Beiträge von Iullus Quintilius Sermo

    Während Sermos Centurie sich auf der Agora breit machte, Tische von den Karren lud und ihr Schreibzeug auspackten, wurden bereits kleine Trupps unter Leitung bubastischer "Fremdenführer" in die ausgewiesenen Stadtteile entsendet. Dort schwangen sie Parolen und warben für den Exercitus Romanus, bestachen die Armen mit der Aussicht auf ordentlichen Sold, lockten die wagemutigen mit prächtig ausgeschmückten Abenteuergeschichten und priesen den Dienst im Heer an, als gäbe es kein Morgen. Und sie kamen und waren zahlreich.


    Sermo hatte es sich auf einem der Karren bequem gemacht und ließ seinen Blick über die Szenerie schweifen. In ordentlichen Reihen standen die Schreibtische, besetzt mit jeweils einem Schreiber und einem Optio mit geschultem Blick, der gesunde von offensichtlich untauglichen Bewerbern absonderte. Jeder Mann, der der römischen Armee beitreten wollte, musste seinen Namen angeben und den seiner Eltern, sein Alter und, ob er bereits einmal verurteilt worden war. Natürlich konnte niemand nachvollziehen, ob derjenige nicht einfach log, aber was interessierte Sermo das? Jeder, der sich im Nachhinein als untauglich herausstellte, wurde eben dann ausgesondert.


    Anaxímandros stand bei Sermo und ebenso Cleon, der Leibsklave des Quintiliers. Der Hauptmann von Bubastis betrachtete das ganze mit hochgezogenen Augenbrauen. Sermo knibbelte gelangweilt an seinen Fingernägeln. Um die Ödnis zu vertreiben, versuchte er ein wenig Konversation mit dem Griechen zu betreiben.
    "Was meinst du, wie lange ich brauchen werde, um diese Grünschnäbel in halbwegs brauchbare Auxiliares zu verwandeln?"
    Sermo erntete einen irritierten Blick.
    "Du?" fragte Anaxímandros verblüfft. "Ich dachte, Bubastis übernimmt Ausrüstung und Ausbildung der hier Rekrutierten Männer."
    Jetzt war es an Sermo, dumm dreinzuschauen.
    "Öh", machte er und sah Cleon fragend an, der aber auch nur mit den Achseln zuckte. "Ich dachte, dass sollen wir von der Legion erledigen. Bubastis finanziert die ganze Schose nur."
    "Dann bist du falsch informiert", stellte Anaxímandros fest. "Es war abgemacht gewesen, dass wir sowohl die Finanzierung übernehmen, als auch die Ausbildung an sich erledigen." Er sah sein Gegenüber jetzt erwartungsvoll an.
    "Hmm...und wenn ich die Männer mitnehme und die Offiziere, die die Ausbildung übernehmen sollten, ebenfalls mitkommen? Das kann ja auch gemeinsam stattfinden, wenn hinterher sowieso eure Offiziere beim Kommando teilhaben sollen", schlug Sermo schließlich vor. Er hoffte, einen Kompromiss erzielen zu können, denn er wollte jetzt nicht ohne die Rekruten wieder abmarschieren. Dann hätte Bubastis ja auch selbst rekrutieren können.
    "Kommt gar nicht infrage", wehrte Anaxímandros sogleich vehement ab. "So viele Offiziere stellen wir gar nicht und einige brauchen wir doch auch hier in der Polis. Nein, keinesfalls."
    Sermo seufzte. Sturer Grieche. Er wollte gar nicht wissen, was Vala alles bei den Verhandlungen hatte erdulden müssen. Abgesehen davon, dass der Duccius sich mit seinem jämmerlichen Griechisch völlig lächerlich gemacht haben musste.
    "Dann...ääääh..." Sermo zuckte mit den Achseln. Ihm war es gleichgültig, ob nun Bubastis oder die Legion die Ausbildung übernahm, Sermo hatte sich sowieso schon auf letzteres eingestellt. Außerdem sollten die Männer ja später in die Legion eingegliedert werden, also war es vielleicht ohnehin besser, sie von vornherein durch römische Offiziere ausgebildet zu wissen. So war auf jeden Fall sichergestellt, dass man später nicht noch einmal nachhelfen musste.
    "Ach, was soll's. Ich nehme die Rekruten gleich mit. Aber Ausrüstung und alles weitere wird selbstverständlich entsprechend der Abmachung immer noch von euch übernommen."
    Anaxímandros nickte. "Wunderbar. Das erspart mir einigen Aufwand", gab er ehrlicherweise zu. Sermo nickte nur und wandte sich wieder dem Rekrutierungsprozess zu. Auf einem ausgewiesenen Teil der Agora hatten sich bereits um die vierzig Rekruten versammelt, die sofort als erste Centurie zusammengefasst worden waren. Sobald sie vollständig waren, würde eine neue Centurie eröffnet werden, und so weiter.


    Sie saßen einige Zeit herum und plauderten zwischenzeitlich über dies und das, als Sermos Magen sich lautstark meldete. "Ich denke, wir sollten etwas essen gehen" bemerkte der Quintilier. Anaxímandros griff die Idee mit Freuden auf. Ein Gasthaus war schnell gefunden und während die Milites draußen sich von mitgebrachten Vorräten ernährten, saß ihr Tribunus Angusticlavius mit seinem griechischen Kollegen zusammen und stritt darüber, dass das servierte Hammelfleisch verkocht worden war.

    http://img130.imageshack.us/img130/7191/cleonjung.jpg "Er spricht Attisch", erwiderte Cleon, der sich ein Schmunzeln verkneifen musste. Diese Griechen waren ja schon ziemlich arrogant. Er hatte sich sogar verkniffen, Latein in einem Satz mit dem Attischen zu nennen, um nicht schief angeschaut oder gar rausgeschmissen zu werden. Die waren hier sicherlich ziemlich empfindlich, was das anging. "Danke, wir warten dann."


