Beiträge von Faustus Domitius Massula

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    Daraufhin wandte sich Dragonum wieder dem Scriba zu ohne auch nur eine weitere Sekunde auf den Eques zu achten ... "Entschuldige, wo waren wir?"


    "Du hattest gefragt, ob uns die Post an den Legaten oder den Magister nachgeschickt wird. Ja, so ist es. Aber bis jetzt ist nichts angekommen. Wenn in der Regia Post aufgelaufen ist, dann wird von den Scribae für alle Fälle eine Kopie gemacht und dann wird der Bote losgeschickt. Also, wenn da heute etwas da war, dann hängt es davon ab, wann er loskommt. Ich denke, er wird auch bei dem Ritt von sechzig Meilen mindestens zweimal Pferdewechsel machen müssen und die ausgeruhten Pferde haben wir auf der Herreise ja schon abgeräumt".


    "Warum fragst du? Ist bei euch schon ein Kurier eingetroffen?" Ich lachte: "Eigentlich könnte man da ja eine Art Wettrennen organisieren. Aber im Ernst: Ist es denn sinnvoll, wenn die militärische und die zivile Post bei dieser Rundreise auf getrennten Kurierwegen transportiert wird?". Ich überlegte, dann winkte ich ab, "Nein, das ist nur wieder so eine Idee von mir, man wird mir sagen, dass das aus ganz triftigen fiskalischen oder administrativen Gründen völlig unmöglich ist".

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    "Scriba. Auf ein Wort bitte!"


    Als ich noch überlegte, was man Epona opfern könnte, sprach mich jemand an. Ich drehte mich um und sah einen Offizier, der mich erwartungsvoll, fast fordernd anblickte. Er musste wahrhaftig ein ziemlich hohes Tier sein, das konnte man deutlich sehen. Leider kannte ihn aber nicht. Wie denn auch, kaum dass ich eingestellt war, ging diese Rundreise los, sonst wäre er sicher irgendwann einmal in meinem officium vorbeigekommen, um einen Termin bei dem magister officiorum zu machen. Sei's drum, dann lernte ich ihn eben jetzt kennen.


    Da er etwas zur Seite gegangen war, trat ich auf ihn zu. "Salve, ich bin Valgiso, der Scriba provincialis. Ja sicher, auf ein Wort oder gerne auch mehr Worte, wenn du willst. Aber sei so gut und verzeih mir meine Neugierde: mit wem habe ich die Ehre?"

    Ich ging in das Lager auf der Wiese, ließ mir einen Platz in einem der Zelte zuweisen und verstaute dort meine Sachen. Dann ging ich hinüber zu einem der Feuer, wo die Kutscher saßen und setzte mich dazu.


    Die waren vollkommen von der Rolle, weil einer das Gerücht mitgebracht hatte, dass ab jetzt ein ägyptischer Optio den Tross organisieren sollte. "Das ist doch reine Kuhscheiße, der hat doch von nichts eine Ahnung", schrie einer. Ich zuckte zusammen. Ein ägyptischer Optio? War das der, welcher die ganze Zeit hinter uns hergeritten war, um dem Legaten eine Nachricht zu überbringen? Und den hatten sie - wenn das Gerücht stimmte - einfach so in ihrer Befehlskette eingeparkt? Ich blickte da nicht durch. Vielleicht lag darin das Geheimnis, warum die römische Armee letztlich immer wieder siegreich geblieben war. Ich nahm mir vor, dies im Auge zu behalten.


    Ja, eigentlich gar nicht so schlecht: da kommt eine Nachricht, man kann sie nicht gleich verwenden (aus welchem Grund auch immer), man speichert sie in der Baumstruktur der Armeehierarchie ab, so dass man sie jederzeit wieder leicht abrufen kann. Chapeau!


    Dann fiel mir ein, dass der Optio wahrscheinlich mit der Organisation des Trosses wenig am Hut haben würde, sondern ganz und gar darauf aus war, seine Botschaft an den Mann zu bringen. Und das bedeutete nichts Gutes für den Tross.


    "Heilige Epona hilf!", entfuhr es mir. Die Kutscher nickten, "Du hast recht, Scriba, wir sollten ihr gleich ein Öpferchen bringen".

    Ich trat zu den beiden hinzu.


