Beiträge von Germanica Sabina

    Zitat

    Original von Quintus Germanicus Sedulus
    Auch Sedulus war mit einigen Klienten zu den Feierlichkeiten der Compitalia eingetroffen. Eigentlich hätte die Germanitas Spiele ausrichten sollen, aber irgendwie kam keiner der eingetragenen Vereinsmitglieder wegen der Wahlen oder anderen Arbeiten nicht wirklich dazu gekommen etwas zu organisieren.
    So blieb Sedulus nichts anderes über als sich wenigstens zu den Feierlichkeiten blicken zu lassen und zu hoffen das es im nächsten Jahr wieder besser werden würde...


    [Blockierte Grafik: http://i687.photobucket.com/albums/vv232/Aine_photos/bia-1.jpg]
    ___________________________________
    Bia, Sklavin und Kindermädchen


    Als Senator Sedulus angekündigt hatte, er habe vor zu den Feierlichkeiten der Compitalia zu gehen, hatte Bia kurzerhand beschlossen, dass ihr Schützling, ihren Vater begleiten würde. Es hatte sie einiges an Überredungskunst gekostet um ihn zu überzeugen, seinen Sonnenschein mit zu nehmen. Aber am Ende hatte sie gewonnen, das Argument, er widme seiner Tochter zu wenig Zeit, hatte ihn zum nachdenken und dann zum nachgeben gebracht. Erstaunlicher weise, war Sabina immer das liebste Kind auf Erden, wenn ihr sie wusste, dass ihr Vater ein Auge auf sie hatte. Mitunter jedoch konnte das Mädchen von sechs Jahren ein regelrechtes Biest sein und machte ihr das Leben schwer. Mit jeden Tag lernte sie mehr, wie sie sich durchzusetzen hatte und wie sie ihr Kindermädchen am Besten auf Trab hielt. Nur der Vater wollte es nicht wahr haben, dass Sabina etwas zu verwöhnt war. Das konnte kritisch werden, wenn sie einmal älter war. Zwar kannte das Kind Grenzen, aber ein Nein bekam sie selten zu hören.


    Doch für diesen Tag war Sabina erst einmal das brave Mädchen, welches an der Hand des Sklavin ging und die vielen Eindrücke des Festes in sich auf nahm. „Schau mal“, rief sie aus und deutete auf einen Jongleur, welcher Äpfel durch die Luft warf und immer wieder von einem ab biss. Nur wenige Schritte weiter, entdeckte sie ein seltsames Gefährt. Kinder hockten kreischend auf einem Baumstamm, während ein großer Mann schnaufend den Stamm rotieren ließ.


    „Paaaaaaaaaapaaaaaaaahaaaaaa“, erklang es und es war deutlich zu hören, dass Sabina etwas wollte. Es war dieser Tonfall den Kinder beherrschten, eine Mischung aus Begeisterung, Euphorie, mit einem leicht drängenden und quängelnden Unterton, welcher so viel sagte, dass sie jetzt und sofort etwas wollte, andern falls würde sie einfach bockig werden und in Tränen ausbrechen. „Was ist das?“ fragte sie und deutete auf das Gefährt. „Darf ich auch mal?“ fragte sie und zupfte dabei leicht nervtötend am Saum seiner Toga. Immer wieder warf sie im aus großen braunen Augen einen bettelnden Blick zu. „Biiiiiitteeeeeeeeeee“, fügte sie nachdrücklich hinzu.

    Sabina lächelte Romana zu, als diese sagte sie sei hübscher als die Malereien. Deswegen ließ sie sich auch willig das Haar zerzausen, sonst mochte sie diese Geste von Erwachsenen nicht. Dann kam sie sich so klein vor. Dabei war sie schon groß. Zumindest sagte ihr Papa das immer und Bia. Kurz warf sie ihrer Cousine einen nachdenklichen Blick zu, als diese irgendwas von einem Stern faselte. Manchmal war Calvena schon etwas merkwürdig, fand sie. Aber sie mochte ihre Base deswegen umso mehr.
    Als die Sklavin ihr dann den Becher reichte, wollte sie auch gleich einen Schluck trinken, doch Calvena nahm ihr diesen ab. Sie wollte protestieren und hatte schon den Mund geöffnet, als sie ein anderes Glas in die Hand gedrückt bekam. Sie blinzelte, als die ältere Germanica meinte, es sei nicht gerade gut, wenn sie Wein trinken würde. Nun etwas misstrauisch geworden betrachtete sie das Glas, ehe sie ganz vorsichtig daran nippte. Es schmeckte nach Himbeeren.


    „Mhm, Lecker!“ kommentierte sie.

