Beiträge von Germanica Sabina

    Sabina strahlte, als der Sklave sich zu ihnen herab beugte und sie dann sogar wie Erwachsene behandelte. Besser konnte der Tag gar nicht mehr werden, fand sie jedenfalls. Mit Begeisterung nahm sie die Hilfe an und machte es sich Schwupps bequem.


    „Wie heißt du?“ fragte sie ihn. „Ich bin Germanica Sabina und das ist Marcus Germanicus Pius!“ stellte sie sich vor. „Mein Papa heiratet und meine Cousine“, plapperte sie aufgeregt drauflos. Immer noch wusste sie nicht, ob sie sich für ihren Vater freuen sollte oder nicht. Sie konnte nicht wirklich sagen, ob sie Serrana mocht, auch wenn diese netter war, wie sie zunächst angenommen hatte. Was würde sich jetzt für sie ändern. Traurig war sie jedenfalls darüber, dass Calvena ausziehen würde. Aber sie durfte ihre Cousine ja besuchen und dann würde sie Marcus mitnehmen.


    "Komm schon, Marcus! Sonst verpassen wir was!"

    Sabina fühlte sich sichtlich wohl so zwischen den Erwachsenen, auch wenn sich diese über ihren Kopf hin weg unterhielten. Im stillen bewunderte sie Septima, sie war so elegant und hübsch, so wollte sie auch sein, wenn sie groß war. Oder so wie ihre Cousine Calvena, die war auch so eine richtige Dame. Ihr Blick wanderte durch den Raum, als dann ein weiteres Gesicht sich der Runde anschloss. Mit einem wunderbaren Klein-Mädchen-Lächeln begrüßte sie Furia Calliphana. „Salve, Calliphana! Wo hast du denn Centho gelassen?“ fragte sie neugierig. „Nein, nicht mehr krank. Das ist jetzt aber auch schon lange her!“ meinte sie dann. „Aber ich hab einen Wackelzahn“, sagte sie stolz und wackelte dann demonstrativ mit dem Milchzahn. „Marcus hat auch schon eine Zahnlücke!“ erklärte sie und deutete dabei auf den kleinen Germanicus. Aculeo indes klärte Vitale über die Verwandtschaftsverhältnisse auf. Huh, sie kam gar nicht mit bei den vielen Gesprächen. Wie gut, dass diese verstummten, als einer der Priester vor trat. Zumindest sah er danach aus, Calvena hatte ihr ja erklärt, woran sie diese Männer und auch Frauen erkennen konnte. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und reckte das Kinn, doch sie war zu klein. Kurzerhand nahm sie Marcus Hand und zog ihn von seinem Bruder weg, näher zum Haruspex. „Komm, dass müssen wir uns ansehen“, flüsterte sie und war sich sicher, dass Marcus nichts gegen ihren Vorschlag einzuwenden hatte. Nur war kaum ein durchkommen. Eifrig drehte sie den Kopf und entdeckte einen Sklaven, der sie sicherlich gern hoch hob. Im Moment war es ihr sogar egal, dass es kein Sklave der Germanicer war. Kurzerhand zupfte sie an der Tunika von Cimon. Nur das sie noch nicht wusste wie er hieß. Berührungsängste hatte sie eigentlich nur selten. „Duhuuu“, sah sie den dunklen nubischen Sklaven aus großen Kinderaugen bettelnd an. „Hebst du mich hoch?“ fragte sie ihn mit einem bezauberndem Lächeln. „Bitte!“ fügte sie dann schnell hinzu um ihre gute Kinderstube zu zeigen.