    "Verzeiht mir, dass ich auch noch mit Fragen komme. Ich bin Valgiso, der Scriba provincialis. Ich sehe gerade, dass hier Vorbereitungen für die Übernachtung der beiden turmae aus Mogontiacum getroffen werden. Terentius Primus, weißt du, ob der Legatus, sein Magister officiorum und der Tross auch hier in oder bei dem Castellum übernachten werden?" Ich kratzte mich am Kopf. "Es tut mir leid, aber ich bin da wohl nicht auf dem Laufenden".


    War gut gesagt Valgiso, sagte ich mir. In Wirklichkeit hatte mir kein Schwein ein Sterbenswörtchen darüber zukommen lassen. Ich setze noch hinzu: "Na, ja in der Waschküche von Mogontiacum erreichen dich manche Nachrichten gar nicht oder der Klatsch und Tratsch ist schneller als der Dienstweg. In diesem Fall hat wohl auch die Buschtrommel versagt".

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    "Es langt mir. Ich habe auch ein Anliegen, das ich Duccius Marsus vortragen will. Du hältst mich auf. Also bitte die Götter, dass sie dir die Sprache wieder geben".


    Der Friese blieb stumm wie ein Fisch. Ich hatte einen langen Tag hinter mir und wollte nicht warten, ob die Götter sich seiner vielleicht erst bei Sonnenaufgang erbarmten.


    Ich wandte mich zu Duccius Marsus: "Wenn es dir recht ist, könnten wir meine Angelegenheit zuerst besprechen. Der Friese kann ja wiederkommen und anklopfen, wenn es ihm besser geht".

    Nachdem die hohen Herren in die Principia gegangen waren, standen wir vom Tross etwas unnütz im Hof herum. Ich schaute in den Himmel, der sich schnell verdunkelte und ließ den vergangenen Tag an mir vorüber ziehen. Wir waren nach der hastigen Abfahrt in Mogontiacum doch in der Tat sechzig Meilen gefahren, eine beachtliche Leistung. Noch rühmenswerter war allerdings die Leistung dieses Offiziers aus Aegyptus, der uns hinterher geritten war und uns auch tatsächlich eingeholt hatte, um einen Brief an den den Legaten zu überbringen. Ich schaute mich um. Wo war der jetzt?


    Die Straße nach Confluentes war im Großen und Ganzen in einem recht guten Zustand, sonst hätten wir es nicht geschafft. Allerdings waren wir bei Vingium über eine Brücke gefahren, bei deren Anblick sich mein Zimmermannsherz zusammenkrampfte und vor Vosavia waren einige Wegstrecken, vor allem die Furten in einem grottenschlechten Zustand. In den mutationes hatte man zwar genügend Pferde für die turmae und die Reisekutsche, aber der Tross bekam dann nur noch die allerletzten Zossen, die nachher bei der nächsten mutatio mehr tot als lebendig ankamen. Die Straße ist jetzt mit den meilenlangen Flüchen der Kutscher gepflastert, vielleicht kann man nun noch schneller darauf fahren.


    Ich fragte mich, was der Legat hier noch bei Dunkelheit - die ersten Fackeln hatte man schon vor mehr als einer halben Stunde angezündet - eigentlich inspizieren wollte. Aber das, sagte ich mir, ist ausschließlich eine militärische Angelegenheit.

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    "Original von Valgiso:
    Als wir neben Marsus standen, sagte ich ihm leise, "Salve Duccius Marsus, ich weiss nicht, ob wir zu dieser Veranstaltung eingeladen sind, aber das musst du jetzt klären. Frag den Legaten."


    Der Legatus hatte die Unruhe bemerkt und als er uns sah, gab er uns, bevor Marsus fragen konnte, mit Handzeichen zu verstehen, dass er auch mit einem Scriba allein auskommen würde. Ich schickte Calvus in sein officium zurück und suchte mir einen Platz im Tross.


    Der Legatus war in Windeseile in seinen Reisewagen gestiegen und losgefahren. Wenn Marsus auch nur einen Moment gezögert hätte, wäre ihm nichts anderes übrig geblieben als auch auf einem Trosswagen Platz zu nehmen. Die Reiterei hatte kein Problem, hinterher zu kommen, aber der Tross setzte sich mit fluchenden Kutschern nur langsam in Bewegung. Das Gerüttel ging los ...

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    "Original von Duccius Marsus
    Nicht wenig beeindruckt nickte der Duccier und trat dann ruhig in das seitliche Sichtfeld des Statthalters, um diesen zu begrüßen. "Salve Legatus. Die Götter segnen uns heute mit einem milden Tag." Er blickte gen Himmeln und versuchte es dann mit einem Lächeln, das jedoch etwas schief geriet. Witjon war im Grunde genommen ein Langschläfer und Morgenmuffel und war deshalb auch an diesem Morgen nicht die perfekte Reisegesellschaft. Aber das würde sich im Laufe des Vormittags noch ändern."


