Beiträge von Germanica Laevina

    Soso,der Bruder des Imperators und ein angehender Prätorianerpräfekt..., wie bedauerlich, dass sich das Mädchen nicht direkt einen von diesen beiden ausgesucht hatte, so eine Verbindung würde doch ganz andere Möglichkeiten eröffnen...


    "Aha, vielen Dank für die Information."


    Mit einem leichten Kopfnicken bedankte sich Laevina bei den Männern, ärgerte sich jedoch nicht wenig darüber, dass Avarus lieber an irgendwelchen glibberigen Austern herumlutschte statt auch ihre erste Frage zu beantworten. Die alte Germanica schüttelte sich leicht. Austern,...bäh..... Sie selbst mochte nur Dinge, die bissfest waren, sonst machte das Essen doch keinen Spaß!


    Nun ja, im Grunde konnten ihr die Heiratspläne ihres Cousins für seine Großnichte ja auch egal sein. Auf diese Weise blieb ihr mehr Energie für ihre eigenen Planungen für Serrana übrig. Wie hatte sie den Brief noch gleich formulieren wollen? Ach ja, genau....


    Laevina versank wieder in ihren eigenen Gedanken und genehmigte sich nur hin und wieder ein Schlückchen Wein.

    Während Quadratas erfahrene Hände nach und nach die verspannten Punkte in Laevinas oberen Rücken fanden und massieren, hielt diese weiterhin die Augen geschlossen und nickte nur, als sie Calvenas Bemerkung über unbezahlbare Treue hörte. Nicht zum ersten mal beschlich sie dabei so etwas wie ein schlechtes Gewissen (etwas, was sich bei Laevina sonst eigentlich nie äusserte), denn in den letzten 15 Jahren hatte sie schon häufiger darüber nachgedacht, Quadrata zum Lohn für ihre lange Loyalität endlich die Freiheit zu schenken. Als die alte Sklavin damals zu ihr gekommen war, waren sie beide junge Mädchen gewesen und jetzt liefen sie gemeinsam mit Riesenschritten auf den Orcus zu...
    Ja, vielleicht würde sie Quadrata bald freilassen, aber im Moment war der alten Germanica die Vorstellung, nicht nur ihre geheimen Augen und Ohren sondern auch ihre einzige wirkliche Vertraute zu verlieren, noch entschiedend zu beängstigend.


    Bei Calvenas nächster Äusserung öffneten sich Laevinas Augen dann aber doch wieder. Weisheit und Erfahrung? War das etwa ironisch gemeint? Sie warf einen prüfenden Blick auf die junge Frau, konnte aber keine derartigen Anzeichen in deren Gesicht erkennen.


    "Hm....." brummte sie dann, "Erfahrung sicher, Weisheit..... ich weiß nicht so recht. Auf jeden Fall braucht man eine Menge Verstand, um als Frau in dieser Welt nicht unter die Wölfe zu geraten.... Die Erfahrung wirst du irgendwann auch noch machen, auch wenn man in deinem Alter noch der Meinung ist, das sich mit Gefühl alles regeln lässt. Aber leider stimmt das nicht..."


    Bevor Laevina allzu melancholisch für ihren eigenen Geschmack wurde, beschäftigte sie sich doch lieber wieder mit Valerian und dessen missratener Verwandten.


    "Das glaub ich dir sogar. Der junge Mann macht wirklich einen ganz anständigen Eindruck." Ob sie wohl kurz vor einem Gehirnschlag stand? Es war ja schon fast erschreckend, wieviele Nettigkeiten sie heute abend im Minutentakt raushaute...

    Laevina beobachtete Elissa neugierig, während diese sprach. Wenn die junge Frau nicht so biestig aus der Wäsche schauen würde, könnte sie eigentlich ganz hübsch sein. Und was hatte sie da gerade erwähnt? Gefangenschaft? Hoffentlich hatte sie da jetzt nichts losgetreten und musste sich irgendeine rührselige Geschichte anhören....


    Da bot Calvenas nächste Bemerkung doch eine gute Gelegenheit, wieder das Thema zu wechseln.
    "Nun, Treue und Loyalität sind natürlich das A und O einer guten Leibsklavin. Quadrata hier," mit diesen Worten wies sie auf ihre alte Dienerin, " ist das beste Beispiel dafür. Seit 45 Jahren ist sie mir absolut treu ergeben, so etwas lässt sich nicht in Gold aufwiegen. Und natürlich braucht eine junge Frau jemanden, der sich um sie kümmert, allerdings werden sich deine Bedürfnisse spürbar verändern, wenn du mal älter und verheiratet bist."


