sie daran dachte, dass Calvena wohl bald heiraten würde, war das schon bedenklich. Denn im Gegensatz zu ihr sah Romana nicht das Leben im Haus der Vestalinnen, sondern vielmehr die Ehe als ein Gefängnis, auch wenn es noch so luxuriös sein mochte. Da war ihr das Leben in der Schwesternschaft bedeutsam lieber... auch wenn in ihr hie und da die Lust aufkam, das zu erleben, wovon andere Frauen immer schwärmten. Doch was waren 30 wundervolle Jahre als Vestalin gegen 30 Minuten Lust?

    „Ehrt mich?“ Sie lachte. „Jeder hätte das für seine Großeltern getan, außer die niederträchtigsten Elemente der Gesellschaft.“ Wieder trank sie von ihrem Wein. Für eine Frau hatte sie durchaus einen anständigen Zug drauf, wie es schon Senator Germanicus Sedulus bemerkt hatte. „Es ist sehr, sehr schön. Die Runde Roma – Caere – Tarquinia – Telamon - Vetulona - Volterrae – Clusium - Urbs Vetus – Veii – Roma kann ich dir nur empfehlen.”, ratterte sie die Namen der schönsten etrurischen Städte herunter. Sie war sich ganz sicher, dass Etrurien die schönste Landschaft der ganzen Welt war. Und jeder, der in Rom lebte und niemals dorthin ging, sollte sich was schämen.


    „Zuhause am Schönsten... nun, das mag stimmen.“ Sie lachte wieder. „Ich sehe, dass du froh bist, wieder hier in Rom zu sein. Zumindest die Feste wirst du wohl nicht vermissen... und ich sage dir, bei dem, was es in Rom gibt, ist für alle etwas dabei.“ Sie überlegte kurz. „Weißt du, was eine Idee wäre? Wir, die Claudier, könnten uns ja einmal zu einem familiären Mahl versammeln. Alle Familienmitglieder unserer gens, die momentan in Rom leben. Was denkst du?“, fragte sie ihn.


    „Griechenland... mal sehen, ob ich dort noch hinkomme. Ist schon weit.“, sinnierte sie und strich sich durch ihr zu Korkenzieherlocken gedrehtes Haar. „Ich würde gerne einmal das Orakel von Delphi sehen. Und den Tempel in Olympia.“ Sie zuckte die Schultern. „Mal sehen.“


    Oh zu sagen, war ihrer Meinung nach wohl die beste Reaktion auf das, was Brutus so machte. Die Frohnatur Romana würde ihrem Bruder gerne lieben – doch das, was er tat, verabscheute sie, und sie verachtete ihn wohl nicht nur deshalb so sehr, weil er so garstig war, sondern auch, weil er es ihr unmögllich machte, ihn zu mögen. Und Ofella erst... obwohl, sie machte sich immerhin die Mühe, sich einzuschleimen bei ihr. Jetzt war ihre Stieftochter Vestalin, und auf einmal nicht mehr nur ein unwichtiges Anhängsel, das man ignorieren konnte.


    „Danke.“, antwortete sie ihm. „Lass dich nur nicht von ihr einseifen. Vertrau ihr niemals ganz. Die Frau ist eine Katastrophe.“ Sie schüttelte den Kopf. „Lassen wir das, Nero. Reden wir über dich, ja?“ Sie lächelte ihren Vetter lieb an. „Was hast du jetzt vor in Rom, da du jetzt hier bist?“