    Cleon sprach daraufhin seinen Herrn an, der den Schreibern interessiert bei der Arbeit zusah. "Dominus, wir müssen einen Augenblick warten, bis der stellvertretende Epistates Zeit für dich hat. Hier drüben kannst du dich setzen..."
    Cleon wies auf die entsprechenden Sitzgelegenheiten. Sermo nickte verstehend und begab sich dort hin, ließ sich nieder und wies auch seinen Sklaven an sich zu setzen. Sie betrachteten eine Weile schweigend die vielen Demosioi. Sermo brach das Schweigen.
    "Ich wünschte, ich hätte mehr Zeit."
    "Bitte?" Cleon wandte sich überrasscht zu seinem Herrn um. Er verstand nicht, was dieser ihm mitteilen wollte.
    "Mehr Zeit, Cleon. Ich würde am liebsten sofort einige Wochen nur in diesen Hallen verbringen. So viel jahrtausendealtes Wissen, gesammelt in dieser prächtigen Institution. Ich kann's gar nicht erwarten..."
    Cleon nickte abwesend. Er hatte nicht ganz so viel für diese vielen verstaubten Schriften übrig wie sein Herr.

    Nachdem sie einige Tage unterwegs gewesen waren, kam am späten Vormittag schließlich Bubastis in Sicht. Iullus Quintilius Sermo ritt dem kleinen Marschzug voran. Er hatte als Tribunus Angusticlavius jetzt ein eigenes Pferd bekommen und sich einen passgenauen Brustpanzer anfertigen lassen, in dem er unglaublich heroisch wirkte. Zumindest hoffte er das inständig. Neben ihm ritt der Hauptmann der Stadtwache von Bubastis, Anaxímandros, ein stämmiger Grieche, der ihm zur Begrüßung entgegen geritten war. Hinter ihrem Tribun marschierte die erste Centurie der zweiten Kohorte, dazwischen einige Karren mit Schreibmaterial und Vorräten. Außerdem hatten sie aus den anderen Centurien einige Immunes abgeordert, die bei der Schreibarbeit Hilfe leisten sollten.


    Sermos Auftrag war klar: In Bubastis sollte eine komplette Auxiliarcohorte ausgehoben werden. Ursprünglich wollte die Legionsführung dreihundert Mann aus Bubastis rekrutieren, aber in der Verhandlung wurde den Rhomäern eine unbegrenzte Zahl Rekruten gewährt, solange sie lediglich aus den nicht griechischen Vierteln warben. Für Sermo war klar, dass damit sämtliches dahergelaufenes Pack aus den Ägyptervierteln käme. Tagelöhner, Taugenichtse, Abenteurer, Gauner, nicht zu vergessen Juden und anderes Gesocks. Sermo schüttelte sich beim Gedanken an die Zusammensetzung dieser Einheit. Sollte es - die Götter mochten es verhüten - zu Kampfhandlungen auf aegyptischem Boden kommen, würde Sermo dafür sorgen, dass diese Männer in der ersten Schlachtreihe standen, wo die Verluste am höchsten waren.


    Während Sermo so vor sich hin grübelte, passierte die Kolonne die ersten Häuser der Polis. Ihr Ziel war die Agora, denn dort wollten sie sich breit machen und Tische aufstellen, wo Interessierte sich eintragen lassen konnten. Unter den erstaunten Blicken der Bevölkerung marschierten die caligaebewehrten Füße durch die dreckigen Straßen. Es hatte zum Glück nicht mehr arg geregnet in den letzten Tagen und hier und dort war sogar manchmal die Sonne zu erblicken. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis es wieder richtig warm wurde.


    Auf der Agora angekommen, erwartete die Milites sogleich ein alltägliches Schauspiel. Ein Podest war umringt von einer großen Menschenmenge, die einen Höllenlärm veranstaltete. Sermo sah genauer hin. Auf dem Podest stand ein kräftiger Kerl mit einer breitschneidigen Axt, der das grölende Publikum mit guturralem Gebrüll anfeuerte. In diesem Moment wurde ein Mann von zwei Bewaffneten auf das Podest geführt und die Menge begann zu geifern. Sermo war sofort klar, dass es sich um eine Hinrichtung handeln musste. Er wandte sich an Anaxímandros: "Was hat der Mann verbrochen?"
    "Er tötete eine Katze. Dafür wird ihm der Kopf vom Rumpf getrennt."
    Sermo zog die Augenbrauen zusammen. "Er hat was?" Achja. Da war etwas. Bubastis, Bastet-Kult, heilige Tiere. "Oh", drückte Sermo sein Verstehen eilig aus und erntete ein zufriedenes Nicken vom Hauptmann.
    "Und...äh...wie genau...?"
    "War wohl sauer über ein verlustreiches Geschäft und hat in seiner Wut seine Katze getreten, die zufällig vorbeilief. Das arme Tier hat's am Kopf erwischt, Genickbruch. Er ist ein recht bekannter Mann der Polis, weshalb sein Prozess durchaus Aufsehen erregt hat. Tja, so kann's gehen."
    Anaxímandros schien das ziemlich kalt zu lassen. Sermo merkte sich, dass der Mann offensichtlich wenig Mitleid für Katzentöter zeigte. Er würde aufpassen, dass er hier nicht plötzlich auf eine drauf trat oder eine ähnliche Dummheit beging.


    Sie zogen an dem Podest vorbei und konnten mit ansehen, wie der Mann, offensichtlich ein Bewohner von Bubastis mit Bürgerrecht der Polis, niederknien musste und seinen Kopf auf einen Holzblock legte. Er blieb stumm, hatte mit seinem Leben also wohl abgeschlossen. Abrupt legte sich Stille über den Platz, die nur vom gleichmäßigen Klackern der Caligae auf der Agora durchbrochen wurde. Die Menge am Podest hielt den Atem an. Der Scharfrichter ging ein paar Schritte um den Holzblock, postierte sich dann und hantierte testweise ein, zwei Mal mit der Axt in der Luft herum. Dann ging alles ganz schnell. Er fixierte den Hals des Verurteilten, hob die Axt hoch über seinen Kopf und ließ die Klinge blitzschnell niedersausen.
    Mit einem dumpfen 'Pock' wurde der Hals durchtrennt und der Kopf fiel in einen Korb. Die Menge schäumte vor Begeisterung.


    Sermo betrachtete die Szene mit einem Anflug von Übelkeit. Nicht der Hinrichtung ansich wegen. Ihn irritierte die Inbrunst, mit der diese Menschen Katzen verehrten, so sehr dass sie Menschen um ihretwillen verurteilten. Manch eine Gottheit war ein seltsam Ding...

