Beiträge von Marei

    "Nicht fürs wachsen?" echotete Marei irritiert, sah Augenblicke lang aus großen grünen Augen geradewegs in das schöne Gesicht der Flavierin. Die neue Herrin aber schien es total ernst zu meinen. "Die Milch macht krank? Wieso hat meine Mam sie mir dann zu trinken gegeben?" Langsam senkte Marei den Blick, überlegte sogar, ob sie sich nicht verhört hatte. Sollte sie noch mehr fragen? Lieber nicht, sie hatte ja schon deren leckere Trauben vernascht!


    "Ich darf die Milch also nicht mehr trinken... Herrin?" fragte sie mit ganz leiser Stimme nach und blickte Charis um Hilfe suchend an. Es war heute ein wahrhaft aufregender Tag! Sie war rasch gekauft worden und hatte eine neue Herrin! Zudem ein ausgiebiges Bad und hübsche Kleidung erhalten! Dafür sollte sie dankbar sein und sich dankbar zeigen! Jedoch die Milch nicht mehr zu trinken, die sie schon immer von Kindesbeinen an getrunken hatte.. das war schon ein starkes Stück.


    Leise seufzend sog Marei den süßlichen Duft der Blumen ein... ein schöner Garten mit soviel mehr Rasenfläche!! "Bist du sauer, weil die Trauben mir auch schmeckten? Dann esse ich auch keine Trauben mehr." Wie blöd! Jetzt fragte sie doch noch nach! Irgendwie musste das eben ausgesprochene Verbot zu erklären sein... dabei hatte die Herrin selbst erlaubt zuzugreifen. Nun hiess es abwarten und vor allem gut zuhören!

    Eine Weile musste sie noch auf die Geschichte warten. Mit den Fingern spielte sie mit den aufgedrehten Fransen des Schulterschals. Ihre grünen Augen hingen asbald an den Lippen des Parthers je mehr Details aus der Geschichte, die er ihr nun erzählte bekannt wurden. Marei lag die Frage auf der Zunge, wo sein Heimatland lag, aber dies war nur eine Frage von vielen, die ihr auf der Zunge lagen. Durchaus ganz gebannt hörte sie aufmerksam zu und fragte sich, ob es auch Wildpferde in diesem Tal leben würden. Und Gänseküken auch?


    Sie fühlte mit den verschiedenen Tieren mit, als der Wolf in der Geschichte auftauchte. "Ja, ich höre dir zu." Tränen rannen ihre Wangen hinab, ihre Augen glänzten. "Der Wolf ist ein böses Tier! Er sollte ganz schnell verschwinden! Die armen Tiere, die von ihm gefressen wurden.. da haben die Tierbabys keine Mama mehr!" schluchzte Marei und zog die Beine an, um das tränennasse Kinn auf die Knie zu setzen. "Was hat er gesagt der alte Eber, Phraates? Bitte.. erzähle weiter.."

    Phraates hörte zu! "Ein Buch.. über den Mann?" Marei schüttelte den Kopf und pustete die Stirnhaare versuchsweise weg. Die glatten Haarsträhnen landeten wieder genauso wie sie vor dem Pusten gelegen hatten. "Bestimmt gibt es kein Buch darüber.. eben weil.. weil.." Sie suchte nach dem passenden Wort und zuckte mit den Schultern. "...weil niemand weiss, ob es den Decius und diese kriminelle Geschichte wirklich gibt. Niemand weiss ob sie erstunken oder erlogen ist." setzte Marei in vertraulichem Stimmenklang fort und betrachtete den abgenagten Hühnerknochen. "Aujaaa, gerne.. bitte bitte.. erzähle mir deine Geschichte.. bittee!" fing Marei an und liess den Hühnerknochen auf den Boden fallen, um ihn mit den Füßen unter die Bank zu scharren.