    „Danke!“, versetzte die Claudierin froh darüber, etwas Ordentliches zu trinken zu bekommen, und lauschte den Worten der Septima. „Aurelia Laevina? Wie, wer ist... ach ja die Frau des Consuls!“, friemelte sie die Worte der Tiberierin auseinander, unterstützt von Erinnerungsbröckchen, die sie aus der Acta Diurna absorbiert hatte. Sie lächelte kurz, als Septima ihr anvertraute, dass Laevina offenbar nicht die extovertierteste Frau auf Erden war. „Nun, das ist doch nicht schlimm.“, meinte sie. „Und, natürlich würde ich sie gerne dabei haben, sie klingt sehr nett.“ Und jedem tat der Kontakt mit neuen Leuten gut.
    Sie nickte interessiert, als Spetima ihr von ihren Abenteuern erzählte. „Senatoren, nicht schlecht, da hast du dich wohl schon in der hohen Gesellschaft integriert.“ Anerkennend nickte sie. „Es freut michs chon sehr, dass es dir hier so gefällt. Aber Seeschlacht?“ Sie grinste. „Hätte seinen Reiz, aber es interessiert mich nicht so brennend.“ Eigentlich sah sie es nicht ein, dass man Leute zur Belustigung dahinhinmetzelte. Aber es war wohl ein Ausdruck von irgendetwas Urrömischen, und deshalb würde es schon in Ordnung sein. „Wagenrennen, nun ja, damit habe ich nicht viel zu schaffen, um ehrlich zu sein... aber bei den Blauen? Au weia, ich habe mir sagen lassen, das sind die größten Fanatiker von allen. Und... du hast wirklich einer anderen factio zugejubelt, unter Venetanern, und bist mit dem Leben davon gekommen? Bona dea.“, verwunderte sie sich. „Die Götter scheinen auf deiner Seite zu sein.“
    Sie dachte nach. „Mir selber ist nicht viel passiert. Ich bin jetzt die, die über die Pflanzen im Atrium Vestae das Oberkommando hat.“ Sie grinste burschikos. „Und sonst? Meine Ausbildung geht gut voran, bald lerne ich die Leberschau, auf die ich mich schon sehr freue. Calvena und Sabina waren bei mir auf Besuch, und ich war wieder mal bei meinen Verwandten in der Villa Claudia. Es gibt schon wieder ein neues Familienmitglied. Schon seltsam, wie die immer aus den Boden schießen. Sonst ist nicht viel passiert.“, gab sie zu.
    Gerade wollte sie sich über das Mulsum hermachen, da kam jemand hineinspaziert. Noch bevor er grüßte, verharrte sein Blick staunend auf der hünenhaften Romana. Die Claudierin grinste und streckte sich aus , sodass der sichtlich baffe Tiberier sie in ihrer ganzen Pracht bewundern konnte. Erst jetzt grüßte er und stellte sich vor, und noch bevor Romana etwas erwidern konnte, wurde sie ihm durch Septima vorgestellt. „Salve Tiberius Celsus, es freut mich sehr.“ Dass Septima betonte, dass Romana eine Vestalin war, war eigentlich, aufgrund ihrer wallenden Vestalinnentracht, unnötig. Seitdem sie diese unangenehme Erfahrung nach den Ludi Romani gemacht hatte, ging sie nur noch mehr in ihrem weißen Ornat einher.
    „Sicherlich, setz dich.“, forderte sie den neu dazu gekommenen Tiberier ebenfalls auf.

    Heftig werden? Er starrte ihr auf die... ihr wisst schon, was, und dann wunderte er sich, dass sie heftig reagierte? Mit einem bösen Ausdruck in seinen Augen blickte sie ihn an, während der Grieche begann, ins Stottern zu kommen und sich abwandte – genau jetzt, wo er erfuhr, dass sie Vestalin war, und der Eingang für ihn für immer verschlossen bleiben würde. „Missverstanden...“, knurrte sie leise dem Griechen hinterher. „Immer sagen alle, ich missverstehe. Pah.“ In diesem Moment sah sie, dass die Hand von Senator Sedulus zu ihr hin helfend ausgebreitet war.
    „Oh, danke Sedulus.“ Sie rang sich zu einem Lächeln durch. „Ich bin schon wieder auf meinen Beinen...“ Nur schmerzte ihr Hintern. Nur gut, dass Sedi sich nicht über sie nun lustig machte – sie hätte ihm eine gescheuert, dass er tagelang nachher noch mit einem roten Händeabdruck auf seinem Gesicht herumgelaufen wäre.
    In diesem Moment kam auch Serrana einhergeeilt, Hilfe anbietend. „Oh nein, danke.“, wehrte Romana mit einem Lächeln ab. „Es ist nichts passiert... es hat sich da nur jemand übernommen. Solche Schweine gibt es leider...“ Sie setzte sich wieder auf die Kline hin – und verzog schmerzerfüllt ihr Gesicht, als sie mit ihrem Gesäß aufkam.
    Hatte sie immer einen Massel.