    Euphorbus kam außer Atem ins officium und stotterte, "E.. Es gibt Krieg, da unten ist Kavallerie angetreten und der Legatus feuert sie an!". Calvus lachte erst einmal und sagte, "Wenn du wirklich mal deinen Mund aufkriegst, dann ist es gleich ein richtiger Hammer."


    Er drehte sich um zu mir, "Oh, ich glaube, das ist DOCH DER HAMMER. Das ist nämlich kein Krieg, sondern die Rundreise des Legaten. Da muss jemand von uns mit, ich hab da drüber eine Notiz von einem Gespräch des Legaten mit Maecenas. Da sagte er, dass Scribae mit reisen sollen. Verdammt, was machen wir jetzt?"


    Ich sagte, "Marsus ist nicht da, wir haben keine Instruktionen. Macht nichts, wir gehen einfach hin, du, Calvus und ich, wenn er uns nicht braucht, kann er uns ja zurück winken. Packen wir Schreibzeug zusammen, verschließbare Tintenfässer, Wachstafeln, Holztafeln, keine papyri, die taugen nichts auf Reisen, Rohrfedern und Griffel und Ledertaschen. Ihr, Euphorbus und Rectus haltet hier die Stellung und stellt bitte nochmal das gleiche Paket Schreibzeug zusammen, für alle Fälle."


    Es muss ziemlich komisch ausgesehen haben, als wir mit vielen herum schlenkernden Umhängetaschen und heiße Kartöffelchen schwitzend durch die Straßen hüpften. Als wir näher kamen, sahen wir, wie der magister officiorum sich durch die Kavallerie wrengelte, um in die die Nähe des Legaten zu kommen. Wir schlängelten uns hinterher, nicht ohne Unruhe in der Truppe zu erzeugen ("He, was wollt ihr hier?"). Calvus keuchte, "Ein richtiger Scriba muss auch mit einer Kavallerieeinheit fertig werden!"


    Als wir neben Marsus standen, sagte ich ihm leise, "Salve Duccius Marsus, ich weiss nicht, ob wir zu dieser Veranstaltung eingeladen sind, aber das musst du jetzt klären. Frag den Legaten."

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    "... Sturkopf"


    Mir taten langsam die Ohren weh vom Aufsperren und ich hatte keine Lust noch länger zu warten. Ich wandte mich an den Friesen, "Hör zu, Markolf, erst hast du hier den großen Zampano gemacht und jetzt kriegst du weder Gick noch Gack heraus. Es langt mir. Ich habe auch ein Anliegen, das ich Duccius Marsus vortragen will. Du hältst mich auf. Also bitte die Götter, dass sie dir die Sprache wieder geben".


    :blitz:

    Nachdem ich die Tür zu dem officium von Marsus geschlossen hatte, schaute ich mir meine Kollegen etwas genauer an. Da war Furnius Calvus, ein junger Mann, dem die Natur, ganz im Gegensatz zu seinem Namen, einen dichten und vermutlich widerspenstigen Haarschopf geschenkt hatte. Er war der dienstälteste von den dreien und schien ein praktischer Mensch zu sein. Der zweite, Ovius Rectus hielt sich ebenfalls nicht an seinen Namen - es kam mir wie eine augenzwinkernde Verschwörung vor - er war ziemlich beleibt, hatte aber die flinken Äuglein jener Sorte von Dicken, die eine ziemlich ausgeprägte Agilität an den Tag legen können. Er war mittleren Alters, während Euphorbus ein hagerer älterer Mann war, ein Sklave wohl, den man mit dem Namen eines trojanischen Helden ausgestattet hatte und der - wie es diese augenzwinkernde Verschwörung offenbar verlangte - ausgesprochen schüchtern war.


    "Bevor der Magister mit neuen Aufträgen hereinkommt," sagte ich, "will ich euch sagen, wo ich herkomme; meinen Namen kennt ihr ja schon. Ich bin an der Siga aufgewachsen, das ist fünf oder sechs Meilen gegen Sonnenaufgang von Bonna aus. Ich habe mein Leben dort bis vor kurzem verbracht, abgesehen von einigen Aufenthalten in Bonna, wo ich das eine oder andere über die via romana mitbekommen habe und dann beschlossen habe hier im Imperium zu arbeiten".