    Mit wachsendem Vergnügen betrachtete Sermo den langen Germanen, der in seinen Augen eine ziemlich erbärmliche Vorstellung abgab wie er da so ächzte und stöhnte und sich im dampfenden Wasser wand. Das hatte in diesem Moment nicht mehr so viel mit Valas ständig propagierter Männlichkeit zu tun, wie Sermo fand.
    Dass der Duccius sich schließlich ganz aus dem Hitzebad verzog, veranlasste Sermo nicht zu besonderer Eile. Er lehnte sich noch einmal genüsslich zurück, verweilte so einige Zeit und entschied sich dann, das Gespräch weiterführen zu wollen.
    Er folgte also seinem Freund und wurde von diesem auch sogleich wieder mit dessen Ansichten über die römische Thermenkultur konfrontiert. "Pah", wehrte Sermo das anhaltende Geplärre unwirsch ab. "Hör endlich auf zu jammern. Wenn du römische Körperkultur nicht aushälst, wie willst du dann die römische Politik überstehen? Ein Wunder, dass du es überhaupt so weit gebracht hast." Sermo bekam immer mehr das Gefühl, dass man dieses wandelnde Selbstbewusstsein, das sich Vala nannte, einmal kräftig deckeln musste. Dafür, dass er oft so große Töne spuckte, heulte der Germane in den marginalsten Situationen ganz schön herum.

    Die Instandsetzung des Walls war eine Drecksarbeit sondergleichen. Die Milites schufteten im Schlamm, rutschten über die aufgeweichten Böschungen der Gräben und versanken teilweise Knietief im Dreck. Sermo betrachtete die Plackerei mit zunehmendem Ärger. Es machte so wenig Sinn, die Arbeiten während der Regenzeit fortzusetzen. Deshalb ließ er das Schlammschaufeln in den Gräben nach zwei Tagen abbrechen. Er hatte genug von dem jämmerlichen Anblick, den die schlammverschmierten Soldaten ihm beschert hatten. Statt dessen teilte er sämtliche Centurien dazu ein, das Holz zurechtzuschlagen und an den entsprechenden zu reparierenden Stellen in der Palisade bereitzulegen.


    Das war Anfang Februar gewesen. Im Laufe der Wochen sammelten sie so viel Holz, dass Sermo und die Centuriones entschieden, auch die gerade Palisaden genauer unter die Lupe zu nehmen und hie und da Abschnitte komplett zu erneuern. Das hörten die Milites natürlich überhaupt nicht gern, aber was hatten sie schon für eine Wahl? Im Laufe des Februars wurde also Holz zurechtgeschlagen und so zugespitzt, dass sie die Palisade hervorragend ergänzten. Ende Februar begann der tägliche Regen dann langsam zu schwächeln. Es regnete nicht mehr täglich und auch nicht mehr ganz so heftig. Die Milites frohlockten, auch wenn die trockenen Tage direkt zur Arbeit am Wall genutzt wurden. Sermo ergriff die Chance beim Schopf und schickte sofort sämtliche Centurien seiner Kohorte in die Gräben, um Erde aus dem verflachten Graben zu schaufeln und karrenweise an anderer Stelle wieder aufzuschütten, dort wo der Wall in Mitleidenschaft gezogen worden war.


    Die Arbeiten zogen sich über einige Wochen hin, während derer aufrüttelnde Nachrichten aus Rom eintrafen. Das langweilige Lagerleben und die routinierte Drecksarbeit am Wall wurden dementsprechend in den Gesprächen verdrängt, in denen es um die Lage des Reiches ging. Die Milites waren aufgeregt, mancher gar nervös, denn mit einem Mal gab es zwei Kaiser, einen in Rom und einen in Syria. Und die Legionsführung ließ nicht gerade freigebig durchblicken, auf welche Seite sie sich stellen wollte. Erst langsam wurde klar, dass man etwas ausheckte, als nämlich immer häufiger Boten im Lager ein und aus gingen. Und dann machte sich dieser kaiserliche Gesandte auch noch auf den Weg durch die Provinz, den Dioiketes im Schlepptau. Es wurde gemunkelt, man wolle neue Rekruten ausheben. Besonders bei Sermos Kohorte nahm man dieses Gerücht mit Handkuss entgegen, denn man war immer noch unterbesetzt und ein bisschen Frischfleisch, dem man die ätzende Arbeit zuschieben konnte, war immer gern gesehen.


    Ende März endlich waren die Arbeiten am Wall abgeschlossen. Was dann kam, war eine Überraschung für die gerade erst erleichterten Milites: Sie sollten die Palisade noch einmal verstärken! Waren diese Typen im Stab denn völlig übergeschnappt? Sie hatten doch gerade erst den Wall und den Graben erneuert, was musste denn jetzt noch getan werden?
    "Ich will Wehrtürme in einem Abstand von je fünfunddreißig passus", beantwortete der Tribunus Angusticlavius die Frage beim morgendlichen Appell, die sich jeder stellte. Die Milites waren verblüfft. "Männer, das Castellum verdient zusätzliche Wehrkraft. Ich will Plattformen für Geschütze in regelmäßigen Abständen!"


    "Tribunus", meldete sich vorsichtig ein Miles in der ersten Reihe zu Wort. "Müssen wir etwa mit einem Angriff rechnen?" Er drückte die Sorge aller Männer aus.


    "Das wird sich zeigen. Noch haben wir nichts zu befürchten. Reine Vorsichtsmaßnahmen." Damit war der Appell beendet und die Arbeit begann. Es würden weitere anstrengende Wochen werden.

    Sermo saß echt in der Klemme. Oder anders gesagt: Er konnte durch sein Verhalten vielmehr andere Männer in die Klemme bringen. Allen voran sein Patron und die Familie seines Cousins in Rom. Verdammt, er musste sie sofort informieren und ihnen empfehlen, sich auf großzügige Distanz zu ihm zu bringen. Ja, das war der erste und richtige Schritt! Eilig ging er zurück ins Tablinum, vorbei an der angeschissenen puella. Sermo setzte sich und begann auf eine Wachstafel zu schreiben...


