Beiträge von Claudia Romana

    Irgendwie war es so, als ob sie gegen eine Wand redete. Diesem Ignoranten waren die Worte seiner Schwester komplett egal, und Romana musste wohl wirklich erst einen deftigen Vergleich ziehen, bevor die Aufmerksam ihres Bruders auf sie gelenkt wurde. Die chauvinistische Ansage, mit der er da wieder kam, könnte einen zur Weißglut bringen. „Du willst mir verbieten... das ist ja...“ Bevor sie „die Höhe“ hinzufügen könnte, fühlte sie die Berührung seiner Hand auf seiner Wange. Der Blick, dem sie ihn zuwarf, war tödlich. Fass mich nicht an, signalisierte er. Doch sie schlug ihm die hand doch nicht aus dem Gesicht.


    Er schaffte es, obwohl er nicht größer war als die für eine Frau ungewöhnlich große Romana, auf sie herabzublicken. Sie blickte herausfordernd zurück, doch seine harten Worte ließen ihr Herz herabsacken.


    Irgendwo hatte er recht. Es ging um Familienbande. Denn obwohl Romana und Brutus so unterschiedlich und entfremdet waren, sie waren Geschwister. Brutus würde niemals irgendwohin kommen ohne die Unterstützung seiner Schwester. Und wenn sie ihn nicht helfen würde, und Brutus dadurch weiterwurschteln würde wie früher, würde dies ihrem Vater das Herz brechen. Verdammt, musste sie jetzt wirklich den Hohlraum, den ihr Bruder darstellte, selber ausfüllen! Wäre sie doch der Sohn, und Brutus die Tochter gewesen. Dann hätte man Claudia Bruta in irgendeine Ehe abgeschoben, und Titus Claudius Romanus hätte sein wahres Potenzial erfüllen können.


    Doch solche irren Gedanken konnte sie sich nun nicht leisten. Sie würde ihren Bruder, entgegen ihres Willens, unterstützen, der Familie zuliebe. Weder einen Gruß noch sonst irgendetwas hinterließ er, als er sich mit seiner Meute verzog. Romana blickte ihm noch ein wenig hinterher, ihr Gesicht war verzogen, als ob sie eine riesige fette Spinne gesehen hätte, nicht ihren Bruder. Anschließend wandte sie sich um und ging wieder ins Atrium hinein, dessen Heiligkeit nun endlich nicht mehr von der Anwesenheit von diesem Fratzen, von lucretischem Blut, gestört wurde.

    Der Versprecher lag sicherlich und ohne geringsten Zweifel nur an Romana, der vor lauter Nervösität dieser Schnitzer entfuhr, sicherlich nicht an, sagen wir, den leider doch leicht eingerosteten Lateinkenntnissen einer Person 1900 Jahre später, welche ihre Geschichte erzählen würde. :P


    Für Romana war prinzipiell alles, was nicht urrömsich war, auch unrömisch. Dieses Credo war tief verankert in der claudischen Seele, und so zuckte sie nur leicht mit den Wimpern, als sie über die wahre Natur der Religionen, für die die Quindecimviri zuständig waren, aufgeklärt wurde. War doch alles Stola wie Tunika. Als Occia weiter fortfuhr über die Auguren, hörte sie andächtig zu und nickte dann und wann, um ihre Aufmerksamkeit der Papirierin zu signalisieren.


    Ach ja, die Wahlen. Wieder kein Claudier, der sich zur Wahl gestellt hatte. Hoffentlich würde sich das mit ihrem Vetter das nächste Jahr ändern. Von dort aus leitete Occia weiter über zu den Votivgaben, relativ geschickt, wie Romana anerkennend dachte.


    „Votivgaben. Für Krankheiten. Also, man kann als Votivgaben Statuen der Götter, an die man sich wendet, vergeben. Oder aber Abbildungen der Körperteile, die von Krankheiten betroffen sind. Man spendet diese einem Gott der Heilkunst, also Apollo oder Aesculapius.“, antwortete sie wieder recht kurz, hoffend, dass sie nicht daneben lag.

    Auch bei mir erhebt der Unistress sein hässliches Haupt. :( Aber ich schau mal, was ich schreiben kann. ;)


    Apropos: Ich verspäte mich zur Fontinalia... ich bringe nämlich einen speziellen Spezialgast. :D

    Die Claudierin verengte ihre Augenschlitze. „Schrei mich nicht an.“, entgegnete sie. Schreien. Genau das war die letzte Verteidigungsbastion, in der sich zurückgebliebene Deppen wie jenes Exaemplar vor ihr zurückziehen konnten. Wenn sie aber seine sexistischen Gedanken erraten hätte, hätte sie sich wohl ebenfalls vergessen. So aber beließ sie es dabei, müde auf ihren Bruder zu blicken. Sie starrte ihn während seiner ganzen Rede nur an, gelegentlich schnaubend vor lauter Unmut. „Dürfen. Müssen.“, nur diese zwei Worte wiederholte sie, ihren Bruder unverwandt anstarrend. Am Ende seiner Worte schwieg sie noch immer, einige Sekunden lang. Endlich entgegnete sie ihm etwas.