    "Marsus hat mir zwar erkärt, was ich zu tun habe, aber ich denke, dass ich noch einen Haufen dumme Fragen habe. Also habt etwas Geduld mit mir".


    Ovius Rectus feixte: "Du bist nicht der erste Scriba, den wir hier einarbeiten müssen".

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    "Original von Duccius Marsus"


    So verhielt es sich also. Da hatten meine Ohrmuscheln doch richtig funktioniert, als sie bei meinem Gang durch die Korridore ein geflüstertes 'Das soll der neue Zerberus sein' aufgefangen hatten. Ich hatte mir einfach vorgestellt, dass ein Schreiber eben schreibt und fertig. Es konnte also lebendig werden. Gar nicht schlecht, sagte ich mir.


    Duccius Marsus hatte in der Tat eine Menge auf mich losgelassen, aber es war 'genau, kurz und erschöpfend', wie mein Vater immer sagte, der aber diese Tugend nie ausüben konnte, weil er beim Reden nicht anders konnte als meilenweit auszuholen, bis er zur Sache kam. Ich schien das geerbt zu haben, denn der unglückliche Friese hatte mir gestern ja auch 'Labertasche' nachgerufen.


    Aber zurück ins officium secundum. Ich sagte zu Marsus "Gut, danke, damit ist mir einiges klar geworden. Weißt du, ...", ich brach ab, beinahe hätte ich auch meilenweit ausgeholt; nein, jetzt nicht.


    "Kann ich auf deinen ersten Vorschlag zurückkommen, dass ich nun meine Kollegen kennen lernen sollte?"

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    "Salve Valgiso. Hast du gut hier her gefunden?"


    "Ja, danke, mit ein bisschen Fragerei, ich kenne solch große Gebäude ja nur von außen". Ich schaute mich um. Ein großer Raum, Wandschränke, Leuchter und große Tische mit papyri. Eine für mich ganz neue Umgebung.


    "Die neuen Kollegen ..., ja die sollte ich gleich kennen lernen und erfahren, welche Aufgaben sie haben. Irgendwer muss mir ja auch die wichtigen Kleinigkeiten beibringen. Aber, vielleicht erklärst du mir erst mal kurz die grundsätzliche Linie, die meine Arbeit bestimmen wird. Ich habe schon gehört, dass der Scriba Provincialis neben der Schreiberei auch so eine Art Torwache spielen muss. Also, wie fängt man beispielsweise einen hohen Würdenträger ab, der wie Donar mit Blitz und Getöse in dein officium will?"

    Ich ging zur Regia. Es war noch etwas neblig; man spürte, dass der Sommer zu Ende ging. In der Regia musste ich mich erst durchfragen, bis ich das Büro des Magister Officiorum fand. Ich kam am Büro des Furnius Calvus vorbei, begrüßte ihn sagte ihm, dass ich der Neue sei. Er deutete auf die Wachstäfelchen und Pergamente auf seinem Tisch und sagte "Na, endlich, du kommst gerade recht, da ist einiges liegen geblieben. Ich wünsch dir was! Das officium von Duccius Marsus ist zwei Türen weiter".


    Die Tür von Marsus stand halb offen. Ich klopfte trotzdem und öffnete sie ganz. "Salve Duccius Marsus."

    "Ich meinte nicht die Hieroglyphen, Duccius Marsus, sondern das unleserliche Gekrakel, was man hier überall an den Hauswänden sieht: "Mucius war hier" oder "Römer geht nach Hause".


    Ich hatte mich manchmal in Bonna schon gewundert, dass die Römer auch auf Hauswänden schrieben. Bei uns zuhause gab es das nicht. Analphabeten beschmieren eben keine Hauswände.


    "Nein, ich habe jetzt keine Fragen, aber die kommen noch. Vielen Dank, Duccius Marsus, ich komme dann morgen in dein officium. Vale."

    Ich überlegte kurz. Wenn ich kein Lotterleben führen würde, konnte ich mit 30 Sesterzen einiges anfangen.
    "Also", sagte ich, "die dreißig Sesterzen überzeugen mich. Ich hoffe, dass ich die Aufgabe bewältigen kann. Wie dir Duccia Flamma sicher gesagt hat, möchte ich an der Schola den einen oder anderen cursus belegen. Meinst du, dass sich das mit der Arbeit als Scriba vertragen wird? Das mit dem cursus ist aber sowieso keine Sache, die schon morgen früh stattfindet, ich muss ja erst mal das Geld dafür zusammen haben. Ich denke. dass damit genug Zeit für die Einarbeitung ist".
    Ich lachte: "Und wenn ihr hier keine absolut bizarre Kursivschrift verwendet, dann sehe ich keine weiteren Hindernisse. Gut, Duccius Marsus, ich entscheide mich für die Arbeit als Scriba Provincialis. Wie geht's jetzt weiter?"

