Beiträge von Quintilia Melina

    Sim-Off:

    Verzeihung. :(


    "Wer braucht schon Schlaf?" Melina lächelte und nickte Calvena zu. "Das geht aber schnell," scherzte sie. "Liebst du Valerian sehr?" - fragte sie ganz unverblümt, da sie sich selbst nur Kinder mit der echten Liebe vorstellen konnte, da war sie ganz Romantikerin. Sie blickte Calvena mit einem leicht treuen Blick an.

    Melina lächelte erleichtert. "Kinder sind 'was Tolles," sagte sie mit einer jugendlichen Naivität, die wohl nicht zu überhören war aber dennoch sprach eine unveräußerliche Wahrheit aus. Sie hob die Tabula auf und verstaute sie schnell wieder an ihrem Gürtel. Die Worte darauf entsprangen aus ihrem Herzen und derzeit war sie noch nicht bereit sich zu öffnen. Sie war zu verschlossen, vorallem durch die vielen Ereignisse in ihrer Familie. Doch Calvenas werdendes Kind schien auch Freude in ihr Leben zurückzubringen. Sie strahlte wieder, das erste mal seit Tagen.

    Melina umfasste den Bauch mit ihren beiden zarten Händen. Das Kind im Bauch trat kurz gegen die Bauchwand. Es spürte wohl die Berührung. Melina weitete leicht erschreckt die Augen. "Es tritt," sagte sie ein wenig schockiert. "Hat es Angst vor mir?" Sie war sich unsicher, denn sie selbst kannte so etwas noch nicht. Die Empfehlungen von Calvena kommentierte sie nicht, da sie in diesem Moment ihre volle Aufmerksamkeit der Schwangerschaft schenkte. Diese Empfehlungen hatte sie bereits zur Genüge gehört und sie wusste ja selbst um diese Tatsachen, nur derzeit fiel es ihr schwer, daran zu glauben, dass es besser wird. Sie war einsam und diese Tatsache drückte sie zu Boden. Ihre Familie starb, im Endeffekt stand sie alleine da, ohne Freund, ohne Familie und nur mit sich, wie früher als sie auf der Straße lebte. Nein, nicht noch einmal wollte sie so enden, diese Angst war wieder in ihr entfachte. Sie wollte nur eine echte Familie. Während sie sich weiter über den Bauch beugte, fiel eine kleine Tabula von ihrem Gürtel, mehr ein seidiges Band um ihre Hüfte, und schlug mit einem leisen "Klong" am Boden auf. Melina blickte erschreckt zur Tabula. Es war ihr Geheimnis, was sich darauf befand und nun konnte Calvena es greifen.


    Meine Augen sind,
    die Leinwand meiner Seele,
    Langsam bricht der Pinsel,
    Ich las die Geschichten,
    die dieser Pinsel schrieb,
    Wann werde ich das Ende sehen,
    Jeden Tag, bluten wir für das, was wir brauchen,
    Wir vergeben, vergessen, gehen weiter,
    Wir haben nur,


    Ein Leben zu leben,
    Eine Liebe zu geben,
    Eine Chance uns vor dem Sturz zu retten,
    Ein Herz zum brechen,
    Eine Seele,
    Nicht mehr,
    Nur eine,
    Nur eine

    Melina spielte weiterhin, ein wenig abwesend, mit ihren Haaren. "Freunde?" Das junge Mädchen drehte ihren Blick wieder zu Calvena. "Nein, hier nicht." Sie wirkte noch ein wenig niedergeschlagener. Dann blickte sie auf den Bauch von Calvena. "Darf ich mal anfassen," fragte sie ganz direkt, da sie in dieser Hinsicht auch nur eine Frau war. Sie deutete auf den Bauch. Melina wollte das ungeborene Leben spüren, da es sie doch immer wieder wunderte, wie Frauen Kinder zur Welt brachten. Zumal es eine willkommene Ablenkung von der Traurigkeit war.

