Während Sermos Centurie sich auf der Agora breit machte, Tische von den Karren lud und ihr Schreibzeug auspackten, wurden bereits kleine Trupps unter Leitung bubastischer "Fremdenführer" in die ausgewiesenen Stadtteile entsendet. Dort schwangen sie Parolen und warben für den Exercitus Romanus, bestachen die Armen mit der Aussicht auf ordentlichen Sold, lockten die wagemutigen mit prächtig ausgeschmückten Abenteuergeschichten und priesen den Dienst im Heer an, als gäbe es kein Morgen. Und sie kamen und waren zahlreich.
Sermo hatte es sich auf einem der Karren bequem gemacht und ließ seinen Blick über die Szenerie schweifen. In ordentlichen Reihen standen die Schreibtische, besetzt mit jeweils einem Schreiber und einem Optio mit geschultem Blick, der gesunde von offensichtlich untauglichen Bewerbern absonderte. Jeder Mann, der der römischen Armee beitreten wollte, musste seinen Namen angeben und den seiner Eltern, sein Alter und, ob er bereits einmal verurteilt worden war. Natürlich konnte niemand nachvollziehen, ob derjenige nicht einfach log, aber was interessierte Sermo das? Jeder, der sich im Nachhinein als untauglich herausstellte, wurde eben dann ausgesondert.
Anaxímandros stand bei Sermo und ebenso Cleon, der Leibsklave des Quintiliers. Der Hauptmann von Bubastis betrachtete das ganze mit hochgezogenen Augenbrauen. Sermo knibbelte gelangweilt an seinen Fingernägeln. Um die Ödnis zu vertreiben, versuchte er ein wenig Konversation mit dem Griechen zu betreiben.
"Was meinst du, wie lange ich brauchen werde, um diese Grünschnäbel in halbwegs brauchbare Auxiliares zu verwandeln?"
Sermo erntete einen irritierten Blick.
"Du?" fragte Anaxímandros verblüfft. "Ich dachte, Bubastis übernimmt Ausrüstung und Ausbildung der hier Rekrutierten Männer."
Jetzt war es an Sermo, dumm dreinzuschauen.
"Öh", machte er und sah Cleon fragend an, der aber auch nur mit den Achseln zuckte. "Ich dachte, dass sollen wir von der Legion erledigen. Bubastis finanziert die ganze Schose nur."
"Dann bist du falsch informiert", stellte Anaxímandros fest. "Es war abgemacht gewesen, dass wir sowohl die Finanzierung übernehmen, als auch die Ausbildung an sich erledigen." Er sah sein Gegenüber jetzt erwartungsvoll an.
"Hmm...und wenn ich die Männer mitnehme und die Offiziere, die die Ausbildung übernehmen sollten, ebenfalls mitkommen? Das kann ja auch gemeinsam stattfinden, wenn hinterher sowieso eure Offiziere beim Kommando teilhaben sollen", schlug Sermo schließlich vor. Er hoffte, einen Kompromiss erzielen zu können, denn er wollte jetzt nicht ohne die Rekruten wieder abmarschieren. Dann hätte Bubastis ja auch selbst rekrutieren können.
"Kommt gar nicht infrage", wehrte Anaxímandros sogleich vehement ab. "So viele Offiziere stellen wir gar nicht und einige brauchen wir doch auch hier in der Polis. Nein, keinesfalls."
Sermo seufzte. Sturer Grieche. Er wollte gar nicht wissen, was Vala alles bei den Verhandlungen hatte erdulden müssen. Abgesehen davon, dass der Duccius sich mit seinem jämmerlichen Griechisch völlig lächerlich gemacht haben musste.
"Dann...ääääh..." Sermo zuckte mit den Achseln. Ihm war es gleichgültig, ob nun Bubastis oder die Legion die Ausbildung übernahm, Sermo hatte sich sowieso schon auf letzteres eingestellt. Außerdem sollten die Männer ja später in die Legion eingegliedert werden, also war es vielleicht ohnehin besser, sie von vornherein durch römische Offiziere ausgebildet zu wissen. So war auf jeden Fall sichergestellt, dass man später nicht noch einmal nachhelfen musste.
"Ach, was soll's. Ich nehme die Rekruten gleich mit. Aber Ausrüstung und alles weitere wird selbstverständlich entsprechend der Abmachung immer noch von euch übernommen."
Anaxímandros nickte. "Wunderbar. Das erspart mir einigen Aufwand", gab er ehrlicherweise zu. Sermo nickte nur und wandte sich wieder dem Rekrutierungsprozess zu. Auf einem ausgewiesenen Teil der Agora hatten sich bereits um die vierzig Rekruten versammelt, die sofort als erste Centurie zusammengefasst worden waren. Sobald sie vollständig waren, würde eine neue Centurie eröffnet werden, und so weiter.
Sie saßen einige Zeit herum und plauderten zwischenzeitlich über dies und das, als Sermos Magen sich lautstark meldete. "Ich denke, wir sollten etwas essen gehen" bemerkte der Quintilier. Anaxímandros griff die Idee mit Freuden auf. Ein Gasthaus war schnell gefunden und während die Milites draußen sich von mitgebrachten Vorräten ernährten, saß ihr Tribunus Angusticlavius mit seinem griechischen Kollegen zusammen und stritt darüber, dass das servierte Hammelfleisch verkocht worden war.