    „Ich kann ihn dir nur empfehlen.“, meinte Romana, unnötigerweise, die Malereien im Zimmer sprachen für sich. Sie bemerkte, wie der Blick von Calvena nun hinaufwanderte und sie begann, etwas zu rezitieren, ein Gedicht, welches die Vestalin zwar nicht kannte, aber sehr schön klang. Sie lächelte. Ihr Mund öffnete sich, und sie merkte, wie sie begann, in ihrer altlastigen, samtenen Stimme ebenfalls etwas zu intonieren.
    „Wo man singet, lass dich ruhig nieder,
    Ohne Furcht, was man im Lande glaubt,
    Wo man singet, wird kein Mensch beraubt;
    Bösewichter haben keine Lieder.“*

    Das Gedicht war ihr ebenfalls spontan gekommen, ohne dass sie wirklich gedacht hatte daran, irgendetwas zu sagen. Sie grinste, vielleicht ein wenig verlegen, bevor sie wieder mit Gleichmut auf die beiden blickte.
    Die Griechin trat nun ein, lockerte sich aber nicht wirklich, als Calvena sie freundlich begrüßte. Nun hatte sie auch den beiden Besucherinnen ihrer Herrin die Becher vertauscht, sodass Calvena dafür sorgen musste, dass Himbeersaft und Wein die ihnen zugedachten Eigentümerinnen fanden. Ein wenig rot wurde sie im Gesicht vor Scham. „Verzeihung...“, brachte sie heraus, als Calvena ihr versicherte, es sei nichts passiert.
    Romana war aber sichtlich weniger erbaut. „Ach, geh, Parthenope. Ich schaff das schon mit dem Einschenken.“, meinte sie ein wenig herb zur Molosserin hin, die nur nickte und eilends aus dem Zimmer stolperte.
    Die Claudierin seufzte. „Sie lernt dazu... aber es wird wohl noch eine Weile dauern. Wie dem auch sei. Ich hoffe, es schmeckt?“, kam sie auf etwas anderes zu sprechen. „Der Wein ist aus Kampanien, der Himbeersaft aus Umbrien. Wir leben hier wie die absoluten Einser!“, kicherte sie, stellte den Wein ab und ließ sich unversehens mit ihrem ganzen Gewicht in ihr Bett fallen. Es federte kurz, doch nichts brach. „Schaut euch mal an, wie angenehm das ist!“ Die Bettmatratze war ohne Zweifel die Beste, in der sie jemals geschlafen hatte, und sie war Patrizierin.


    Sim-Off:

    *von Johann Gottfried Seume

    Stolz bemerkte Romana, wie bewundernd Calvena und Sabina auf die Wandmalereien in ihrem Zimmer blickten. Ja, der Maler hatte sich dort wirklich Mühe gegeben, und er verstand auch etwas von seiner Arbeit. Es gab ja leider viel zu viele Kurpfuscher dieser Tage, aber der Gallier, der ihr empfohlen worden war, war jeden Sesterzen wert gewesen. Es sah aus, als ob man auf der Straße stünde, umgeben von Möbeln, die aus irgendeinem unergründlichen Zweck in der Landschaft herumstanden.


