Beiträge von Claudia Romana

    „Nun gut, solange ich einer so lieben netten alten Frau eine Freude damit mache.“, meinte sie und zwinkerte Occia zu. „Ich würde die Haruspica schon wirklich gut kennen lernen, ich scheine nun wenigstens einen Vorteil zu haben.“ Sie lächelte und hörte bereitwillig weiter zu. Ein wenig enttäuscht war sie schon, als sie hörte, dass ihr noch kein Liktor gegeben werden würde. „Aber wenn es soweit ist, kann ich ihn mir selber aussuchen?“ Wenn ja, hätte Romana schon eine innerliche Checkliste, denn so abgeneigt war sie dem männlichen Geschlecht auch wieder nicht.


    Occia missdeutete den Geichtsausdruck der Claudia tatsächlich nicht, die elider politisch doch noch recht unbedarfte Romana war nun tatsächlich etwas konfus. Sie versuchte die peinliche Situation mit einem Lachen zu überdecken. „Allgemein sagt man mir nach, ich wäre altmodisch. Dass das solche Formen annimmt, ist auch nicht mehr schön...“, witzelte sie, hoffend, der Scherz käme an.


    Die nächste Frage der Papirierin war mehr als einfach. „Nun, die Tracht besteht aus der Stola, einem Leinengewand, Infulae, also rot-weiße Wollbänder, vittae, und den typischen weißen Schleier.“, kam es wie vom Bogen geschossen.

    Dass Occia sie beruhigte, half Romana viel. Sie schnaufte ordentlich durch, bevor sie antwortete. „Ja, ich kann Latein, in Schrift und Sprache. Mein Griechisch könnte besser sein, aber mir fällt es leicht, Sprachen zu lernen. Ich habe innerhalb kurzer Zeit von meiner Großmutter Etruskisch gelernt.“ Sie hielt inne. „Das könnte doch nützlich sein, zumindest, wenn ich die Haruspica erlerne, oder?“, fragte sie nach.


    Sie folgte dem Unterricht aufmerksam. „Ja, das ist mir klar.“, bestätigte sie Occias Worte. „Die Vorteile sind aber auch nicht ohne. Zum einen können wir wählen. Andere Frauen dürfen das nicht. Auch steht uns ein Liktor zu. Wann kriege ich eigentlich meinen?“, fragte sie begierig. „Man muss uns entsprechenden Respekt gegenüber bringen. Liktoren von Stadtmagistraten zum Beispiel müssen ihre Rutenbündel vor uns senken. Wir können Geschäfte erledigen, ohne, dass wir von einem Tutor oder dem Pater Familias gegängelt werden, wir können auch Testamente machen. Wir können auch Verurteilte, wenn sie uns über den Weg laufen, frei lassen.“, sprudelte ihr alles, was ihr in den Sinn kam, hervor.

    Romana erwiderte herzlich die Umarmung ihrer Freundin. „Salve, Calvena! Es ist wundervoll, dich zu sehen!“, machte sie und lächelte ebenso breit wie Calvena, wenn nicht sogar noch breiter. „Was für eine schöne Bibliothek ihr hier habt! So viele Bücher!“ An der Anzahl der Bücher in der Bibliothek sieht man immer den Bildungsgrad einer gens. Nicht umsonst war Germanicus Avarus Rector der Schola Atheniensis.


    „Ach, ich wollte dir einfach nur sagen, wie schön ich es finde, dass du mich eingeladen hast. Und dass ich natürlich gerne zu den Fontanalien komme. Aber das ist nicht das einzige.“ Romana redete nicht gerne um den heißen Brei herum, und ebenso wenig gerne im Stehen. Sie setzte sich und blickte Calvena direkt in die Augen. „Weißt du, meine Liebe, ich habe viel nachgedacht... über dich und deine Pläne... ich sehe für dich eine große, wundervolle Zukunft voraus. Vielleicht wirst du Pontifex, oder Flaminica, auf jeden Fall wirst du nicht lange Discipula werden. Und doch sehe ich da einen dunklen Punkt. Weißt du, worauf ich hinauswill?“ Sie blickte Calvena traurig an. „Es ist dieser Centurio.“ Sie atmete tief aus. Dieser unfähige Trottel würde Calvena mit in den Abgrund reißen, das konnte sie nicht zulassen.