    Laevina machte Quadrata ein Zeichen und diese stieg jetzt zu ihrer Herrin ins Becken und begann dieser langsam den Nacken und die Schultern zu massieren.
    Die alte Germanica schloss genüsslich die Augen und öffnete sie erst wieder, als ein etwas unerfreuliches Stichwort fiel.


    "Valerians Verwandte? Ach, du meinst das kleine Monst... äh Mädchen, das mir auf dem Forum den Ball an den Kopf geschmissen hat? Ja, das war ein Zusammentreffen der besonderen Art." antwortete Laevina mit grimmigem Unterton.

    "Ach, das ist ja eine ganz entzückende Idee" zwitscherte Laevina mit gebührend begeisterten Unterton in der Stimme und stellte sich bereits jetzt mit nicht unerheblichem Vergnügen die geschlossene Germanica-Sippschaft bei Pisos feierlicher Darbietung vor. Allzu gut kannte sie ihre römische Verwandtschaft bislang ja noch nicht, aber irgendwie sagte ihr eine innere Stimme, dass weder Avarus noch Sedulus über eine besonders ausgeprägte poetische Ader verfügten. Bei Calvena war sie sich da nicht so sicher, aber so wie es mittlerweile aussah, zog diese die praktische Umsetzung der Theorie ganz offensichtlich vor...


    Irrte sie sich, oder war seine Reaktion auf ihre Einladung ein wenig verhalten ausgefallen? Laevina spürte zu ihrer eigenen Überraschung, dass sie ein wenig enttäuscht war. Natürlich war es absehbar gewesen, dass ein junger Mann wenig Interesse daran haben würde, so eine alte Schachtel wie sie zu besuchen. Und dennoch würde sie sich tatsächlich darüber freuen, und das nicht nur, weil ihr zur Zeit noch mehr als langweilig war. Schließlich wollte die alte Germanica ja auch gern erfahren, wie es mit ihrem neuen Zögling (der von seinem Glück gar nichts ahnte) nun in Zukunft weitergehen würde...


    "Nun, du musst dich natürlich nicht verpflichtet fühlen vorbeizukommen, aber ich denke unser Haus wird sich alle Mühe geben, dich gebührend zu bewirten." Laevina hatte keine Ahnung, was die beiden Herren des Hauses dazu zu sagen würden, dass sie einen Flavier in ihre heiligen Hallen einlud, aber darüber konnte sie genauso gut noch nachdenken, wenn es mal soweit war.


    In der Funktion einen Curator Operum Publicorum konnte sie sich den jungen Piso tatsächlich gut vorstellen. Wenn er seinen Hang zur übermäßigen Rumschwätzerei etwas eindämmen, und die damit eingesparten Energien stattdessen in andere Unternehmungen stecken würde, dann konnte er auf diesem Gebiet sicher durchaus etwas schaffen. Natürlich stellte sich da noch die Frage, wie seltsam seine Ansichten auf diesem Gebiet sein würden.


    "Was für Neuerungen schweben dir denn vor, wenn du dieses Amt mal innehaben solltest?" fragte sie neugierig nach.


    Pisos Äusserungen über diesen Stadpräfekten Vescularius zeigten mehr als deutlich, dass der Flavier diesem alles andere als wohlgesonnen war. Und ganz offensichtlich stand er mit dieser Meinung in Rom nicht alleine da. Um so unerfreulicher war es da, dass er den Namen des Präfekten ganz offensichtlich mit ihrer Gens in Verbindung brachte, und Laevina entschied sich sofort in dieser Hinsicht ein wenig Schadensbegrenzung zu betreiben.


    "Nun, ich kann dir guten Gewissens (in diesem Fall stimmte es sogar ausnahmsweise einmal) sagen, dass ich den Namen dieses Herrn noch kein einziges Mal in unserem Haus gehört habe. Und das wäre doch sicherlich der Fall gewesen, wenn irgendjemand aus meiner Familie näher mit ihm bekannt wäre, meinst du nicht?"


    Und was war das jetzt? Offenbar war Piso gerade wieder in eine seiner sinnfreien Phasen eingetreten, denn er brabbelte plötzlich sinnlose Buchstabenfolgen vor sich hin und machte Kopfbewegungen, als hätte er gerade einen Ziegelstein an den Kopf bekommen. Hätte Laevina Piso mittlerweile nicht schon ein bisschen besser gekannt, dann hätte sie jetzt auf verspätete Nachwirkungen von seinem Zusammenprall mit dem Holzpfosten getippt.
    Mit einiger Mühe widerstand sie dem doch sehr reizvollen Impuls, dem jungen Mann einen Klapps auf den Hinterkopf zu verpassen und klopfte stattdessen wieder aufmunternd auf seinen Unterarm.