    Das Sabina Vitale in Verlegenheit gebracht hatte, bekam sie gar nicht mit, denn in diesem Augenblick tauchte Marcus auf. Wo er wohl gesteckt hatte? Hatte er das fremde Haus erkundet oder einfach nur ein paar Verstecke für sie Beide gefunden. Hier ließ sich gut verstecken spielen, da ihnen Beiden das Haus so gut wie unbekannt war. Sie machte einen Schmollmund, als Marcus sie fragte ob sie Fieber habe. Sie schnaubte leicht beleidigt, konnte er nicht erkennen, dass sie sich Schminke ausgeborgt hatte? In diesem Moment stellte sie für sich fest, dass die meisten Männer wahre Trampel waren und ihnen kleine Veränderungen nicht auffielen. „Ich hab mich schminken lassen“, erklärte sie ihm dann in einem schon fast gnädigen Tonfall. Ihre Aufmerksamkeit galt dann aber erst einmal wieder Septima. "Natürlich weiß ich noch wer du bist“, lächelte sie lieb. Sie fand die Tiberia wirklich hübsch und himmelte sie deswegen ein wenig an. Eifrig nickte sie als Antwort zu der Frage, ob sie denn schon Calvena und Serrana begrüßt hatte. Begrüßen war eigentlich nicht der richtige Ausdruck, sie hatte die Beiden regelrecht überfallen und dazu überredet, dass sie geschminkt wird. Auch wenn es nur Rouge auf den ohnehin schon roten Wangen war.

    Sabina war ein wenig aufgedreht, die vielen Gäste und teilweise auch unbekannten Gesichter lenkten sie immer wieder ab und ließen sie kaum zur Ruhe kommen. Schließlich gab es jede Menge hübsche Kleider zu bewundern oder eben fremde Gesichter zu betrachten. Mal drehte sie ihren Kopf in die eine Richtung, dann in die Andere. Dabei entging es ihr, dass sie erneut übersehen wurde, diesmal von Aculeo. Sie machte große Augen, als sie Laevina entdeckte, diese war auffällig unauffällig neben einer Säule platziert, zumindest für Kinderaugen. Eine wirklich glückliche Miene machte die alte Germanica nicht. Ob sie zu ihr rüber gehen sollte?
    Doch ehe sie diesen Gednaken in die Tat umsetzen konnte, wurde sie diesmal doch beachtet und sofort lief sie knallrot an, als sie das Kompliment hörte. Etwas verlegen begrüßte sie den Scriba.


    „Salve Vitale“, lächelte sie ein wenig schüchtern. Kurzerhand zupfte sie ungeniert an Septimas Pala um den Mann dann vorzustellen. „Vitale, das ist Septima!“ stellte sie dann zumindest die Tiberia vor. Im Gegensatz zu den Erwachsenen machte sie im Augenblick keinen Unterschied zwischen den Ständen und sprach jeden den sie kannte mit dem Cognomen an. Ihr war dies auch nach zu sehen schließlich war sie noch jung und kaum einer konnte ihr deswegen böse sein.

    Sabina schmollte kurz, als Romana ihr so wenig Beachtung schenkte. Warum musste die Erwachsenen auch immer wegen irgendwas die Köpfe zusammen stecken. Das war doch langweilig.
    Aber schnell war ihr Kummer vergessen, als ihr Vater sie einer fremden Frau vorstellte. Sie machte große Augen, als sie erfuhr, dass es sich um die Schwester Valerians handelte. Sie schenkte Valentina ein strahlendes Lächeln. „Salve Valentina“, sagte sie eifrig und lächelte freundlich. Doch ihre Aufmerksamkeit wurde dann von anderen Gäste angezogen. Sie entdeckte Aculeo und dann ein Gesicht das ihr bekannt vor kam, aber nicht einordnen konnte. Die Dame war wirklich hübsch und an den Halbmonden konnte sie erkennen, dass sie eine Patrizierin war. Sabina überlegte eifrig, wo sie diese schon einmal gesehen hatte. In der Runde stand auch noch ein weiterer Mann. Kurz entschlossen wusselte sie zwischen den Beinen der Erwachsenen herum und sprang dann mitten hinein. „Hallihallo“, grüßte sie ziemlich fröhlich in die Runde. „Salve, Paullus! Marcus ist hier auch irgendwo!“ erklärte sie und sah sich suchend nach dem Jungen um. Wo steckte er denn nur? Sie waren doch gemeinsam hier her gekommen... Für den Moment war es jedenfalls egal. „Ich bin Sabina“, stellte sie sich dann kurzerhand vor. Jetzt fiel ihr auch ein, woher sie die Dame kannte. Sie war eine Freundin ihrer Cousine und bei den Fontinalien dabei gewesen. „Schön dich wieder zu sehen Septima!“ sagte sie eifrig, froh, dass ihr der Name wieder eingefallen war.