    „Hübsch? Oh.“, meinte Romana nur und blickte auf sich hinunter. War sie das denn? Sie war ganz gewiss keine der eitlen Gurken, die nur an ihre eigene Bellezza denken konnten. Aber hässlich war sie schon nicht.


    Als sie nach ihrem Alter gefragt wurde, senkte sie beschämt die Augen. „Fünfzehn.“, brachte sie heraus, wusste sie doch, dass dies ziemlich über dem vorgeschriebenen Alterslimit lag. "Werde bald Sechzehn." Dass sie noch nicht verheiratet war, lag wohl nur daran, dass sie so lange in Clusium gelebt hatte, und ihr Vater sie von Rom aus nicht an irgendjemanden verheiraten konnte.

    Der Türsklave bedachte sie mit einen leicht überraschten Blick, der typisch für große Leute war, der ein Zwergerl 8) erwartet hatten, aber nun einer ebenso großen Person gegenüber standen. Besonders, wenn es sich um eine Frau handelte. Romana stierte zurück. „Salve. Mein Name ist Claudia Romana, und ich will gerne Germanica Calvena sprechen. Ist sie anwesend?“, fragte sie mit fester Stimme und herbem Gesichtsausdruck, der signalisierte, dass sie es nicht amüsant finden würde, wenn der Sklave sich nun Zeit ließe. Gut, dass der Sklave freundlich war, sonst hätte sie ihn vielleicht komplett furios angefahren.

    Eine Stola. Ein Leinengewand. Farbige Wollbänder in den Haaren. Ein weißer Schleier. Schuhe mit Halbmonden dran. Und drinnen eine sehr junge Frau, deren Kopf irgendwo hoch oben in der Luft platziert zu sein scheint. Fertig ist die Vestalin.


    Nun war es in diesem Fall eine Vestalin, die in ihrem Gesicht den Ausdruck einer besorgten Betmommel hatte. Eine gewisse Gehetzheit, denn es war schwierig gewesen, einen Ausgang der Obervestalin abzuschinden, wenn sie doch schon frei zu den Fontanalien hatte. Aber sie hatte Pia dadurch überzeugen können, dass es um das Seelenwohl einer Gleichaltrigen aus angesehenem Hause ging.


    Und so war Romana zur Casa Germanica geeilt. Sie hatte ein bisschen sich durchfragen müssen, aber nun war sie da. Sie klopfte genau dreimal an, und wartete dann auf den Türsklaven, oder wer auch immer zuständig war.

    “Was Schmuck angeht, bin ich von Haus aus nicht fanatisch.”, meinte Romana, wohl wissend, dass andere solch eine Ansage sehr befremdlich finden konnten. Die pragmatische Claudierin war aber keine Klunkerfrau, sie versuchte, mit schlichteren Sachen zu überzeugen. Zudem fand sie, wie schon gesagt, Schmuck mache dick. Und tatsächlich hatte die sonst gertenschlanke Claudierin mit einer Problemzone zu kämpfen – ihren Bauch, der hie und da (den göttern sei Dank, nicht momentan) frech über ihren Gürtel hinauslugte, was zwar nicht hässlich aussah, sondern gar auf interessante Weise attraktiv, was sie aber trotzdem nicht ausstehen konnte. „Ich komme ohne sehr gut aus.“, gestand sie Calvena.