    „Der Maler heißt Paulus Caesannus. Frag am Marsfeld nach ihm, jeder kennt ihn dort.“ Sie ließ Respekt vorm Handwerk eines Malermeisters durchblicken, als sie dies sagte. Auch wenn es ein Gallier war, der sich mit Teutates, Cernunnos und sonstigem keltischen Bockmist beschäftigte. Nochmals beugte sich Romana zu der staunenden Sabina runter und zerstrubbelte ihr das Haar mit einem fröhlichen Grinsen. „Nicht so hübsch wie du, meine Süße.“, schmunzelte sie zu der Kleinen hin. Was wäre gewesen, wenn sie nun wirklich irgendjemanden geheiratet hätte, und nun auch eine Tochter hätte? Nicht daran denken, Romi, befahl sie sich selber. Und ihre Aufmerksamkeit wurde sowieso auf etwas anderes gelenkt, als es an der Tür klopfte und jemand reinkam.


    [Blockierte Grafik: http://img227.imageshack.us/img227/8584/par11.png]


    Die junge Sklavin aus dem Volke der Molosser im Epirus, die, entgegen der Massivität, der der Name ihres Volkes implizierte, ziemlich dünn, ja richtig mager war, trat ein. Sie war durchaus keine kleine Frau, was sich auch bemerkbar machte, wenn man ihre Größe mit der der kurzen Calvena verglich, ihre Größe sah aber neben Romana absolut durchschnittlich aus. Sie hielt ein Tablett, auf dem ein Krug Wein und ein Krug Fruchtsaft stand - sie hatte von Romana, als jene zu ihren Gästen geeilt war, enstsprechende Anweisungen bekommen. Vorsichtig setzte sie es ab und lächelte scheu zu den beiden Gästen hin.


    „Chairete...“, begrüßte sie mit leiser Stimme die beiden, bevor ihr Arm von Romana mit freundlichem Druck umfasst und sie zur Vestalin hingezogen wurde. „Das hier ist Parthenope. Für mich ist sie so wie Elissa für dich. Das sind meine Gäste, Calvena und Sabina von den Germanicern.“ Sie war stolz auf ihre neue Errungenschaft, die sie kürzlich erst erworben hatte, und mit der sie aber hochzufrieden war bisher. Wie jedes Schmuckstück, auf dessen Erwerb man stolz war, zeigte auch Romana, die ihre Sklavin sehr gerne hatte, diese herum. “Ach ja, ich nehme an, ihr mögt Wein. Beziehungsweise Fruchtsaft.“, bemerkte sie lächelnd zu Sabina hin. „Sehr... erfreut, hohe Herrinnen...“, stammelte Parthenope währenddessen und machte einen tiefen Knicks vor den beiden, bevor sie sich daran machte, umständlich und kompliziert Wein für Romana und Calvena und Fruchtsaft für Sabina in drei Glasbecher zu schenken. Jawohl, Glasbecher, die Vestalinnen wurden ja, als symbolische Töchter des Kaisers, von höchsten Stellen finanziert.


    Gerade wollte Romana ihr die Krüge entwenden, da sie selber das wohl noch besser machen würde, da wa Parthenope schon fertig und reichte den Gästen die Getränke, schlussendlich ihrer Herrin. Was sie aber in ihrer Schusseligkeit unterlassen hatte, war, sicher zu stellen, ob die Gäste auch die richtigen Getränke bekommen hatten. Und so bekam Calvena auch prompt den Fruchtsaft (Himbeersaft übrigens), und Sabina den Wien in die Hand gedrückt.

    Romana hätte wissen müssen, dass ihre scherzende Antwort doch ziemlich zweideutig war. Nur war die Erfahrung, die die keusche Vestalin in punkto zwischengeschlechtlichen Vorkommnissen hatte, gering, und auf einmal bemerkte sie, dass der Kerl ganz unverblümt und frech auf ihre Brüste starrte! Und davon nicht genug, er begann auch noch, sie frech anzumachen. Sie sog scharf Luft ein, während ihr Respekt vor dem Kerl innerhalb von einer Sekunde unwiderruflich sich in Luft auflöste. Vorher war das alles ein ganz netter, harmloser Flirt gewesen, doch nun überstieg der Messener die grenzen des Erlaubten bei Weitem.