    "Achso ist das." erwiderte Marei. "Beim Mann gab es keinen Garten.. höchstens ein Stücksen Rasenfläche und des wars dann schon. Den Rasen kümmerte keinen,.. aber ich.. da legte ich mich auf den Bauch und liess mir den Rücken von der Sonne anwärmen." Sie bemerkte Celerinas verdriesslichen Mund und schlug sich verlegen auf den Mund. Hatte sie jetzt echt alle Trauben ganz alleine aufgegessen? Was mussten diese Früchte auch so lecker schmecken.


    "Tschuldigung, Herrin..." murmelte das Mädchen leise und senkte betreten den Kopf, baumelte nervös mit den Beinen auf und ab. Aber schon bald sah sie wieder auf, lachte Celerina munter an."Ja.. ich trinke sie noch immer. Davon werd ich wachsen und gaaannz stark werden. Aber wehe, ich trinke sie nicht, dann wird mir sooo schlecht. Ich bin für nichts zu gebrauchen und verziehe mich mit irgendeiner Decke überm Kopf irgendwo in eine rruhigen Ecke. Ich muss aufpassen, dass ich sie immer kriege.. das schlecht fühlen ist nicht schön. Aber Herrin.. wenn ich ab und zu raus, meine Milch einkaufen darf, dann tue ich alles für euch.."

    Eines Tages bei der Küche. "Ja.. und dann geht er nach Rom zurück. Der Mann kehrt zurück, um einem verstorbenen Verwandten die letzte Ehre zu erweisen. Als das Gerücht aufkommt, Celer sei von seiner Frau Clodia vergiftet worden, forscht Decius nach. Man sagt, sein Leben steht auf dem Spiel. Und weisst du waaaaas?" kicherte Marei, hielt ihre lächelnden Lippen mit einer Hand bedeckt und senkte die Stimme zu einem Flüstern ab. "Genau an diesem Tag bereiteten sich die Römer auf die Saturnalien vor. Bei diesem ausgelassenen Fest, an dem Herren und Sklaven die Rollen tauschen, wird er sicherlich eines tun, nämlich nach Herzenslust schnüffeln gehen. Decius geht sicher als Sklave auf Spurensuche. Ohohoh, ich bin gespannt auf die neuesten Geschichten über den Mann." Sie saß ordentlich auf der Sitzbank, zog den Schulternschal höher und pickte mit den Fingernägeln das über gebliebene Fleisch vom gebratenen Schenkel eines Huhn. "Das seltsame aber ist, dass die Familie sich nicht sicher ist, ob er eines natürlichen Todes gestorben ist oder mit einem Giftcocktail getötet wurde. Decius muss Beweise für die Schuld der Ehefrau Clodia finden."

    Zärtlich streichelte sie den weichen Katzenkopf und bewegte die Fingerspitzen hinter die Ohren. Oh mann, was war das für ein angenehm weiches Fell, welches die Katze trug. Behutsam streichelte sie den wohlgeformten Katzenkopf und betrachtete die Schnurrhaare. Kurz nur zuckte die Achtjährige zusammen wie sie das Schnurren in den Fingerkuppen erspürte... es war ebenso angenehm wie das weiche Fell. "Na.. Tigerin.." versuchte sie der Katze zu schmeicheln und stob beim Anblick eines herannahemden Schattens erschrocken zur Seite.


    Phraates bemächtigte sich abermals der Katze. Das Opfer in seinen Händen wehrte sich mit aller Macht.. soviel Macht schien Marei nicht zu haben. Na, wenigstens redete er mit ihr.Sie stellte das Stoßen umgehend ein und schüttelte den Kopf. "Ich hör erst auf, wenn du die Katze loslässt!" Die Tränen waren längst schon auf ihren Wangen runtergerollt. Die Wangen färbten sich rot. "Braten? Du willst die Katze braten? Oh mann.. du bist echt dumm! Man brät keine Katzen. Hühner und Kühe und Schweine kannst du braten aber keine Katzen! Lass sie doch endlich los.. bitteee..."


