Beiträge von Marei

    Einer der vielen Boten, die zwischen Mantua und Rom pendelte, trug eine leicht zerknitterte Briefrolle bei sich und klopfte an die Türe. "Für Iunia Serrana!" brummte er in seiner tiefen Baßstimme.


    Ad Iunia Serrana
    Casa Germanica - Roma


    Liebe Serrana,
    habe ich dir schon von meiner Freundin erzählt? Sie ist die Adoptivtochter vom primus pilus der ersten Legion. Esquilina ist ein Stückchen gewachsen und ich habe es ihr nachgetan. Wir sind jetzt beide etwa gleich groß. Ziehmama Frija musste wegen meinem Wachstum die Säume meiner Kleider verlängern. Aber das kann ich jetzt selber machen, da sie es mir beigebracht hat. Ich bin jetzt 10 Jahre alt. Ziehpapa Baldemar hat mir ein Sax geschenkt. Jetzt können wir zwischen Schwert und Sax wechseln. Ziehmama Frija findet das Kämpfen nicht schön und sagt, ich soll lieber sticken lernen, damit ich still sitze. Ich mag es mich zu bewegen. Ich meine mich zu errinnern, dass Sabina stillsitzen auch doof findet. Wie geht es den Zwillingen? Können sie jetzt alleine laufen und sich selber anziehen? Was für Spielzeug nutzen sie jetzt zum Spielen? Singt Adula ihnen meine Lieder vor wenn sie anfangen zu weinen? Neulich war ich mit meiner Freundin in den Thermen von Mantua. Dort kennt Licinus eine junge Frau, die ist Badesklavin. Von ihr habe Ich zusammen mit Esquilina schwimmen gelernt. Das ganze Becken in der Länge hin und zurück schaffe ich noch nicht aber es wird. Ich muss üben. Am besten kann ich schwimmen wenn ich nahe am Rand bin, dann kann ich mich jederzeit am Rand festhalten. Ich muss nur dran denken, die Knie oben zu halten, sonst stoße ich mich an den Sitzstufen. Ich finde, man könnte etwas erfinden, woran man sich im tiefen Wasser, also dort wo der Boden ganz tief unten ist, festhalten kann. Esquilina hat gesagt, sie erkundigt sich bei ihrem Vater womit die Soldaten über den Fluß schwimmen. Cimon sagt, dass sie mit Luft gefüllte 'Schweinsblasen' nutzen, die man so über Wasser halten kann. Aber in der Therme, da könnte man eben mir her gehen und mr einen Stock reichen, dann kann ich mich immer daran fest halten. Außerdem sagt Cimon, dass Dinge, die schwimmen, werden im Wasser leichter, wußtest du das? Es grüßt dich,
    Marei
    Servus Tiberia Septima
    Castra Legionis I Traianae Piae Fidelis
    Mantua - Italia

    Servius hockte sich zu ihr nieder. damit hatte er einen Pluspunkt gesammelt, sie mochte es , wenn sich die Menschen auf ihre Augenhöhe hockten. Auch er bestätigte, dass sie bei ihm und Lucilla willkommen war. In der Bäckerei wohnen... wie hörte sich das denn an? Vorerst seltsam, sie würde es sacken lassen, wenn sie alleine war und Zeit hatte darüber nachzudenken. Sie blickte ihm in die Augen und kicherte leise, als er ihre Nase anstupste. Der Soldat war so weniger ernst als all die Soldaten.. das mochte sie an ihm.


    Der Legat stimmte zu. Ihrem Wunsch! Mit außerordentlichgroßen Augen sah sie Ursus an und schluckte heftig. Auch Septima liess sie von dannen ziehen und verlangte nichts dafür. Diesmal war der Schock nicht so groß wie damals, als sie quasi über Nacht wegen der Hochzeit die Besitzer als lebendes Hochzeitsgeschenk gewechselt hatte. Damals hatte sie niemand gefragt. Und jetzt fragte man sie. Ihre erwachsenen Freunde nicht von der Arbeit abhalten?!? Marei schlug die Augen nieder. "Natürlich nicht, dominus. Nicht von der Arbeit abhalten." Ihr kleines Herz schlug einen kleinen Marsch.. sie durfte von hier fort gehen... fortfortfort.. Das kleine Sklavenmädchen spürte Servius Blick auf sich und sah zu ihm auf. "Danke!" Ein dankbares Lächeln umspielte ihre Mundwinkel. Jetzt musste noch geklärt werden, wann sie ausziehen sollte.. nein.. gehen durfte. "Wann?" fragte sie leise.