    Melina blickte die Sklavin verdattert an. Was faselte sie da? Melina sprach keine Fremdsprachen. Sie konnte zwar lesen und schreiben aber eben nur auf Latein. Für sie, war dieses, was die Sklavin dort von sich gab, nur Gebrabbel. Das sie es nicht verstand, trug nicht gerade zu ihrer Stimmung bei und ihre Miene verfinsterte sich noch ein wenig. Melina näherte sich Calvena, blieb kurz vor ihr stehen und setzte sich dann. Das junge Mädchen verschränkte die Arme vor sich auf dem Schoß und schluckte einmal schwer. "Es ist...", versuchte sie zu beginnen. Ihre Stimme wurde ein wenig lauter aber nicht so laut, dass sie schrie. Es war ein normaler Tonfall. "Es ist der Tod. Ich habe meine Brüder verloren und ich bin einsam," erklärte sie sich und blickte dann Calvena an. Ihre linke Hand führte sie nun zu ihren Haaren und zog diese nach vorne, um damit zu spielen, wie sie es immer tat, wenn sie nervös oder ungehalten war. "Ich fühle mich einfach so allein," äußerte sie nun klar ihre Gefühle, die sich wohl auch auf den Status bezogen, dass sie noch keinen Verlobten hatte. Dies sprach sie aber nicht offen aus. Es waren eben die Gefühle eines Teenagers, wie man diese Altersgruppe später nennen würde, der seine Brüder verloren hatte und von der echten Liebe träumte.

    Ein wenig niedergeschlagen, mit zerzausten Haaren, schleppte sich Melina ins Atrium. Ihre Augen wirkten verweint, ihr Gesicht lustlos und auch sonst schien sie schlapp, ausgebrannt und einsam in ihrem Gang sowie Bewegungen. Sie entdeckte mit ihrem müdem Blick Calvena und Elissa. Sie schluckte, befeuchtete die trockenen Lippen und grüßte ebenso schlapp: "Tag." - Die Worte waren leise, zwar lieblich aber leise. Melina schien die Verluste nicht gut verarbeitet zu haben. In der Tat hatte sie sich für mehrere Tage vom Familienalltag zurückgezogen und spielte in ihrem Zimmer den Muffel. Das lebenslustige Mädchen war traurig. Sie stellte sich vor Calvena und blickte sie abwartend an. Melina wollte etwas sagen aber ihr fiel nichts ein, so dass sie auf ihre Freundin Vena wartete.

    "Nein, ich werde es nicht lesen. Ich will es nicht wissen. Ich hatte genug Tod in meinem Leben," schimpfte sie und drehte sich symbolisch von Calvena weg. Eine Träne lief ihr über die Wange und alte Wunden rissen auf. "Sie sterben alle," jappste sie kümmerlich. Sie legte traurig die Handfllächen vor das Gesicht und versuchte den Brief zu vergessen. Er sollte einfach nicht da sein. Nein, noch mehr Tod ertrug das junge Mädchen nicht. Nicht noch mehr Trauer. "Die Dunkelheit greift nach uns..." - sagte sie erklärungssuchend, warum ihr das passierte.

    Sie hatte geerbt? In ihr mischte sich Erleichterung, Neugier und Angst, einen weiteren Verwandten verloren zu haben. Ihr Gesicht gefror in diesem Moment, da es mit dieser Mischung aus Gefühlen nicht klarkam. "Geerbt?" Die Frage war ehrlich, fast schon ängstlich ausgesprochen. Sie umgriff den Brief, las ihn aber nicht, aus Angst wieder etwas Wichtiges verloren zu haben.

    Das konnte nun böse werden. Melina freute sich in der Tat überhaupt nicht auf den Brief. Dieser Moment gewann an negativer Spannung. Sie stand auf und näherte sich Calvena, um ihr den Brief abzunehmen. "Eigentlich nichts," antwortete sie und blickte auf die noch geschloßene Schriftrolle. Es war nun der Moment der Wahrheit und ihre Miene wurde weiß. Sie streckte Calvena den Brief entgegen, da sie nicht den Mut fand, ihn zu öffnen, auch wenn sie es gerade noch vor hatte. "Öffne du ihn besser..."

    Aculeo? Melina wurde leicht rot. "Naja, wir trafen uns rein zufällig. Eine lange Geschichte," winkte sie ab und hoffte damit dieses peinliche Thema beendet zu haben. Dieser Junge war eine Kategorie zu groß für Melina und so machte sie sich keine Hoffnungen. "Aus der Kanzlei? Ich habe nichts getan! Nichts!" Melina jappste. Etwas Offizielles? Sie bekam Panik und ihre Hände wurden schwitzig. War sie damals erwischt worden als sie eine Mutprobe bestehen musste, sprich einen Apfel stehlen? Sie blickte Calvena skeptisch sowie ängstlich an. Amtspost war nie gut.

    Melina lungerte auf ihrem Bett und blickte Calvena skeptisch an. "Ja?!" Sie war ein wenig überrascht, setzte sich auf und richtete ihre Haare. "Ein Brief? Für mich? Ich bekomme selten Post," sagte sie immer noch recht aufgekratzt, da sie gerade eigentlich dösen wollte. Sie hatte vor wenigen Stunden auf der Straße mit einigen anderen Jugendlichen herumgetobt, so dass sie nun ein wenig müde war.