    Valerian. Ich weiß, dass ich über meine Zeit in Nikopolis schreiben sollte, seit ich hier eingetroffen bin und


    Valerian, es gibt dringende Neuigkeiten. Du musst raus aus Rom. Lauf, so schnell du kannst. Fliehe, wenn dir dein Leben lieb ist. Ich werde


    Lieber Cousin. Ich habe besorgniserregende Nachrichten für dich


    Valerian, ich muss dir etwas beichten. Ich werde habe mich auf die Seite der Gegner deines Erzfein


    Schließlich ritzte der Griffel einen tiefen Strich durch jeden frisch geschriebenen Satz. Alles Kuhscheiße, dachte Sermo und schleuderte die Wachstafel quer durch den Raum, wo sie krachend ein Regal traf und auf dem halbwegs teuren Mosaikboden liegen blieb. Frustriert stützte er die Ellbogen auf den Tisch und rieb sich die Schläfen. Scheiße, Scheiße, Scheiße! Sermo grummelte wie ein gereizter Löwe. Als er die Augen wieder öffnete, stand Cleon im Türrahmen. "Was?!" ätzte Sermo seinen Leibsklaven an.

    http://img130.imageshack.us/img130/7191/cleonjung.jpg Cleon fand seinen Herrn in bester Laune vor. Ein beiläufiger Blick eröffnete ihm die Lärmquelle, die ihn aufgescheucht hatte, in Form einer am Boden liegenden angeknacksten Wachstafel. Cleon hob das Schreibgerät auf und sah seinen jährzornigen quintilischen Herrn mit hochgezogenen Augenbrauen an. "Alles in Ordnung?" fragte er gespielt unbedarft.
    "Wonach sieht's denn aus?" gab Sermo genervt zurück und hob frustriert die Hände, um sie dann wieder geräuschvoll auf den Tisch sausen zu lassen. Dann stand er abrupt auf und marschierte schnurstracks wieder nach draußen.
    Cleon folgte ihm. "Was für eine Nachricht hat der Bote überbracht?" Es war das erste Mal, dass Cleon von sich aus auf ein Thema zu sprechen kam, das seinen Herrn ganz offensichtlich schwer beschäftigte.
    "Bring Wein, sofort", lautete die wenig informative Antwort. Cleon zuckte mit den Schultern und holte also den begehrten Wein, wobei ihm im Vorbeigehen der Vogelschiss auf Sermos Lieblingsstatue auffiel. Er würde Kortéssa Anweisung geben, den steinernen Mädchenkopf zu bereinigen. Als Cleon das Peristyl wieder betrat, saß sein Herr auf einer Steinbank und betrachtete die Oscilla. Das sind kleine Marmortafeln, die an Kordeln zwischen den einzelnen Säulen der Kolonnade hängen. In sie eingraviert sind mythologische Figuren und wenn es windig wird, schwingen die Oscilla sanft hin und her und stellen dem statischen Säulenumgang eine gemütliche Bewegtheit entgegen.
    Und es war mittlerweile ein laues Lüftchen aufgekommen, das die Marmorscheiben sanft schwingen ließ und für Cleons Herrn offenbar eine gewisse Ablenkung von seinen schwierigen Überlegungen darstellte. Cleon hielt dem Quintilius ein Glas eines nur leicht verdünnten balearischen Wein hin, den dieser geistesabwesend entgegennahm. Während sein Herr trank, verharrte Cleon wortlos bei ihm. Er wusste, dass es jetzt besser war zu schweigen.

    Lesen, Nachdenken, Überdenken, Grübeln, sich Sorgen und Pläne schmieden überwogen die Zeit, die Iullus Quintilius Sermo nach dem Erhalt des Briefes verbrachte, um ein Deutliches. Erst saß er lange Zeit im Tablinum und las die Briefe, die er vor einiger Zeit von seinem Patron Purgitius Macer und auch von seinem Cousin Quintilius Valerian erhalten hatte. Er ließ sich von Mára einen Imbiss bringen und starrte dann eine geraume Weile einfach nur die die Schreiben an, die vor ihm auf dem Tisch lagen. Dabei kratzte er sich am bärtigen Kinn, bis es weh tat. Die Lage war wirklich verzwickt. Er wollte seinen Freunden und Verbündeten am liebsten alles offenbaren, was sich hier in Aegyptus tat. Aber das war quasi unmöglich. Zwar hatte Aurelius Lupus einen Boten geschickt, der offensichtlich vertrauenswürdig war, denn sonst wäre er wohl niemals hier in Nikopolis eingetroffen. Aber Sermo wollte dennoch nicht riskieren, dass er ins Sichtfeld eines der bisher in Erscheinung getretenen Thronanwärter geriet, bis feststand, wer mit größerer Wahrscheinlichkeit den Sieg davontragen würde. Natürlich hatte Sermo sich zwangsläufig festgelegt, indem er sich gegen Vescularius gestellt hatte. Aber das war ja nicht unbedingt aus freien Stücken passiert. Immerhin gehörte er einfach nur der Einheit an, die unter anderem eine feindliche Position gegenüber dem frisch ausgerufenen Princeps Imperii bezogen hatte. Er konnte ja kaum entgegen der Einstellung seines Praefectus Legionis handeln. Also musste Sermo jetzt ganz dringend diverse Geschehen in die Wege leiten, aber ihm fiel es schwer, die richtigen Worte auf die Wachstafel zu bringen.