    "Aber selbstverständlich, lass dich von mir nicht stören." sagte sie ganz in der Rolle der verständnisvollen Großmutter und sah sich währenddessen unauffällig um. Offenbar hatte noch niemand der Menschen um sie herum Notiz von diesem seltsamen Verhalten genommen. Puh.....


    Sim-Off:

    Sorry für die lange Wartezeit! :(

    Du meine Güte, noch knapper hätte die Antwort von dieser Elissa nun wirklich nicht mehr ausfallen dürfen. Wenn sie es nicht besser gewusst hätte, dann hätte Laevina vermutet, dass die junge Sklavin nicht mehr als diese zwei Worte auf Latein sprechen konnte. Aber egal, Kopfschmerzen hin oder her, sie hatte sich Elissa als unverfängliches Gesprächsthema ausgesucht, also würde sie dieser eben zur Not auch noch zwei weitere Worte aus der Nase ziehen um die Unterhaltung in Gang zu halten.


    "Gallien, soso..." kommentierte Laevina daher kurz und hakte dann weiter nach. "Und seit wann dienst du in diesem Haus?" Am liebsten hätte sie ja gefragt, ob Elissa und Calvena sich bereits aus deren Zeit bei den Spielleuten kannten, aber dieses spezielle Thema enthielt eindeutig zuviel Sprengstoff für einen entspannten Bade-Abend. Konnte es eigentlich sein, dass dieses gallische Mädchen sie ziemlich biestig anschaute? Ach egal, darüber würde sie an einem Tag nachdenken, an dem es ihr wieder besser ging.


    Als Calvena dann ihrerseits eine Frage stellte, konnte Laevina nur mit Mühe ein Grinsen unterdrücken. Dieses Thema war ja noch unverfänglicher und langweiliger als ihr eigenes! Wenn das Gespräch so weiterlief, dann würden sie vermutlich binnen weniger Minuten alle drei schlafend im Becken hängen, aber andererseits zeigte es ihr, dass auch ihre Großnichte heute nicht auf Konfrontationskurs war. Welche Wohltat für ihren Kopf....


    "Ja, das habe ich. Danke der Nachfrage. Dein Onkel Avarus hat sich bei der Gestaltung meiner Räume sehr großzügig gezeigt, dort würde sich wohl jeder schnell einleben." Für einen kurzen Moment war Laevina versucht, die ausgesprochen schöne Statue von Valerian zu erwähnen, aber dann hakte sie auch diesen als zu konfliktreiches Thema ab.

    Laevina nickte kurz, als Calvena ihr vom baldigen Ende ihrer Ausbildung erzählte, und ein aufmerksamer Beobachter konnte diese Geste durchaus als kleines Zeichen der Anerkennung werten. Allzu dumm konnte das Mädchen sich im Tempel nicht angestellt haben, sonst wäre sie sicherlich noch nicht soweit.


    "Das ist gut. Meiner Meinung nach springen ohnehin viel zu viele von diesen eingebildeten Patriziern im Cultus Deorum rum. Es wird wirklich dringend Zeit, dass mal frisches Blut da rein kommt. Und wenn es das Blut unserer Familie ist, umso besser..." sinnierte die alte Germanica und zuckte dann kurz zusammen, als ihr ein weiterer scharfer Schmerz durch den Kopf zog. Warum hörte das denn nicht endlich auf?


    Dass auch Serrana vermutlich bald Priesterin sein würde, erfüllte Laevina mit einem gewissen Stolz, aber noch war sie nicht bereit, dass irgendjemandem einzugestehen. Dafür saß der Ärger über den einmaligen Ungehorsam ihrer Enkelin immer noch zu tief, denn Laevina hasste nichts mehr, als die Kontrolle über irgendetwas zu verlieren, das ihr wichtig war.
    Calvenas nächste Bemerkung war so leise, dass die alte Dame Schwierigkeiten hatte sie überhaupt zu verstehen. Als der Sinn der Worte dann schließlich doch zu ihr durchdrang, war sie selbst über das Ausmaß der Erleichterung und auch Wehmut überrascht, die sie plötzlich überfielen. Da ihr zu diesem Thema ausnahmsweise mal keine passsende Antwort einfiel und sie sich höchst ungern ihren eigenen Gefühlen stellte, ließ Laevina nur ein unbestimmtes Brummen hören und machte sich erneut auf die Suche nach einem ablenkenden Thema.


