Romana hatte den Ludi nicht zur Gänze beigewohnt. Das Wagenrennen war sowieso öd gewesen, wie sie fand, und sie hatte das Gefühl, keinen richtigen Anschluss zu finden an Calvena und Serrana, die über „Ludi, Männer und Bären“ redeten. Über Valerian, vermutlich. Sie war dafür die falsche Ansprechsperson. Dass Calvena nur mit Serrana darüber sprach, nicht mit Romana, nahm sie ihr deshalb nicht übel... obwohl... es war schon ein weing trist, dass sie, was Männer anging, nichts zu melden hatte. Und zudem wollte sie mit Calvena noch einmal über Valerian reden. Sie schien nicht recht zu wissen, auf was sie sich einließ, erschien es Romana.
Im Atrium Vestae, wo sie hinging, erwischte sie allerdings eine ranghöhere Ordensschwester, die sie dazu verdonnerte, ihren Raum aufzuräumen. Erst, nachdem dies getan war, konnte sie sich umziehen. Die neuen Gewänder waren nun anders. Die Vestalinnentracht war üblich,a ber nicht vorgeschrieben, und sie hatte ja Ausgang. Irgendwie hatte sie das Gefühl, sich mit ihrem Ornat auszugrenzen, und so hatte sie nun auf weiß verzichtet. Sie trug eine einfache sandfarbene Tunika, eine scharlachrote Stola, und eine hellrote Palla, welche sie trug, wie sie ihr Suffibulum, ihren Schleier, tragen würde. Es war vielleicht ein bisschen zu warm für diese Jahreszeit, um die Palla zu tragen, doch sie wollte ihre, wie üblich für Vestalinnen, kurz geschnittenen Haare nicht allzu publik machen. Vielleicht, wenn die Feier in Schwung kam, würde sie sie ablegen, aber bis dahin... nun ja, man würde sehen.
Frisch gewaschen, entwurmt, entlaust, und so weiter, kam sie nach einigem Herumfragen in der Casa Iunia an. Der Türsklave winkte sie anstandslos durch und sie betrat das Triclinium, wo schon alle oder zumindest fast alle zu sein schienen. Sie lugte durch die Türe.
„Salve. Ich komme wohl zu spät!“, meinte sie in die Runde hinein, erspähte die Gastgeberin und ging auf sie zu. „Narcissa! So viel Mühe hast du dir gemacht! Das war doch nicht nötig. Ist das schön! Du bist eine geborene Einrichterin!“, meinte die Claudierin, die sich ohne ihre Tracht gleich ein wenig ... weniger abgehoben, aber auch ein bisschen weniger sicher vorkam, charmant. Das leichte Unwohlsein, dass mit dem Fehlen ihrer üblichen Kleidung einherging, überspielte sie jedoch gekonnt mit ihrem Lächeln, welches nun umso hübscher war, nachdem sie es durch mühevolles Training vorm Atriumbecken aufgebrezelt hatte.
„Und, Calvena und Serrana! Ihr auch hier! Ist es hier nicht wunderbar?“, meinte sie zu der Germanicerin und der anderen Iunierin hin.
„Salvete Cara und Prisca.“, begrüßte sie ebenfalls die Caecilierin und die Aurelierin. „Ihr habt euch umgezogen, wie ich sehe? Ihr schaut jetzt fast noch besser aus wie vorher, wenn das nur möglich war.“
Sermo erhielt ein Augenzwinkern. „Na? Wieder alles eingerenkt bei dir?“, fragte sie ihn gut gelaunt und stupste ihn mit der linken Hand an. „Die neue Tunika war fällig!“
Auch Macer entging ihr nicht. „Octavius Macer! Schicke Toga!“ Der wollte sich wohl heute eine Dame angeln. War das diese Frau, die sie gesehen hatte, aber mit der sie kein Wort wechseln konnte?
Wie man vom Teufel spricht, da kam er! Arvinia schleppte die Frau von eben an. Romana wandte sich um und ging zu ihr hin. „Arvinia, meine Liebe! Wie schön, dich wieder zu sehen.“ Sie stellte sich genau so auf, dass sie, allein durch ihre Höhe, Macer den Weg zu Septima versperrte. Armes Bürschelchen!
„Ich glaube nicht, dass wir uns schon kennen. Ich bin Claudia Romana.“, meinte sie freundlich zu jener Frau, wohl eine Tiberierin.
Es war noch eine Frau eingetroffen, jene kannte Romana aber nicht, sie würde sie sicher noch später kennen lernen. EDIT: Sedulus, der frisch dazugestossen war, sah sie erst einmal gar nicht.