    "Das praetorium ist riesig. Wenn du es erkunden möchtest, dann musst du dafür lediglich dein Zimmer verlassen. Es gibt sogar ein kleines Wasserbecken und ein Stückchen Rasen, wo du mit mir oder mit Durus Ballspielen kannst. Oder von meinem Papa den Umgang mit einer Waffe lernen..." Sie musterte Minor. "Wieso hast du Schmerzen vom Reiten?? Und warum musstest du überhaupt reiten? Gut.. ich habe bisher nur wenige Stunden im Sattel gesessen noch nie aber den ganzen Tag. Dabei würde ich es gerne mal machen, um Reiten zu lernen... es ist schön da oben zu sitzen." Sie war ein Mädchen und Mädchen suchten sich immer zuerst Pferde aus, bevor sie sich dem anderen Geschlecht zuwandten. "Wegen den Schmerzen.. kannst du unser schönes balneum oder die hiesige Lager-Therme aufsuchen und dich verwöhnen lassen. Wie ich sehe und höre tun unsere Sklaven alles für dich." schlug sie ihm außerdem vor. Die Lsgertherme.. dort badeten aussschließlich erwachsene Männer.

    Still stand sie neben dem Soldaten, der ihr von Lucilla als Servius vorgestellt worden war. Obsidius hieß er? Obsidius Servius? Oder umgekehrt Servius Obsidius? Dann fehlte noch ein Name in der Mitte, oder? Servius klang so ähnlich wie Servianus, so hiess der Adoptivsohn vom primus pilus. dominus Ursus hatte also erfahren, was sie neulich gesagt hatte. In den Haushalt der Bäckerin zu wechseln war zuerst nur ein Tagtraum gewesen, der sich dann aber immer mehr und mehr zu einem echten Traum ausgewachsen hatte. Die ernsten Gesichter, die unsichtbare Gefahr von der alle redeten, die Sorge Licinus um ihr Wohlbefinden und den ewigen Missmut der strengen Köchin ihr gegenüber. Marei hielt das alles nicht mehr aus. Sie bemühte sich Tag für Tag ruhig und locker zu bleiben aber das ging nicht mehr so gut. Die innere Spannung wuchs und wuchs. Aber interessierte den Legaten das alles? Sie war ein kleines Sklavenmädchen. "Das.. das ist richtig mit dem Wunsch, dominus. Lucilla ist sehr nett, sie wohnt unten in der Stadt in ihrer aus eigener Hand geschaffenen Bäckerei. Ich kann ihr helfen mit allem was ich hier gelernt habe und möchte das auch gerne tun." Frijas traurige Miene schob sich vor ihr inneres Auge. Marei schluckte hart. "Fragen möchte ich, ob ich Frija und Baldemar immer besuchen darf? Und Cimon? Ich weiß, die drei haben viel für mich getan und ich bin ihnen auch sehr dankbar dafür. Auch dir und deiner Frau bin ich dankbar, dass ihr mir soviel Lernen ermöglicht habt, dominus." Eigentlich hätte sie sich zuerst bei Ursus bedanken müssen, aber diese erwähnten drei Menschen standen Marei näher als sie dem Herrn und seiner Frau. Marei sah Servius von unten herauf an, weil sie noch so klein war, gerade mal zweieinhalb Fuß ragte ihre Schulter über die Schreibtischplatte des Legaten rüber, und fragte ihn mit einem schüchternen Lächeln. "Ich darf wirklich zu euch kommen? Hat Lucilla nichts dagegen dass ich nun wirklich ihre Mitarbeiterin und Gebäcktesterin werde?"

    Kurz glaubte Marei in Licinus Augen zu sehen, dass es ihm nicht gefiel, die Münze zu sehen, schnell schloß sie ihre Faust wieder drumherum und heilt die Münze gut fest. Es war immerhin ein Erinnerungsstück an ihre beste Freundin. So ohne Freundin war es doch irgendwie seltsam.. es fehlte ein Teil von ihr.... Esqui fehlte ihr. Wenn es hier keine Esqui gäbe, sie hätte sich wohl mit den Soldatenkindern der höheren Soldaten angefreundet.. aber wäre mit denen auch so eine Freundschaft wie zwischen ihr und dem anderen Mädchen entstanden?