    Sie nickte nur, als sie ihre Kleider nochmals abzählte. „Das ist alles.“ Der Händler hatte gut mitgehorcht. „18 mal 11, sind 198, 18 mal 13, sind 234.“, rechnete er ihnen vor. Ob das richtig war oder nicht, Romana schaltete sich sofort ein. „200 für meine Freundin, 180 für mich.“, meinte sie, zog die entsprechende Summe aus ihrem Geldbeutel und feuerte die Summe auf den Tisch des Händlers. Der Händler blickte verblüfft. „Warum?“ „Rabatt.“, meinte Romana trocken und lächelte den Händler an. Jener fuchtelte mit seinen Armen herum, willigte aber schließlich bei der Summe von 185 für Romana und 210 für Calvena ein. Er machte schließlich noch immer ein gutes Geschäft.


    Romana wandte sich nach dem Einkauf an Calvena. „Calvena... ich muss dir was sagen... ich muss jetzt gehen. Es ist schon spät, und mein Vater erwartet mich zeitig für die cena zurück. Es war schön mit dir, sehr schön. Ich hoffe, ich sehe dich bald wieder. Vale.“, meinte sie zu Calvena, ein wenig traurig, dass sie nicht noch länger mit ihr zusammensein konnte.

    Endlich beruhigte sich Romana von ihrem Lachkrampf. Ach, ihr Vetter verstand es immer wieder, sie vorzüglich zu unterhalten. Ihr herz schlug ein wenig schneller vor lauter Freude, als sie sich innerlich die Zukunft in zuckrig bunten Farben ausmalte. Sie als Obervestalin, ihr Bruder als Pontifex, als Flamen Maior gar, sie beide zusammen würden die Priesterschaft in Rom ordentlich durcheinanderwirbeln. Hätte Lepidus gewusst, dass Romana ihn schon fix eingeplant hatte für alles, hätte er jenen Plänen vermutlich widersprochen, obwohl, er hätte sicherlich gewusst, dass man dem Sturschädel Romana so leicht nicht etwas ausreden konnte.


    „Da sind wir wohl einer Meinung.“, meinte die wie ein Honigkuchenpferd Strahlende. „Und du hast auch recht, so ein Einstieg will gut überlegt sein. Einen Gott musst du dir aussuchen, oder?“, fragte sie. „Wie wäre es mit Iupiter? Oder Quirinus? Oder vielleicht Mars?“ Es war kein Zufall, dass sie jene drei Götter wählte, die jeweils einen Flamen Maior hatten. „Und, du wirst wohl als Discipulus einsteigen müssen. Oder kannst du gleich Sacerdos werden?“, fragte sie interessiert. „Oder zieht es dich doch in die ehrenamtlichen Sachen, wie die Salier oder die Arvalbrüder?“, fragte sie. Sie war durchaus an der Zukunft von Lepidus interessiert. Immerhin war er einer der großen Hoffnungsträger der Claudier... und garantiert fähiger als ihr Bruder.


    Als er auf die Wahlen zu sprechen kam, nickte sie anerkennend. „Ambition hast du. Das imponiert.“, meinte sie. „Nur hoffentlich ist die Mitbewerberschaft nicht so stark wie dieses Mal. Da hat sich ja eine gewaltige Anzahl von potentiellen Vigintiviren versammelt.“, bemerkte sie. „Und wenn ein gescheiterter Bewerber vom letzten Mal dann nochmal antritt... wird es eng...“, vermutete sie. „Aber es wird sicher alles in Ordnung gehen.“, versicherte sie ihm.


    Sie hob amüsiert die Augenbrauen, als Lepidus begann, Wahlwerbung für seinen Patron zu machen. Anderes hätte sie nicht erwartet. „Wenn ich bis zur Wahl Vestalin bin, auf jeden Fall!“, meinte sie, denn Vestalinnen konnten ja, im Gegensatz zu gewöhnlichen Frauen, wählen. „Und du willst, dass ich Durus wähle, hmm?“, fragte sie ihn und lachte wieder. „Weißt du, ich kenne Durus. Er hatte einen guten Eindruck auf mich gemacht.“, meinte sie, ohne jedoch zu erwähnen, ob sie ihn wählen würde oder nicht.