    Die Katze hatte eine empfindliche Stelle getroffen. Marei wollte der vierpfötigen Tier ihre Arme entgegenstrecken besann sich aber noch rechtzeitig. Bestimmt wollte die Katze jetzt keine Arme mehr sehen, daher zog sie die Arme zurück. Marei stellte sich Phraates in den Weg, doch dieser lag in einem Strauch und stand sogleich wieder auf. Schau einer mal an wie er jetzt aussah. Ihre Wut auf den Mann wandelte sich mit einem Male in herzhaftes Lachen um. "Hihihi.. hohoho... das.. sieht.. lustig aus... hihihi... die langen Stiele... du siehst aus wie ein Stier." lachte sie und hielt sich vor Lachen den Bauch. "Hihihi...."

    "Du musst niemanden fragen? Das ist aber nett von den anderen, finde ich! Und wer sind die speziellen Sklaven? Die finden es sicher doof, wenn ich auch im Garten mitmachen soll. Bestimmt bringe ich alles durcheinander..." mutmaßte Marei und griff nach den herrlich schmeckenden Trauben, räuberte beinahe ganz allein die Traubenschüssel leer. ".. gute Idee: ich frage Charis nachher über den Garten aus." erwiderte Marei und lächelte Charis an. "Ich? Ich komme aus den dreckigsten Gassen von Roms. Meine Mam hat mich, bis ich laufen konnte, immer auf dem Rücken tragend zur Arbeit mitgeschleppt. Ich weiss gar nicht, was sie gearbeitet hat, weil ich meistens schlief. Weißt du, sie hat mir immer seltsam schmeckende Milch gegeben und von dieser wurde ich furchtbar müde. Irgendwann habe ich gesagt, ich will die Milch nicht mehr trinken aber sie hat mich gezwungen sie zu trinken." Marei aß mit trauriger Miene eine Traube und schluckte.


    "Ich habe mich gewehrt. Dann hat Mam aufgehört sie mir zu trinken zu geben. Ohmei.. mir wurde ohne die Milch ganz ganz schlecht, bis ich sie angefleht habe mir wieder die Milch zu geben. Mam sagte, sie hätte kein Geld mehr dafür und ich wäre deswegen einem Mann versprochen, der diese komische Milch besitzen würde. Ich musste bei dem Mann einziehen und als Bote für die Milch arbeiten. Mam habe ich nie wiedergesehen." Marei seufzte. "Immer wenn ich unterwegs war, habe ich nach ihr ausgeschaut und gefragt. Ich hörte, sie würde in ganz besonderen Häusern arbeiten, wo Frauen mit Männern im Bett rummachen. In diese Häuser dürfen kleine Knöpfe wie ich nicht rein... also gab ich auf und arbeitete für meine Milch."

    Aha, da war die vierpfötige Fellträgerin zu hören. Dank des schattigen Busches etwas schwer zu erkennen. Marei blieb hocken und wedelte lockend mit dem Blätterstiel. "Ah, da bist du, kleine Tigerin. Hat dich der dumme Mann doch einfach am Schwanz gepackt! Tztztz.. er weiss es jetzt hoffentlich besser, dass dies nicht gut für ihn war. Nicht wahr?! Zu wehren weisst du dich ganz gut, ne? Mir würde es auch nicht gefallen so gepackt zu werden, weisst du?"


    Sie liess den Blick schweifen und sah Phraates in der Nähe stehen. "Wenn du still und brav bist, zeige ich dir, wie man einen Vierbeiner zu sich lockt und auf den Arm nimmt." erklärte Marei spitzbübisch und gefiel sich in der augenblicklichen Rolle einer Lehrerin. Der Mann aber bewegte sich wieder hinter einen Busch. "Wieso versteckst du dich? Du brauchst keine Angst zu haben! Das ist eine Katze. Die will nicht 'so' gefangen werden. Sie will spielen oder gar hinter den wunderbaren Federbüschel-Öhrchen gekrault werden. Weißt du wie die Fellnase heisst?" plapperte Marei weiter.


