Noch vor Einbruch des Winters....das machte natürlich Sinn, trotzdem zog es Serrana bei diesen Worten leicht den Magen zusammen. Der Sommer war fast unmerklich in den Herbst übergegangen, und allzuviel Zeit würde nicht mehr bleiben. Und wenn Sedulus tatsächlich bald aufbrach, wann würde er dann zurückkommen? Mitten im Winter sicher nicht, also vermutlich erst im nächsten Frühjahr, und das erschien Serrana in diesem Moment noch unendlich weit weg. Sie war derart damit beschäftigt, in ihrem Kopf mögliche Zeitspannen durchzugehen, dass sie die Frage ihres Mannes zunächst erst gar nicht richtig mitbekam und ihn dann, als deren Bedeutung schließlich doch zu ihr durchdrang, überrascht ansah. "Mitkommen...wir? Oh...." Im ersten Moment war da nichts als freudige Aufregung, weil Sedulus ihr wider Erwarten anbot ihn zu begleiten, weil das bedeutete, dass sie zum ersten Mal in ihrem Leben Italia verlassen würde, weil eine solche Reise eine unglaublich seltene Gelegenheit war, aus dem täglichen Einerlei herauszukommen und neue Länder und Menschen kennenzulernen. Und dann, nach und nach, sickerten langsam andere Empfindungen und Gedanken in ihr Bewusstsein. Obwohl sie ihre Tochter nun schon eine ganze Weile auf dem Arm trug, spürte Serrana deren Haut plötzlich viel deutlicher auf ihrer eigenen, ebenso wie das Gewicht des kleinen Körpers auf ihrer Hüfte und bemerkte auf einmal, wie sich der Stoff ihrer eigenen Tunika ganz leicht im Rhytmus von Vinas regelmäßigem Atem bewegte. Dann ging ihr Blick hinüber zu Victorius, der mit so offensichtlicher Begeisterung die Aufmerksamkeit seines Vaters genoss, und schon war nichts mehr so einfach und klar, wie es noch vor wenigen Augenblicken ausgesehen hatte.
"Quintus, das wäre wundervoll, du weißt ja, wie gern ich immer schon eine andere Provinz kennenlernen wollte. Aber ich glaube, die Kinder sind noch zu klein für so eine lange Reise. Valerian hat ja auch gesagt, dass er Rufus das nicht zugemutet hätte, wenn es nicht hätte sein müssen." Und diese Reise, zumindest was Serrana und die Kinder betraf, musste nicht sein, es war Sedulus, der in Germanien Dinge zu erledigen hatte, nicht sie. "Wenn einer von den beiden unterwegs krank würde, oder sonst irgendwas passieren würde, und das nur, weil ich unbedingt verreisen will, dann könnte ich mir das nie verzeihen." Von dem begeisterten Überschwang der ersten Sekunden war jetzt nicht mehr allzuviel übrig, und Serrana sah ihren Mann geknickt an. Es war ein schönes Gefühl gewesen, diesen Traum unerwartet erfüllt zu bekommen, aber Serrana wurde dennoch klar, wie sehr sich die Prioritäten in ihrem Leben in den Monaten, seit die Zwillinge auf der Welt waren, verschoben hatten. Vielleicht war das ja ein Zeichen, dass sie doch allmählich etwas erwachsener wurde...