    Sabina strahlte, als ihr Vater erkannte was sie gemeint hatte. Mehr oder weniger freiwillig ließ sie sich wie so häufig einen Kuss auf die Stirn drücken, ehe sie dann die ersten Gäste auch erst mal grüßte. „Salve!“ sagte sie eifrig und lächelte brav. Bia hatte ihr ja eindringlich erklärt, dass sie sich heute benehmen musste. Auch wenn ihr langweilig werden würde. Für diesen Fall hatte die Sklavin vorgesorgt und Spielzeug eingepackt. Nicht dass die Kinder auf dumme Ideen kamen. Sie hoffte nur, dass sie die Beiden die ganze Zeit im Auge haben würde. Leider kannte sie sich in der Casa Iunia nicht aus, sonst wüsste sie bereits alle verstecke, wo sich Kinder verstecken könnten um Unfug auszuhecken. Zwar vertraute sie Sabina, doch wusste sie auch, dass das Mädchen nicht wirklich begeistert war, von der Hochzeit. Zwar hatte das Mädchen versprochen artig zu sein, aber so ganz traute sie diesem Versprechen ausnahmsweise einmal nicht.
    Da die Erwachsenen sich unter einander unterhielten, machte sie sich erst einmal auf Erkundungstour und betrachtete die vielen Blumen. Doch dann erblickte sie die vertraute Gestalt von Romana. „Romana“, kreischte sie begeistert und kannte im Gegensatz zu den Gästen kaum Zurückhaltung, schließlich war die Vestalin eine Freundin von ihr. Kurzerhand umarmte sie diese, wobei das Mädchen der Frau gerade nur zur Hüfte reichte. „Wie geht’s dir?“ plapperte sie direkt drauf los und bemerkte gar nicht, dass die Vestalin eigentlich andere Pläne hatte. 8)

    Sabina folgte ihrem Vater natürlich im Kielwasser. Ihre Miene war nicht gerade die eines fröhlichen ausgeglichenen Mädchens, sondern wirkte eher nachdenklich und verschlossen. Obwohl sie Serrana bereits kennen gelernt hatte und eigentlich auch sehr nett fand, aber dennoch, die Iunia sollte ab heute zu ihrer Familie gehören. Auch wenn ihr Vater nicht direkt ihre Mutter ersetzen wollte, konnte sie sich nicht an den Gedanken gewöhnen, wieder eine Mutter zu haben.
    Solche und ähnliche Gedanken purzelten in dem Mädchenkopf herum, während sie ihm durch Rom folgte. Sie sah erst auf, als sie angekommen waren. Das Haus war hübsch geschmückt und Sabina konnte sich gleich wieder etwas mehr für das Fest erwärmen. Calvena hatte ihr ja versprochen, dass sie Blumenmädchen sein durfte. Noch ehe Sedulus das Haus betreten konnte, stürmte sie an ihm vorbei und lief dann auch sogleich in Richtung Serranas Zimmer. Mit etwas Glück würden die beiden Bräute ihr einen kleinen Wunsch erfüllen. Bia sah ihr reichlich verdutzt hinter her und schüttelte verwundert den Kopf.


    Wenig später tauchte das Mädchen strahlend wieder auf. Nach kurzem überreden hatte sie Calvena und Serrana überzeugen können dass sie sich auch schminken wollte. Das Rouge auf den ohnehin roten Wangen fiel gar nicht wirklich auf, aber für Sabina war es ein Unterschied und hob ihre Stimmung gewaltig. Sie war eben ein Kind und hin und wieder auch sehr bestechlich. Während ihr Vater die ersten Gäste begrüßte, zupfte sie ihm wie so häufig an der Toga. „Schau mal Papa!“ meinte sie strahlend, in der Hoffnung das er den minimalen Unterschied sah.