    „Habe ich ja gesagt!“, protestierte Romana, aber nicht zu laut.* Sie verlegte sich nun nur noch aufs Nicken, denn sie wusste sehr gut, was sie geopfert hatte, als sie sich entschlossen hatte, Vestalin zu werden. Die Frage der Papirierin bedurfte einer genauen Antwort, welche Romana auch gab. „Also. Das Wichtigste ist wohl, dass die betreffende Person weiblich ist. Und eine Jungfrau. Die Eltern sollten einer ehrbaren Arbeit nachgehen, und noch leben, und frei geboren sein, und die Vestalin sollte einer legitimen Ehe entstammen. Vorzugsweise sollte das Mädchen zwischen 6 und 10 Jahre alt sein. Und eine Vestalin sollte körperlich gesund sein. Und von ebenmäßigen Zügen... was auch immer das heißen soll...“, fügte sie ein wenig leiser hinzu. „Habe ich da was vergessen?“


    Sim-Off:

    *Ich habe da mal ganz frech editiert, als ich gesehen habe, was für einen Schmarren ich da hingetippt habe. ;)EDIT: Fett vergessen.

    Die Claudierin nickte nur, was sollte sie auch anderes tun, wenn Occia sie mit Wörtern regelrecht überschwemmte? Andere Schwestern würden sie dann auch unterrichten. Nun gut. Sie kannte die Schwestern hier noch eh nicht so recht, aber sie nahm an, alle würden früher oder später zu ihr kommen, um sie in irgendetwas zu unterweisen. Besonders freute sie sich schon auf die Haruspexerei.


    Also unterließ sie es, Fragen zu stellen, und schüttelte den Kopf, als Zeichen, dass sie keine hätte. Occia jedoch hatte eine für sie. Romana dachte schnell nach. „Älter als die Stadt Rom. Schließlich war ja Rhea Silvia, die Mutter des großen Romulus und des unglückseligen Remus, Vestalin. Es ist ein sehr alter Kult, dessen Ursprünge nicht leicht feststellbar sind, wenn ich recht informiert bin. Geordnet als Kult, wie wir ihn heute kennen, wurde er aber unter Numa Pompilius.“, gab sie zum besten.

    Sim-Off:

    Verzeihung. ;)


    „Es ist mir ebenfalls eine Freude, dich kennen zu lernen, Quintilia Melina.“, erwiderte Romana, keinesfalls mit Melinas zartem, hohem Singsang, sondern mit ihrer festen, altlastigen Stimme. „Quintila Melina... zufälligerweise verwandt mit Quintilius Sermo und...“ Ihre Stimme senkte sich einen Moment lang... „Quintilius Valerian?“ Mit Letzterem konnte sie noch immer überhaupt nicht. Aber es gab sicher einige Zweige der Quintilier, es musste ja nicht sein, dass das Mädchen mit jenen beiden verwandt war.


    Romana musste unwillkürlich lachen, als Melina sie auf ihre Größe ansprach. „Na ja, hier oben hat man die viel bessere Luft, und eine fantastische Aussicht!“, witzelte sie. „Aber so schön ist das auch wieder nicht. Es gibt immer wieder Leute, die mir nachgaffen. Na ja, so ein unauffälliger Anblick bin ich eben nicht. Vermutlich bin ich eine der größten Römerinnen, die je gelebt haben... und wenn ich dann noch mit meinen Vestalinnengewändern herumgehe, verstärkt sich der Effekt...“ Sie zuckte mit den Achseln. „Aber man muss zufrieden sein. Sei aber froh, dass du nicht so lang bist. Damals, als ich noch so alt war wie du, haben mich viele andere als lange Latte oder so gehänselt. Mittlerweile stecke ich das aber weg.“, lächelte sie.