    „He, was soll denn das werden!“, empörte sie sich. Und rückte weg von ihm. „Du Flegel! Ich bin Vestalin!“, ereiferte sie sich, nur, damit keine Missverständnisse aufkamen. „Und ich verbitte es mir...“ Sie rückte noch weiter zurück. „...dass du auf meine... HUUUUUUUUUUCH!“, erklang es entsetzt, denn genau in diesem Moment war sie, als sie sich bemühte, vom aufdringlich gewordenen Tänzer zurückzurücken, von ihrer Kline hintüber heruntergefallen und mit dem Gesäß am Boden aufgekommen. Mit einer leisen Verwünschung rappelte sich so hastig, wie sie konnte auf und blitzte aus ihren Augen Demetrios an. „Wage es bloß nicht!“ Sie streckte ihre beiden Hände aus, bereit, den Griechen zurückzustoßen, sollte er versuchen, sie weiter zu belästigen.

    Brav war sie pünktlich wieder eingetroffen, wie eingebläut von ihrer Lehrerin. Oihre hausaufgaben hatte sie auch schon gemacht – in ihrer Hand hielt sie eine Wachstafel, auf der ihre Notizen standen. Noch einmal blickte sie hinein, während sie auf Calpetana wartete.


    Iuppiter: Er ist der Oberste aller Götter und der einzige Gott, der sowohl in der kapitolinischen wie auch in der alten Trias vertreten ist. Er ist der Herr über die Blitze und wird als der Sieg- und Regenbringende verehrt. Ebenfalls fungiert er als Schwurgott. Sein griechisches Pendant ist Zeus.


    Iuno: Sie ist die Göttermutter und zuständig für die Ehe, wie auch für die Familie und die Mütter. Sie ist ebenfalls die weise Göttin der Ratschläge und der Mahnungen. Ihr wichtigstes Fest ist die Matronalia, und ihr griechisches Pendant ist Hera.


    Minerva: Sie ist die Tochter des Iuppiter. Minerva ist Göttin der Handwerker, Künstler und Lehrer, und der Weisheit. Ihr wichtigstes Fest ist der Quinquatrus. Sie ist, wie Vesta, eine jungfräuliche Göttin. Ihr griechisches Pendant ist Athene, die Schutzpatronin Athens.


    Mars: Er ist der Kriegsgott, aber auch der Gott der Ernte. Er ist der Schutzherr von Rom und spendet Fruchtbarkeit und Gesundheit wie auch Verwüstung und Unheil. Somit trägt er kriegerische wie auch friedliche Züge. Sein griechisches Pendant ist Ares.


    Quirinus: Er ist eine in Italia schon lange verehrte Gottheit und kann gesehen werden als eine friedlichere Version von Mars. Sein Hauptfest ist die Quirinalia. Er hat kein griechisches Pendant.


    Ianus: Er ist der Gott der Türe, der Zukunft und der Gegenwart, des Anfangs und des Endes. Er wird als Mittler zwischen Menschen und Göttern gesehen und somit wird sein name in Gebeten an mehrere Götter immer zuerst angerufen. Auch er hat kein griechisches Pendant.


    Apollo: Er ist der Gott der Orakel, aber auch der Gott der Herden, der Städtgründer, und auch der Schauspieler und Musiker. Er ist auch der Gott der Genesung, wie auch der Gott des Lichtes und der Sonne. Er ist auch der Gott der Musen und Theatergott. Sein griechisches Pendant trägt den selben Namen.


    Diana: Sie ist die Göttin der Jagd und die Schutzherrin der Frauen. Auch ist sie Fruchtbarkeitsgöttin und Geburtshelferin. Sie ist auch Mondgöttin und bestraft unordnungsmäßige Tötungen von Tieren. Ihr griechisches Pendant ist Artemis.