    "Ich brauch nur etwas mit der Zunge an meinen Zahn wackeln, dann wird er raus fallen!“ rief sie noch beim hinausstürmen und dann waren die Erwachsenen kurz unter sich. Bia sah beiden Kindern lächelnd nach. Heute würde ein guter Tag werden. Kurz sah sie sich in dem Zimmer um, wie in Sabinas Zimmer herrschte hier kindliches Chaos. Sie seufzte kurz und drehte sich dann zu Aculeo um.


    „Mir geht es gut“, antwortete sie etwas verwundert, normalerweise war es nicht wichtig wie es ihr ging, sondern den Kindern. „Er ist noch jung. Er wird lernen, dass es im Leben Grenzen gibt. Ich versuche nicht ihn in seiner Freiheit zu beschneiden, aber er muss auch verstehen, dass es Regeln nicht ohne Grund gibt. Bisher hatte er eine sehr unbeschwerte Kindheit, doch dass wird nur solange gut gehen, bis ihm etwas passiert. Du hast ihn mir anvertraut, also liegt die Verantwortung bei mir!“ antwortete sie dann diplomatisch. Sie wusste nicht was er hören wollte, aber sie tat ihr Bestes.


    Marcus kam wieder, frisch gewaschen und angezogen. Einen Augenblick später tauchte dann auch Sbaina wieder auf. Lächelnd und bereit für Allerlei Schandtaten.

    Sabina hatte ehrlich gesagt ein wenig Angst vor Laevina, aber das sagte sie nicht laut oder würde es zugeben. Meistens ging sie der Alten aus dem Weg und wenn sie dann einmal mit einander zu tun hatten, dann war Sabina ausnahmsweise einmal ganz lieb und höflich. Deshalb ist sie auch noch nicht mit Laevina aneinander geraten. Während sich die Erwachsenen erst einmal miteinander unterhielten. Spielte sie leise mit den vielen kleinen Holztieren. Wobei sie Serrana immer wieder kleine verstohlene Blicke zuwarf. Was sollte sie nur von ihr halten, sie war wirklich nett. Es fiel ihr schwer, sie nicht zu mögen. Dabei wollte sie diese nicht mögen. Die Welt war so kompliziert geworden.


    Eifrig nickte sie, als es dann wieder um das Ponyreiten ging. „Ja, das war bei den Compitalia!“ Was für ein schwieriges Wort. „Das Fest war schön! Da war auch ein Carusselum und ich hab Süßigkeiten bekommen!“ berichtete sie. „Reiten macht Spaß!“ bekundete sie dann noch.


    Kurz kämpfte Sabina noch mit sich. Sie fand die Holztiere toll, aber sie wollte sie nicht geschenkt haben. Nur ihren Freunden zeigen. "Serrana?" fragte sie dann scheu lächelnd. "Darf ich die mir ausleihen? Ich will sie meinen Freunden zeigen!" erklärte sie der Iunia.

    Bia war eine Sklavin, schon ihr ganzes Leben lang, als solche wusste sie welche Position sie hatte. Gegenüber den Kindern war sie zwar eine Respektsperson, aber gegenüber den Erwachsenen ließ sie es an selbigen selten mangeln. Aculeo gegenüber hatte sie gemischte Gefühle, sie wusste nicht was sie von ihm halten sollte, durchaus hatte sie Verständnis dafür, dass er es nicht leicht gehabt hatte, allein mit seinem kleinen Bruder, aber auf der anderen Seite konnte sie nicht verstehen, dass er so wenig Konsequent war. Sie hatte ihre Liebe Müh mit Marcus, auch wenn dieser durchaus ein nettes Kind war. Aber man hatte ihm gegenüber zu viel Nachsicht gezeigt. Was sollte aus dem Kind werden, wenn er keine Grenzen kannte. Zumindest als Soldat würde er sich dann sehr schwer tun, denn die verlangten ja nicht nur Gehorsam, sondern auch Disziplin. Hinzu kam dann noch Sabina, wenn diese sah, welche Freiheiten Marcus hatte, dann würde sie das Selbe verlangen. Und Sabina war bereits jetzt schon ein Wildfang und Wirbelwind und derzeit besonders schwierig. Jedes falsche Wort konnte zu einem Wutausbruch führen, oder zu Tränen.