    "Du da!" herrschte sie dann Elissa an, die wie es sich gehörte still bei ihrer Herrin saß. "Woher stammst du eigentlich ursprünglich?"

    Laevina hatte sich zwar vorgenommen, (zumindest für den Moment) keine weiteren Störversuche mehr zu unternehmen, aber für ein völliges Schweigen war ihre Neugier dann doch zu groß.


    "Was genau wäre denn für dich das Maß aller Dinge?" fragte sie zunächst an Avarus gewandt. Dessen Meinung in diesem Punkt interessierte sie wirklich sehr, schließlich war sie selbst in einer ähnlichen Situation und musste eine möglichst erfolgversprechende Partie für ihre Enkelin auftun. Es war zwar unwahrscheinlich, aber vielleicht ließ sich ja sogar noch etwas besseres als der campanische Nachbar mit dem großen Grundbesitz finden.


    "Und wer genau sind Prudentius Balbus und dieser Quarto?" Höchst ärgerlich, dass sie ständig selbst nachhaken musste, freiwillig erzählte ihr in diesem Haus wirklich niemand etwas...

    Mit einer gewissen Erleichterung nahm Laevina zu Kenntnis, dass Calvena an diesem Tag offenbar nicht direkt auf Konfrontationskurs gehen wollte. Ihr selbst konnte das in ihrem angeschlagenen Zustand nur recht sein, die heftigen Kopfschmerzen hatten die alte Dame wenn auch nur vorrübergehend, sogar um ihre normale Streitlust gebracht.
    Auf Calvenas Aufforderung nickte Laevina dieser nur kurz zu, ließ sich dann von Quadrata aus ihren Kleidern helfen und stieg dann zu den beiden jungen Frauen in das Warmwasserbecken. Eine besondere Schamhaftigkeit legte sie dabei nicht an den Tag, schließlich waren keine Männer anwesend, und die alte Germanica sah keinen sonstigen Grund, aus dem sie sich ihres fast sechzigjährigen Körpers schämen müsste.
    Natürlich trennten sie rund vierzig Jahre von ihrer jungen Verwandten, aber in dieser Zeit hatte sie immerhin drei Kinder geboren und ansonsten durchaus mit gewohnter eiserner Disziplin darauf geachtet, nicht wie zahlreiche andere Matronen auseinanderzugehen wie ein Hefeklos, was man ihr auch durchaus ansah.


    Im warmen Wasser angekommen, ließ Laevina sich auf einer der Stufen nieder und lehnte mit einem kleinen Seufzer den Kopf an den Beckenrand. Schon nach wenigen Augenblicken spürte sie, wie ihr Körper begann sich zu entspannen, mit etwas Glück würden vielleicht auch die Kopfschmerzen nach einer Weile verschwinden...


    Laevina gönnte sich eine Minute des Schweigens mit geschlossenen Augen, dann öffnete sie diese wieder und sah Calvena an. Ob es wohl irgendein Thema gab, über das sie mit dieser sprechen konnte, ohne dass sie einander gleich an den Hals gingen? Die alte Germanica überlegte einen Moment lang, dann hatte sie eine Idee.


    "Wie geht es eigentlich mit deiner Ausbildung zur Priesterin vorran?"

    Laevina hatte Kopfschmerzen. Nicht das leichte Ziehen, das sie ab und zu mal befiel, sondern ein ausgesprochen hartnäckiges und unangenehmes Pochen, von dem sie nun bereits den halben Tag heimgesucht wurde.
    Was auch immer man der alten Germanica unterstellen konnte, wehleidig war sie in ihrem ganzen Leben noch nicht gewesen und so hatte sie kurzentschlossen einige Maßnahmen zur Verbesserung ihres Zustands eingeleitet. Aber trotz des ausgedehnten Spaziergangs an der frischen Luft und ein paar Becher Wasser, saß der Schmerz noch immer wie ein lästiger Parasit in ihrem Kopf und piesackte sie.


    Laevina wollte bereits resignieren und sich in ihr Bett zurückziehen, als ihr einfiel, dass in früheren Zeiten manchmal ein heißes Bad in solchen Fällen geholfen hatte. Kurzentschlossen befahl sie ihrer treuen Quadrata, alle notwendigen Utensilien für ein ausgedehntes Warmwasserbad sowie einer langen und intensiven Massage zusammenzupacken, und dann stiegen die beiden betagten Frauen gemeinsam die Stufen zum hauseigenen Balneum hinab.