    „Oh, ich verstehe dich voll und ganz, mein lieber Bruder. Du willst mich ausnehmen wie eine Gans zu den Saturnalien. Mich bis ins letzte Detail ausnützen.“ Sie presste ihre Lippen zusammen. „Ich habe nichts dabei zu gewinnen, mit dir öffentlich gesehen zu werden, das beeindruckt die Obervestalin nicht, nur harte Arbeit tut es. Es ist so, als ob ich eine Vogelscheuche mit mir herumschleppe. Obwohl, eine Vogelscheuche bringt sich in sinnvollere Aktivitäten als du ein, also lassen wir den Vergleich.“, meinte sie spitz. „Mit einer Vestalin gesehen zu werden, ist, für so einen ambitionierten Senatorensohn, etwas ganz anderes. Du siehst, du schlägst mir etwas vor, von dem nur du einen Nutzen ziehen kannst. Was würdest du mir im gegenzug anbieten für solch einen Dienst? Deine brüderliche Liebe?“, frotzelte sie relativ unverblümt. „Denkst du wirklich, ich mache so etwas, nur weil du es mir befiehlst? Mein Lieber, du kennst deine Schwester nicht.“ Sie schüttelte mitleidig den Kopf.

    „Eine gewisse Wirkung.“, wiederholte Romana und blickte in die Menge. „Ich bin unbeeindruckt, wie es die meisten sein werden, aber Leute, die den ganzen Tag nur herumhocken und weibisch in sich hineinschluchzen, mag es überzeugen.“ Trocken klang ihre Stimme. Einen letzten, angeekleten Blick warf sie auf das Gewürm, das ihr Bruder da mitgeschleppt hatte, bevor sie sich jenem zuwandte, nur mit Mühe ein zumindest oberflächlich freundlicheres Gesicht machend. Bevor auch dieses von den Worten ihres Bruders von ihrem Gesicht gefegt wurde.


    „Ich bin Bestandteil deiner Politik... vielleicht hast du mich wirklich, dein ganzes Leben lang, richtig eingeschätzt, mein Guter, und ich bin wirklich stockdumm. Aber ich verstehe nicht, was du meinst. Ich lasse mich von niemandes Politik einspannen.“, versetzte sie. „Sag, was ist eigentlich deine Politik?“, setzte sie leicht giftig hinten nach. „Verfolgst du die noble Politik des Herumlümmelns? Die hehre Strategie des Herummeckerns? Die weise Taktik des süßen Nichtstuns? Ich bin sicher, so werden dich die Leuten scharenweise in die höchsten Ämter wählen. Deine liebenswerte Gefolgschaft ist da nur noch das Tüpfelchen am I.“ Dieses Mal blickte sie gar nicht mehr auf das Gesindel, mit dem Brutus das heilige Templum der Vesta verschmutzte.


    „Aber nur zu deiner Frage: Vesta hat mir befohlen, persönlich, dass ich ihre Dienerin sein soll. Und ich habe vor, das auch zu tun. Also ja. Befriedigt dich das?“ Inquisitiv blickte sie ihn an.

    „So sehe ich nun aus.“, entgegnete Romana mit nicht unerheblichem Stolz in ihrer Stimme. Mochte Brutus doch denken, was er wollte, ihr gefiel der Ornat der Vestalinnen so gut, dass sie nicht daran dachte, jemals etwas anderes wieder anzuziehen. Es war ihr Modegeschmack, auch wenn die Kleidung altmodisch und überkommen erscheinen mussten. Solchem arroganten Gehabe, wie es typisch für ihren Bruder war, konnte man nur mit Entschiedenheit entgegen treten.


    Auf seine nächste Ansage hin kam sie nicht darum, leise zu lachen. „Politik, mein lieber Bruder, Politik? Du redest wie ein Senator... wann wirst du eigentlich einer?“, spielte sie auf die hohen Erwartungen an, die ihr vater wohl immer noch auf Brutus setzte. „Und wieso musst du zu deiner Schwester kommen, um Politik zu betreiben? Wenn Frauen nichts davon verstehen, wie du immer so vortrefflich argumentierst, hättest du dir den ganzen Zirkus sparen können.“ Eine gewisse Süffisanz konnte sie in ihrer Stimme nicht verbergen.


    So wie sich Brutus setzte, lehnte sich Romana lässig an eine Säule an, verschränkte ihre Arme, kreuzte in einer demonstrativ gelassenen Geste stehend ihre Beine und blickte auf ihren Bruder herab. „Wie es mir geht? Gut, danke, und selbst?“, hielt sie sich knapp in ihrer Antwort. Das war ganz sicher nicht der Grund des brutus’schen Kommens, und Romana war ein bisschen entnervt darüber, dass ihr Bruder es nicht schaffte, nicht um den Brei herumzuschleichen wie eine Katze.

    Die Sklavin (denn eine solche war es, aufgrund der schieren Unmöglichkeit, Männer ins Atrium Vestae zu lassen – Brutus musste sie wegen ihres sehr burschikosen Gesamteindruckes mit einem Mann verwechselt haben) eilte zu Romanas Cubiculum und erzählte ihr, dass an der Türe sie ein junger Herr erwartete. Claudius Brutus heiße er, ob sie den kenne? Romana blickte die Sklavin einige Sekunden lang an und nickte dann langsam. Und ob sie den kannte. Sie war nun wirklich brennend daran interessiert, was er von ihr wollte, was auch der Grund war, wieso sie sich rasch erhob. Den Schleier warf sie sich hastig über, bevor sie gemessenen, aber trotzdem schnellen Schrittes, dem Eingang entgegen schritt.