    Sabina hielt sich an der Hand ihrer Cousine fest und folgte den beiden Frauen durch die Gänge. Rechts, Links, rechts, Links, ihr Kopf drehte sich von einer Seite zur anderen. So viele Bilder ließen ihr glatt den Kopf schwirren. Wäre sie nicht an der Hand von Calvena gegangen, wäre sie vermutlich einfach stehen geblieben und hätte es gar nicht mitbekommen, dass sie ihre Begleiterinnen verloren hat. So aber stolperte sie schon fast durch die Gänge und wusste nicht wie sie all diese neuen Eindrücke bewältigen sollte. Ein wenig war das Mädchen überfordert und war dann schon fast erleichter, als sie erst einmal vor einer einfachen Holztür stehen blieben, ehe sie dann Romanas kleines Reich betratet. Verblüfft blinzelte Sabina. Sie waren doch eben noch in einem Gebäude gewesen, wie konnten sie plötzlich auf einer Straßen stehen, draußen. Erst langsam dämmerte es ihr dann, dass auch hier die Wände bemalt waren. Auch konnte sie nun die Möbel entdecken.


    „Hui ist das hübsch!“

    Ein wenig ängstlich drückte Sabina die Hand von Calvena und als die alte hässliche Frau sie Beide auch noch anfuhr, versteckte sie sich leicht hinter dem Rücken ihrer Cousine. Als die Vestalin dann aber lachte, hellte sich das Gesicht der Frau auf und sie wirkte um einiges Jünger und vor allem viel freundlicher. Um so verdutzter war das Kind schließlich, als ihnen einfach die Tür vor der Nase zugeschlagen wurde. Ratlos sah sie sich um. Was war das denn jetzt? Würden sie Romana gar nicht besuchen dürfen. Kurz zog sie eine beleidigte Schnute, doch alle Bedenken wurden vertrieben, als Romana dann die Tür stürmisch öffnete und zunächst erst einmal die ältere der beiden Germanica umarmte und begrüßte. Etwas scheu lächelte sie Romana zu. Sie hatte ganz vergessen wie groß diese Frau doch war.


    „Salve, Claudia Romana!“ sagte sie und schenkte der Vestalin ein Lächeln. Kurz nickte sie, als Romana meinte das Wetter sei furchtbar, aber es genau war der Umstand, den das Kind am wenigsten störte. Im Gegenteil, es machte Spaß im Regen zu spielen, doch das gehörte sich nicht für ein Mädchen. Schließlich wurden sie herein geführt. „Ich bin nicht so nass geworden!“ meinte sie dann und sah sich mit großen Augen um.

    Voller Ungeduld hatte Sabina auf den heutigen Tag gewartet. Eigentlich nicht einmal lang, denn die Einladung von Claudia Romana war ja erst gestern am Nachmittag gekommen. Aber dennoch, die Aussicht mal wieder aus dem Haus zu kommen, hatte die Stimmung von dem Mädchen gewaltig gebessert. Zumal ihre Cousine ihr jede Menge Zeit gewidmet hatte. So entkam sie Bia, die mit ihrer mürrischen Art nicht gerade dazu beitrug, dass sie immer der kleine Sonnenschein war, denn die Familie so mochte. Außerdem fand sie es gar nicht so toll, den ganzen Tag im haus zu bleiben, und das nur, weil das Wetter nicht so toll war. Aber sie war ja nicht die Einzige, der man derzeit nicht gestattete draußen zu spielen, auch ihre Freundin Alba und die anderen Spielgefährten mussten zu Haus bleiben. Nur hin und wieder trafen sie sich dann, meist in überheizten Kinderzimmern. Doch heute kam sie mal wieder aus dem Haus und es war ihr eigentlich völlig egal, wie Grau und kalt es draußen war.
    Geduldig ließ sie es über sich ergehen, dass Bia sie in warme Kleidung steckte und sie ständig ermahnte bei Calvena zu bleiben und sich auch zu benehmen. Schließlich saß sie neben ihrer Cousine in der Sänfte und schaute zwischen den Vorhängen hinaus auf die Straßen Roms. Nur mit halbem Ohr hörte sie Calvena zu, war es doch viel interessanter die Leute zu beobachten. Auch wenn nicht viele auf den Straßen waren, meist nur Sklaven, die es eilig hatten und die ein oder andere Patrouille der Urbaner. Etwas genauer betrachtete sie auch einige Grellgeschminkte Frauen, die sich selbst bei diesem Regen an Hauswänden räkelten. Was die wohl nur halb bekleidet so taten? Noch kannte sie die Bedeutung einer Lupa nicht, sonst hätte sie diese Frauen wohl auch nicht so offen angestarrt.


    Erst als Sie hörte sie wären gleich da, lenkte sie ihre Aufmerksamkeit erst kurz auf ihre Begleitung und dann schaute sie hinaus. Staunend und mit offenem Mund betrachtete sie den hoch aufragenden Tempel der Vesta. Zwar hatte sie schon Tempel gesehen, aber es war doch etwas anderes, direkt vor einem zu stehen. Nur am Rande bekam sie mit, wie die Sänfte abgesetzt wurde und einen Augenblick später schon, stand sie nun auch auf dem Vorplatz. Etwas ängstlich griff sie nach der Hand von Calvena und folgte ihr dann zum Atrium Vestae. Auch hier sah sie sich staunend um, aber wagte es nicht sich allein auf Erkundungstour zu begeben. Nun warteten sie darauf, das jemand kam und sie begrüßte.

