Heute war ein guter Tag. Sermo war mit dem richtigen Bein aufgestanden, hatte die frühen Morgenstunden mit gutem Frühstück und später in der Bibliothek der Schola Atheniensis verbracht und hatte sich dann im Laufe des Tages auf die Straße begeben, um zunächst das Forum Romanum aufzusuchen.
Er trug eine schlichte dunkelrote Tunika, welche ihn jedoch im Gewimmel nicht sonderlich auffallen ließ. Sein Haar war wie immer ordentlich kurz geschnitten, ebenso bot sein Bart einen gepflegte Anblick.
So schlenderte der junge Quintilier gelassen durch das Gedrängel, immer eine Hand auf seinem Geldbeutel, und immer ein wachsames Auge auf seine Umgebung. Er war gut gelaunt und erfreute sich daher am bunten Treiben in den dicht gefüllten Straßen Roms. Überall brachten Händler ihren Plunder an den Mann und an jeder Ecke saß ein jämmerlicher Bettler, der um eine milde Gabe wimmerte. Eine grell geschminkte Lupa tauchte direkt neben Sermo auf und hakte sich kokett bei ihm ein. Sie präsentierte ihr tiefes Dekolleté und den prallen Busen, der in Verbindung mit ihrem schlanken Körper ganz nach Sermos Geschmack war. Doch ihm stand nicht der Sinn nach körperlichen Freuden. Er wimmelte die Spielgefährtin schmunzelnd ab und kontrollierte sogleich ob sein Geldbeutel noch an Ort und Stelle war. Jap, das war er und so konnte er unbesorgt weiterschlendern.
ZitatOriginal von Aurelia Prisca
Gerade wollte Prisca sich wieder dem Schmuckhändler zuwenden, als irgendwer oder irgendetwas gegen Saba stieß und die Sklavin durch den Schubser gegen die Aurelia prallte. "Oh bitte verzeih Herrin!", entschuldigte sich Saba schnell und zupfte hastig die keicht verknitterten Falten des Kleides wieder zurecht. "Kannst du denn nicht aufpassen?!", zischte Prisca etwas ungehalten über die Schulter zurück, wobei sie natürlich ihre Sklavin meinte ….
Auf dem Forum angelangt glitt der Quintilier zwischen den unterschiedlichsten Ständen hindurch, warf hier und dort flüchtige Blicke auf die Auslagen und besah sich derweil viel intensiver das ganze hübsche Weibsvolk, das sich zu den Ludi auf der Straße blicken ließ. Da waren große, kleine, schlanke, füllige, helle, dunkle, reiche, arme, schöne und hässliche Frauen soweit das Auge bicken konnte. An einem Schmuckstand angekommen prüfte Sermo gerade die Qualität eines Silberringes - rein interessehalber, nicht dass er sich so etwas einfach leisten könnte, wollte, oder müsste - als er aus dem Augenwinkel jemanden auf ihn zugerannt kommen sah. Sofern man das "rennen" nennen konnte, denn in der Menschenmenge war es eher ein Schieben und Rempeln, wenn man schnell voran kommen wollte. Es handelte sich um einen Burschen, der vor einem wütenden Frauenzimmer davonrannte. Und ausgerechnet dieser Kerl erwischte Sermo mit voller Wucht und warf diesen einige Schritte in entgegengesetzte Richung.
Natürlich waren die beiden Streithähne längst wieder weg, als Sermo sich gefangen hatte und wieder aufrecht stand. Schnell sah er sich um und sondierte die Lage. Hatten noch andere unter seinem Fall gelitten? Neben ihm fing eine Frauenstimme an zu keifen und ließ ihre Wut an einer Begleiterin aus. Die aufgeregte Dame schien höherer Herkunft zu sein, wie Sermo feststellte und ging mit der anderen in gewohntem Befehlston um. Abrupt mischte er sich ein. "Entschuldige werte Dame, doch deine Begleiterin trifft keine Schuld. Ich war wohl etwas unaufmerksam in dem Gedränge..." Sermo warf einen näheren Blick auf die junge Dame und befand sie für attraktiv und elegant. Sie hatte etwas Herrschaftliches, vermutlich entstammte sie wohlhabendem und einflussreichem Hause und war daher ohnehin ein Leben als Herrin gewohnt. Der junge Quintilier deutete eine Verbeugung an und schickte sich zu einem verhaltenen Lächeln an. "Wenn ich mich vorstellen darf: Quintilius Sermo, werte Dame. Sagt, wie kann ich meinen Fehler wieder gut machen?"