    Als sich vor ihr die Porta auftat, sah sie sofort ihren Bruder dort stehen. Sie versuchte, sich von ihrer Verwunderung, dass er da war, nichts anmerken zu lassen, als sie auf ihn zutrat. Ein kühles „Salve, Lucius.“ schlug dem jungen Claudier entgegen. „Wie schön, dich zu sehen.“ Emotionsloser konnte man so einen Satz gar nicht mehr sagen. „Was führt dich denn zu mir?“ Diese Frage brannte auf ihren Lippen, sie hoffte, Brutus würde eine Antwort haben, eine gute, denn sonst würde sie 5 kostbare Minuten, die sie diesem Besuch bisher gewidmet hatte, als verschwendet ansehen müssen.


    Gleichzeitig erblickte sie hinter ihm nicht nur ein paar Leute, sondern eine ganze Horde. „Was willst du denn mit den ganzen Leuten?“, fügte sie fragend, ein wenig erstaunt, hinzu. Würde er versuchen, mit diesem Heer aus Kriechern und Schleimern das Atrium Vestae einzunehmen? Oder wollte er nur angeben? Vermutlich Letzteres. Womöglich hatte es auch mit dem Zweck seines Besuches zu tun.

    „Nicht? Das macht Mut.“, lächelte Romana und beließ es dabei.


    „Ich bin selbstverständlich ebenfalls dazu bereit, meine Familie zu verteidigen wie eine Löwin... na ja. Das weißt du jetzt eh.“, meinte sie und zuckte belustigt die Schultern. „Gut, wenn du dir einen Gönner ausgesucht hast, der dir in den Kram passt. Und, dann bemüh dich einfach nicht, sie mir zu beschreiben, ich lasse mich überraschen von ihr.“, lachte sie.


    „Das ist gut. Dann werde ich mit Lepidus darüber sprechen, und zwar ganz sicher.“, versprach sie. „Und dass du dich für mich bei Valerian einsetzen willst, ist lieb von dir. Danke. Ich werde mich zusammenreißen.“


    Romana blickte zum Fenster hinaus, und was sie dort sah, ließ sie erschaudern. Die Sonne stand schon tief. Schon so spät! „Du, Calvena, es tut mir sehr Leid, aber ich muss meine Zeit einhalten. Wenn ich jetzt zu spät zurückkomme, werden sie mich vielleicht gar nicht zu den Fontinalien kommen lassen. Ich muss jetzt also gehen. Es tut mir sehr Leid.“, beteuerte sie. „Aber es war sehr schön, mit dir wieder gesprochen zu haben. Ich werde dich und alle anderen dann bei den Fontinalien sehen, ja? Also, mach es gut bis dahin. Vale.“, sagte sie, erhob sich, und wandte sich zum Gehen um.

    Romana wusste es tatsächlich, auch wenn sie kurz überlegen musste. „Es handelt sich dabei um die Pontifices, die Quindecimvires, und die Haruspices. Die Pontifices geben allgemeine Ratschläge zur Reaktion auf Prodigien, die Quindecimvires konsultieren die sibyllinischen Bücher, und die Haruspices analysieren das Prodigium mittels Leberschau, Beobachtung von Blitz und Donner und fixe Rituale.“, antwortete Romana. „Die Pontifices sind verantwortlich für das religiöse Leben im Reich allgemein, umgangssprachlich ausgedrückt sind sie das Mädchen für alles. Sie übernehmen alle Aufgaben, die den anderen Kollegien nicht zugeordnet sind. Die Quindecimviri haben Einsicht in die sibyllinischen Bücher und haben die Oberaufsicht über fremde, unrömische Kulte.“ Ihr Gesicht verzog sich leicht. Leicht beunruhigend, dass ihr Vetter sich wohl bald mit solchem Schmarren befassen werden musste. „Die Haruspices!“ Ihr Gesicht leuchtete kurz auf. Wäre sie ein Mann geworden, das wusste sie, wäre sie den Haruspices beigetreten so bald wie möglich. Der Orden der Vestalinnen kam aber den Aufgaben dieses Kollegiums stellenweise recht nahe. „Die Haruspices sind Weissager und Spezialisten der Disciplina Etrusca, der Eingeweideschau. Oft nehmen sie Deutungen von Zeichen im Auftrag des Senats wahr, aber auch die von Wunderzeichen.“ Soweit ihr Wissen zu den Kollegien, vermutlich hatte Occia noch einiges mehr dazu zu sagen.

    „Die Furien? Wieso jetzt nicht?“, fragte Romana. „Vielleicht nicht ein Titel, der Personifizierungen der Bravheit zusteht. Aber, sei mal ehrlich, wollen wir das denn sein?“, fragte sie neckisch. „Und launisch, denke ich, sind die Furien überhaupt nicht. Im Gegenteil, ich denke, sie haben in ihrer ganzen Existenz nur eine einzige Stimmungslage. Darauf kann man sich verlassen.“ Welche, musste sie wohl nicht erwähnen, als sie Calvena weiter angrinste. „Na gut. War nur so eine bescheuerte Idee von mir.“, winkte sie dann ab, noch immer belustigt.


    Ernster wurde sie, was die Fontanalien anging. „Also ist der Pontifex auch eingeladen. Ich weiß nicht, ob es wirklich Avarus gelungen ist, über seinen Schatten zu springen? Mir drängt sich eher der Gedanke auf, dass er ihn nur eingeladen hat als Formalität, denn es ist mehr als wahrscheinlich, dass der Tiberier ablehnen wird.“, tat sie ihre Meinung kund. „Und Aurelius Corvinus wird kommen? Hmm, dann lerne ich ihn vielleicht endlich persönlich kennen. Aber sag mal, wer soll Flavia Celerina sein?“ Die Flavierin war ja nicht zu den Ludi gekommen, und Romana hatte noch nicht einmal von ihr gehört.