    Die Tränen trockneten nur langsam, sehr langsam und einige wollten nicht kapitulieren. Sie rannen unweigerlich über die jungen Wangen von Melina. Melina lächelte immer noch abgerungen. Calvena hatte recht, ein Bad würde sie ablenken, die Tränen abwaschen und neue Kleidung? Ja, das wäre wohl angebracht. Sie nickte Calvena schniefend zu. "Gut, gehen wir Morgen, versprochen?" Sie blickte ihre neue Freundin mit ihren glasigen von den Tränen in Kulleraugen verwandelten Augen an. Melina löste sich langsam von ihr. Sie stand auf. Noch einmal schniefte sie traurig. Mit einer langsamen Handbewegung ordnete sie ihre Haare, zog kurz ihre Hand durch diese und sagte dann: "Ich gehe nun baden. Wir sehen uns später, oder?" Nun stand sie etwas verloren vor Calvena, immer noch leicht traurig wirkend.

    Melina lächelte leicht abgerungen, fast schon steinig. Ihr steckte die Traurigkeit im Gesicht. All das Unglück, das ihr widerfahren war, keimte in ihr als eine traurige Weinrebe. Calvena war jedoch die Gärtnerin, die diese Rebe zu recht stutzte, bevor sich weitere Sprossen bildeten. Melina wollte nicht mehr allein sein. Sie wollte eine Familie haben, wie jedes andere Mädchen. Sie war zu lange Einzelkämpferin. "Ehm...", jappste sie im traurigen Tenor. "Calvena, du bist eine echte Freundin." Melina akzeptierte Calvena nun vollens. Sie vertrautre ihr. Erst mochte sie Calvena, die hübsche, perfekte Frau von Valerian, nicht aber nun sah sie diese Person in einem anderen Licht. Sie war eine Freundin, ein Vorbild und eine Stütze. Melina wollte nun vergessen, nicht verdrängen, denn sie suchte nun einen Weg zurück ins Leben. "Hast du Lust mit mir über den Markt zu gehen?" - eine einfache Frage, dennoch sprach sie das aus, was Melina gerade dachte. Sie dachte an eine echte Freundschaft zwischen den beiden. Zumal wollte Melina nun der Traurigkeit entfliehen. Ihr Bruder war nun an einem besseren Ort, das wusste sie und Calvenas Hilfe ließ wieder die Blüte der Hoffnung in ihr Keimen im Gegensatz zur traurigen Rebe. Aber immer noch wirkte ihr Gesicht traurig, was sich die nächsten Momente auch nicht ändern würde.

    Melina atmete ein und aus. Ihre Lunge war schwer geworden in ihrer Brust. Die Luft wog ebenso schwer. Die Luft bewegte sich, wie Blei, durch ihre Luftröhre. Einige Tränen rannen noch aus ihren Augen, die leicht gerötet waren. Doch war die große Trauer inzwischen verflogen, statt dessen keimte in ihr eine gewisse Traurigkeit, ein Gefühl von Einsamkeit. Calvena unterstützte sie und dies machte die Traurigkeit ertragbar. Sie zeigte ihr, dass nicht die ganze Welt in diesem Moment kalt, einsam sowie still war. "Ja," jappste sie mit beschlagener, fast nicht mehr vorhandener Stimme. Ihr fehlten die Worte bei so viel Hilfe und Unterstützung. Calvenas Umarmung stützte die junge Frau wirklich. Melina konnte sich sogar ein kleines, trauriges Lächeln abringen, um Calvena zu zeigen, dass sie dankbar war. "Danke," jappste sie noch einmal und wandte sich zu Calvena um. Melina umarmte sie nun ebenso. "Danke, Calvena."

    Die Tränen wogen schwer im zarten Gesicht von Melina. Die Worte von Calvena waren Balsam für die traurige Seele des jungen Mädchens. Er hatte es gewusst? Ja, das stimmte wohl. Er war immer der freudige Bruder gewesen, der mit Melina zusammen gelacht hat. Sie erinnerte sich. Eine wohlige Wärme machte sich in ihrem Herzen breit. "Ja, das hat er wohl," sagte sie leise als die Gedanken kurz in die Vergangenheit fielen. Einige Bilder, Emotionen umspühlten den jungen Geist von Melina. Ihr Bruder war kurz präsent. Er lächelte, streckte die Hand zu ihr aus und wischte ihr die Tränen aus dem Gesicht, dann verschwand er in einem nebelartigen Schein. Melina zuckte kurz zurück. Ihr Bruder war hier, da war sie sich sicher aber nun war er wieder weg, endgültig weg. Ihr Unterbewusstsein hatte soeben den entscheidenen Verarbeitungsschritt getan. Die Umarmung von Calvena tat ihr Übriges, dass Melina die Trauer verarbeiten konnte.


