Beiträge von Quintus Marius Turbo

    So wie der anbrechende Tag die Verteidiger motivierte, aus der erreichten Leistung weitere Kraft zu schöpfen, so motivierte er auch die ANgreifer, nun noch zielstrebiger zu Werke zu gehen. Die Sicht wurde besser, was ein noch koordinierteres Vorgehen ermöglichte und den Fallen einen Teil ihres Schreckens nahm. Außerdem fühlten sich die Soldaten nun mehr als vorher durch ihre Offiziere beobachtet und wollten so natürlich mit Leistung glänzen. Konnte es für einen einfachen Soldaten etwas schöneres geben, als den anbrechenden Tag mit einer Heldentat zu beginnen und als erster die feinlichen Wälle zu überqueren?


    Marius Turbo hegte keine derartigen sentimentalen Gefühle oder ließ sie sich zumindest nicht anmerken. Auch auf dem Verbandplatz seiner Einheiten herrschte inzwischen Hochbetrieb, mehr noch als bei den Verteidigern, da keiner seiner Offiziere die Männer schonte. Man musste die Überzahl schließlich ausnutzen. "Schickt noch einmal frische Männer rauf!"

    Marius Turbo setzte für den Angriff weiter auf Masse. Er hielt sich am vorgeschobenen Verbandsplatz auf, den man unterhalb des Abhangs eingerichtet hatte und an dem alle Verletzten erstversorgt wurden, bevor sie zu den Ärtzten zurück ins Lager zurückgeschickt wurden. Kaum erreichte die Zahl der neu eingetroffenen Verletzten die Stärke einer halben Centurie, schickte Marius Turbo eine komplette frische Centurie den Hang hinauf. Während die Soldaten in vorderster Front die Verteidiger des Walls inzwischen auch im Nahkampf bedrängten, füllten nachrückende Kräfte Gräben und Gruben mit Reisig und Erde auf, um die Bewegung im Hang zu vereinfachen. Ganz vorne eiferten die Centurionen dagegen darum, wer von ihnen zuerst den Wall überschritt und einen Fuß ins gegnerische Lager setzte und sich damit Hoffnung auf Ehrungen und Auszeichnungen machen konnte. Und natürlich wollten in jeder der drei Angriffsrichtungen die jeweiligen Soldaten die ersten sein, die den Durchbruch erzwangen und stürmten dementsprechend weiter vor, den Steinhagel von Seiten der Verteidiger so gut es ging ignorierend. Immerhin konnte man Steine auch selber verwenden und zurückwerfen.

    Die ersten Verluste ließen nicht lange auf sich warten, als Soldaten in Fußangeln traten, in Fallgruben stürzten oder von Geschossbolzen getroffen wurden. Nicht jeder Verlust bedeutete gleich einen gefallenen Soldaten und in die entstandene Lücke rückte bald ein neuer Mann. Trotzdem war jeder Soldat froh, wenn es nicht ihn traf, auch wenn es ihm um seinen Kameraden möglicherweise sogar leid tat. Die ersten, die unversehrt die Gräben erreichten, waren fast froh darüber, sich nun dort hinein ducken zu können, um mit ihren Schilden über dem Kopf eine Brücke für ihre nachrückenden Kameraden zu bilden. So waren sie immerhin vor weiteren Angriffen weitgehend geschützt. Über ihre Köpfe hinweg eilten weitere Soldaten nach vorne, die nun ihrerseits begannen, Speere auf die Verteidiger zu schleudern. Auch Schleuderer und Bogenschützen waren in der ersten Angriffswelle mit dabei und suchten sich etwas gedeckte Positionen im Vorfeld, von denen aus sie die Verteidiger unter Beschuss nehmen konnten. Auch wenn sie durch den Kampf bergauf an Reichweite verloren, so konnten sie dadurch gleichzeitig profitieren, denn die Gegner an besonders hohen Positionen zeichneten sich so immerhin als Siluette gegen den Nachthimmel ab und waren somit leichter zu treffen. Auf Feldgeschütze hatte Marius Turbo dagegen verzichtet, da sie ihm in diesem Gelände nicht schnell genug bewegt werden konnten.