    "Cremona - Landgut des Iulius Licinus." merkte sie sich. "Oh, das wäre sehr fein, wenn ich durch dich meine Antwort zurückgeben könnte. Danke.. ich geb mir Mühe schön und richtig zu schreiben. Mit Cimon hab ich viel geübt, dabei wollte Mama Frija, dass ich selber drauf komme, wo die Fehlerteufel stecken, aber ich hatte soviele Fragen wie man dies und das schreibt. Da hab ich ihn halt gefragt. Immer dann haben wir geübt wenn er viel Zeit über hatte. Oder wenn mal er mich ins Bett gebracht hatte und ich nicht sofort eingeschlafen bin." Sie steckte die Münze zu Puppe Nina in die bunte Tasche und ergriff die Wachstafel.


    Schweigend hörte sie sich die Erklärung zu den Briefbeförderung an und nickte. "Dann sollten die Soldaten nicht so daherreden..." meinte sie mit einem leichten Kopfschütteln. "..Ich meine, die Boten haben doch auch Familie daheim und wenn da der Papa wegen seinem Beruf als Bote auf einmal verschwindet und nicht mehr aufzufinden ist, was macht dann die Familie ohne ihn? Die kriegen dazu noch den Ärger von den Empfängern, weil sie keine Briefe erhalten haben." Marei zog sich einen Schemel heran und legte die Wachstafel auf den Schreibtisch. das war schon was besonders an diesem Tisch zu schreiben, wenn Esquilina das auch tat.


    Ad Esquilina - Landgut des Iulius Licinus - Cremona
    Liebeliebe Esqui,
    ich wusste gar nicht, dass ich Post bekommen habe, weil Cimon meinen Brief zwischen denen des Legaten gefunden hat. Er hat ihn als Gute-Nacht-Geschichte vorgelesen. Ich konnte es kaum glauben deine Worte zu hören und habe den Brief den Tag danach ganzganz oft durchgelesen und auch Mama und Papa gezeigt. Sie haben sich mit mir gefreut. Die Münze ist wunderschön und immer bei mir.. vielen Dank. Hier gibt es auch immer weniger Kinder, ich vermisse dich ganz doll. Im praetorium bei den Räumlichkeiten der Herrschaften wohnt ein Junge, weil sein Papa nochmal nach Rom zurück muss. Niemand weiß, wo seine Mama und seine Geschwister sind. Bald werde ich den Jungen heimlich besuchen, ich muss nur aufpassen, dass mich niemand in sein Zimmer reinschleichen sieht, denn ohne Grund gerufen zu werden, darf ich normalerweise nicht bei ihm sein. Papa Baldemar lässt ausrichten, dass du mehr über den alten Phoniker und den Zahn vom Tier in Asia herausfinden sollst. Für ihn hört sich alles sehr interessant an... wohl weil es kein Römerzeugs ist, hm? In der Stadt gibt es eine neue Bäckerei in der Nähe vom Marktplatz, die Bäckerin ist ganz lieb und lässt mich oft von ihrem Gebäck probieren. Lucilla sagte, sie will versuchen Honigkirschen in einen Teig einzubacken und herausfinden ob man beides zusammen essen kann. Wenn du wieder hier bist, musst du mitkommen, dann stelle ich sie dir vor. Neulich war sie mit ihrem Wagen hier und hat ihre Backwaren auf dem Kastell-Forum-Markttag verkauft. Ich habe sie gesehen und ihren Verlobten kennengelernt. Die beiden haben sich verlobt um asbald zu heiraten, wie aufregend! Dein Papa Licinus ist so lieb und schickt meinen Brief mit seiner Post mit. Bitte streichel die Babyziegen für mich mit. Vale bene, deine Marei.

    Weil die Köchin immer noch krank war hatte sie aus Langeweile versucht dem Stückchen Rasenfläche eine Beetreihe abzugewinnen und goß die umgegrabene und mit Blumenzwiebeln bepflanzte Erde mit einem Eimer Wasser. Nicht zu viel Wasser ermahnte sie sich und erinnerte sich an die Lektionen des Gärtners in Rom. Erstaunt sah sie auf, als Frija zu ihr kam und meinte, sie solle Erde sein und Eimer stehen lassen, denn sie solle zum dominus kommen. Während Frija eilig ihre Kleidung auf Flecken prüfte, ob sie sauber war, richtete Marei die Haarspangen neu. An der Hand ihrer Ziehmutter ging sie mit und verabschiedete sich von ihr, gespannt was der stets beschäftigte Herr von ihr wollte. Ob es darum ging was sie neulich zu Cimon und ihren Zieheltern gesagt hatte? Eilig pulte sie im gebäudeinneren auf dem weg zum officium die erdigen Fingernägel sauber und meldete sich, sobald sie eintreten durfte, wie bei primus pilus mit ihrem Sprüchlein. "Marei, serva Legatus Aurelii Ursus, meldet sich zum Besuch des legatus legionis." Ja, sie hatte einiges von den Soldaten gelernt. Mit einem stummen Lächeln begrüßte sie Servius und blickte den dominus an.