    Als Calvena meinte, sie müsse wohl wissen, dass Patrizier Querschädel sind, lachte sie. „Na ja, da lasse ich einmal meinen Vetter und meinen Vater ausgenommen. Obwohl... nicht einmal bei meinem Vater bin ich mir sicher.“, fügte sie etwas leiser hinzu. „Und natürlich werde ich ihn dir vorstellen. Wann, weiß ich jetzt auch nicht. Es wird sich schon was ergeben.“, war sie sich sicher.


    Romana war eine Frau, die durchaus nicht immer den Idealen des Stoizismus entsprach. Aber sie war nicht so uneinsichtig, wie es manchmal schien. „Es wäre mir viel lieber, diesen Streit zu beenden, anstatt ihn auf ewig weiterschwelen zu lassen, zumal ich dich eh nicht von deiner Heirat abbringen kann.“, lächelte sie. „Jetzt muss nur noch dein Quintilier zustimmen, und vielleicht lässt sich eine Basis aufbauen dabei.“

    "Klar schriebe ich dir.", versicherte sie ihm, ganz hin und weg von seinem Segensspruch. „Und mit dir, Vater. Und mit dir.“, erwiderte sie leise, die Hand ihres Vaters noch einmal drückend. Sie blickte hinüber zu ihrem Vetter. „Vale, Quintus.“, machte sie, bevor sie wieder zu ihrem Vater blickte. „Vale, Vater.“ Ein paar Sekunden stand sie noch da.


    Dann drehte sie sich um und ging, heraus aus dem Atrium, hinaus in die freie Luft, hinein in die Kutsche die schon wartete, und hinweg, Richtung Misenum, wo sie schon erwartet werden würde.

    Nein, Stoizismus war durchaus nicht die Stärke der öfters unbeherrschten Romana. Zwar ließ dies nicht allzu viel römische Gravitas vermuten, aber dafür einiges an Pietas, was ja auch eine gute Eigenschaft ist. Und wenn es um die Christen ging, dann hängte es der jungen Claudierin sowieso komplett aus. Der Reaktion Occias nach zu schließen, hatte sie wieder die richtige Antwort geliefert, wonach allerdings der aristotelisch anmutende Frage-und-Antwort-Unterricht weiterging.


    „Man nennt es ein Prodigium.“, antwortete Romana und beließ es bei dieser Anwort, da die Frage nicht mehr als solch eine Antwort verlangte.

    Die Frage, wer die Verantwortung für den Zwischenfall bei den Ludi trug, war nun also geklärt. Der schwarze Peter war dem Tiertreiber zugeschoben worden, eine Lösung, mit der beide wohl nun zufrieden waren (Romana aber ein bisschen weniger als Calvena – aber man konnte nicht alles haben).


    Romana hörte sich Calvenas Worte mit einer seltsam steifen Miene an, sie überlegte, was sie nun sagen wollte. Sie entschloss sich aber dann doch dafür, die Worte ihrer freundin humorvoll aufzunehmen. „Ja ne, ist ja klar.“, grinste sie als Antwort auf Calvenas Aussage, dass Männer nicht auf Furien vorbereitet wären. „Männer... da soll einer mal mitkommen.“ Damit war, so hoffte sie, das Thema ebenfalls erledigt (auch wenn sie innerlich noch immer auf Valerian grollte). „Hie und da bin ich halt schon eine rechte Furie... du aber auch.“ Sie zwinkerte Calvena zu. „Wie wir alle, übrigens. So könnten wir, unser Freundinnenkreis, uns doch nennen. Die Furien.“ Irgendwie eine blöde Idee, aber eine, die Romana trotzdem anbringen wollte.


    Als Calvena wieder auf Valerian zu sprechen kam, nickte Romana nur nett, bis die Rede auf den Patron des Quintiliers zu sprechen kam. „Hmm, Prudentius Balbus. Das ist ein komplett anderes Kaliber. Praefectus Praetorio, nicht wahr? Und bis vor kurzem Obmann der Kanzlei. Und dessen Patron... Aelius Quarto? Hmm, der Bruder des Kaisers.“, ließ Romana von sich hören. Also, Beziehungen gäbe es da schon ein paar. Immerhin war Romana, die gerne Informationen absorbierte, darüber im Bilde. Sie blieb sitzen, als Calvena eine Familienchronik aus einem Regal herausholte und sich dort der Wahrheit ihrer Aussage vergewisserte.


    „Durus... ich weiß nicht. Ich denke schon, dass er fähig ist, bei einer wie dir über diverse familiäre Differenzen hinwegzusehen.“, war sie sich sicher. Sie hielt, wie schon gesagt, große Stücke auf Durus. „Aber ich bin mir sicher, bei Corvinus findest du ebenfalls einen fähigen Befürworter.“ Sie musste aber ebenfalls grinsen, als Calvena sagte, die Alienierung der Patrizier sei eine Spezialität der Männer im Hause Germanica. „Da kannst du wohl recht haben! Na ja, die männlichen Patrizier sind wohl auch rechte Querschädel...“, vermutete sie.