    Tatsächlich zeigten Schnelligkeit und Massivität des Angriffs bald schon Erfolge. Zumindest, wenn man es als Erfolg bezeichnen wollte, dass mutmaßlich sämtliche Fallgruben, Fußangeln und sonstige Annäherungshindernisse binnen kürzester Zeit auf schmerzhafte Art und Weise gefunden wurden und in den Gräben eigene Leute hockten, die den weiteren Angreifern den Weg ebneten.

    Tatsächlich machten die Truppen um Marius Turbo befehlsgemäß keine Heimlichkeiten aus ihrem bevorstehenden Angriff. Mit Beginn der dritten Nachtwache hatten sich die Lager erhoben, die Truppen Kampfbereitschaft hergestellt und Aufstellung vor der eigenen Verschanzung genommen. Noch bevor sich die Legionäre in Bewegung setzten, machten sich leichte Hilfstruppen auf den Weg in die umliegenden Hügel, um flüchtenden Gegnern den Weg abschneiden zu können. Neben der Kampfausrüstung führten die Legionäre vor allem Schanzwerkzeug und Holz mit, um den gegnerischen Verteidungswerken zu Leibe rücken zu können.


    Pünktlich zum Ende der dritten Nachtwache setzte sich die komplette Front auf drei Wegen in Bewegung, um auf die Blockadestellung zuzuhalten. Die Dunkelheit verbarg dem Gegner ihre eigene Stärke und ihnen selber die Größe der vor ihnen liegenden Verschanzungen. Aus Sicht der Offiziere war beides ein Vorteil, denn so konnte man den Gegner durch viel Lärm besonders gut beeindrucken und außerdem verzagten die eigenen Truppen nicht an der bevorstehenden Aufgabe. Im leichten Laufschritt ging es so für die ersten Truppen den leichten Hang hinauf, auf die gegnerische Stellung zu - immer in Erwartung der ersten Gegenwehr durch Speere, Geschossbolzen, Pfeile und Annäherungshindernisse aller Art.

    Mehr Tage als ihm lieb war, aber letztlich doch nur wenige Tage seit seinem eigenen Eintreffen musste Turbo warten, bis weitere Legionen seiner Armee nachgerückt waren. Die Erkundigungen waren auf das nötigste beschräkt worden und auch beim Nachschub hatte man gerade so viel Aufwand betrieben, dass das Risiko gering blieb und die Männer trotzdem bei Laune. Im Gegenzug für die mäßige Versorgung brauchten sie auch nicht allzu schwer zusätzlich zu schanzen, denn Turbo hatte keine Lust, sich auf einen langen Stellungskrieg einzulassen. Und andere Anweisungen hatte er ohnehin.


    Am späten Nachmittag ließ er alle Offiziere seiner Armee zu sich kommen. "Ich halte mich nicht mit langen Reden auf. Das da vorne ist nur ein mieser, kleiner Vorposten, der uns aufhalten soll und das lasse ich mir nicht bieten. Wenn Cornelius Palma uns beschäftigen will, muss er schon mit seiner gesamten Armee persönlich kommen. Und selbst dann schlagen wir ihn vernichtend. Und diesen Vorposten da radieren wir morgen aus. Aufbruch am Ende der dritten Nachtwache! Du - nimmst mit deinen Leuten diesen Weg. Du - greifst von hier an. Ich nehme die Mitte. Wir rücken schnell und massiv vor. Dran, drauf, drüber! Bis Mittag will ich die Sache erledigt haben. Fragen? Keine! Wegtreten zum Vorbereiten! Und vergeudet keine Zeit mit Heimlichkeiten. Palmas Waschweiber können ruhig mitbekommen, dass sie bald eine Abreibung bekommen!"

    "Nur ein verfluchter Vorposten, der uns das Leben schwer machen soll", brummte Turbo in seinem Feldherrenzelt, als sich die Meldungen der Beobachter und die Berichte über Überfälle und Hinterhalte häuften. "Aber bitte, das kann er haben. Verzichtet auf großartige Erkundung und verstärkte Befestigung! Die sind eh zu wenige, um unser Lager direkt anzugreifen. Wir nehmen den direkten Weg, sobald die anderen Legionen nachgerückt sind." Bis dahin war Abwarten angesagt. Und eine Meldung nach Rom.