    [Blockierte Grafik: http://i687.photobucket.com/albums/vv232/Aine_photos/Marple.jpg]
    __________
    Quadrata, serva


    Eigentlich war Laevina davon ausgegangen, das Bad für sich allein zu haben, doch dann entdeckte sie zu ihrer nicht gerade großen Freude beim Eintreten ins Balneum, dass es sich bereits ihre Großnichte Calvena im Becken bequem gemacht hatte. Zu allem Überfluss war das Mädchen auch noch in Begleitung ihrer Sklavin Elissa, die zur Zeit nicht gerade ganz oben auf Laevinas Beliebtheitsliste stand.
    Die Augenbraue der alten Germanica stieg automatisch missbilligend in die Höhe, doch selbst diese kleine Bewegung löste einen derart scharfen neuen Schmerz aus, dass sie ihre Gesichtszüge gleich wieder entspannte.
    Unter normalen Umständen hätte Laevina nun entweder ihr Bad verschoben oder noch wahrscheinlicher, alles daran gesetzt, die übrigen Besucher des Balneums zu vegraulen, aber leider fehlte ihr heute für beides die notwendige Energie. Daher machte sie Quadrata ein Zeichen, noch einen Moment mit den Vorbereitungen zu warten und wandte sich dann mit bemüht neutraler Stimme an Calvena.


    "Würde es dir etwas ausmachen, wenn ich zu dir ins Becken komme? Ich hatte nicht damit gerechnet, hier unten jemanden anzutreffen, aber es ist ja offensichtlich genug Platz für uns beide da." Elissas Anwesenheit ignorierte Laevina selbstverständlich, die gehörte als Sklavin ja schließlich zur Einrichtung des Hauses, genauso wie die Vasen, Statuen oder Sessel.

    Die alte Germanica langweilte sich gerade einmal wieder ganz furchtbar, als Quadrata ihr meldete, dass soeben ein Paket für sie abgegeben worden wäre.


    "Warum hast du es denn dann nicht direkt mitgebracht? Hol es sofort her!" blaffte sie ihre Leibsklavin an, da sie mit einem kleinen und handlichen Päckchen rechnete. Quadrata eilte wieselschnell wieder zur Tür hinaus und kam kurz darauf in Begleitung zweier Sklaven zurück, die ein wenig ausser Atem ein großes Paket hereintrugen und erleichtert abstellten.
    Laevina scheuchte die beiden mit einer Handbewegung wieder aus ihren Gemächern und bedeutete Quadrata dann, dass Paket auszupacken, während sie selbst den dazugehörenden Brief las.


    Ad
    Germanica Laevina



    Salve, veehrte Germanica Laevina,


    ich bitte Dich, diese bescheidene Gabe als Wiedergutmachung für das unerhörte Fehlverhalten meiner jungen Verwandten Quintilia Melina anzunehmen.


    In der Hoffnung, damit Deinen erlesenen Geschmack getroffen zu haben, verbleibe ich in Hochachtung,


    Lucius Quintilius Valerian



    Während der Lektüre runzelte sie kurz die Stirn, als sie sich an das unangenehme Zusammentreffen mit der jungen Quintilia auf dem Forum erinnerte, richtete dann jedoch wieder ihre ganze Aufmerksamkeit auf das Paket, aus dem Quadrata nach und nach eine wirklich sehr schön anzuschauende Minerva-Statue herausschälte.


    Laevina stieß einen kleinen, anerkennenden Pfiff aus, umkreiste die Statue einmal ganz in Ruhe, um sie von allen Seiten zu begutachten und tätschelte Minerva dann freundlich das Haupt.


    "Meine Liebe, ich bin sicher, wir zwei werden uns ganz wundervoll verstehen." sagte sie dann und ließ sich höchst vergnügt wieder auf ihrem Schaukelstuhl nieder. Vielleicht sollte sie sich häufiger mit Bällen bewerfen lassen, für eine solche Entschädigung lohnte sich das allemal...

    Was nun das Besondere an einem Centurio sein sollte, konnte Laevina auch bei längerem Nachdenken nicht erkennen, aber sie hatte nicht die geringste Lust, sich durch eine unbedachte Bemerkung ihrerseits einen weiteren Rüffel einzufangen. Und da Valerian sich seinerzeit ihr gegenüber recht erfolgreich präsentiert und darüber hinaus durch sein gelungenes Entschuldigungsgeschenk einen kleinen Stein bei ihr im Brett hatte, war sie auch nicht ganz so sehr darauf aus, ihn durch den Kakao zu ziehen. Da konnte sie Calvena und den Rest der Familie auch genauso gut mal auf andere Weise überraschen.