    „Das mache ich doch gerne! Und, ich weiß schon, was du meinst. Es wird sich schon etwas ergeben.“, meinte sie und lächelte. „Apropos, nur, dass du es weißt, der Mann, von dem ich redete, heißt Quintus Claudius Lepidus. Und er ist mein Vetter. Mein lieber Quintus kann dir sicher weiterhelfen, wenn er erst einmal sein Ziel erreicht hat.“, war sie sich sicher.


    Auch der Idee von Calvena schenkte sie Gehör. Am Schluss schien sie kurz zu überlegen – dann nickte sie. „Gut. Ich mache das. Vielleicht zu den Fontanalien. Ja, ich denke, das wäre gut. ich würde sehr gerne den Valerian kennen lernen, von dem du schwärmst – im Gegensatz zu dem valerian, den ich bisher kennen gelernt habe. Wäre vielleicht auch eine Möglichkeit für mich, mich von einer besseren Seite zu zeigen.“, lächelte sie.

    Romana kannte ihren Vater gut genug, um sofort sehen zu können, dass er sah, dass sie es ernst meinte. Sie wollte unbedingt, dass er auf wenigstens eines seiner Kinder stolz sein konnte. Er sollte sehen, dass er nicht nur Faulenzer, labile Persönlichkeiten und erfolglose Pechvögel auf die Welt gebracht hatte. Der schiere Umstand, dass ihr Vater glaubte, dass sie es schaffen würde, versetzte sie in Hochstimmung. Seine großzügigen, edlen Worte ließen ihr fast die Augen wässrig werden.


    Romana folgte ihm ans Fenster, sie wagte es nicht, ein einziges Wort zu sagen. Als ihr Vater jedoch begann, von einem Getreidehof zu erzählen, weiteten sich ihre Augen. Sie würde den Bauernhof erhalten. Den Bauerhof mit den Vögeln, welche die Auguren betrachteten.


    Zuerst einmal war sie sprachlos. Tief musste sie einatmen, um die Luft für Worte zu bekommen. „Vater... das ist... ich kann es kaum...“ Sie rang nach Worten und es gelang ihr erst jetzt, einen Satz zusammenzubasteln. „Vater, das ist so großzügig und gütig von dir.“ Ablehnen würde sie dies ganz gewiss nicht, und sie würde auch nicht aus reiner Höflichkeit einen nicht ernst gemeinten Versuch machen, es abzulehnen (einmal hatte sie dies bei einer entfernt verwandten Tante gemacht, als diese ihr Geld angeboten hatte – und die Tante hatte dann das Geld wieder eingesteckt und für sich behalten, obwohl Romana die Moneten sehr gut zum Vertrantscheln gebrauchen hätte können). „Ich nehme den Hof gerne an.“, sagte sie als logische Konsequenz. „Danke, Vater. Danke.“ Eine kurze Pause machte sie, in der sie die Hand von Menecrates, welche nicht über ihrer Schulter lagerte, ergriff. „Bald schon werde ich den Kaiser als meinen Vater bezeichnen müssen. Aber dies wird nichts an meinen Gefühlen dir gegenüber ändern, Vater. Nichts.“, versprach sie ihm mit ruhiger Stimme.

    „Ich habe einmal ein Pamphlet gelesen über diese Verbrecher.“, grollte Romana. „Und ich habe ein ganz ungutes Gefühl bei denen.“ Wer konnte es ihr verdenken (vor allem, wenn man den Vorteil hat, 1900 Jahre später zu mleben und die Geschichte zu kennen)? „Aber die Religio Romana wird sich schon durchsetzen. Jeder weiß, dass Rom ohne die Götter nichts wäre.“, war sie sich sicher.


    „Genau, die Götter haben besseres zu tun, als sich um Menschen zu kümmern. Die sie ohnehin nicht geschaffen und gewollt hatten, das war ja Prometheus, im Alleingang. Die Christen, diese Egoisten, denken, ihr Gott hätte sie nach ihrem Ebenbild geformt.“ Nur nicht wieder das Thema anstreifen, ermahnte sie sich, da sie ja so sichtlich allergisch auf diesen Geheimkult reagierte. „Doch die Götter sind groß, und so geziemt es sich, ein großes Maß an Frommheit und Respekt zu zeigen! Wie du schon gesagt hast, der pax deorum darf nicht gestört werden. Das ist der Friede der Götter, also die friedvollen Beziehungen zwischen Menschen und Göttern, der so wichtig für die Religion ist wie ein gutes Einvernehmen zwischen Handelspartnern beim Handeln. Der kann natürlich gestört werden. Und zwar, wenn man rituelle Fehler begeht, die Beziehungen zu den Göttern schleifen lässt oder eben diese Traditionen, die du angesprochen hast, verletzt. Das fällt mir jetzt spontan ein.“, meinte sie.

    Nein, das wusste sie nicht genau, sie war sich sogar ziemlich sicher, dass ohne Valerians Getue das Vieh niemals so aggressiv und wütend geworden wäre. Was sie dafür besser wusste, war, dass sie, wenn sie dies nun sagen würde, das Fass zum Überlaufen bringen würde. Und dann hätte sie nichts erreicht, außer, dass ihre Freundschaft zerbröckelte. Und das wollte Romana auf gar keinen Fall. Calvena kannte ihre Meinung zu dem Thema, sie musste sie jetzt nicht noch einmal reiterieren. „Nun, du kennst meine Meinung dazu. Aber du hast recht, im Endeffekt ist die Schuld dem Tierhalter zuzuschreiben. Der hat sich ja über alle Berge gemacht! Hoffentlich fangen sie den bald ein.“, bemerkte sie, um das Thema in eine andere Richtung zu lenken.