    Zitat

    Original von Iullus Quintilius Sermo
    "Hast du eine Weile in Etrurien gelebt?" fragte er kurzerhand, als er die Claudia so reden hörte. Ihr leichtes Erröten ließ Sermo schmunzeln und bestätigte ihn in seiner Meinung über sich selbst. Er konnte selbst eine Vestalin verlegen machen. Ha! :D "Wo denn genau?" fuhr er fort. "Etrurien ist groß." Er lächelte weiterhin. Diese Region erstreckte sich von Arretium bis nach Roma selbst und umfasste eine Vielzahl Städte und Landstriche.


    „Genau, ich habe dort ein paar Jahre gelebt, bis vor Kurzem. Bei meinen Großeltern in Clusium.“, bestimmte Romana, die krampfhaft versuchte, innerlich ihre Backen zu überzeugen, dass rot in dieser Situation nciht das gelbe vom Ei war, ihren damaligen Wohnort genauer. „Es war so schön dort, sage ich dir... wundervoll. Ich habe mich dort richtig gut eingelebt. Ich bin da schon fast eine echte Etruskerin, eine richtige rasna, geworden.“, lächelte sie. „Sprichst du etruskisch?“, fragte sie ihn augenzwinkernd in genau jener Sprache, die heutzutage leider nur noch mehr von wenigen gesprochen wurde, da er scheinbar so interessiert schien an Etrurien. Vielleicht würde es ihn ja interessieren, dass sie ein entfernter Abkömmling von Lars Porsenna dem Großen war, der seinen Beinnamen nicht nur wegen seiner Taten erhalten hatte – was ihre eigene Größe erklärte.

    Gerade als Brutus das Atrium verließ, sah Romana ihren Vater hereinkommen. Er hatte es mitbekommen, was vor sich gegangen war. Alles. Sie atmete tief ein und dann wieder aus. Uneinigkeit, sagte ihr Vater, und damit hatte er recht. Romana wollte einen Moment lang ihren Vater davon überzeugen, dass es nicht ihre Schuld war, dass Brutus angefangen hatte... doch dies wäre kindisch gewesen, und der Wahrheit hätte es wohl auch nicht ganz entsprochen. Sie ließ deshalb nur beschämt ihre Schultern sinken, als Menecrates jene berührte. Die väterliche Berührung aber versetzte sie wieder in eine etwas bessere Stimmung.


    Besonders berührt sie sein Segensspruch. Glückwünsche könnte sie nun gebrauchen. „Danke, Vater.“, meinte sie und schlug die Augen züchtig nieder. „Und danke, dass du mir deine Unterstützung anbietest. Das war nicht nötig... aber ich würde mich natürlich freuen.“ Romana war eine ehrliche Person, und würde nicht, nur aus reiner floskelhafter Höflichkeit, ein solch nettes Angebot ihres Vaters ablehnen.


    Sie bemerkte noch aus den Augenwinkeln, wie ihr Vater Brutus etwas fragte, aber dieser schien ihn nicht gehört zu haben. Sie blickte ihren Vater mit einem Blick an, der alle Worte überflüssig machte. Na, was würde er wohl machen? Ins Bett gehen und faulenzen. Sie blinzelte, vertrieb den Blick, und lächelte. „Vater, ich werde sicher stellen, dass du auf mich stolz sein können wirst.“ Im Gegensatz zu deinem Sohn, fügte sie in Gedanken hinzu.

    Narcissa nickte nur höflich und lächelte auf ihr Kompliment hin, schien allerdings so darin vertieft zu sein, sich dem Fest und seiner Organisation zu widmen, dass Romana keinen Anlass sah, die Iunierin noch weiter zu belästigen.


    Cara und Prisca begrüßten sie ebenfalls herzlich, auch wenn Romana nicht das Gefühl abschütteln konnte, dass die Aurelierin ein wenig befremdet war von ihr. Es war vermutlich nichts. Und selbst wenn, sie wäre nicht die erste, die Romana ein wenig schräg fände. „Danke ebenfalls!“, erwiderte Romana fröhlich. Sie war zwar Vestalin, aber dieser Stand hatte weder Lebenslust noch Humor aus ihr herausgefegt.