    Mit offenem Mund und großen Augen starrte sie den Jungen an, von dem sie nicht wusste, wie alt er tatsächlich war. Sie sah ihn immer noch im Bett sitzen.. vielleicht würde sie erkennen, dass er größer war als sie wenn er aufstand und daraus schlußfolgern müssen, dass er älter war. Alle Menschen, die größer waren als sie selbst waren älter, das bisher immer so gewesen. "Verlassen?" zog sie das Wort heraus welches ihn offenbar am meisten traf und schüttelte den Kopf. "Du bist nicht allein. Du musst gucken was du das beste draus machst und gucken, wie du da wieder raus kommst oder es verändern kannst. Von selbst kommt nichts heraus... nicht mal aus 'auf etwas warten'." erwiderte sie selbstbewusst. "Du bist kein Tier, Junge, du bist ein Mensch mit Haut und Haar. Magst du keine Pferde? Magst es nicht zu reiten? Ich würde so gerne wieder reiten gehen wenn ich könnte und dürfte." Während sie sprach kam sie immer näher und setzte sich auf den Schemel der seinem Bett am nächsten stand. "Warum bist du aus deiner Stadt vertrieben? Wegen deinem Papa? Wo ist deine Mama hin?" Sie trug eine rote Tunika mit gelben Borten, die Farben der Aurelier. Dazu braune Sandalen und eine braun-grün gefleckte Spange für die Scheitelsträhnen im brünetten offen liegenden Haar. "Du hast Geschwister? Wie schön.. ich habe keine... zumindenst weiss ich nichts von denen."

    Wieder bekam sie ein Versprechen, diesmal von ihrer besten Freunbdin. Marei nahm es ebenso feierlich stumm nickend entgegen. "Ich muss mir das alles merken, damit ich niemanden mit dem falschen Namen anspreche und weiss wer wer ist." gab Marei mit verlegen geröteten Wangen preis. "ich hab mit den Germanicern-Leuten auch schon einiges erlebt und dann verknüpfe ich die Erlebnisse mit den anwesenden Personen." Mareis Augen funkelten vor Begeisterung, da hatte sie doch glatt mit dem Namen den Nagel auf den Kopf getroffen. Als Puppenmama musste Esquilina der Puppe nun den neuen Namen ins Ohr flüstern udn sie ab dato auch so nennen. "Von Cimon werde ich ab und zu 'kleiner Wirbelwind' genannt." flüsterte sie Esquilina ins Ohr. "Von Papa Baldemar werde ich wenn ich mit ihm und Mama Frija alleine bin, 'kleine Minne' genannt. Das ist ein Name aus seriner Spreche, der Sprache der Marser."

    "Pof... ihr wechselt euch ab? In der Küche muss das Kochen immer die Köchin machen. Das Herdfeuer schürt ein anderer Sklave, Ich soll da nicht rangehen." plauderte Marei aus, wie es so in der Küche zuging. Wie immer dachte sie an die Arbeit, dabei hatte sie doch einen ganzen freien Tag vor sich. "Stimmt das also wirklich, dass ihr Pferdehaare für die Büsche nehmt? Licinus weigert sich immer mit uns den Stall zu besuchen, wenn die Büsche aus den Pferden gezupft werden. Wo haben die Pferde denn Büsche? Esquilina sagt die haben vorne auf dem Hals eine Mähne und hinten einen Schweif. Die muss es ja wissen, sie kommt vom Land..." ereiferte sich Marei mit einem ungläubigen Kopfschütteln und lauschte dem Handel zwischen den Männern.