    Doch unweigerlich wurde darauf wieder zurückgekommen, als die beiden über Marhabal zu sprechen kamen. Romana hörte ihrer Freundin zu, nickte dann und wann, und dachte kurz nach, bevor sie sprach. „Es ist halt so... ich bin so leicht aus der Ruhe zu bringen, dass es nicht mehr schön ist. Und ich trete lieber so auf, als dass ich mir nachsagen lasse, ich lasse solche Sachen auf mich sitzen. Ich bin halt so, das ist im Paket inkludiert.“ Romana lächelte in sich hinein. Niemand war perfekt, am allerwenigsten sie, das wusste sie. „Ich wollte ein Gespräch darüber, aber ich wollte ihn auch dementsprechend konfrontieren.“, erklärte sie, mit ihrer rechten Hand gestikulierend. „Man muss halt hie und da resolut auftreten.“, war sie sich sicher. In solchen Belangen kam wohl die stolze Patrizierin in ihr durch. „Wie er reagieren hätte sollen, fragst du? Er hätte mich nicht als hysterische Ziege abtun sollen, wie er es getan hatte. Er hätte mich für voll nehmen sollen – denn das hat er nicht getan. Er hat das Gespräch beendet, anstatt sich dafür zu unteressieren, weswegen ich so sauer auf Marhabal bin.“, brachte sie ihren Standpunkt hervor.


    Dieses Mal war es Calvena, die auf etwas anderes zu sprechen kam. „Du meinst nicht, dass er dir ein Hindernis sein wird?“, fragte sie und dachte nach. „Sag mal, hat er eigentlich einen Patron?“ Wenn der Patron des Quintiliers ein einflussreicher Mann wäre, wäre es vielleicht verschmerzbar. Und, wer weiß... vielleicht konnte ja die Gens Germanica etwas an der sozialen Stellung des Quintiliers verändern. Ziemlich sicher sogar. Nun aber hörte sie den Bedenken der Germanicerin zu. „Du vertraust Durus nicht? Mir erschien er ein netter Mensch.“ Leicht gesagt, wenn du Patrizierin bist und dein Vetter Klient von Durus ist, meinte eine innere Stimme in ihr. „Und Gracchus? Nun, ich habe von ihm angehört. Er ist gesundheitlich angeknackst. Und vermutlich schätzt er die Germanicer auch nicht so... und Corvinus... hmmm.“ Sie überlegte. Sie kannte den Namen. „Er war einst ein guter Freund meines Vaters, doch mittlerweile haben die beiden nicht mehr soviel miteinander zu schaffen. Aber er ist sicher ein guter Mann, an den man sich wenden kann. Ob er aber die Germanicer so gut leiden kann? Ihr Germanicer habt leider diese Angewohnheit, es euch immer mit den Patriziergentes zu verscherzen.“, meinte sie, ohne dass ein Vorwurf in ihrer Stimme lag, vielmehr zwinkerte sie Calvena zu. „Leider gibt es halt keinen claudischen Pontifex. Ich sage dir, den hätte ich beackert, bis er sich deiner angenommen hätte.“ Sie meinte es sehr ernt damit. „Allerdings, ein Verwandter von mir will den Quindecimviren beitreten. Ich werde bei ihm, wenn es soweit ist, natürlich ein sehr gutes Wort für dich einlegen.“ Sie lächelte Romana an. Obwohl sie momentan eine Differenz haben mochten, Romana vergaß dabei nicht, dass Calvena für sie durchaus das war, was man als beste Freundin bezeichnen konnte.


    Romana blickte Calvena ob ihrer Ansage doch ein wenig verwundert an. „Du willst nicht viel erreichen? Red doch nicht so. Jeder hat Ambitionen, du, wie ich, wie die ganze Welt. Wer das nicht hat, ist zu bemitleiden.“, stellte sie fest. „Und du denkst, Valerian wird dich nicht einsperren und stattdessen deine Unabhängigkeit garantieren?“ Sie blickte kurz nach oben, als ob sie die Decke bestaunen würde, und suchte dann wieder den Augenkontakt mit Calvena. „Calvena, du bist mir eine.“, seufzte sie. „Ich werde Valerian eh nicht heiraten, und es geht mir also nicht darum, ob ich mit Valerian zufrieden bin, sondern, ob du dir ganz, ganz sicher mit ihm bist. Bist du das auch, Calvena, auch nachdem du meine Einwände gehört hast?“, fragte sie.

    „Ach, was freue ich mich schon drauf!“, meinte Romana ehrlich und fühlte sich ganz hibbelig, ein Gefühl, das verstärkt wurde, als Occia begann, von den Kultgegenständen zu sprechen. Schade, dass sie eingemauert waren und Romana sie nicht sehen konnte. Das Palladium jedoch konnte man sehen. Das war doch ein Gemälde von Minerva, wenn Romana das richtig gehört hatte, ein Gemälde, das der große Aeneas aus Troja gerettet hatte.


    Romana erwiderte Occias durchdringenden Blick beklommen, als sie hörte, was für eine schlimme Strafe das war. Doch, in ihrem Inneren hatte sie geglaubt, die Strafe wäre noch viel schlimmer. Gut, dass Occia ein anderes Thema anschnitt.