    Sermo lachte laut, als sie ihn ansprach, und Romana stimmte mit ein. „Ich sage dir, das ist eine Spezialbehandlung, die ich in Etrurien gelernt habe. Eine Allheilmethode. Hat wohl gewirkt.“, grinste sie und freute sich aufrichtig über das Kompliment. Konnte man da wirklich ihre Wangen einen Moment erröten sehen, oder war das nur Einbildung? „Danke!“, meinte sie und sah ihm ein paar Sekunden zu, wie er mit Macer ins Gespräch kam. Ein wirklich netter Mann. Wenn sie keine Vestalin wäre, und er Patrizier... hmm... na ja. Es war sinnlos, Gedanken daran zu verschwenden. Sie würde niemals eine Affäre mit einem Mann haben, und basta. Es gab wichtigere Dinge im Leben.


    Eine denkwürdige Begegnung hingegen machte sie mit Septima. Zwar wurde sie nett begrüßt, aber die Tiberierin hatte alles andere im Sinn, als ihre Bekanntschaft zu machen. Als sie sich zu entschuldigen versuchte, machte die Claudierin ein etwas konfuses: „Äh, eh klar, sicher...“ Eloquenter ging es wohl kaum, dachte sie ein wenig zynisch zu sich selber. Die Tiberierin schob sich an ihr vorbei, und zwar direkt auf Macer zu, den sie gerade noch wegen seiner Toga komplimentiert hatte. Hmm, hatte er die an, um die Frauen anzuziehen? Schlecht schaute er nicht aus darin, aber Romana hatte große Bedenken, als sie die Tiberierin mit dem Kerl zu schäkern beginnen sah. Eine Patrizierin und ein Plebejer? Sie wandte sich an Arvinia und zuckte einfach nur die Schultern.


    Da gab sie sich doch lieber ab mit Calvena und Serrana, welche sie am herzlichsten begrüßt haben. „Danke, Calvena!“, meinte sie strahlend. „Tatsächlich sind das die Sachen, die wir zusammen gekauft haben. Ich habe gedacht, wann werde ich sie tragen können, wenn nicht jetzt? Mal sehen, ob sie heute Abend noch ihre Form behalten.“ Ihrer Kehle entwich ein perliges Lachen, welches alle Tonstufen der Altstimme durchlief. „Mal sehen, wie der Abend heute noch endet!“


    Serrana schenkte sie ebenfalls ein Lächeln und winkte mit ihrer rechten Hand ab. „Ehre, ach was! Es freut mich, hier sein zu dürfen. Gewissermaßen bin ich in Zivil hier.“, meinte sie, freute sich aber trotzdem, dass die Iunierin sie so respektierte.


    Wer war den das? Ach ja, der Senator Sedulus! „Salve, Senator.“, meinte Romana zu Sedulus und blickte ihn freundlich an. „Gut, dass du noch gekommen bist. Das wird sicher ein schöner Abend! Narcissa hat dafür ohne Zweifel gesorgt.“, meinte die Claudierin.


    In jenem Moment erblickte sie eine Frau, die sie noch nicht kannte. Calvena begrüßte sie gerade. Wie war der Name? Duccia Clara? So nannte sie Calvena. „Salve, Duccia Clara – das war doch dein Name, oder?.“, meinte Romana deshalb auch zu ihr. „Ich heiße Claudia Romana. Es freut mich, deine Bekanntschaft zu machen.“

    Ihrer Lehrerin hinterher kam Romana getrappelt, ganz zappelig schon vor Freude über die Aussicht auf den Beginn des Unterrichts. Wie sie schon auf diesen Augenblick gewartet hatte! Nun ging es los!


    Sie setzte sich artig vor ihre Lehrerin auf einem Hocker hin und blickte sie aufmerksam an, bereit, alles, was Papiria Occia sagen würde, zu absorbieren.