    "Ein schönes Stück für Lucilla. So eine lorica habe ich schon gesehen.. in Licinus habitatio hängen ganz viele von denen an der Wand hinter dem Schreibtisch." Marei ging neben Servius her und nickte. "Wenn du es genauer wissen willst gehöre ich Tiberia Septima. Das ist die Frau von dominus Ursus und Mutter von Titus Aurelius Durus. Der Kleine und ich sind fünf Jahre auseinander. Neulich habe ich ihn am Tor spielen gesehen und gefragt was er dort macht..." Marei stockte und musterte Servius Gesicht genauer. "Ach,.. jetzt weiss ich endlich woher ich dein Gesicht kenne. Mein Kopf wäre fast zerbrochen. Du warst auch dabei, stimmts? Ich habe ihn bis zur Tür gebracht und dann ist er reingerannt ohne 'Danke' zu sagen." Ob sie ihm sagen sollte, weswegen sie sich um den Wutz gekümmert hatte? Weil sie nicht wollte, dass ihm genauso schlimmes passierte wie ihr! Aber sie hatte Cimon schon gesagt, dass sie sich um Durus sorgte, worauf ihr dunkler großer Freund mit Ursus über ihre Sorge sprechen würde und er es sogar versprochen hatte das ganze Thema anzusprechen.

    "Mir geht es gut." erwiderte Marei fröhlich und ging um den Schreibtisch herum. "Du brauchst mir bei nichts helfen, ich möchte von dir wissen, wie es Esquilina geht und ob sie die Puppe aus der Kiste mitgenommen hat?" Sie legte die geschlossene Faust auf die Platte und öffnete sie langsam bis auch Licinus erkennen konnte was der Inhalt war. "Ihren Brief habe ich durch Cimon bekommen, er hat ihn mir neulich vorgelesen, als ich ihn fragte, ob er mir zum ins Bett gehen eine Geschichte erzählt. Ich freue und bedanke mich sehr bei Esqui... schau, diese schöne Münze hat sie dem Brief beigelegt." erzählte Marei. "Richtest du ihr das alles aus, wenn du sie das nächste Mal siehst? Ich darf nicht weg von hier, um sie persönlich zu besuchen. Ich hätte ihr ja zurück geschrieben, aber die Adresse von deinem Landgut stand nicht dabei. Und es wird geredet, dass die Post immer länger braucht, weil angeblich der Bote nicht am Ziel beim Empfänger ankommt, weil es auf dem Land so viel mehr gefährlicher ist als hier.." Ihre Stimme wurde zum Ende hin immer leiser.. wenn sie sich vorstellte welche Gefahren in den Wäldern lauerten, die dunklen Schatten hatten ihr nie gefallen. Das war eine andere Dunkelheit als die Dunkelheit der Nacht.

    Was wiillst du? hallte es aus dem Bett zurück. Durus sprach auch so, wenn er schlechte Laune hatte. Marei zuckte mit den Schultern und beobachtet den Jungen im Bett aufmerksam. "Hmh, ich möchte wissen, ob du echt bist.. aus Fleisch und Blut. Du bist ein kleiner Junge, der von seinem Vater zurück gelassen wird, weil dieser etwas zu erledigen hat. Zu dem Duo gehört noch ein älterer junger Mann, aber der muss abseits allen Bewohnern wohnen, weil er krank ist." erzählte sie ihm gerade heraus was sie bisher aus dem Geschwätz in der Küche zusammen getragen hatte und fügte noch etwas ohne jeden Vorwurf in der Stimme hinzu. "Du lässt dich nicht einmal zum Spielen blicken... geht es dir nicht gut? Kann ich dir helfen?" Sie wollte wissen, was mit dem Jungen los war. Es war in ihren Augen einfach ungewöhnlich, stundenlang auf dem Zimmer zu hocken. Nagut, wenn man Stubenarrest oder krank war, war das ein Grund, aber einfach so? "Ich habe nicht viel Spielzeug, aber ich kann Durus fragen, ob er mir etwas von seinem Spielzeug für dich ausleiht."

    Da... es war doch jemand anwesend. Die Zielperson ihres Besuches. Sie trat ein, schloß die Tür und stellte sich salutierend vor dem Schreibtisch auf. "Marei, serva Lagatus Aurelii Ursus, meldet sich zum Besuch des primus pilus." sagte Marei munter ihr Sprüchlein auf und bemühte sich nicht zu lächeln. Die Soldaten, die im und um das praetorium Dienst taten, lächelten auch nicht. So sehr färbte das ernste Verhalten auf sie ab und dazu noch diese schwebende Unsicherheit, ob etwas Schlimmes passieren würde oder nicht. Fest drückte sie die Münze von Esquilina in der geballten Faust und wartete auf Erlaubnis sprechen zu dürfen. Ob Licinus schon wusste, wie die Puppe ihrer Freundin heiss? Darüber hatten sie nicht mehr sprechen können, wer ihm nun den Puppennamen verriet. An wenigstens ein schönes und weniger fröhliches Thema wollte sie denken.