    „Ja, die Religio Romana.“ Die ist wohl nach mir benannt, dachte Romana, ein Gedanke, der so dämlich irgendwie war, dass sie ihn aus ihren Gedankenströmen schob. „Zuerst beten wir eine Vielfalt von Göttern an. Bei östlichen Religionen ist das oft unterschiedlich. Die Zoroastrianer, die Cybelekultspinner und die Mithraisten konzentrieren sich auf die Anbetung eines Gottes. Die Juden und – das Pantheon bewahre uns vor denen – die Christen beten nur einen an. Was abstrus ist. Es gibt viele Götter, und keinen davon vernachlässigen wir. Und außerdem kriechen wir nicht vor den Göttern, wie es die Ostlinge tun. Sie sind für uns... wie Vertragspartner. Wie im Vertragsrecht, gibt es auch in der Religio Romana einen Austausch, ohne dem nichts läuft. Da ut des.“ Ich gebe, sodass du gibst. Dies war das große Motto der Beziehungen zwischen Göttern und Menschen, und es war klar, dass Romana dies wusste.


    „Wenn wir opfern, und beten, geben und verlangen wir von den Göttern. Diese kontraktuelle Basis ist rational und logisch. Ich meine, die Christenhunde, die wollen nur von ihrem Gott. Mehr, mehr, mehr! Geben tun sie ihm nichts. Das kann ja nicht funktionieren. Wieso sollte ein Gott gratis Gefallen austeilen?“ Sie hatte sie ob der Christen ein wenig in Rage geredet, doch nun hatte sie sich wieder ein wenig beruhigt, auch wenn ihr Puls etwas höher schlug. Sie war, man konnte es sehen, der Religio mit Leib und Seele ergeben. Vielleicht, für römische Geschmäcker, ein bisschen zu sehr.

    Calvena hatte richtig geraten. Es waren wirklich Sonderaufgaben, die Romana erledigen musste. Geschirr spülen! Gerne tat sie das nicht. Doch noch ungerner würde sie die Möglichkeit, mit Calvena und ihren anderen Freundinnen feiern zu können, auslassen.


    Sie machte eine beschwichtigende Handbewegung, als Calvena dachte, Romana würde Valerian unterstellen, dass er den Bären absichtlich auf sie gehetzt hätte. „Das habe ich mit keinem Wort gesagt. Es war sicher nicht seine Absicht. Es war ganz einfach nur Dummheit und grobe Fahrlässigkeit, sonst nichts.“, meinte sie nüchtern. „Ich kann trotzdem nicht sagen, dass ich zu beeindruckt gewesen wäre von ihm. Natürlich hat er tapfer gekämpft, aber er war der Architekt dieses Gemetzels.“, konstatierte sie trocken, und schüttelte den Kopf. Vielleicht waren ihre Worte harsch, aber sie spiegelten die Wahrheit darüber wieder, wie sie diesen Mann sah.


    Ruhig hörte sie Calvenas Worte, was Valerian betraf, zu, doch musste sie ungläubig blinzeln, als Calvena ihr vorwarf, sie hätte sich benommen wie ein bockiges Kind. „Ähm, tschuldigung, Calvena. Aber jetzt ehrlich. Bockige Kinder benehmen sich anders. Ich habe ihn sogar noch eindringlich gewarnt vor diesem Marhabal, als ich mit ihm sprach. Vielleicht habe ich mich nicht komplett diplomatisch verhalten, aber was hätte ich tun sollen? Einfach nur dasitzen und lieb lächeln, wenn der Patron eines solchen Mannes vor mir steht? Du kennst mich. Ich bin ehrlich. Und wenn ich was zu sagen habe, sage ich es. Und, Valerian hätte sich auch um einiges geschickter genehmen können. Mich dann am Ende einfach so stehen lassen! Der Kerl nimmt mich eindeutig nicht ernst, das habe ich spüren können. Verstehst du, wieso so eine geringe Vertrauensbasis nun zwischen uns beiden besteht?“, fragte sie. „Und wie sollten sich solche Dinge anders regeln lassen als in einem Gespräch, von welchem er aber davonlief, ohne irgendwie konstruktiv zu sein?“ Sie zuckte die Achseln.


    Sie seufzte abermals. „Vielleicht hast du recht, und ich kenne ihn nicht so wie du. Aber den einfühlsamen, ritterlichen Valerian, den du mir beschrieben hast, den habe ich noch kennen zu lernen.“, meinte sie bestimmt. Als sie dann ihre Argumentation gegen Senatoren vorbrachte, schmunzelte Romana leicht. „Da magst du recht haben... aber du könntest den Senator auch als Sprungbrett benutzen. Ihr könntet euch gegenseitig prima unterstützen. Und aus dem Grund...“ Sie unterbrach sich und blickte Calvena in die Augen. „Ach, ihr Götter, ich komme mir so schlimm vor, dass ich dir das sagen muss... aber ich persönlich kann dir diesen Mann einfach nicht empfehlen."

    „Das glaube ich schon, das glaube ich schon...“, machte Romana geistesabwesend, als Clavena begann, von der Bücherei zu schwärmen, und trank ein wenig von ihrem Säftchen. Hmm, Kirschensaft. „Danke, der ist wirklich gut.“, meinte sie zum Thema Saft und würfelte das getränk mit einem Schluck hinunter. „Echt prima.“, bestätigte sie ihre eigenen Worte. Sie fühlte sich schon etwas wohleren Gemütes.


