Nonverbale Kommunikation brachte so seine Probleme mit sich, denn Septima verstand den Grund für das Zwinkern von Corvinus nicht. 'Er weiß es!' schoß es ihr dann durch den Kopf. 'Er weiß von der bevorstehenden Hochzeit!' Und damit meinte sie nicht die zwischen Aurelius Orestest und ihrer Großtante Arvinia. Wobei sie den beiden auch noch offiziell zur heutigen Verlobung gratulieren mußte.
Zu Septimas Glück wand Corvinus sich einem anderen Laster zu, dem Essen. Und sie selbst wand sich wieder Prisca zu und versuchte endlich mal an etwas anderes zu denken als Hochzeiten. Was ein wenig schwer werden konnte, da sie gerade an einem Hochzeitsmahl teil nahmen.
Inzwischen war es fast unmöglich den kleinen Sklavenjungen neben ihrer und Priscas Kline weiter zu ignorieren. Manius Flavius Gracchus Minor? Den hatte Septima doch neulich nach dem Amtsantritt von Durus als Consul in der Villa Tiberia das erste mal gesehen. Wieder lies sie ihren Blick über die Anwesenden gleiten und tatsächlich, da war die Familie Gracchus. Auch diesen nickte Septima freundlich zu, hatte sie doch vorhin im Atrium lieber verstecken gespielt, als den Gästen in der Villa Aurelia guten Tag zu sagen. „Die Familie Gracchus sitzt dort drüben.“ warf Septima erklärend ein und deutete mit ihrem Kopf in besagte Richtung, in der Hoffnung, dass dann endlich alles geklärt sei und sie sich in Ruhe mit Prisca unterhalten konnte.
Bisher hatte Septima noch nichts gegessen, da sie Eier zwar gerne mochte, es aber als höchst unästhetisch empfand, sich ein halbes Ei komplett in den Mund zu stecken und abbeißen war auch nicht sehr schön, da meist ein Teil vom Ei auf der Kleidung landete. Nun wurde die Prima Mensa herein getragen und Septima ließ sich sowohl von dem Linsengericht als auch von dem Huhn etwas geben. Wenn sie danach noch Hunger verspürte, würde sie gewiss auch vom Lamm kosten.
Endlich war wieder Zeit, das Gespräch mit Aurelia Prisca aufnehmen zu können. „Unter wessen Patria Potestas stehst du denn?“ erkundigte sie sich bei Prisca, denn jener Mann hätte die absolute Entscheidungsgewalt über die junge Aurelia, so dass sie gar keine große Wahl hätte, wenn ihr Vormund einen Mann für sie aussuchte.
Sie kehrten zum Thema der Männerauswahl am heutigen Tag zurück und Septima lauschte gespannt der Erläuterung von Prisca, welche diese aber nicht zu ende führte. Kopfschüttelnd schaute sie die junge Frau an. „Kannst du denn nicht einfach sagen was genau du meinst?“ hakte sie ein zweites mal nach der genauen Formulierung der Frage von Prisca nach. „Möchtest du nun wissen welcher Mann mir rein äußerlich besser gefallen würde, oder mit welchem ich eher den coitus vollziehen würde? Vorausgesetzt, wir dürften wählen, richtig?“ Septima war, was die Sexualität anging, in keinster weise prüde, war der nackte Körper eines Menschen doch absolut natürlich und es machte ihr herzlich wenig aus, ihren Onkel oder Vetter nackt im Balneum über den Weg zu laufen. Gut, das war noch nicht besonders häufig vorgekommen, aber selbst wenn, störte es sie nicht. 'Mhm, wie Octavius Macer wohl nackt aussieht?' Ein glückliches Lächeln umspielte ihre Mundwinkel. Als Septima ihre eigenen Gedankengänge bemerkte, lenkte sie schnell ihre Aufmerksamkeit zurück auf ihre Gesprächsnachbarin.
Beim nächsten Thema fuhr Prisca zunächst ein wenig auf, wenn sie auch leise miteinander sprachen. Die beiden Frauen tuschelten regelrecht, damit auch niemand anderes etwas von ihrem Gespräch mitbekam. „Wie ich dazu kam, Celsus von dir zu erzählen? Ganz einfach. Du standest vorhin im Atrium und ich habe ihm die mir bekannten Gesichter vorgestellt. Bei der Gelegenheit habe ich ihm angeboten, dich ihm vorzustellen.“ erklärte Septima völlig neutral. Natürlich verstand sie Priscas Aufregung, immerhin war es für sie sehr schmeichelhaft, von einem so gut aussehenden Mann wie ihrem Vetter, betrachtet zu werden. „Er schien nicht uninteressiert zu sein, und so wie ihr Blicke miteinander tauscht...“ Nun grinste Septima und sie rechnete fast mit einem Schlag von Prisca. Sie würde es der Aurelia gönnen, wenn sie aus Liebe heiraten könnte. 'Ein Glück, welches mir selbst nicht gegeben ist.'
Leise seufzend schob sich Septima etwas von dem Huhn mit der leckeren Wein-Lauch-Soße in den Mund und kaute gedankenverloren, während ihre Augen schon wieder zu Ursus gingen. Kaum bemerkte sie diesen Umstand, da schaute sie ganz schnell wieder zu Prisca und legte sich sogar noch ein wenig zu Recht, damit sie bloss nicht noch einmal in die Richtung des Aureliers schauen konnte.
Sehr zu Septimas Leidwesen, versuchte Prisca sie wohl mit ihrem Cousin, der niemand geringeres als der Senator Aurelius Ursus war, zu verkuppeln. „Sag, liebe Prisca, willst du mich etwa auf biegen und brechen mit deinem Cousin verkuppeln?“ fragte sie mit einem Lächeln. „Er ist doch Senator, wie unschwer an seiner Toga zu erkennen ist, da hat er gefälligst schon längst verheiratet zu sein. Zumindest dachte ich das wäre so im Senat.“ Vielleicht erfuhr Septima so etwas mehr über den Mann, der ohne sie zu kennen, um ihre Hand angehalten hatte. Ob er schon einmal verheiratet war, und sie nun die zweite Wahl wäre?
„Ja, den Senator Aurelius Corvinus und seine Frau Falvia Celerina kenne ich bereits. Ob er mir gefällt? Wieso willst du das wissen? Er ist doch bereits verheiratet, da wäre es nicht klug sich in einen solchen Mann zu verlieben.“ Nun mußte Septima schmunzeln, denn immerhin flirtete sie mit Flavius Furianus und dieser war ebenfalls verheiratet.