    "Fein, dann ist ja alles in Ordnung." sagte sie daher mit einem freundlichen Lächeln in die Runde und widmete sich dann wieder ganz entspannt ihren Trauben. Um alle weiteren Belange konnten sich ruhig die Herren des Hauses kümmern.

    Zynisch? Ausgerechnet sie? Wie konnte man denn nur auf diese Idee kommen, wo es doch kaum einen aufrichtigeren Menschen in Rom gab als sie... :D
    Laevina seufzte innerlich auf, hielt sich jedoch mit einer Antwort zurück. Zwar wurde sie höchst ungern zurechtgewiesen, aber mit dem Hinweis auf den Familienzusammenhalt hatte Avarus bei ihr den richtigen Nerv getroffen.
    Höchstwahrscheinlich würde es ihr in Calvenas Fall ausgesprochen schwer fallen, sich weitere Kommentare zu verkneifen, aber im höheren Interesse der Gens konnte sie es ja immerhin mal versuchen.


    Das Zugeben eines Fehlers oder gar eine Entschuldigung kamen für Laevina natürlich nicht in Frage, aber sie nickte Avarus auf seine Bemerkung hin zu, um ihren guten Willen kundzutun und sah dann wieder abwartend in die Runde.


    "Und inwiefern gestaltet sich die Lage in Calvenas Fall schwierig?" hakte sie, dieses Mal in einem neutralen Tonfall, nach.

    Jetzt, wo sie selbst nicht mehr Rede und Antwort stehen musste, gefiel Laevina der Abend schon deutlich besser... Zwar hatte sie seinerzeit den entscheidenden Teil des Gesprächs zwischen Sedulus und Valerian mitbekommen, aber da sie das ohnehin nicht zugeben konnte, beschloss Laevina für's erste die Arglose zu mimen.


    Mit gespielter Überraschung schaute sie zwischen Calvena und den beiden Männern hin und her und fragte dann in aller Unschuld:


    "Ach tatsächlich? Nun, damit bist doch sicher du als Herr des Hauses gemeint, mein lieber Avarus. Würdest du bitte so nett sein, und deine ahnungslose Cousine ein wenig aufklären? Schließlich ist so eine Hóchzeit doch eine wichtige Angelegenheit für die ganze Familie."

    Laevina war gerade damit beschäftigt, in Gedanken einen überzeugenden Brief an ihren ehemaligen Fast-Schwiegerenkel zu formulieren, als die arglose Frage der kleinen Sabina sie aus ihrer kreativen Konzentration riss.


    Ihr Blick wanderte blitzschnell erst zu dem Kind und dann direkt zu Calvena hinüber, die Augenbraue hob sich, und ihre Lippen verzogen sich zu einem süffisanten Lächeln.


    "Das ist aber mal eine interessante Frage, Sabina. Da bin ich genauso gespannt auf die Antwort wie du."

    "Nun, mein lieber Avarus, hätte ich geahnt, dass man in diesem Haus Gefahr läuft vom Dienstpersonal mit einem Tablett gerammt zu werden, dann hätte ich mich garantiert nicht in der Nähe des Impluviums aufgehalten." antwortete Laevina ärgerlich auf die erste Bemerkung ihres Cousins.
    Weitere Anmerkungen zur Erziehung des kleinen Mädchens verkniff sie sich jedoch. Sollten sie die Kleine doch verziehen, irgendwann würden sie zweifellos die Quittung dafür erhalten....


    Calvenas Mitleidsbekundung quittierte sie ebenfalls nur mit einem kühlen und nichtssagenden Lächeln, mittlerweile wusste sie ja, was sie von den Äusserungen ihrer Großnichte zu halten hatte. Für diesen Abend hatte sie sich genug über sie geärgert und daher keinerlei Verlangen mehr, eine weitere hitzige Diskussion anzustoßen.


    Ganz abgesehen davon machte Avarus dann eine Bemerkung, die Laevinas volle Aufmerksamkeit auf sich zog.
    Serrana war bei weitem alt genug und in Gefahr eine alte Jungfer zu werden? Bislang hatte sie das Alter ihrer Enkelin noch nicht als allzu dramatisch empfunden, aber vielleicht hatte Avarus ja Recht....


    Die alte Germanica runzelte die Stirn und drehte nachdenklich den Weinkelch in ihrer Hand hin und her.


    "Ja, da ist vermutlich etwas wahres dran." sagte sie dann an Avarus gerichtet. "Ich habe mich in den letzten Wochen zu sehr von den Belangen dieses Hauses ablenken lassen, das ist im Grunde unverzeihlich. Gleich morgen werde ich anfangen mich umzuhören...."