    Vulcanus: Er ist der Feuergott. Im Gegensatz zu Vesta verkörpert er nicht das zivilisierte Herdfeuer, sondern das ungezähmte, wilde, natürliche Feuer, und das Feuer in der Schmiede. Er ist der Schmiedegott und somit auch der Gott der Waffenschmiede. Ihm wurden auch Erdbeben zugerechnet. Sein hauptfest ist die Volcanalia. Sein griechisches Pendant ist Hephaistos.


    Neptunus: Er ist der Gott des Meeres, wie auch des fließenden Wassers. Auch ist der der Schutzherr aller Seefahrer, Herr über Sturm und Flaute, den man anbetet, um eine ruhige Überfahrt auf dem Meer gewährt zu bekommen. Ihm wurde auch vor Seeschlachten geopfert. Sein Symbol ist der Dreizack, und sein Fest ist die Neptunalia. Die griechen verehren ihn als Poseidon.


    Sie hatte also sich Ianus ausgewählt, nicht Pluto. Mit dem war sie wohl noch immer nicht ganz grün, war er doch der Gott, dem sich ihr ungeliebter Bruder einmal verschrieben hatte.

    „In Clusium?“ Das war keine schwere Frage. „Ich habe mich um meine Großeltern gekümmert. Sicherlich kennst du sie nicht – Gnaeus Manlius Longinus und Plautia Messalla, die Eltern meiner Mutter, Manlia Grata. Sie haben beide lange an einer schweren Krankheit gelitten, doch ich konnte sie wieder aufpäppeln. Mittlerweile geht es ihnen wieder gut, und ich konnte mit gutem Gewissen wieder zurückkehren.“ Sie lächelte stolz und trank noch ein wenig von ihrem Wein. „Warst du schon einmal in Etrurien?“, fragte sie ihrerseits Nero interessiert.


    Er erzählte ihr von Athen, sie nickte interessiert. „Das klingt schon sehr schön... aber ich glaube dir gerne, wenn du sagst, Rom ist besser. Es ist immerhin der Nabel der Welt.“, sagte sie mit Stolz. „Du magst keine Feste? Nun, das gereicht dir wohl zur Ehre. Obwohl, ich habe auch schon an einigen Festen teilgenommen, und mich sehr wohl gefühlt. Es gibt nämlich solche Feste und solche. Gewiss willst du nicht an hemmungslosen Saufgelagen teilnehmen, aber eine Feier zur Ehre eines Festtages mit Freunden, das gefällt mir schon sehr. Ich selber durchschaue die Griechen auch nicht... obwohl, negativ bin ich ihnen natürlich nicht eingestellt. Ich habe eine sehr interessante griechische Sklavin.“, berichtete sie.


    Wie Antwort des Nero auf ihre Berichterstattung über ihren bruder fiel denkbar wortkarg aus. Recht hatte er, was sollte man über Brutus denn sonst sagen als ein seufzendes: So, so? „Vielleicht läufst du ihm einmal über den Weg, aber zähle nicht darauf – Lucius schließt sich sehr gerne tagelang, wochenlang in seiner Kammer ein und klagt über die Schlechtigkeit in der Welt.“ Sie verdrehte kurz die Augen. „Ofella? Nun, sie ist...“ Wie sollte sie das denn sagen? „...sehr selbstbewusst.“ Dieser Drache, wenn sie darüber nachdachte, bekam sie ja schon den Koller. „Unter uns gesagt, du solltest dich vor ihr in Acht nehmen. Aber sag bitte nicht meinem Vater, dass ich dir das gesagt habe.“, bat sie ihn. Sie hielt Nero für einen vertrauenswürdigen Kerl, aber sie wollte auf keinen Fall den unbill ihres Vaters auf sich ziehen.

    „Das freut mich sehr, Iuppiter sei Lob und Dank.“, meinte Romana erleichtert. „Calvena, das war mir eine große Freude, und wisse: ich breche keine Versprechen.“ Sie zwinkerte ihr übermütig zu, eine Geste, die Romana nicht unbedingt ähnlich sah, aber ihren Enthusiasmus über diesen lieben Besuch zum Ausdruck brachte.