    Phraates stürzte sich trotz des vorherigen Misserfolges noch einmal auf die Katze! Ein empörter Schrei entwich ihrer Kehle. "Oh, du dummer Mann! Lass sie sofort los!" Marei sprang auf und griff nach dem Rechen, welchen sie kurzerhand umdrehte. "Bist du von Sinnen!?" schrie sie, so laut sie konnte. Mit der stumpfen Spitze des Stieles stiess sie nach Phraates Körper, wobei des schwache Stupser waren, vielleicht nicht mehr als kitzlige Stiche in seine Taille. "Das ist eine Katze! Die wird dich zerkratzen und verunstalten!" Mareis Stiel verfing sich in den Zweigen und verhakte sich auch noch. Jetzt stampfte Marei mit den Füßen auf und verlegte sich aufs Weinen. "Lass sie los! Biittee... du tust ihr weh!"

    "Ach..? Dein Mann besitzt den Garten ganz alleine für sich? Musst du ihn dann nicht um Erlaubnis fragen, ob du den Garten betreten darfst? Oder ist es ihm egal?" fragte Marei gerade aus und griff nach den Weintrauben bevor sie sich setzte. "So ein großer Garten voller Bäume und Sträucher macht bestimmt viel Arbeit, nicht wahr? Macht Charis Gartenarbeit? Oder wer macht das alles? Selbst hier bei dir auf der Liege riecht es nach Blumen, Herrin." Wusste die Herrin denn überhaupt etwas über Gartenarbeit? Mit Genuss verspeiste Marei eine Traube nach der anderen und warf Charis spontan einige wenige Trauben zu. Vielleicht fing die Sklavin diese auf.. oder war sie zur Statue erstarrt? Statuen gab es hier auch... die durften bestimmt nicht umgeschossen werden, wenn sie mit ihrem Ball spielte. Wie war es denn mit den Sklaven überhaupt? "Vom Haus habe ich bis jetzt nur den Eingang, ein paar Gänge und das Bad gesehen. Wieviele Zimmer hat es denn? Und in welche Richtung liegt euer Fenster? Scheint die Sonne morgens oder abend rein? Sind nur Charis und der Türsteher im Haus?"

    Das Rascheln der Blätter schreckte Marei auf. Wer war denn da? Bevor sie fragen konnte brach ein mittelgroßer Tumult aus, welcher sich als schreiender Mann mit fauchender Katze entpuppte! Mit gespitzten Ohren hörte sie dem fallendem Schwall Worte zu und merkte sich einige davon. Es konnte nützlich sein, solche Wörter zu wissen.


    "Du kannst die Katze doch nicht am Schwanz packen!" begann eine kindliche Stimme zu zetern und entpuppte sich als die von Marei. Diese hielt einen auf ihre Größe zurechtgestutzten Rechen und in der anderen einen Korb bereits aufgesammelter Blätter. Letzteren sie auf dem Boden abstellte.


    "Jetzt hast du den Salat, du dummer Mann!" Kopfschüttelnd sah sie dem davon springenden Mann nach. "Es wäre einfacher du stellst Leckerbissen in ihren Käfig und wartest bist sie drin ist. Oder du suchst ein wedelndes Mäuseschwanz-Bändchen.. zum Spielen. Jetzt denkt sie sicher, du willst mit ihr Fangen sopielen und kommt gar nicht erst wieder rein ins Haus." rief sie ihm nach und nahm den Korb wieder auf.