    Marei schwirrte der Kopf von den Begriffen, die der Soldat aufzählte. "Warum musst du Feuer machen?" legte sie mit einer weiteren Frage nach. "Und zu welchen Anlässen eine cassis? So wie zur Ernennung von meinem dominus zum Legaten? Der primus pilus hat sich zu der Gelegenheit ganzganzganz doll schick gemacht. Hast du auch eine.. ehm.. wie heisst das nochmal? Lorica?" Sie kicherte herzlich, als er sich wie eine Ziege gab. "Ja, jetzt weiss ich es." bestätigte sie und merkte es sich. Diesmal entdeckte er etwas was ihn interessierte. Marei schlenderte ihm hinterher und besah sich die Auslage. "Ringe und Ohrringe fallen so schnell ab. Servius, stell dir vor, Lucilla macht einen glatten Teig und der Schmuck fällt in die Schüssel. Der arme Kunde, der dann draufbeisst und einen Zahn einbüßt." Sie zeigte auf eine Fibel mit einem grünen Stein. "Die da für ihren Mantel, wäre die was? Oder mit einem gelben Stein? Gelb, eben weil man die Sonne immer seltener zu Gesicht bekommt. Wenn ich die Sonne vermisse, dann stelle ich mir vor, wie deren Strahlen mein Gesicht wärmen."


    Sim-Off:

    Name geändert. Lucilla hat ihn ihr mit dem Namen Servius vorgestellt.

    Leise schlich sie auf nackten Sohlen dem Obersklaven hinterher und verbarg sich hinter einer Säule, als er vor der Tür stehend nach links und rechts umsah und das Zimmer betrat. Nun hieß es warten, bis er wieder rauskam. Soweit sie aus dem Geschwätz in der Küche raus gekriegt hatte, wohnte hinter der Tür ein kleiner Junge, der von seinem Vater zurück gelassen wurde, weil dieser etwas zu erledigen hatte. Zu dem Duo gehörte noch ein älterer junger Mann, aber der musste abseits allen Bewohnern wohnen, weil er eine Krankheit mitgebracht hatte von der er laut den Lagerärzten noch nicht als wieder gesund angesehen wurde. Angeblich hatte sich die erkrankte Köchin beim Essen bringen bei ihm angesteckt, weil er sie angehustet hatte. Angehustet.... wie konnte man von einem einzigen Huster schwer krank und arbeitsunfähig werden? Marei richtete ihre abschweifende Aufmerksamkeit zurück auf die Tür. "Vale bene, dominus." sprach der Obersklave und schloß die Tür hinter sich. Gleich würde sie sich selber zur Tür schleichen und einen Blick hinein werfen.. gleich.. es handelte sich nur noch um wenige Sekunden.. gleich... Ja! Jetzt war der Obersklave ganz um die Ecke gebogen. Marei jubelte innerlich auf, nicht entdeckt worden zu sein und eilte zur Tür. Ohne anzuklopfen trat sie ein und lehnte sich sofort nach dem Türeschliessen ans Türblatt. "Heh Kleiner.. ich weiß, dass du da bist." flüsterte sie mit freundlicher Stimme. "Ich bin die Marei."

    "Würfel?!?" echotete Marei ziemlich erstaunt und schüttelte den Kopf. Nunja... sie trug auch ihr liebstes Spielzeug, Puppe Nina in einer bunten Tasche mit sich herum. "Was ist Stahl und Crista und wozu das?" Sogar sein Schreibzeug schleppte der junge Soldat mit sich herum. Marei nickte ihm anerkennend zu. "Gibt es hier überhaupt eine Schule für Soldaten? Für die großen Männer, die nicht schon als Kind lesen, schreiben und rechnen lernen konnten?" Vielleicht konnte sie Papa Baldemar doch noch dazu überreden Rechnen zu lernen. Das wäre nicht fein, wenn Herrin Septima beim Einkaufen gehen übers Ohr gehauen werden würde. "Steck ihn wieder weg... nun musst gut auf den Soldbeutel aufpassen. Hier sind viele Leute." Sie sah fröhlich zu ihm auf. "Schaffell ist kratziger? Das wusste ich gar nicht. Ich finde es schön weich. Ich war erst ein paar Mal bei den Stallpferden. Deren Fell staubt wenn man es klopft. " Ihre Kinderhand wanderte weiter. "Ich finde ein geflecktes Ziegenfell ganz hübsch als einfarbiges. Guck mal das da.. da sind gleich drei Farben drauf: schwarz, braun und weiß. Mama Frija sagt, dass jedes Tierfell einmalig ist. Oha... hier ist ein Fell, das sieht aus wie geteilt: schwarz und weiss auf einer Seite. Wo wohl vorne und wo hinten war?" Sie streichelte das zuletzt erwähnte und entdeckte Fell, dass ihr am besten von allen auf dem Händlertisch gefiel.