    Mit lebhaftem Interesse verfolgte die junge Vestalinnenschülerin das Spektakel. Nun spielte sie selber keine große Rolle – noch – darinnen, doch das würde sich schon noch ändern. Sie prägte sich die worte der Obervestalin ein, so gut sie konnte, mit dem üblichen Fleiß, mit der Anfänger an eine Sache, die zu lernen ist, herangehen. Ihre Augen folgten dem Verlauf der Bronze-Kanne, des Pulses, und der Bewegungen, die Pia mit ihren Händen machte. All dies versetzte Romana in ein sehr erhabenes, solemnes Gefühl, welches sie nicht beschreiben könnte, wenn sie nun dazu aufgefordert wäre, es zu beschreiben. Sie blickte ein wenig abgehoben in den Weihrauch, der das Zimmer volldampfte, und ließ die Worte der Pomponierin in ihr Bewusstsein sinken.


    Als der Zauber vorbei schien, blickte sie fragend zu Occia. Was würde nun geschehen?

    Die Claudierin wusste sofort, was von ihr gewollt war, als die Obervestalin zu ihr hinüberstierte. So konzentriert war sie, dass sie nicht einmal die hineinstolpernde Unglückselige gbemerkt hatte. Jetzt war es an der Zeit! Pia schaute schon so ungeduldig. Romana reichte ihr das Weihrauch, welches sie in den Händen hielt. Bloß nicht zittern... bloß nicht... und tatsächlich ging das Weihrauch von ihren in Pias Besitz über, sodass diese nun das Opfer würde einleiten können. Romana zog hastig ihre Hände weg, als ob jene in der Nähe der Obervestalin eine unheilige Präsenz darstellen würden, und verlegte sich darauf, das Schauspiel genau zu betrachten.

    Romana hatte den Ludi nicht zur Gänze beigewohnt. Das Wagenrennen war sowieso öd gewesen, wie sie fand, und sie hatte das Gefühl, keinen richtigen Anschluss zu finden an Calvena und Serrana, die über „Ludi, Männer und Bären“ redeten. Über Valerian, vermutlich. Sie war dafür die falsche Ansprechsperson. Dass Calvena nur mit Serrana darüber sprach, nicht mit Romana, nahm sie ihr deshalb nicht übel... obwohl... es war schon ein weing trist, dass sie, was Männer anging, nichts zu melden hatte. Und zudem wollte sie mit Calvena noch einmal über Valerian reden. Sie schien nicht recht zu wissen, auf was sie sich einließ, erschien es Romana.


    Im Atrium Vestae, wo sie hinging, erwischte sie allerdings eine ranghöhere Ordensschwester, die sie dazu verdonnerte, ihren Raum aufzuräumen. Erst, nachdem dies getan war, konnte sie sich umziehen. Die neuen Gewänder waren nun anders. Die Vestalinnentracht war üblich,a ber nicht vorgeschrieben, und sie hatte ja Ausgang. Irgendwie hatte sie das Gefühl, sich mit ihrem Ornat auszugrenzen, und so hatte sie nun auf weiß verzichtet. Sie trug eine einfache sandfarbene Tunika, eine scharlachrote Stola, und eine hellrote Palla, welche sie trug, wie sie ihr Suffibulum, ihren Schleier, tragen würde. Es war vielleicht ein bisschen zu warm für diese Jahreszeit, um die Palla zu tragen, doch sie wollte ihre, wie üblich für Vestalinnen, kurz geschnittenen Haare nicht allzu publik machen. Vielleicht, wenn die Feier in Schwung kam, würde sie sie ablegen, aber bis dahin... nun ja, man würde sehen.


    Frisch gewaschen, entwurmt, entlaust, und so weiter, kam sie nach einigem Herumfragen in der Casa Iunia an. Der Türsklave winkte sie anstandslos durch und sie betrat das Triclinium, wo schon alle oder zumindest fast alle zu sein schienen. Sie lugte durch die Türe.