    „Es sind Drei!“ erklärte Sabina Aculeo. „Alba, das ist meine beste Freundin! Und dann Lyso, der ist der will auch Soldat werden und Primus, der wird Händler!“ erklärte sie. „Boah!“ machte sie, als der Junge seine Zahnlücken entblößte. „Ich hab auch einen Wackelzahn!“ erklärte sie und zeigte es ihm.


    Bia warf die Hände über den Kopf. „Wenn das so weiter geht, werdet ihr wieder nur Brei essen können“, meinte sie scheinbar entsetzt und zwinkerte dann beiden Kindern zu. Sollten sie ihren Spaß haben. Solange dabei nicht etwas zu Bruch ging. Sie zu ermahnen leise zu sein, würde nichts bringen, sie hörten gerade eh nicht.


    Auf die Aufforderung von Marcus war sich Sabina wieder die Decke über den Kopf. Sie rannte im Kreis herum und spielte Gespenst. „Buhuuuuu!“ machte sie dabei und warf sich dann lachend auf Marcus.


    Während Sabina den armen Marcus kitzelte, wandte sich Bia wieder Aculeo zu. Sie hatte ihn doch soeben gefragt, ob er sie begleiten wollte. Anscheinend hörte er ihr nicht zu. Warum auch sie, war ja nur eine Sklavin. „Komm ruhig mit, dominus!“ meinte sie von daher schlicht. Es spielte doch keine Rolle ob es sie störte. Außerdem war sie ja nicht allein, die Kindermädchen der anderen Kinder würden auch dabei sein. Gemeinsam hatten sie diesen Tag geplant. Sie drehte sich dann wieder zu den Kindern um. „Sabina, du geht’s dich vernünftig anziehen, deine Tunika hast du immer noch verkehrt herum an. Marcus, du wirst dich jetzt waschen und dann anziehen. Wenn ihr fertig seid, dann gehen wir los!“ ermahnte sie Beide.

    Der Kuchen war wirklich sehr lecker, sie versuchte sich sogar das ganze Stück auf einmal in den Mund zu schieben, was ihr nur teilweise gelingen wollte. Eigentlich brauchte sie ja nicht befürchten, dass sie teilen musste, aber irgendwie machte es auch Spaß. Nur würde Bia nicht so froh darüber sein. Überall waren Krümel im Bett. Eifrig nickte sie, als Calliphana meinte, der Kuchen sei lecker. Antworten konnte sie nicht mehr, dazu war ihr Mund einfach zu voll. Nach eifrigem kauen und schlucken war der Mund dann aber wieder leer und sie grinste frech.


    „Der ist lecker der Kuchen! Ich muss mal bei euch vorbeikommen!“ grinste sie, so ein Ausflug würde ihr Spaß machen. Besonders wenn es Kuchen gab.


    Ein wenig war Sabina dann doch enttäuscht, als Calliphana ankündigte sie würde nun gehen müssen. Schade, die Ablenkung hatte ihr gut getan. „Ich verstehe das!“ sagte sie aber. „Komm gut nach Hause! Schön das du mich besucht hast!“

    Sabina warf sich mit einem lauten kreischen auf Marcus Bett. „Raus aus den Federn!“ rief sie und hüpfte neben ihm herum. „Nun komm schon! Ich will zu Alba und zu Primus und Lyso!“, erklärte sie lautstark und ziemlich bestimmend, wie es nun einmal ihre Art war. „Bia sagt, dass dein Hausarrest vorbei ist!“, gab sie dann noch gnädiger weise eine Antwort auf die Frage ihres Cousin. Kurzerhand klaute sie ihm die Decke und sprang damit triumphierend vom Bett. Sie hatte eine Trophäe ergattert. Sie wollte gerade aus dem Zimmer stürmen, als sie beinahe in Paullus hinein rannte. Grinsend sah sie diesen an. „Salve!“ grüßte sie nur und rannte mit samt Decke aus dem Zimmer, nur um dann einen Augenblick später wieder in der Tür auf zu tauchen, diesmal die Decke über dem Kopf. „Ich bin ein Geist! Buhuuuuu!“ stimmte sie furchtbares Geheul an.