    Der vorletzte Blätterhügel wartete darauf von ihr zusammen gerecht zu werden und dann noch einer. Danach endlich war sie mit der Gartenarbeit fertig! Pfftt.. es war eine einfach zu erledigende Arbeit, doch der Rechen wurde mit jedem Zug über das Gras immer schwerer. Zurück zur umherstreifenden Katze. Sollte sie dem Mann helfen? "Katzenfrolleinchen.. Spatzerl.. Mauserl.. komm her.. du kleine Räuberin.. ja gucke mal herüber..." flötete Marei und wedelte mit einem Blatt.

    Das Baden war schön. Marei liess sich nur zu gerne von Charis abschrubben und tauchte unter sobald sie die Seifen von sich abspülen sollte. Ihre alte Kleidung gehörte von nun an der Vergangenheit an. Marei trauerte jener nicht nach, denn die neue Kleidung war viel schöner. Es fühlte sich angenehm an einen nicht kratzenden Stoff auf der Haut zu tragen. "Ja.. sie werden wieder wachsen, Charis. Ich finde lange Haare störend und wenn ich sie mal lang und offen trage muss ich einen Zopf flechten, damit sie mir aus dem Gesicht bleiben." erzählte Marei. "Du bist gut im Schuhe zubinden, ich kann das immer noch nicht so gut. Andauernd gehen mir die Schnüre auf...zeigst dus mir nachher nochmal, wie das geht??"


    Schliesslich ging es in den Garten. Marei blieb an Charis Hand und beäugte alles was hier wuchs mit sichtlichem Staunen. "Mann o mann, das riecht hier aber gut. Viel besser als vor der Tür auf den Straßen. Ist das der Flavierin ihr Gartenreich?" kommentierte Marei mit fragendem Stimmenklang. Sobald sie der Flavierin ansichtig wurde, liess sie Charis Hand los und verbeugte sich. Sie hielt die Lippen fest zusammen gepresst, um nichts aus eigenem Anbtrieb zu sagen, bevor sie von ihrer neuen Herrin zum Reden aufgefordert wurde. Musternd fuhren ihre grünen Augen über Celerinas Gesicht und betrachteten die Schmuckstücke der jungen Frau.

    Mit derselben Verbeugung, mit der sie die Flavierin auf sich aufmerksam gemacht hatte, bedankte sie sich bei dem dunkelhäutigen Türsteher ohne Namen. Er hatte ihr seinen Namen nicht verraten, dafür wusste er jetzt ihren Namen und liess sie in die Villa einziehen. "Ich danke, lieber Türwächter. Pass gut auf und hab noch einen schönen Tag."

    "Du möchtest raten wer ich bin? Dann sag mir, was du siehst. Eine wandelnde Straßenkarte auf zwei Beinen? Einen Jungen? Ein Mädchen?" redete Marei drauflos und fragte sich, ob die Haut des dunkelhäutigen Mannes zur Abschreckung böswilliger Gestalten angemalt war. Leider konnte sie niemanden fragen, weil alle schon rein gegangen waren. Auch die Herrin war bereits im Inneren der Villa Aurelia verschwunden. Leichtfüßig hüpfte Marei vom Stein und sah Leone von unten herauf an, dazu musste sie den Kopf ganz schön in den Nacken legen. "Ich bin die Marei. Die domina Flavia Celerina hat mich vorhin vom ollen Sklavenhändler Titus Tranquillius freigekauft. Nun wohne ich mit euch hier und soll erlernen was ich noch nicht kann." stellte sie sich vor.

    "Ohjemine..." hauchte Marei eingeschüchtert und nickte eilig. "Ich werde mich in acht nehmen! Weisst du, Charis, ich weiss schon, wie das ist mit dem Ärger kriegen von den Sklaven. Aber davon war ich noch nimmer betroffen. Niemand spricht mit einem oder gibt die unangenehmsten Aufgaben weiter, obwohl man gar nicht für diese Aufgaben zuständig ist. Schlimmer wird es, wenn man bei den Aufgaben vom Herrn erwischt wird, dann darf man nämlich nicht über den anderen petzen, sonst wird der Ärger noch schlimmer." Sie seufzte hörbar und nickte. "Ja, ich habe Hunger. Weiches Brot esse ich gerne, dann wackeln meine Milchzähne nicht." erzählte Marei und schulterte den Beutel auf der anderen Schulter.