    Über eine Stunde grübelte der Quintilius und hatte noch immer kein Wort geschrieben. Angesäuert ging er hinaus in den Hortus, wo er ein paar Runden drehte und seine Gedanken unter den Kolonnaden des Peristyls zu sammeln suchte. Es war zugig und kühl, denn die Frühlingssonne drang noch nicht immer voll durch die bisweilen dominierende Wolkendecke durch. Während Sermo so vor sich hin schlenderte fiel sein Blick auf die kleine steinerne Statue einer jungen Frau, die ihm der ehemalige Hausbewohner überlassen hatte. Die kleine Figur war unbekleidet und rekelte sich stehend an einer in ihrem Maßstab hüfthohen Säule, wobei sie ihrerseits Sermo gerade einmal bis zur Brust reichte. Sermo mochte die kleine Statue. Er hatte sie insgeheim puella floridula - das schön blühende Mädchen - genannt, weil sie wie ein junges Mädchen wirkte, dessen Schönheit gerade erst ihre volle Form annahm. Der Bildhauer musste eine gewisse Vorliebe für junge Mädchen gehabt haben, dachte Sermo sich und ließ sich einen Augenblick von seiner puella floridula ablenken, als die Sonne wieder zum Vorschein kam und den Garten wohlig erwärmte. Plötzlich tauchte ein Zilpzalp, den Duccius Vala vermutlich auch Weidenlaubsänger genannt hätte, wie aus dem Nichts auf und setzte sich direkt auf den Kopf der nackten Steinschönheit. Der Vogel, den Sermo als germanischen Zugvogel identifizieren konnte, schaute sich kurz im Garten um und begann dann wie ein Irrer zu zwitschern. Sermo runzelte die Stirn. Kleines dreistes Tier, ihn hier in seinen Gedankengängen zu stören. Und als hätte der Zilpzalp in seinen Kopf sehen können, verstummte der Vogel abrupt. Statt zu lärmen, hob er nun das Schwänzchen in die Höh und schiss eine schleimiges kleines Häufchen auf den Kopf der puella floridula. Dann machte er ganz hastig den Abflug, als müsste er sogleich die Strafe für seine Dreistigkeit fürchten. Sermo seufzte und kehrte in Gedanken zurück zu seiner Lage.

    http://img130.imageshack.us/img130/7191/cleonjung.jpg Iullus Quintilius Sermo war ein wissbegieriger Mensch. Zwar war er nur ein Rhomäer und damit in den Augen der Hellenen ein widerlicher Barbaros, aber wissbegierig war er dennoch. Und deshalb hatte er heute auch vor, sich adäquat im Museion anzumelden, um das Studienangebot nutzen zu können. Selbstredend tat er das, bevor ein gewisser Kurs über den Peloponnesischen Krieg stattfinden würde. Cleon meldete seinen Herrn bei einem der Schreiber an. "Chaire. Mein Herr, Eques Imperii Iullus Quintilius Sermo, wünscht als Akroates dieser altehrwürdigen Instution aufgenommen zu werden." Hinter dem Sklaven war dessen genannter Herr soeben eingetreten und musterte den großen Raum mit den vielen Demosioi. Sein Blick blieb an einem der Sklaven hängen, der vorsichtig auf einer Leitersprosse balancierte, um ein Schriftstück aus dem einige Armlängen hohen Regal hervorzufingern. Den Sklaven, den Cleon soeben angesprochen hatte, würdigte der Quintilier nicht eines lahmen Blickes.

    Sermo lag in seinem Bett, die Arme hinter dem Kopf verschränkt. Er seufzte zufrieden. An ihn schmiegte sich Mára, Sermos Hausmagd und Sklavin. Es war irgendwann spätnachmittags und draußen zwitscherte irgendwo ein Vogel. Die Welt schien friedlich. Mára schmiegte sich enger an ihren Herrn. Sie war kurz nach Sermos Einzug in den Domus seine Gespielin geworden. Zuerst war Sermo etwas grob zu ihr gewesen, mehr als beabsichtigt. Aber als er das nächste Mal nach ihr schickte, zeigte er sich reumütig genug, um ihr vertrauenswürdig zu erscheinen und fortan kam sie großteils aus freien Stücken zu ihm. Sermo war zufrieden - für den Moment.


    Denn die Welt, die Sermo bekannt war, schien eben doch nur friedlich. Sermos inneres Ohr nahm bereits fernes Donnergrollen wahr. Donner, der sich im Norden zusammenbraute, in den haemischen Provinzen ebenso wie offenbar in der Provinz Syria. Und Sermo machte sich besorgt Gedanken um seine eigene Position in diesem Spielchen, dessen Gewinn der Thron des Princeps Imperii Romanorum, dessen Preis jedoch ungewiss war. Sermo wurde flau im Magen, während er weiter nachdachte. So schön es im Bett auch war und so angenehm Máras zarter Körper auch war, er hielt es nicht mehr aus, weiterhin herumzusitzen. Sachte schob Sermo seine Geliebte zur Seite und stieg aus dem Bett. Er warf sich eine Tunika über und stellte fest, dass es trotz der verstreichenden Wochen noch immer nicht wesentlich wärmer geworden war, trotz dass ihm gegenüber ständig von der nicht auszuhaltenden Hitze Ägyptens gefaselt worden war. Der Winter war hier offensichtlich genauso lang wie anderswo; und dazu fast noch ekelhafter als beispielsweise in den germanischen Provinzen. Wenigstens hatte hier in Nikopolis langsam der Regen aufgehört die Leute täglich zu belästigen. Jetzt regnete es nur noch alle paar Tage. Toll.


    http://img130.imageshack.us/img130/7191/cleonjung.jpg Auf dem Weg ins Triclinium kam ihm ein sichtlich aufgeregter Cleon entgegen. "Herr, komm schnell! Da ist ein Mann, der behauptet eine wichtige Nachricht für dich persönlich zu haben...von Sextus Aurelius Lupus!"
    Sermo brauchte eine Sekunde, um die Neuigkeit zu verarbeiten. "Aurelius Lu...bring mich sofort zu ihm!"
    Sie eilten ins Atrium, wo der Bote wartete, wobei Sermo trotz seiner plötzlichen Aufregung so würdig wie möglich aufzutreten versuchte. Ihm war ganz übel vor Erwartung und seine Hände zitterten leicht, als er das Schreiben entgegennahm.
    "Ich grüße dich, Quintilius. Dieser Brief kommt von Sextus Aurelius Lupus persönlich. Ich habe keine Mühen und.."
    "Ja ja, lass dich verpflegen", schnitt Sermo dem Mann unverwandt das Wort ab. Er hatte nicht die Geduld sich das selbstherrliche Gelaber eines Niemands anzuhören und erklärte daher: "Cleon, kümmer dich um ihn. Ich bin im Tablinum." Womit er auch schon verschwand und sich in seinem Arbeitszimmer verschanzte. Einige Minuten saß er dort vor dem versiegelten Brief und starrte wechselweise diesen und die Wand an. Dann gab er sich einen ruck und erbrach ungeschickt das aurelische Siegel.



    Sextus Aurelius Lupus Quintilio Sermo s.d.


    Wie du unzweifelhaft erkennen kannst, lebe ich noch. Sogar gut genug, einen Boten zu dir nach Ägypten zu schicken, um dich um Nachricht zu bitten.