    Laevina trank einen weiteren Schluck Wein und warf einen Blick in die Runde. Dann kam ihr plötzlich eine Idee.


    "Andererseits weiß ich gar nicht, warum ich mir so eine Mühe mit diesem undankbaren Kind machen soll. Gestern erst hab ich einen Brief aus Nola bekommen, in dem sich Serranas ehemaliger Verehrer nach ihrem Befinden erkundigt. Am besten, ich schreibe ihm zurück, dass das Angebot immer noch gilt, dann kann er sie sich direkt abholen und ich muss mir keine weiteren Sorgen mehr machen."


    Ja, das konnte durchaus hinhauen. Deutlich besser gelaunt als noch vor ein paar Minuten angelte sich Laevina ein paar Trauben vom Tisch und begann mit dem Nachtisch.

    Na klasse. Ein wundervolles Fest und sie hatte die Hälfte davon verpasst...


    "Nun, es freut mich, dass eure Gäste zufrieden waren. Allerdings wäre ich schon sehr froh, wenn ich das nächste gesellschaftliche Ereignis in diesem Haus ohne weitere Blessuren überstehen würde." antwortete Laevina ein wenig knurrig auf Sedulus' Bemerkung. Irgendwie hatte sie immer noch das Gefühl, dass ihrem persönlichen Leiden auf dem Fest nicht annähernd genug Aufmerksamkeit geschenkt worden war...


    Über die unpassende Anwesenheit des kleinen Mädchens brauchte man doch eigentlich gar nicht zu diskutieren!


    "Mir persönlich ist nicht klar, was das Kind auf diesem Fest zu suchen hatte. Für die Suche nach einem geeigneten Ehepartner ist es, wie schon gesagt, in ihrem Fall noch zu früh und ich glaube kaum, dass sie in angemessener Weise zur Unterhaltung der Gäste beigetragen hat." fügte sie dann hinzu, während sie sich ein paar Trauben vom Tisch pflückte.


    "Ich habe jedenfalls weder meine Kinder noch meine Enkelin jemals zu einem solchen Fest gelassen, bevor sie nicht das entsprechende Alter hatten, und das hat ihnen sicher nicht geschadet."

    Jetzt hakte er doch tatsächlich schon wieder nach! Hätte Sedulus nicht so überzeugend den Arglosen gespielt, dann hätte Laevina vermutlich schon längst Verdacht geschöpft. Allerdings kam es ihm auch durchaus zugute, dass die alte Germanica all ihre Alarm- und Warnsysteme ausschließlich ausserhalb der Familie postiert hatte. Die Erkenntnis, dass Serrana und die Germanicer im Grunde gar nicht mit einander verwandt waren, war ihr zu seinem Glück bislang überhaupt noch nicht gekommen.


    "Ja, das hat sie in der Tat." antwortete sie daher ein wenig ungeduldig aber nach wie vor arglos. "Der Name Iunia hat schon lange seinen großen Glanz verloren, und eine große Mitgift hätten wir ihr auch nicht geben können. Und trotzdem war der junge Mann wirklich Feuer und Flamme. So ein undankbares Mädchen, wirklich furchtbar...."


    Und seine nächste Bemerkung war natürlich auch völlig unangemessen!


    "Was hat denn das mit dem Aussehen zu tun? Wir reden hier doch vom Heiraten und nicht von irgendwelchen Liebeleien, da muss doch wohl der Verstand Vorrang haben! Es mag ja angenehmer sein, wenn der Ehepartner ganz ansehnlich ist, aber letzten Endes wird ja niemand gezwungen, in seinem Cubiculum das Licht anzulassen. Und ein vernünftig denkender Mann wird sich im Zweifelsfall immer für das Geld und das Land entscheiden und nicht für den schönen Anblick." Eine vernünftig denkende Frau selbstverständlich auch, aber das behielt Laevina für sich. Natürlich war auch ihr aufgefallen, dass der für Serrana ausgesuchte Heiratskandidat wie ein ewig grinsender Karpfen ausgesehen hatte, aber deshalb musste man sich doch nicht gleich so anstellen....


    Und dann gab Avarus endlich wieder einen Ton von sich, und oh Wunder, er gab ihr sogar recht! Allmählich rückte ihr Weltbild doch wieder in die richtigen Bahnen und Laevina griff höchst erfreut nach ihrem Weinkelch um sich noch ein Schlückchen zu genehmigen.


    "Ja, genau das wollte ich mit meinen Ausführungen sagen. Wie schön, dass mich wenigstens einer in diesem Haus meine Motive versteht."