    Marei hatte nichts zu tun, weil die Köchin immer noch krank war. Sie war zwar in der Küche ausgebildet worden aber niemand wollte sie dort arbeiten lassen, weil sie angeblich im Weg rum stünde. Deshalb hatte sie sich bei ihren Zieheltern abgemeldet und sich schliesslich aus dem praetorium geschlichen. Ihr Ziel war Licinus habitatio, um aus seinem Munde zu hören, was es Neues aus Cremona von seiner Ziehtochter Esquilina gab. Ihrer Meinung nach dauerte der Postempfang viel zu lange. In der Hand hielt sie die Münze, die Esquilina ihr in ihrem Brief an sie mitgeschickt hatte. Wie immer hatte sie ihre bunte selbstgenähte Tasche dabei, in welcher Puppe Nina saß. Marei meldete sich beim Soldaten der den Eingang bewachte und huschte den Flur entlang bis zur wohlvertrauten Tür. Fest presste sie das Ohr ans Holz und lauschte: niemand zu hören, weil niemand da war oder sprach gerade niemand, weil man still nachdachte? *tock*to*tock* klopfte Marei Esquilinas Code gegen die Tür und wartete geduldig auf eine Antwort von drinnen.

    "Dann musst du mir die Sachen auch mal zeigen. Ich darf diese nicht anfassen. Das darf nur Cimon allein... und manchmal auch sein Sohn Durus." fand Marei und sah ihre Freundin bittend an. "Ja, was weiss ich.. ich überlege jetzt einfach was mir so an männlichen Namen einfällt. Baldemar geht gar nicht, der Name gehört meinem Papa alleine. Hmm.. wie wäre es miit... " Was kannte sie denn für männliche Namen? Licinus schied schon mal aus, dann wären da noch Cimon und der Wutz Durus, deren Namen damit auch ausschieden, weil sie ja schon getragen wurden.


    "Hmm..." grübelte Marei. "Battiacus? Wie heisst euer Schneider? Wie klingt 'Victorius' in deinen Ohren? Das ist der Name eines Zwillingsjungen, den ich als winziges Baby kennen gelernt habe, bevor ich auf dich getroffen bin. Seine Schwester heißt Laevina minor. Die beiden haben noch eine große Schwester, die heißt Germanica Sabina. Und diese Sabina hat eine sehr strenge Großmama, die heißt auch Laevina. Die Gens Germanica kenne ich von der allerersten Reise hierher. Da war domina Septima mit Durus schwanger. Die Frau des (glaube ich) alleroberobersten Germanicus, Iunia Serrana, war mit den Zwillingen schwanger. Victorius und Durus sind im übrigen gleich alt, weil sie am selben Tag geboren sind. Ich hab gestaunt, als ich das gehört habe.. weil es ist nicht üblich, dass Babys am selben Tag zur Welt kommen. Und Sabinas Mama ist wer anders.. die kenne ich gar nicht..."

    Aha, dieses Ausrechnen war Erwachsenenarbeit. "In Ruhe ausrechnen? Hm.. sagst du mir dann das Ergebnis??" fragte Marei und schob ein leises "Bitte?" hinterher. Mit großen Augen sah sie zu, wie Lucilla ordnete und richtete und legte. Die Bäckerin konnte ganz schön viele Handgriffe auf einmal. Marei kam aus dem Gucken nicht mehr heraus und fand, dass Lucilla es schön angerichtet hatte. "Das schaut aber gut aus, Lucilla. Die ersten Augen gucken schon zu uns herüber... aber paß auf.. nur die, die den Düften folgen, die werden etwas kaufen." meinte Marei altklug und hatte keine Ahnung ob sie recht haben würde. Wäre auch mal schön falsch zu liegen...


    Sie sah zu Aretas auf, der darum bat mitgenommen zu werden. Er sah nett aus und er war Soldat. Ersteres war nicht auf Lux zugetroffen aber letzteres. Das zehnjährige Sklavenmädchen wusste, dass sie dass Fürchterliche was ihr geschehen war, nicht auf alle Männer, denen sie begegnete schieben sollte. Die Angst darf nicht größer als ein Loch im Magen werden, hatte Ziehmama Frija gesagt. "Hm.. eigentlich darf ich niemanden vom Soldat sein abhalten." Sie zwirbelte mit dem geflochtenen Zopf, der ihr gerade über der Schulter lag. "Lucilla, du musst dir ein Schild machen, wo drauf steht, dass Lucillas Bäckerei ab sofort leckere Backwaren verkauft. Das würde ich dann nächstes Mal mitnehmen und tragen, damit alle die Zeilen sehen und lesen können. Nur mal so als Vorschlag."