    Ich weiß nicht, wie dein Kenntnisstand da unten ist, aber im Sinne unseres Bündnisses, auf das ich mich mit diesen Zeilen auch berufe, kläre ich dich auf, soweit das in meinen Fähigkeiten liegt. Der Kaiser ist tot, ermordet durch Gift. Mein Patron Tiberius ist tot, ermordet durch Vescularius. Letzterer mordet und verhaftet sich auch fröhlich weiter durch die Reihen des Senats, vor allem der Nobilitas und des Patrizierstandes, von welchen man im Anschluss üblicherweise nichts mehr hört. Ein Umstand, der mich dazu veranlasst hat, Rom zu verlassen, trotz – oder gerade wegen – der Todesdrohungen, die Vescularius auf ein Verlassen der Stadt geäußert hat.
    Im Moment bin ich in Mantua bei meinem Vetter und seiner Legion. Ich muss dir wohl nicht erklären, welche Aussichten sich daraus ergeben und was in Zukunft passieren wird. Auch habe ich Grund zu der Annahme, dass der mir bekannte Senator Cornelius Palma, der ebenso zum Verräter erklärt wurde, sich zu seinen Truppen nach Syria abgesetzt hat. Hierzu hast du vermutlich bessere Informationen als ich, teilt sich der Osten des Reiches doch einige Handelswege und damit Informationswege.


    Und nun komme ich auch zum Kern, weshalb ich dir schreibe: Wo steht Ägypten? Ich weiß, du wirst vermutlich nichts ausrichten können, Ägypten auf die eine oder andere Seite zu ziehen – aber sei dir versichert, wenn dein Legat sich überlegt, sich gegen Vescularius zu richten, wäre JETZT die Gelegenheit dazu.
    Doch ich benötige DRINGEND Informationen, wo Ägypten stehen wird. Meiner Einschätzung nach wird dies ein Spiel zwischen Vescularius und Cornelius, und auf welcher Seite ich zu stehen habe, wird klar sein. Ich verlange von dir keine Entschiedung, auf welcher Seite du dich aufhalten wirst, dir stehen wohl beide Möglichkeiten durchaus offen, da du Plebejer bist und deine Gens nicht der Nobilitas des Reiches angehört. So erwachsen dir aus beidem Möglichkeiten.
    Aber im Zuge unseres Bündnisses und für die Informationen, die ich dir hier zuteil werden lasse, hoffe ich, dass du mir den Gefallen erwiderst und mich, sobald es dir möglich ist, über einen Boten in Kenntnis setzen lässt. Sofern wir dann noch hier in Mantua verweilen, weshalb ich auf rasche Antwort oder einen intelligenten und vertrauenswürdigen Boten hoffe.



    Die nächsten Stunden verbrachte er mit Lesen, Nachdenken, Schreiben, Durchstreichen, Umformulieren, Korrekturlesen, Nachlesen, Umschreiben, Überdenken, Grübeln, sich Sorgen, Pläne schmieden...

    Sermo hatte in seiner mittlerweile nicht mehr so kurzen Zeit seines Aufenthalts in Aegyptus ja schon gewisse Eigenarten der Hellenen kennen gelernt. Aber jetzt, als er hier im Museion - diesem unglaublich prächtigen, beindruckenden, geradezu umwerfend vor Wissen strotzenden Monumentalbau - auf den Gelehrten wartete, umgeben von etlichen anderen gespannten Männern (denn Frauen hatte in dieser Hochburg des Wissens nichts zu suchen, das wusste jeder), hätte er niemals ahnen können was ihn letztlich erwartete. Einen umso fassungsloseren Eindruck musste er dann auf den außenstehenden Betrachter machen, als ihm im Angesicht des Oibalos von Myrina völlig unkontrolliert die Kinnlade runterklappte. Und dann fing dieser alte Mann, der komplett NACKT vor seine Schüler trat, einfach an ohne Umschweife seinen Kurs zu halten. Als wäre nichts besonderes, als wäre es ganz normal was er da tat.


    Jetzt war es quasi amtlich: Die spinnen, die Griechen!


    Deshalb konnte Sermo den Gelehrten zunächst einmal überhaupt nicht ernst nehmen. Er wandte sich Vala zu, der ebenfalls mit ihm den Kurs besuchte. "Sag mal...sind die hier alle so?"
    Im weiteren Verlauf der Vorlesung richtete Sermo erstmal kein Wort an den Gelehrten, auch wenn dieser Fragen stellte. Er hatte viel zu große Angst, laut loslachen zu müssen.

    Es wurde viel gesagt. Vala versuchte die Gesprächsbeiträge möglichst in zusammenhängende Bahnen zu lenken und verhinderte damit auch, dass alles noch einmal von jedem gesagt wurde. Sermo war froh, dass er sich nach seinem Beitrag schnell in Zurückhaltung üben konnte. Und nachdem sein duccischer Freund die Lage noch einmal für alle zusammengefasst hatte und diejenigen Handlungsmöglichkeiten vorgestellt hatte, die ihnen nun also zur Verfügung standen, konnte der Quintilius nicht anders, als seine Zustimmung zu geben, auch wenn er im Grunde genommen in dieser Runde rein gar nichts zu sagen hatte.
    "Ich pflichte Duccius Valas Vorschlag bei, ein Forderungsschreiben an Vescularius aufzusetzen. In Anbetracht unserer Ausgangslage haben wir offensichtlich nicht viel zu befürchten. Lasst uns das Wagnis eingehen, wenn es schon kein großes ist." Was im Nachhinein in Sermos Ohren zwar unglaublich pathetisch, aber eben einzig richtig klang.

    Valas Versprechen beantwortete Sermo mit einem ebenso breiten Grinsen, das sich allerdings recht schnell in ein schiefes Schmunzeln gepaart mit einem nachdenklichen Stirnrunzeln verwandelte.
    "Ich sehe schon", erwiderte er, als sie sich aus dem Becken hievten und weiterzogen. "An deinem Ruf müssen wir noch mit hartnäckiger Anstrengung arbeiten. Aber das wird schon. Wenn Vescularius als Homo Novus sogar Praefectus Urbi werden konnte..." Wobei Sermo dabei natürlich unterschlug, dass Salinator ein direkter Günstling des Kaisers war und aus dieser Position heraus auch noch das unfassbare Glück gehabt hatte, zu dessen Stellvertreter berufen worden zu sein.