    "Du hast Recht, Calvena." Sie zog kurz die Nase hoch, da sich einiges an Flüssigkeit in dieser gesammelt hatte, hauptsächlich Tränenflüssigkeit. "Ich habe ihn gerade gesehen," sagte sie ehrlich. "Er erschien mir gerade vor meinem inneren Auge. Er möchte nicht, dass ich traurig bin." Melina kam sich nach dieser Aussage ein wenig lächerlich vor aber sie war der Meinung, dass Calvena die gesamte Wahrheit über sie verdiente. Nun gab es keinen Weg mehr zurück für Melina, jetzt blieb nur noch eines übrig; Calvena offen gegenüberzutreten. Eine weitere Träne verebbte am unteren Kinn von Melina.

    Melina blickte mit von Tränen geröteten Augen auf. Mit einem schwungvollen Wurf wurden die Haare in ihre alte Position zurückbefördert, dennoch die schwungvolle Bewegung konnte nicht über die traurige Stimmung hinwegtäuschen. "Danke," japste Melina und schluckte. Calvena war nun hier und konnte mit Melina die nichtverarbeitete Trauer aufarbeiten, auch wenn Melina das nicht offen wollte. "Wirklich? Hat er es gewusst?" Ihre Augen waren glasig, groß und voller Traurigkeit als der Blick in Calvenas Augen fiel. "Du weißt es?" Das traurige Mädchen war wirklich überrascht, denn sie hatte nicht damit gerechnet, dass die stolze Calvena so ein Gefühl kannte. Für Melina war Calvena immer perfekt gewesen: die perfekte Römerin, schön, lieblich und klug sowie beherrscht. Ihr Augen weiteten sich in ihrem glasigen Schimmer. Calvenas Umarmung fühlte sich gut an. Sie war der rettende Hafen, den sie nun brauchte. Melina legte ihren Kopf auf ihre Schulter. "Ich vermisse ihn...," sagte sie. "...meinen Bruder."

    Calvena hatte Melina durchschaut? Melina war doch recht verwundert, dass sie so leicht zu durchschauen war. Sie seufzte spürbar. "Es ist...," begann sie vorsichtig, fast schon zaghaft. "... nicht einfach gewesen." Melina wollte ehrlich sein. Calvena gehörte ja nun zur Familie und warum sollte sie nicht ehrlich zu ihr sein? - Wirklich schaden konnte es ja nicht. "Einer meiner Brüder ist verstorben. Wir haben früher als kleine Kinder viel zusammen gemacht und nun ist er nicht mehr da. Ich bin ja weggelaufen, habe ihn zurückgelassen und nun konnte ich nie ´Danke´ für die schönen Kindertage sagen oder mich verabschieden. Das letzte mal als ich ihn sah..." Eine Träne rann über ihre Wange. Sie legte die Hände vor ihr Gesicht. Calvena sollte sie so nicht sehen. Die Emotionen überfielen sie. "Verzeihung," sagte sie mit trockener Stimme. Das andere Thema verlor in diesem Moment an Bedeutung. Nur die Trauer und die Einsamkeit spielten sich in den Vordergrund. Melina weinte in ihre Hände, die Haare fielen zerzaust vor die Hände und verbargen das traurige Theater.

    Melina überlegte. Sie fuhr sich dabei durch die Haare. Nach einigen Sekunden der Stille, lachte sie dann auf. Sie klatschte vor Freude in die Hände. "Mein Bruder ist auf so einem Weg? Er ist schon so mächtig? Du überschätzt ihn ein wenig." Ihre Mimik verzerrte sich zu einem amüsierten Grinsen.


    "Es mag sein, dass er eines Tages vielleicht ein großer Politiker sein wird aber bis dahin muss ich mir wohl noch keine großen Sorgen machen. Calvena, ich weiß, dass die Welt hier und da nicht sehr schön ist aber warum sollte ich mich damit beschweren? Mein Bruder ist außerdem weit weg, was ihm vielleicht ganz gut tut. Er ist ein wenig seltsam geworden, ob es etwas..."