    Marei hopste zum Stand des Händlers nebenan. "Komm Aretas, du sagtest, du hast nicht viel Zeit, dann hopphuschhopp... Hmmmm... Lederwaren... wozu braucht ihr pera und Gürteltaschen beim Marschgepäck, Aretas? Sind die üblichen Lederbeutel zu klein?" Am nächsten Stand entdeckte sie anstatt Lederwaren einen Händler der situla und patera verkaufte. "Diese Teile errinnern mich an die Köchin.. komm gehen wir weiter." plapperte sie Aretas Ohren voll. Das Angebot des nächstes Standes war schon besser. "Guck mal wie weich..." Vorsichtig fuhr sie mit gespreizten Fingern durch ein Ziegenfell und dachte an Esquilina, die ihr von den Babyziegen geschrieben hatte.

    Sie durfte helfen und sie sollte sich den Markt ansehen. Marei ahnte schon, das sie sich für eines entscheiden musste, denn beides zu tun würde doch etwas schwierig werden.. oder? Lucillas Erklärung dass 'verlobt sein' kein Rang war, das fand sie gut zu wissen. "Verloben? Aber warum denn vorher sich verloben müssen? Und du willst den da, den Soldaten heiraten? Wie, du darfst ihn erst heiraten, wenn er kein Soldat mehr ist? Wieviele Nächte sind das bis dahin?" stellte sie nicht gerade wenige Fragen an Lucilla gerichtet, die ihr auf der Zunge lagen. Es sollte sich ja keiner beschweren, dass sie nichts wusste und keine Fragen stellte.


    Je länger das zehnjährige Sklavenmädchen Servius-Aretas Gesicht musterte hatte sie einen vage Ahnung, dass sie ihn schon mal gesehen hatte, nur wo? "Ja, Honigkirschen schmecken sehr gut. Ich kriege nur selten welche. Huh? Wo ist Lucillas Gebäck? Du ißt es doch gerade auf." erwiderte sie kichernd und nahm sich noch eine von den Honigkirschen.


    "Frei bis zum Sonnenuntergang." verriet sie ihm und tippte ihre Nase an. "Ganz einfach, die Köchin hat mich entlassen und ich war in der Stadt in den Straßen um den Markt drum herum unterwegs. Meine Nase hat mich zu Lucillas Düften geführt. Genauso war es. Ich hab ihr geholfen einen Doktor zu finden. Als Belohnung hab ich Gebäck bekommen." beantwortete sie Aretas Nachfrage, woher sie sich kannten. Von diesem unerwarteten Geschenk noch ganz viel übrig war, sie brauchte unbedingt etwas zur Aufbewahrung. Am besten etwas, worin die Kekse nicht trocken und hart wurden.


    "Lucilla? Ich freue mich, dich wiederzusehen." Marei nahm sich eine weitere Honigkirsche... diese schmeckten ultralecker. "Reicht die Zeit noch sich den Markt anzuschauen, bevor du die lustigen Hörnchen und löchrigen Kringel verkaufen musst? Die Köchin sagt immer, dass man immer früh auf dem Markt sein muss um sich das Beste von allem holen zu können."

    "Publius? Nein, das passt nicht." Nein, das passte ganz und gar nicht. Marei runzelte die Stirn, um sie kurz darauf wieder zu glätten. Eine erneut vorbeimarschierende Gruppe Soldaten hatte sie auf eine Idee gebracht. "Wie benennt man die freiwillig zum Dienst sich meldenden Männer, die hier zu Soldaten ausgebildet werden? Tiro? Das könnte zu ihm der Puppe passen. So ein kleiner Soldat, der auf alles um dich herum aufpasst." Sie blickte zu Esquilina runter, die nicht benennen konnte, was mit ihr los war. Marei reichte ihr ihre Hände und half ihr sich aufzurichten. Dabei umarmte sie Esquilina aus aller Freundschaft und erlaubte ihr sich an sie anzulehnen. "Wir müssen nirgendswohin wohin du nicht gehen möchtest." meinte sie lieb und rubbelte mit der Hand Esquilinas Schulter. "Hier auf der Bank ist's doch auch ganz nett, hm?"