    Amüsiert beobachtete Sermo, wie Vala sich im heißen Wasser quälte. Er konnte diesen Germanen manchmal einfach nicht verstehen. Aber wozu auch? Vala hatte so manche Eigenart, die einen gestandenen Römer nur wundern oder belustigen konnte, die ihn aber irgendwie sympathisch machte, wenn man ihn näher kennen lernte. Und Sermo kannte seinen germanischen Freund mittlerweile gut genug um zu wissen, dass Vala so einige Vorzüge hatte. Angefangen mit seinem einflussreichen Patron. Oder seinen Humor, den Sermo sehr schätzte, besonders was die Weiber anging. "Na wenn das so ist...ich verlass mich auf dich", schmunzelte Sermo nun wieder, während er die Hitze in sich aufnahm und spürte, wie seine Haut weich wurde. "Achja, du tust das hier übrigens, weil es gesund ist. Und weil du damit beweist, dass du nicht ganz so viel Barbar bist, wie manch einer meinen könnte."

    Zitat

    Original von Lucius Artorius Severus
    Während neben ihm Lucius Septimius Severus eingekleidet wurde, musterte Severus die ausgehändigte Ausrüstung. Nachdem er festgestellt hatte, daß alles vollzählig war, wandte er sich an den Legionarius: "Ist alles da und scheint zu passen. Vielen Dank. Eins noch: Man hat mir im Rekrutierungsbüro diese Tafel gegeben. Kannst Du mir den Laufzettel abzeichnen?"


    Anschließend fügte er hinzu: "Übrigens steht da tatsächlich, daß ich zu den Horrea gehen sollte, um die Ausrüstung zu holen. Da hat sich jemand aber gewaltig vertan. Nochmals vielen Dank für Deine Hilfe."


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    “Klar, kein Problem“, antwortete der Legionarius und nahm die Wachstafel entgegen. Er setzte ein X an der entsprechenden Stelle und runzelte dann die Stirn. “Äh...und wieso bist du noch keiner Einheit zugeteilt?“ Ohne eine Antwort abzuwarten, sprang der Miles hinter dem Tresen hervor und rannte dem Centurio nach, der gerade erst aus der Tür heraus gestakst war. “Centurio! Centuuuuriooo! Augenblick mal, der Junge hat noch keine Ahnung, in welche Einheit er gesteckt wird.“

    "Mit Verlaub, werter Praefectus Aegypti Annaeus," meldete Sermo sich sogleich zu Wort, dem hier direkt etwas nicht passte. "Es sind nicht nur zwei Trumphe, die wir in der Hand halten. Du vergisst, dass hier immerhin zwei Legionen stationiert sind. Das ist zwar nicht so viel, wie der Statthalter von Syria, die germanischen Statthalter oder die pannonischen Lakaien Salinators aufbieten können, aber man sollte das auch nicht unterschätzen." Sermo fand es wichtig, diesen Aspekt zu betonen.


    "Die Frage ist also," fuhr Sermo fort, "wie genau wir nun diese Mittel, die uns zur Verfügung stehen, einzusetzen gedenken. Bei dieser Gelegenheit möchte ich euch von meiner neuesten Erfahrung als frischer Proxenios Alexandrei berichten." Er richtete sich etwas auf und erzählte kurz und bündig:
    "Die Ekklesia wurde einberufen und man diskutierte doch tatsächlich darüber, die Getreidelieferungen nach Rom einzustellen, bis ein neuer Kaiser den Thron bestiegen hat. Eine gewisse Bereitschaft zum Widerstand gegen die römische Besatzung wurde also deutlich. Allerdings gab es auch klare Stimmen gegen eine Anfeindung mit unseren Truppen hier in Nikopolis. Wir könnten also durchaus ohne Probleme die Lieferungen an die Urbs Aeterna unterbinden und uns womöglich durch Sonderrationen für die Alexandriner deren Loyalität sichern. Mithilfe des Getreides könnte man den Vescularius unter Druck setzen und Bedingungen stellen. Die Freilassung von Vinicius Lucianus beispielsweise. Die zwei Legionen - auch wenn die XXII natürlich mit ihrer jetzigen Mannstärke nicht Kriegstauglich ist - würden uns genügend Sicherheit für den Fall bieten, dass der Vescularius sich Aegyptus bemächtigen wollte."


    Soviel zu seiner Sicht der Dinge. Sermo warf einen weiteren forschenden Blick in die Runde. Dann wollte er sich noch zum Verwandten des Statthalters äußern: Was Legatus Annaeus Modestus angeht: Haben wir Nachricht von ihm? Gibt es irgendein Meinungsbild von ihm?" Denn auf wilde Spekulationen konnte man nicht bauen. Vielleicht war der Senator ja schon längst von seinen Legionen abgesetzt worden und man marschierte von Germania bereits nach Rom, um Salinator zu unterstützen.

    Niemand, wirklich niemand interessierte sich für die Vorspeise. Sermo war schockiert. Er gab Cleon einen herrischen Wink, dass die Platte sofort abgeräumt werden sollte, woraufhin die Sklavenschaft des Hauses die Vorspeise schnell entfernten und sich beeilten, den Hauptgang aufzutischen. Am Gespräch beteiligte Sermo sich deshalb einen Augenblick lang weiter nur hörend, bis er wieder den Einstieg fand.
    "Allein der Anblick der alexandrinischen Bibliothek ist schon einen Aufenthalt dort wert. Ich würde die Chance nicht ungenutzt verstreichen lassen, dort auch noch ein Studium durchzuführen. Stell dir nur vor, wie groß der Wissensschatz ist, der dir dort zur Verfügung steht!" Er konnte zwar nicht einschätzen, inwiefern man den jungen Vinicius für Lernerei begeistern konnte, aber das musste er immerhin selbst wissen.


    Letztlich kam sein jüngster Gast wieder auf die Situation in der Hauptstadt des Reiches zu sprechen. Sermo konnte Valas Aussage eigentlich nicht viel beisteuern und nickte deshalb nur beipflichtend. Ein Schluck seines fruchtigen Weines folgte. "Spätestens, wenn das Wetter in den kommenden Monaten besser wird und die Schiffe wieder regelmäßig das Mare Internum überqueren, werden Informationen wieder wöchentlich eintreffen," mutmaßte er schließlich in der Hoffnung, dass es den Vinicius etwas aufmunterte.