    „Sabina!“ versuchte Bia sich gehör zu verschaffen, doch das Mädchen war eindeutig überdreht und schien keine Rücksicht zu kennen. Dabei ahnte die Sklavin, dass Mädchen gerade mit der Tatsache kämpfte, das schon in wenigen Wochen die Hochzeit war und ihr Vater eine neue Frau ins Haus dann bringen würde. Sabina wollte sich ablenken und zwar mit aller Kraft und dass sie dabei viele Regeln über den Haufen warf, war ihr egal. Sie hatte ja versucht mit dem Kind zu reden, aber Sabina war immer verschlossen und meist dann auch wieder wütend und jähzornig, wenn sie versuchte das Gespräch in diese Bahnen zu lenken.
    „Guten Morgen, dominus!“ grüßte sie den Germanicus und fing dann kurzerhand den Geist ein. „Es reicht!“ sagte sie streng und seufzte.


    Sabina zog sich schmollend die Decke vom Kopf, gab aber klein bei. Nicht dass sie am Ende dann doch im Haus bleiben musste.


    „Komm Marcus. Aufstehen! Du hast ja Sabina gehört!“ meinte sie dann um den Frieden wieder herzustellen. „Ich bin mir sicher, dass sich Alba, Lyso und Primus darauf freuen, dich kennen zu lernen! Wir wollen ein Picknick machen. Deine Soldaten hab ich bereits auch schon eingepackt“, erklärte sie. Sabina hatte dem Knaben die Holzfiguren geschenkt. „Willst du mitkommen, domine?“ fragte sie höflich in Richtung von Aculeo.

    Etwas kitzelte sie an der kleinen Nase, noch verschlafen rieb sie sich diese einmal und öffnete dann gähnend die Augen. Sie blinzelte und setzte sich aburpt auf. Durch die Läden ihrer Fenster drang herrlich warmes Licht hinein. Frühling! Sie sprang aus ihren Bett, wild kreischend und jubelnd und stürmte dann über den Gang ins Marcus Zimmer, wo sie sich mit Kriegsgbrüll auf den schlafenden Knaben warf. „AUFSTEHEN“, kreischte sie und rüttelte den Ärmsten solange bis er endlich aufwachte. „Nun komm schon! Dein Hausarrest ist vorbei! Ich will in den Park und du musst mitkommen!“ bestimmte sie, rannte wieder raus und kam wenige Minuten später zurück, die Tunika verkehrt herum angezogen. Das Haar völlig zerzaust.
    „Wer zuletzt unten ist muss dem anderen kandierte Früchte kaufen“, erklärte sie und war dann schon wieder raus gerannt.


    Reichlich verdutzt sah Bia ihrem Schützling hinter her. Sabina war soeben an ihr vorbei gestürmt, schon fertig angezogen und ganz der Wirbelwind. Sonst war das Mädchen nicht so früh aus dem Bett zu bekommen und jetzt rannte sie schon durch das Haus und weckte mit ihrem Gebrüll alle. "Sabina, es geht auch leiser", ermahnte sie, ahnte aber, dass das Mädchen sie nicht gehört hatte.


    Sabina kam wieder die Treppen herauf gerannt, nachdem sie fest gestellt hatte, das marcus ihr nicht gefolgt war. "Nun komm schon", forderte sie diesen ungeduldig auf.


    "Guten Morgen, Sabina", sagte Bia mit nachdruck. "Wie wäre es erst einmal mit Frühstück? Und du solltest dich vernünftig anzihen... gewachsen hast du dich wohl auch noch nicht?"


    Sabina sah sie ihn und seufzte sie. So viel zu ihren Plänen jetzt sofort aus dem Haus zu gehen und sich mit ihren Freunden zu treffen.