    Sowohl die XXIX als auch die XXXI mit ihren Unterstützungen befanden sich auf dem Weg nach Süden, Richtung Achaia, seit sich die Hinweise verdichtet hatten, dass der Usurpator dort an Land gegangen war. Turbo hatte entsprechende Befehle verteilen lassen, und zudem die Classis Pontica vom Propontis ins Mare Aegaeum geordert, um dort weiterem Truppennachschub des Feindes den Weg abzuriegeln. Die XXXI war bereits ein gutes Stück nach Westen Richtung Propontis unterwegs gewesen war, als die geänderte Marschroute Richtung Süden kam, was für die XXIX hieß, dass sie ein Stück abkürzen konnten im Vergleich. Dennoch war die Ialica Turbo und seiner Legion nach wie vor ein Stück voraus, und daran würde sich auch so schnell nichts ändern. Beide Truppenverbände legten ein Tempo an der Grenze dessen vor, was Turbo von ihnen verlangen konnte. Es war riskant, das war ihm wohl bewusst – war das Tempo zu hoch, liefen sie Gefahr, dass die Soldaten zu erschöpft waren, wenn sie auf den Gegner trafen. Aber waren sie zu langsam, verpassten sie ihn womöglich. Und wenn das geschah, mussten sie noch schneller werden und würden wohl doch nur noch hinterher hinken. Also setzte Turbo mehr auf Geschwindigkeit, im Vertrauen darauf, dass die Soldaten genug Kraftreserven noch haben würden, wenn sie auf Cornelius' Truppen stießen, die zwar nicht so viele Meilen in den Beinen haben würden, aber dennoch ebenfalls schon einige Zeit unterwegs gewesen sein würden.

    Die nächsten Tage vergingen in Eile. Zweihundert Meilen waren es für die am südlichsten stehenden Truppen, das Doppelte für die mit der weitesten Strecke. Zweihundert Meilen bis zum Propontis, wohlgemerkt. "Meine Knochen sagen mir, dass wir den Hund dort gar nicht treffen werden. Der nimmt eine andere Route. Ganz sicher."


    Der alte Haudegen sollte Recht behalten. Schon auf dem Weg zeichnete sich eine Nachrichtenlage ab, die einen längeren Marsch nötig machte. Von Halicarnassus war die Rede und einem Übersetzen über das Mare Aegaeum. Für die Truppen der unteren Donau bedeutete das mindestens vierhundert zusätzliche Meilen. Und dazu die Ungewissheit, ob sie überhaupt rechtzeitig kommen würden.

    Das waren keine guten Nachrichten, aber immerhin klare Befehle. Über die ersten Sofortmaßnahmen braucht er nicht lange nachzudenken. "Die XXXI soll sich vollzählig marschbereit machen und so schnell es geht in Richtung Propontis marschieren. Die XXVII soll ihr fünf Cohorten zur Unterstützung schicken und mit dem Rest das Lager in Novae besetzen. Ihr eigenes Lager soll die V auffüllen. Die XXIX soll sich ebenfalls vollzählig marschbereit machen und die XXVIII unser Lager füllen. Und die Classis Pontica soll sich auch im Propontis einfinden. Und schickt Briefe an die anderen Legionen im Osten. Wenn sie schon rebellieren, sollen sie wenigstens wissen, dass wir es mitbekommen!"

    "Nun wenn wir sie her bringen, dann kann es einen Skandal geben. Immerhin leitet sie die Acta! Beobachtet sie weiter, soll sich mein Nachfolger damit rumschlagen.
    Sollte sie vorher irgendwas tun nehmt sie fest und bringt sie hierher, aber unaufällig.
    Gibt es sonst noch etwas?"


    Er machte sich selbst eine Notiz seinem Nachfolger bezüglich der Decimer eine Nachricht zu hinterlassen

    IN NOMINE IMPERII ROMANI
    ET IMPERATORIS CAESARIS AUGUSTI


    ERNENNE ICH
    AULUS IUNIUS SENECA


    MIT WIRKUNG VOM
    ANTE DIEM IV NON IUN DCCCLXI A.U.C.
    (2.6.2011/108 n.Chr.)
    .


    ZUM
    MILES - COHORTES PRAETORIAE


    Quintus Marius Turbo

    "Optio, du wirst dir sicher denken können, wieso ich dich Antreten lasse. Ein wenig Diziplin vor den Augen der Männer kann eh nie schaden. Ein wenig Auspeitschen hat noch niemanden geschadet..." Er grinste bösartig:"Nun Spaß beisiete. Ich ernenne dich hiermit zum neuen Centurio der VI Centurie der II Cohorte. Meinen herzlichen Glückwunsch!