    Eine neue Tunika! "Aber.. aber.. ja doch, Herrin. Gerne hätte ich ein Kleid in rot-gelb." begisterte Marei sich und nickte strahlend. Die Flavierin entschwand in ihre Sänfte. Es ging weiter. Ging es schon zur Villa Aurelia zurück? Sie war gespannt auf diese Villa, die sie bisher nur von weitem gesehen hatte. Was für Überraschungen warteten noch auf sie? Sie wollte es wissen. Marei rutschte vorsichtig vom Podium runter und lief neben der anderen Sklavin her. "Salve, Charis. Die domina ist aber nett!" Marei nickte der Sklavin zu, warf ihr Bündel über die Schulter und bemühte sich Schritt im Gefolge der Flavierin zu halten.

    Irgendwann kamen sie an der Villa an. Neugierig wuselte Marei nach vorne zu dem am vorne stehendsten Personen und erkämpfte sich einen Stehplatz, an dem sie alles wunderbar überschauen konnte. Leider war sie noch nicht anerkannt von den übrigen Sklaven die die Flavierin außerdem begleiteten und wurde wieder zurück nach hinten geschubst. Den Schubsern streckte sie ohne etwas zu sagen die Zunge raus und entdeckte einen kleineren Sockel. Auf diesen stellte sie sich und war nun genauso groß wie alle anderen. Ihre Herrin musste nur noch aus der Sänfte aussteigen. Bestimmt musste Charis sie wecken, falls sie in der Sänfte eingeschlafen war. Marei wartete gespannt auf denjenigen der aufmachen würde. Sie war schon sehr gespannt, auf das Gesicht hinter der Tür und wechselte den Beutel in die andere Hand.

    "Neue Kleider? Für mich? Das ist toll!" staunte Marei über die Großzügigkeit der Frau. "Die Villa Aurelia kennt jedes Kind.. die Villa sah ich bisher nur von weitem." gab sie erzählend zu. Warum sagte die andere Sklavin nichts? Marei sah sie fragend an "Ich werde mich anstrengend, die Sachen zu lernen, die ich nicht kann." versprach sie mit ernsthafter Miene und freute sich auf die neuen Tätigkeiten. "Jawohl, domina. Du heisst Flavia Celerina und wohnst mit Aurelius Corvinus in der Villa Aurelia. Deine Villa wird mein neues Heim sein. Von dir bekomme ich neue Kleidung." wiederholte sie alles noch einmal und gab somit zu verstehen, dass sie alles verstanden hatte und bereit war es sich zu merken. "Welche Farbe trage ich ab nun? Rot und gelb? Wie das aurelische Siegel?"

    Sie musste über des Sklavenhändlers Worte lachen. Sie lachte immer noch als die Sklavin zu ihr kam und zu der Frau führte, die sie ersteigert hatte. Mühsam würgte Marei das Lachen ab und erwiderte fast schon fröhlich. "Mein Name ist die wandelnde Straßenkarte auf zwei Beinen." Sie biss sich auf die Lippen und versuchte sich selbst nicht als bloßes Schmuckstück vorzustellen. "Ansonsten ruft und nennt man mich Marei. Ich bin acht Jahre alt. Ich kann weder lesen noch schreiben noch Hausarbeit noch Gartenarbeit. Dafür kenne ich mich in den Straßen Roms gut aus, denn ich wurde als Brief-Bote oder mündlicher Nachrichtenüberbringer eingesetzt." beantwortete sie die Frage der Flavierin. "Und wer bist du? Oder wer seid ihr?" fragte Marei Celerina und Charis nacheinander, blickte beide neigierig aus ihren grau-grünen Augen an.