    Melina brach ab. Die Gedanken an den Tod ihres anderen Bruders kehrten zurück. War Sermo noch nicht darüber hinweg? Melina war es auch nicht wirklich, sie verdrängte es nur. Der Tod sollte für sie keine Bedeutung haben, denn sie liebte das Leben. Melina akzeptierte den Tod zwar als Teil des Lebens, ohne Tod kein Leben, aber häufig dachte sie nicht daran. Aus ihrem Gesicht entfloh kurz die Farbe, eine Strähne fiel ihr vor die Augen, die sie zur Seite strich. Sie seufzte. Ihr Geist musste wieder Abstand von dem Gedanken an ihren toten Bruder gewinnen. Es machte sie traurig, sehr traurig. Sie setzte ein gezwungenes Lächeln auf, nicht für Calvena, sondern für sich. Melina wollte sich wieder zum glücklich sein zwingen. Schnell wurde das Thema gewechselt. So schnell konnte Lebensfreude verschwinden oder etwa doch nicht? Eine gewisse Ernsthaftigkeit hielt schlagartig Einzug aber dennoch ganz konnte ihr die Lebensfreude nicht genommen werden. Sie lachte auch wieder: "Doch klein bin ich immer noch." Melina stand auf. "Schau' doch." Sie kicherte, lachte und freute sich wieder. Im Anschluss warf sie sich wieder auf die Kline. Der Gedanke an den Tod war zwar noch im Hinterkopf da aber spielte nach diesem Ausstoß an Freude nicht mehr die dominante Rolle. Ihr Bruder war sicherlich an einem besseren Ort. Er würde nicht wollen, dass Melina traurig war. Melina war eben Lebensfreude, Leichtigkeit und Freiheit.


    Sie packte sich erneut das Kissen, um damit zu spielen. - Spielen konnte man es zwar nicht nennen, sie knetete es mehr oder minder durch aber für sie war es ein Spiel, eine Ablenkung. Es war die Energie, die in ihr kochte. Ein guter Beobachter konnte wohl erkennen, dass Melina etwas bedrückte und sie Ablenkung suchte. Sie hatte etwas in sich verschlossen, was nur selten nach Außen drang. Eine Traurigkeit, die sich nicht wahrhaben wollte.


    "Cultus Deorum? Eine Romana, die ich einmal in den Thermen traf, wollte mich auch in den Cultus Deorum lotsen," erinnerte sie sich halblaut murmelnd. Mit ihren weiten Augen blickte sie Calvena nun direkt an. "Calvena, was meinst du? Was würde ich da machen? Schaffe ich das?" Melina wollte zumindest wissen, was man dort tat und was sie dort für eine Aufgabe hätte. Es gab ja sonst nicht viel für sie, was sie ein wenig ärgerte. Der Cultus Deorum wäre bestimmt eine interessante Alternative, hoffte das junge Mädchen.

    "Schon vergessen," sagte Melina mit einem zauberhaften Schmunzeln. Sie konnte niemanden auf Dauer böse sein. Melina war kein Mensch, der Zorn mit sich herumtrug. Natürlich zickte sie ab und an mal herum, wie jedes Mädchen in dem Alter, dennoch fing sie sich schnell wieder und betrachtete ihre Mitmenschen, besonders ihre Familie, nicht als ihre Feinde.


    "Realismus?" Melina überlegte. "Es mag vielleicht einige böse Menschen geben und diese mögen auch anderen schaden aber warum sollte mir Gefahr drohen? Ich bin nicht reich, nicht sonderlich hübsch oder sonderlich mächtig. Ich habe nichts, was mich Gefahr bringt." Die Aussage zum Aussehen bezog sich auf ihr Spiegelbild, so wie sie es sah, auch wenn es objektiv vielleicht anders war. Sie sah sich nicht in Gefahr, allgemein nicht. Sie versuchte auch nicht in Gefahr zu geraten. Melina häufte keine Reichtümer an, stellte sich nicht zur Schau oder gierte nach Macht. Sie hatte nichts von großem Wert für andere. Sie hatte nur ihre Familie, die ihr etwas bedeutete. Melina könnte man als bodenständig bezeichnen.


    "Alt genug?" Melina lachte. Das Wort "alt" machte ihr Freude, denn sie empfand sich nicht als alt, eher als jung. Dieses Gespräch könnte noch lustig werden. "Auf Anhieb fällt mir nichts ein, Calvena. Hast du einen Vorschlag?" Melina war nicht ganz abgeneigt. Ein wenig Beschäftigung konnte schon nett sein, zumal man so dem langweiligen Hausalltag entfliehen konnte. Sie legte das Kissen, mit dem sie gerade noch gespielt hatte, neben sich und blickte Calvena aufgeschlossen an. Man merkte ihr an, dass sie interessiert war.