    Es war für Sabina gar nicht so einfach Serrana nicht zu mögen, obwohl sie sich das vorgenommen hatte. Schließlich war die Iunia ein böser Eindringling, der ihr den Vater weg nehmen wollte. Wenn schon Serrana das Gefühl hatte dass dieses Gespräch ziemlich schwierig war, so war es für Sabina richtig gehend kompliziert, da sie widerstreitende Gefühle hatte. Eigentlich hatte sie gedacht, dass Serrana ein schlechter Mensch war und so richtig abscheulich, so wie die Stiefmutter eines ihrer Freunde, aber sie hatte sich geirrt, oder aber die Iunia spielte ihr erfolgreich etwas vor. Und dann vermisste sie ihre Mutter… Gar nicht so einfach. Wie gut dass sie sich mit den Holztieren ablenken konnte.


    „Das wäre schön“, sagte sie, als Serrana vorschlug, dass diese ihre alten Spielzeuge mitbrachte, wenn sie dann zu Besuch kam. Neue Freunde, ihr Vater wollte ja, dass sie sich mit der Iunia anfreundete. Aber sie wollte sich nicht mit ihr anfreunden…


    Nur mit halbem Ohr lauschte sie dem Gespräch der Erwachsenen, sie beschäftigte sich viel lieber mit den vielen kleinen Holztieren, als den Worten über Laevina zu lauschen. Sie mochte die Alte nicht wirklich, die war immer so biestig und man durfte nicht laut sein.


    „Ich bin schon auf einem Pony geritten“, erklärte sie stolz. Das waren zwar immer nur kurze Momente gewesen, in denen sie auf dem Rücken eines Ponys trohnte und an einer Leine im Kreis geführt wurde. Aber in ihren Augen zählte dies als reiten.

    „Ich zeig dir gern meine Pferde“, sagte sie und dachte noch gar nicht daran, dass Serrana ja schon bald bei ihnen einziehen würde. Das hätte wohl auch die Stimmung gekippt. Im Augenblick war Sabina ja annehmbar. Zwar immer noch nicht der strahlende Sonnenschein wie es ihr Vater gern hätte, aber sie war zumindest nicht mehr bockig. Auch wenn sie nicht wusste was sie von der Iunia halten sollte. Es fiel ihr eben schwer sich daran zu gewöhnen, ihren Vater nun wieder teilen zu müssen.


    Quasi versprochen und versprochen waren für Sabina ein und das selbe. Sie ging fest davon aus das sie das Pferd bekommen würde. Andernfalls würde es ein furchtbares Theater geben, was ihr Vater sicherlich wusste.
    „Wenn ich mein Pferd hab, darfst du auch mal reiten“, sagte sie großzügig. Verwundert über sich selbst klappte sie schnell den Mund zu. Das hatte sie jetzt nicht wirklich gesagt. Aber sie fand das jeder reiten sollte und ein Pferd haben.
    Wie gut dass sie nicht länger über ihr Angebot nach denken musste, denn dann erzählte ihr Sedulus etwas das sie noch nicht wusste. Die Iunia war mit dem alten Drachen verwandt? Das konnte sie kaum glauben. „Du bist viel netter wie sie“, sagte sie, was einem Kompliment ziemlich nahe kam.

    „Sie wohnen ja hier in der Straße“, erzählte sie weiter von ihren Freunden. „Wir sehen uns fast jeden Tag und spielen zusammen und gehen gemeinsam in die Schule!“ plapperte sie munter weiter, ganz vergessen war es, dass sie krank war. Besuch zu haben war was Schönes, es lenkte ab.


    Calliphana überließ ihr den meisten Kuchen, worüber sie sich freute. Sie ließ sich den Honigkuchen schmecken und krümelte dabei ihre Decke voll. Nachher würde Bia sie wohl ins Bad stecken. „Mhm…. Lecker“, kommentierte sie nur mit vollem Mund.