    "Nun, es freut mich doch sehr, dass auch die anderen Mitglieder meiner Gens bei deiner Darbietung willkommen sein werden. So ein künstlerischer Genuss ist doch gleich doppelt so angenehm, wenn man ihn mit anderen teilen kann, findest du nicht?" entgegnete sie im sanften Tonfall der altermilden Großtante und beschloss, sich im Hinblick auf die von Sedulus angedeutete Feindschaft zwischen Flaviern und Germanicern erst einmal dumm zu stellen. Piso selbst schien dieser Geschichte auch nicht allzuviel Bedeutung beizumessen, warum sollte sie es also tun?
    Ausserdem freute sie sich jetzt schon darauf, ihre neue Bekanntschaft demnächst mal unauffällig beim gemeinschaftlichen Abendessen zu erwähnen, das würde sicher lustig werden... Apropos, da kam ihr doch direkt eine Idee, wie sie sich demnächst eventuell ein wenig die Zeit vertreiben konnte.


    "Nun, ich weiß, dass mein Vorschlag vermutlich vermessen ist, in Anbetracht der Tatsache, dass du ein vielbeschäftigter junger Mann und ich eine ziemlich unwichtige alte Frau bin, aber falls es dir mal irgendwann mal langweilig sein sollte, würde ich mich sehr über einen Besuch von dir in der Casa Germanica freuen. Dann könntest du mich auch über den Fortgang deines Epos auf dem Laufenden halten. Falls dir ein Zusammentreffen mit meiner etwas seltsamen Großnichte unangenehm sein sollte, - Calvena ist tagsüber fast immer im Tempel oder mit ihren Freundinnen unterwegs." sagte sie in verschwörerischem Unterton.
    Schade eigentlich, dass sie sich mit ihrer Enkelin im Moment nicht besonders gut verstand, sonst könnte sie die direkt unauffällig dazubitten und ein wenig Schicksal spielen... Zu ihrer eigenen Überraschung stellte Laevina fest, dass sie sich wirklich über seinen Besuch freuen würde, denn irgendwie fand sie Piso sehr unterhaltsam, auch wenn er nach ihren bisherigen Erfahrungen mehr als merkwürdig war. Allerdings schien diese Stadt ja von seltsamen Menschen nur zu wimmeln, da musste sie nur an dieses grenzdebile Geschöpf denken, dass ihr vor kurzem auf dem Forum einen Ball an den Kopf geworfen hatte...


    Pisos Traumlaufbahn hörte sich in der Tat sehr spannend an, vor allem war es überraschend, dass der Junge trotz seiner Neigung zu sinnloser Schwafelei durchaus in der Lage war, eine sinnvolle Karriereplanung voranzutreiben. Und da er nun bei seiner Abstammung alles andere als ein Homo Novus war, würde er es sicherlich auch weitbringen, ausser vielleicht..... vor Laevinas Auge stieg ein festlich gekleideter und etwas älterer Piso auf, der im Angesicht des vollständig versammelten Senats seine festliche Antrittsrede in Liedform vorbrachte und auf diese Weise innerhalb kürzester Zeit eine Massenpanik im Saal verursachte.... Laevina kicherte leise in sich hinein, wurde dann jedoch wieder ernst und hörte weiterhin konzentriert zu.


    Ja, du hast Recht. Wenn ich mich nicht irre, ist mein Großneffe Sedulus zur Zeit Curator Operum Publicorum, aber du bist ja schließlich noch jung, und ihn wird es sicher auch irgendwann in anderen Bereiche ziehen." Seine weiteren Äusserungen nickte sie wohlmeinend ab, nur die Äusserung über den Praefectus Urbi überraschte sie ein wenig.


    "Was für ein Problem hat denn dieser Praefectus Urbi mit deinem Stand? Normalerweise krie... ähem bemühen sich doch eigentlich die meisten Amtsträger immer ganz besonders um die Patrizier, zumindest sollte man das doch meinen, oder?" hakte sie nach, da dieser Punkt sie tatsächlich interessierte. Besagter Herr musste ja ein gesundes Selbstbewusstsein haben, wenn er willentlich eine derart einflussreiche Gruppe gegen sich aufbrachte.


    Die letzte Frage des jungen Flaviers konnte sie nur verneinen.


    "Nein, tut mir leid, ich fürchte, ich habe seine Bekanntschaft noch nicht gemacht. Natürlich ist mir die Gens Purgitia ein Begriff, aber damit erschöpft sich mein Wissen auch schon." Was natürlich durchaus als Aufforderung an ihn gedacht war, besagte Wissenslücke ein wenig aufzufüllen....