    „Trotzdem, echt nett von dir. Also, wie schon gesagt, klar komme ich. Ich habe die Obervestalin hart bearbeiten müssen, aber ich habe für den Abend der Fontanalien Ausgang.“, meinte sie heiter.


    Aber egal, wie sehr ihre Stimmung auch durch das Wiedersehen mit ihrer Freundin verbessert worden war, sie wollte auf jeden Fall mit Calvena noch einmal über die Sache mit dem Quintilier reden. „Calvena.“, meinte sie ernst und blickte ihre Freundin an. „Ich sehe, wie voll und ganz du ihm verfallen bist. Und ich kann dich nicht davon abhalten, ihn zu heiraten, aber was ich kann, ist, mit dir noch einmal über die Sache zu reden. Das bin ich dir schuldig, als meine liebste Freundin. Es ist einfach nur so... ich habe kein gutes Gefühl bei dem Typen.“ Sie rümpfte ganz leicht die Nase. „Unter höflich verstehe ich ein anderes Wort. Er behandelte mich wie ein unmündiges Kind, und dann kanzelte er mich einfach so ab, unwillig, noch weiter mit mir zu reden. Zudem hat er sich als inkompetenter Soldat erwiesen. Weißt du, ich habe in Etrurien gelernt, wie man mit Bären umgehen muss, wenn man sie antrifft. Als Soldat sollte man dieses Wissen ebenfalls haben. Aber durch seine Aktionen, meine Anweisungen komplett ignorierend, hat uns der Mann alle in Gefahr gebracht! Dass der Iulier den Mann getötet hat, hat uns vermutlich alle vor einem grauenhaften Tod bewahrt.“


    Sie atmete tief ein. „Das ist noch nicht alles. Hast du schon einmal dieses füchterliche, grauenhafte Geschöpf gesehen, welches dein Valerian als Klient genommen hatte? Würde mich glatt nicht wundern, wenn er den noch adoptieren würde!“ Sie meinte dies nicht ernst, doch hätte sie womöglich einen Herzschlag gekriegt, hätte sie gewusst, dass Marhabal nun ein römsicher Bürger war. „Marhabal heißt der Kerl. Er beleidigte, als er der Gast meiner Familie war, meine Gens; der Kerl hat seine Meinung, dass wir ein Haufen armer Schlucker sind, zum Ausdruck gebracht.“ Ihr Gesicht rötete sich ein wenig vor Zorn, wenn sich auch sonst nichts an ihren Gesichtszügen veränderte. Sie war sehr empfindlich, was Familiensachen anging.


    „Verstehst du, wieso ich, was Valerian angeht, Sorgen habe? Und dann kommt noch hinzu, dass er nicht standesgemäß ist. Ich weiß, ich weiß!“, sie hob ihre Hände abwehrend hoch, um Calvena daran zu hindern, dreinzureden. „Es ist ein saudummes Argument, das nicht existieren sollte. Aber ich denke nüchtern darüber. Es ist so. Es ist die Welt, in der wir leben. Und diese Welt denkt in Ständen, selbst wenn wir beide in anderen Kategorien denken mögen. Wie weit wird Valerian kommen? Vielleicht zum Ritter. Wenn er sich als Soldat weiterhin genau so unmöglich verhält wie am Markt, kann er aber eher mit einer Degradierung als einem Ritterschlag rechnen. Mit dem Mann an der Seite hast du doch kaum Zukunft, du machst sie dir zumindest nur unnötig schwer.“ Ihre Hände suchten die von Calvena. „Verstehst du, was ich meine?“ Sie blickte sie an mit traurigem Blick, man konnte es ihr ansehen, dass es ihr selber nicht leicht gefallen war, diese Argumente anzubringen. Aber es musste sein!

    „Na gut...“, meinte Romana ein wenig enttäuscht, jedoch ließ sie sich dieses Gefühl nicht anmerken. Immer nur lächeln! Es fiel viel leichter, als die Vestalin ihr bestätigte, dass ihre Antworten richtig waren. Auch mit den weiteren Angaben war Romana vertraut. Sie fuhr sich durch ihre wuschelige Bubifrisur, der Überrest von einer einst ihr bis an die Schultern reichenden Haarpracht. „Stutzen habe ich sie mir schon lassen.“, seufzte sie, der Verlust ihres Haupthaares war so einfach nicht zu verkraften. „Aber Schmuck und Schminke mag ich sowieso nicht. Es macht mich dick.“, behauptete sie, wobei man fast sie verdächtigen konnte, dass sie sich das nur einredete, um den Verlust von solchen Luxuriösitäten besser verkraften zu können.


    Die erneuerte Frage von Occia war wiederum keine, bei der Romana lange überlegen musste. „Generell sind wir für den Vestakult zuständig. Unsere Aufgaben sind zuerst mal das Bewachen des heiligen Feuers. Und natürlich, dass tägliche Besprenkeln des Heiligtumes der Vesta mit Quellwasser. Zusätzlich müssen wir regelmäßig der Vesta opfern, und Mola Salsa herstellen. Zudem vollziehen wir den Kult an den staatlichen Penaten, und wohnen diversen Prozessionen und Festen bei... und außerdem... das möchte ich dich fragen... stimmt es, was man sich auf den Straßen erzählt, dass es im Atrium Vestae magische Kultgegenstände gibt, die wir bewahren müssen, sodass die Menschheit nicht untergeht?“, fragte sie mit großen Augen.