    "Ich danke dir für dieses reichhaltige Angebot, Duccius Marsus. Die Auswahl fällt mir schwer. Ich habe dir ja gesagt, dass ich eine Lehre bei einem Baumeister begonnen habe. Damals habe ich davon geträumt, Architekt zu werden. Auch der Schiffsbau hat mich in seinen Bann gezogen. Aber das sind Träume und die sind halt zum Träumen da; man sollte sie nicht unbedingt mit der Brechstange verwirklichen, sonst verliert man sie. In meiner jetzigen Situation muss ich jedenfalls die handfesten Dinge betrachten. Sag mir also, was man in euren Betrieben oder als Scriba provincialis verdient. Verzeih die direkte Frage, aber ich denke, ich brauche erst einmal ein solides Fundament. "

    Der fragt ja gleich einen Haufen Zeugs, dachte ich mir. Aber klar, die meisten peregrini, die hier auftauchen, sind ja wohl junge Leute, die ihren hohen Testosteronspiegel beim Militär abarbeiten wollten und nichts gelernt haben. Ich war ja wohl mal wieder auf der Seite derjenigen, die nicht ins Schema passten. Ich betrachtete mir also die Fragen, die er auf den Tisch gelegt hatte.


    "Mein Alter? Vielleicht 35 oder 36 Winter. Meine Frau ist nicht so alt geworden. Ich habe zwei Söhne, 13 und 11, die kloppen sich mit Holzschwertern rum und finden, dass Ambiorix und Arminius große Helden sind. Sie leben bei einem Bruder von mir".


    Ich stockte, irgendwann oder irgendwie musste ich ja mal nachsehen, was aus den Kerlchen geworden war. Also weiter.


    "Wenn du mich fragst, wie ich deiner Sippe nützlich werden kann, musst du mir erst mal sagen, was deine Sippe will. Ich kann dies und das, aber was wird bei deiner Sippe gebraucht?"


    Warum ich ausgerechnet hier nach Arbeit frage? "Marsus, in Bonna wollen sie mich nicht, in Confluentes ist tote Hose, deswegen bin ich dort abgehauen auf einem Rheinkahn. Das war Knochenarbeit. In Mogontiacum habe ich mich durchgefragt und da hat man gesagt, geh zu den Ducciern. Und jetzt, da bin ich".

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    Was hast du dir denn vorgestellt? Was für Qualifikationen bringst du mit dir?


    Ich dankte und nahm auf dem Stuhl Platz. Er hatte für meine Begriffe ein ziemlich pompöses officium. 'Lass Dich von dem Brimborium nicht ablenken', sagte mir meine innere Stimme, 'es geht hier um handfeste Sachen'. Ich gehorchte.


    "Was ich mir vorgestellt habe?" ich lachte, "Einen Haufen Geld verdienen und reich werden, natürlich. Aber, bleiben wir auf dem Boden, ich hab Augenmaß. Qualifikationen? Du meinst, was ich kann? Also, mein Vater hat mit den Römern in Bonna Handel getrieben, er hat mich schon als kleiner Bengel mitgenommen und dann dort zu Verwandten geschickt, wo ich unter die Fuchtel des Hauslehrers kam. Das war ziemlich schlimm, aber ich habe dort tatsächlich Lesen und Schreiben gelernt. Ich bin da auch bei einem Baumeister in die Lehre gegangen - keine Tempel, aber Wohnhäuser, Fachwerk, Dachstühle - , bis sie mich rausgeschmissen haben. In Niedergermanien sind sie immer noch traumatisiert vom Bataveraufstand, Sie lassen nur Leute rein, die zum Militär wollen oder Handel treiben oder einen dicken Geldsack haben. Wir haben dann zuhause an der Siga angefangen, Lastkähne zu bauen. Zimmermannsarbeit. Die Römer haben gut bezahlt dafür, weil sie rheinauf, rheinab viel zu transportieren haben. Nachdem mein Vater gestorben war, sind die Leute von der Werft - meistens Bataver - nach Hause gegangen. Ich habe mir dann überlegt, was ich machen soll, und bin zu dem Schluss gekommen, dass ich mit dem, was ich weiß, hier besser zurechtkomme."


    Meine innere Stimme sagte: 'das reicht'.