    „Klar, dann gehen wir!“, meinte Romana und wies den beiden den Weg durch das wunderschöne Atrium, dessen Wände ausgeschmückt waren von mythologischen Motiven – von denen aber keine einzige Vesta darstellte – zu ihrem Cubiculum hin.


    Die alte Minucierin blieb alleine zurück – und das war ihr auch recht so. Somit konnte sie ungestört weiterschlummern und Träumen von den Zeiten, die waren und die hätten sein können. Als die jungen Frauen verschwunden waren, dauerte es nicht mehr lange, bis sie wieder in Morpheus‘ Reich gefangen war, und ein friedliches, befreidigtes Lächeln ihr altes, ehrwürdiges Gesicht, nun befreit von allem Ausdruck von Verärgertheit und Zorm auf die Welt, zierte.

    Die Türe ging auf, und Romana trat mit ihrem Besuch in das Cubiculum hinein. Es war ein kleines, aber gemütliches Zimmer, dessen Fenster dafür sorgte, dass es auch immer schön hell drinnen war. Der gallische Maler, der ihr von Papiria Occia empfohlen worden war, hatte schon lange ihr Zimmer ausgemalt. In strahlenden Farben waren die Wände des Zimmers bemalt. Wer schon einmal auf der Straße zwischen Veii und Clusium gewandert war, wusste sofort, was diese Landschaft darstellte – Etrurien, Romanas Heimat sozusagen. Vom Kopfende von Romanas Bett aus erstreckte sich eine Straße Richtung Horizont. In der Ferne war kleine eine befestigte Stadt auszunehmen. Rund um diese Straße waren Hügel, Ackerfelder, auf denen Bauern brav ihrer Arbeit nachgingen, zwischen den Äckern verstreute Bäume, Zypressen, die markant gen Himmel aufschossen, auf den Gipfeln der sanften Hügel gab es auch größere Baumgruppen, die aber eher angepflanzt als natürlich aussahen. Alles in allem eine schöne, aber effizient genutzte Landschaft, wie es sich Romana vorstellte. Wer zum anderen Ende das Zimmers sah, sah, dass genau am gegenüberliegenden Ende die Straße weiterging und am Ende ebendieser ebenfalls eine stolze Stadt auf einem Hügel auszunehmen war, wobei ganz vage dahinter sich ein breites Tal erstreckte mit den Umrissen einer riesigen Stadt, die sich in der Landschaft ausbreitete. Wer sich umsah, sah, dass alle vier Wände mit dieser Landschaft bemalst war – wenn man sich in Romanas Raum umdrehte, war es so, als erhielte man eine 360-Grad-Ansicht von einem Punkt an einer etrurischen Landstraße aus.


    Die Claudierin zeigte beschwingt auf ebendiese Straße. „Das hier ist Veii... und das, was man dahinter sieht, ist Rom.“ Sie drehte sich um und deutete zu ihrem Kopfende hin. „Und das ist Clusium.“ Anschließend zeigte ihr Finger hinauf. „Und seht einmal hier.“ Die Decke zeigte das Himmelsfirmament ine einem farbenfrohen Schleier – die Milchstraße in ihrer ganzen Pracht. Die Sterne hatte der Gallier nach einer Sternenkarte, die ihm Romana unter die Nase gehalten hatte, detailgetreu hinaufgetupft. Dafür hatte er natürlich einen Zuschlag bekommen, aber Romana konnte nun jedes Mal, wenn sie in ihr Zimmer kam, die Milchstraße begutachten, eine Tatsache, die sie wahnsinnig erfreute.


    „Schönes Zimmer, nicht wahr?“, fragte sie die beiden, nach Bestätigung suchend.

    „Vale, Hortensia.“, verabschiedete sich Romana von ihrer Lehrerin. Sie würde sogleich zu ihrem Cubiculum gehen, um ihre Hausaufgabe zu machen, um sich hernach um die Pflanzen des Atrum Vestae zu kümmern – schließlich hatte sie diese Aufgabe selber auf sich geladen.