    „Salve. Ich komme wohl zu spät!“, meinte sie in die Runde hinein, erspähte die Gastgeberin und ging auf sie zu. „Narcissa! So viel Mühe hast du dir gemacht! Das war doch nicht nötig. Ist das schön! Du bist eine geborene Einrichterin!“, meinte die Claudierin, die sich ohne ihre Tracht gleich ein wenig ... weniger abgehoben, aber auch ein bisschen weniger sicher vorkam, charmant. Das leichte Unwohlsein, dass mit dem Fehlen ihrer üblichen Kleidung einherging, überspielte sie jedoch gekonnt mit ihrem Lächeln, welches nun umso hübscher war, nachdem sie es durch mühevolles Training vorm Atriumbecken aufgebrezelt hatte.


    „Und, Calvena und Serrana! Ihr auch hier! Ist es hier nicht wunderbar?“, meinte sie zu der Germanicerin und der anderen Iunierin hin.


    „Salvete Cara und Prisca.“, begrüßte sie ebenfalls die Caecilierin und die Aurelierin. „Ihr habt euch umgezogen, wie ich sehe? Ihr schaut jetzt fast noch besser aus wie vorher, wenn das nur möglich war.“


    Sermo erhielt ein Augenzwinkern. „Na? Wieder alles eingerenkt bei dir?“, fragte sie ihn gut gelaunt und stupste ihn mit der linken Hand an. „Die neue Tunika war fällig!“


    Auch Macer entging ihr nicht. „Octavius Macer! Schicke Toga!“ Der wollte sich wohl heute eine Dame angeln. War das diese Frau, die sie gesehen hatte, aber mit der sie kein Wort wechseln konnte?


    Wie man vom Teufel spricht, da kam er! Arvinia schleppte die Frau von eben an. Romana wandte sich um und ging zu ihr hin. „Arvinia, meine Liebe! Wie schön, dich wieder zu sehen.“ Sie stellte sich genau so auf, dass sie, allein durch ihre Höhe, Macer den Weg zu Septima versperrte. Armes Bürschelchen! ;) „Ich glaube nicht, dass wir uns schon kennen. Ich bin Claudia Romana.“, meinte sie freundlich zu jener Frau, wohl eine Tiberierin.


    Es war noch eine Frau eingetroffen, jene kannte Romana aber nicht, sie würde sie sicher noch später kennen lernen. EDIT: Sedulus, der frisch dazugestossen war, sah sie erst einmal gar nicht.

    Romana verbiss sich ein Grinsen, als sie die alte griesgrämige Vestalin so sah. Sie zwinkerte Occia, mit unverwüstlicher Fröhlichkeit, zu. Ihre Großmutter hatte hie und da auch so getan, aber sie war eine herzensgute Frau, und Romana war sich sicher, mit der Minucierin war es nicht anders. Doch schließlich kam Occia wieder auf den Weihrauch zu sprechen. Sie hatte Recht gehabt! Nun gut, schwer war das nicht gewesen. Sie wollte sich aber nicht in eine Diskussion über unwichtige Dinge mit Occia stürzen, aber sie war sich sicher, die Sache mit der Abstammung der Pomponier bei Plutarch gelesen zu haben. Es war ja egal.


    Weitere Schwestern traten ein, Romana grüßte sie mit einem herzlichen „Salve.“, bis sie es den beiden gleich tat und den Mund hielt, als Pia eintrat. Sie senkte den Kopf leicht in die Richtung der Obervestalin, bevor sie den Blick von Occia registrierte. Sie nickte, nicht zu heftig, aber genau so, dass es Pia und Occia sehen konnten. Sie holte tief Luft und entnahm den Armen der Papirierin den Weihrauch. Sie war so bereit, wie man beriet sein konnte, es konnte nun also losgehen. Sie war schon gespannt darauf, was nun folgen würde.