    Sermo erschien als erster und machte es sich nach der üblichen Begrüßungsfloskelei, die sich noch mangels der anderen weniger gut bekannten Gäste in einem eher freundschaftlich-unförmlichen Rahmen hielt, im Triclinium gemütlich. Sermo begann eine halbherzige Plauderei, die jedoch recht bald verebbte angesichts des eigentlich so ernsten Grundes für dieses Zusammenkommen. Außerdem mussten bald die anderen Gäste begrüßt werden, so sie denn kamen...

    Sermo war gespannt wie ein Flitzebogen. Diese ganze Debatte war ihm absolut nicht geheuer. Philetos Chatidakis war eindeutig auf die Art Krawall gebürstet, die Alexandria und die ganze Provinz sich zur Zeit definitiv nicht leisten konnten. Und die Sermo umso weniger schmecken musste, als er immerhin Tribun einer der Legionen war, die im Problemfall einschreiten mussten beziehungsweise würden.
    Cleon erkundigte sich - wie schon wegen des Krawallmachers - bei den umsitzenden Griechen nach den Namen der anderen Redner und war immer überraschter, als zunächst einer von dieser neujüdischen Sekte das Wort ergriff und dann ein Jude selbst vorsprach. Ganz zu schweigen von einem Griechen mit römischem Namen, der zum Gefolge des ägyptischen Gymnasiarchos gehörte. Das war doch alles höchst abstrus. So langsam verlor Sermo sich hilflos im Gewirr dieser Volksversammlung, die ihm im ersten Moment viel zu undurchschaubar war.


    Während Sermo der Diskussion zu folgen versuchte, ruhte sein Blick zwischenzeitlich auf dem Gymnasiarchos, dessen Reaktion auf die Reden er zu ergründen versuchte. Und als sein Blick dabei auch die Klientenschaft des Ägypters streifte, fiel ihm eine Person (Celeste) ganz besonders auf, der er zuvor keine Beachtung geschenkt hatte.
    "He, Cleon," raunte er seinem Sklaven zu, der sich widerwillig der Rede des Zabdyah abwandte und seinem Herrn einen fragenden Blick zuwarf. "Schau mal, da unten. Siehst du das? Die Frau da, die blonde?" Cleons Blick glitt einen Augenblick suchend umher. "Ach, die ist doch nicht zu übersehen! Direkt neben Ceonymus, sieht aus wie eine von jenseits der Alpes."
    "Oh ja, du hast recht." Cleon hatte sie offenbar entdeckt und schaute höchst verwundert auf die hübsche Blondine, die in ihrem hellblauen Kleid unbeteiligt der Diskussion folgte.
    "Kommt die dir nicht ziemlich bekannt vor?" fragte Sermo weiter, der jetzt plötzlich ganz unruhig wurde.
    "Nö, woher denn?"
    "Dummer Sklave," schimpfte Sermo mit rollenden Augen. "Erinnerst du dich nicht mehr an diesen Aushang, den wir auf dem Weg hierher gesehen haben? Da ging es doch um diese entlaufene Sklavin. 'Ohne Probleme aus den Provinzen des Nordens'. Komm schon, ist dein Gedächtnis ein Sieb?"
    "Ahja. Fünf Aurei Belohnung." Von Cleons Gesicht konnte man die langsam einkehrende Erkenntnis förmlich ablesen.
    "Fünf Aurei. Und wer sucht sie?" Sermo grinste breiter als breit.
    "Äh..."
    "Vala." Das Grinsen wurde monströs.


    Jetzt galt es einen Plan auszuhecken, wie man an die Frau herankommen könnte. Vielleicht war die Chance ja schon nach der Ekklesia gekommen, wenn alles durcheinanderwuselte. Dann gab es vielleicht eine Möglichkeit, sie in eine Nebenstraße zu stoßen und...oder man lenkte sie ab und bedrohte sie...oder man lud sie zum Essen ein...
    "Was denn, die wollen jetzt abstimmen? Was wird das hier überhaupt?" Sermo ließ sich von der Diskussion aus seinen Gedanken herausreißen. Jetzt konnte es spannend werden. Andererseits hatte Sermo keine Ahnung von den Mehrheitsverhältnissen in der Versammlung. Möglicherweise wurde es ja auch überhaupt gar nicht spannend. "Bona dea...was ein Stress..." Diesmal war es an Cleon zu grinsen.

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    “Salve Centurio. Groß, geht klar.“, sagte der Legionarius und machte sich auf den Weg in die hinteren Gefilde des Magazins.


    Er brachte alle Ausrüstungsgegenstände nacheinander nach vorne und kommentierte jedes Einzelne.
    “Mantel.“
    Er schlurfte wieder nach Hinten.
    “Tunika, Reservetunika und zwei Gürtel.“
    *schlurf schlurf*
    “Zwei Paar Stiefel.“
    *schlurf schlurf schlurf*
    “Lorica Segmentata.“
    *schlurf schlurf*
    “Cassis.“
    *schlurf schlurf*
    “Beinschienen.“
    *schlurf*
    “Die Tragestange mit Lederriemen und Tragenetz.“
    *schlurf schlurf*
    “Eine Öllampe, eine Tasche und ein Sack.“
    *schlurf schlurf*
    “Bronzetopf , dazu Löffel, Messer und Feldflasche.“
    *schlurf schlurf*
    “Scutum mit Schutzhülle.“
    *schlurf schlurf schlurf schlurf*
    “Pugio und Gladius.“
    *schlurf schlurf*
    Und zwei Pilae. Damit hätten wir´s!“

    "Gut, dann lasst die Männer morgen zur hora prima zum Appell Antreten. Ich werde eine kurze Einweisung geben und dann kann die Arbeit auch schon losgehen. Abite!" Damit waren die Männer entlassen. Die Arbeit konnte beginnen. Sermo freute sich schon tierisch. Aber wenigstens machten die Centuriones einen ordentlichen Eindruck auf ihn. Die Wallarbeiten beeindruckten sie wohl nicht im geringsten, nachdem sie den Feldzug überstanden hatten.