Welche Angelegenheiten? Er interessierte sich tatsächlich für ihre Beweggründe? Unwillkürlich entrutschte ihr ein Seufzer der Erleichterung, denn das gab ihr die Chance, mit ein wenig Würde aus dieser peinlichen Situation herauszukommen. Aber wie sollte sie bloß ihre Gründe erklären? Schließlich konnte sie einem wildfremden Mann kaum erzählen, dass sie vor den Zudringlichkeiten ihres unerfreulichen Möchtegern-Verlobten geflohen war. Andererseits konnte sie den Senator auch nicht einfach anlügen, denn wenn er der Patron ihres Verwandten war, bestand immerhin die Möglichkeit, dass sie ihn noch einmal wiedersehen würde, ein Gedanke, der ihr zu ihrem eigenen Erstaunen gar nicht mal so unangenehm war. Serrana holte tief Luft und sah dem Mann in die Augen.
"Mein Name ist Iunia Serrana und ich habe bis vor zwei Tagen auf dem Landgut meines Großvaters in Nola gelebt."
Ohne dass sie sich dessen selber bewusst war, wurde ihre Körperhaltung jetzt selbstbewusster und ihre Stimme fester. Denn auch wenn ihr Großvater gemessen an ihrem Gegenüber vermutlich ein armer Mann gewesen war, so war sie doch stolz auf ihn und hatte ihn für all das, was er für sie getan und ihr beigebracht hatte sehr geliebt.
"Mein Großvater ist vor ein paar Wochen gestorben, und meine Großmutter hatte Erwartungen an mich, die ich beim besten Willen nicht erfüllen konnte. Ich habe mich an Lucius Iunius Silanus gewandt, der meinen verstorbenen Vater gekannt hat, und er hat mir großzügigerweise erlaubt, nach Rom zu kommen und im Haus der Familie zu wohnen."
Den Namen ihres Vaters zu erwähnen, hielt sie für sinnlos, denn Macro war schließlich nur ein kleines Licht bei den Cohortes Urbanae gewesen und hatte sicherlich nicht in Senatorenkreisen verkehrt.
Serrana sah noch einmal zur Tür hinüber. Vielleicht waren die Götter ja gnädig und bescherten ihr doch noch einen würdigen Abgang.