    Während sie sich noch mit dem Kuchen beschäftigte, sah sich die Furia in ihrem Zimmer um und entdeckte die vielen Bilder. Sie hob den Kopf als sie angesprochen wurde. „Ja, die hab ich gemalt.“

    Sie bewegten sich auf dem dünnen Eis der Höflichkeit. Sabina wusste nicht was sie denken sollte, denn sie hatte ja wirklich anderen Erwartungen gehabt, sie hatte gehofft, dass Serrana ganz garstig war, damit sie diese hassen konnte. Damit all ihr Zorn und ihr Kummer ein Ziel fanden, aber die Iunia war nett und freundlich und lieb... fast wie ihre Mutter. Sie wollte doch keine neue Mutter, sie wollte nur ihre. Während sie den Esel betrachtete presste sie ganz kurz die Lippen aufeinander. Nur ein kleines Anzeichen der Verwirrung in dem Mädchen. Es war gut das Serrana ihr den Esel nicht schenkte, dass würde ihr kleine Welt, die ohnehin schon ins wanken geraten war, vollends zerstören. Stattdessen richtete sie den Blick auf die Ente. Die sah irgendwie lustig aus und brachte sie auf andere Gedanken.


    „Ich hab ganz viele Holzpferde. Die hat Teutus für mich geschnitzt“, wieder warf sie ihrem Vater diesen unergründlichen und zugleich auffordernden Blick zu. „Noch hab ich kein eigenes Pferd. Aber im Frühling bekomme ich eines. Das hat Papa versprochen und auch Onkel Avarus. Ich darf mir eines aussuchen. Wir wollen dann nach Germanien. Da ist die Pferdezucht von Onkel Avarus“, plapperte sie drauflos und kam nicht auf die Idee, dass Serrana dann womöglich mitkommen würde. Sie war so begeistert von dem eigenen Pferd, dass sie meist an nichts anderes denken konnte. Schließlich wurde es ihr versprochen und ein Versprechen bricht man ja nicht.

    Eigentlich hätte Sabina jetzt erwartet, dass ihr Vater sich bereit erklärte ihr nun auch Tiere zu schnitzen, statt dessen zuckte er nur entschuldigend mit den Schultern. Anscheinend wollte er oder konnte er ihr keine Tierchen Schnitzen. Dann würde sie eben einen der Sklaven fragen. Die konnten das sicherlich. Immer noch drehte sie den Esel in den Händen. Das Tier hatte es ihr angetan. Er war hübsch und niedlich. Sollte sie fragen, ob sie ihn behalten durfte? Lieber nicht, sie wollte doch die Frau nicht mögen. Langsam stellte sie den Esel wieder gegen die Kuh und stellte dafür die kleinen Hühner in einer Reihe auf.


    „Da fehlen Küken“, sagte sie etwas scheu und stellte auch die Ente dazu. „Ich hab zu Hause Pferde“, erzählte sie dann noch. Ihr Kinderzimmer war voller Tiere und Spielzeug, am liebsten hatte sie aber ihre bunten Schneckenhäuser, weil sie diese selbst angemalt hatte.


    Als dann Serrana erzählte, dass ihre Großmutter einmal auf die Ziege getretten war, musste sie kichern. Sie ließ aber dennoch lieber nicht ihre Spielsachen herum liegen, nicht dass dann beschlossen wurde, sie hatte zuviel davon. Besonders wo sie nun mit Marcus teilte und ihm schon ihre Soldaten großzügiger Weise überlassen hat.

    Mit großen Augen betrachtete Sabina die große schwarze Raubkatze. Die Zähne dieses Geschöpfes waren so lang wie ihr Unterarm und jagten ihr einen kleinen Schauer der Furcht über den Rücken. Ein tiefes Grollen drang aus dem Käfig, die Katze betrachtete die Menschen, als Feinde und hätte sich wohl nur zu gern auf die Kinder gestürzt. Marcus war fasziniert und ging einen Schritt auf den Käfig zu während Sabina sich an Calvena drückte.
    Als sie zu den Gazellen kamen entspannte sie sich wieder. Ein lautes Geräusch ließ sie dann aber zusammen zucken, der Elefant hatte es gemacht. Laut und durchdringend.


    „So viele Tiere“, sagte sie begeistert und strahlte Marcus an. „Hast du schon einmal ein Nashorn gesehen?“ fragte sie und deutete auf eine weitere Gruppe. Dort drinnen schnaubte ein großes graues schweres Etwas mit einem großen gefährlichen Horn auf der Nase.