    Sabina hätte ihren Vater nur zu gern noch etwas abgelenkt, aber sie wusste ja, dass er wichtiges zu tun hatte. So fügte sie sich, hüpfte von seinem Schoss und ging dann zurück zu ihrer Cousine.


    „Bis später, Papa!“ sagte sie, winkte und dann waren die beiden Mädchen auch schon entschwunden.

    Eine ganze Weile starte Sabina das Spielbrett einfach nur an. Leider würde sie auf die schnelle nicht wieder ein Steinchen ihres Vaters vom Brett nehmen können, es sei denn, sie würde eines ihrer Steinchen opfern. Aber das wollte sie nicht, am Ende würde sie dann noch verlieren. Die Stirn gerunzelt, bemerkte sie nicht, wie einer der Sklaven herein kam und eifrig mit einem Besen herum wirbelte. Seitdem Laevina eingezogen war, lebten die Sklaven teilweise in ständiger Furcht vor dem Zorn des alten Drachen. Sie war nicht nur penibel, sondern vor allem anstrengend. Nichts konnte man ihr Recht machen und aus diesem Grund wurde nun dreimal am Tag der Besen geschwungen und imaginärer Staub von den Statuen entfernt. Besser man gab der Schreckschraube keinen Grund ihren Missmut an jemandem auszulassen. In ihrem Eifer wirbelte Saldir etwas zu ungestüm mit dem Besen herum und fegte dann mit Schwung das gesamte Spielbrett auf den Boden.


    „Oh, nein!“ Sie machte einen reichlich zerknickten Eindruck. „Das tut mir furchtbar Leid, dominus!“ Sie starrte entgeistert den kleinen Steinchen nach und klammerte sich an den Besenstiel. Was mussten die Beiden auch ausgerechnet hier herum sitzen und spielen.


    „Mein Spiel!“ jammerte Sabina und krabbelte dann eilig den Steinchen nach, ehe eines verloren ging.

    Kurzzeitig sah Sabina auch den Männern beim Kämpfen zu, aber sie fand es nicht ganz so spannend, wie ihre beiden Begleiterinnen. Stattdessen widmete sie sich einem kleinen Rundgang durch das Zimmer und spähte hinter die Möbel und auch gegen Vase, denn manchmal waren Dinge in dunklen Ecken versteckt. Doch außer Staub konnte sie nichts Spannendes finden. Sie zuckte zusammen als der Sklave zurück kam und schaute einen Moment Schuldbewusst drein, doch dann reichte er ihr einen Becher mit Saft und sie nahm diesen mit einem strahlenden Lächeln entgegen.


    „Danke!“ sagte sie artig und betrachtete dann den Honigkuchen. Der Kuchen war viel Besser wie trockene Kekse. „Oh, Honigkuchen!“ sagte sie Begeistert und vertrieb wohl die Sorge des Mannes, dass ihr dies nicht genügen würde. Sie nahm sich sogleich etwas davon und setzte sich dann mit baumelnden Beinen auf eine Kline. Saft und Honigkuchen, mit diesen wenigen Dingen hatte man sie Glücklich gemacht und nun auch eine Weile lang beschäftigt.

    Hui, dachte sie. So einfach hatte sich Sabina es nicht vorgestellt, dass ihr Vater 'Ja', sagen würde. Sie hatte nicht mal in Tränen ausbrechen müssen. Im Gegenteil, er schien ganz froh zu sein, dass sie einmal außer Haus kam. Leicht legte sie den Kopf schief und ließ den Kuss mit stoischer Miene über sich ergehen, ebenso wie die Ermahnungen. Sie wollte nicht Vestalin werden, da würde sie ja keinen Spaß mehr haben.


    „Ich will nicht Vestalin werden“, erklärte sie ihm.

    Puh, dachte Sabina. Sie war also nicht Schuld an der Wut ihres Vaters. Wie gut das er nichts von ihren kleinen Streichen wusste. Denn sonst würde er sicherlich Grund haben, auf sie wütend zu sein. Sie setzte ihr bestes Lieb-Mädchen-Lächeln auf und strahlte ihren Vater aus großen Augen an, ehe sie zu ihm ging und ihm artig einen Kuss auf die Wange setzte.


    Sabina ignorierte einfach den weiteren Ausbruch ihres Vaters und kletterte stattdessen auf seinen Schoss. „Romana hat uns eingeladen!“ berichtete sie dann. „Dürfen wir sie besuchen?“ Kurz klimperte sie mit den Wimpern. Wo sie das gelernt hatte, war selbst Bia ein Rätsel. Sie hatte dem Kind nicht beigebracht, wie es ihren Vater um den Finger wickeln konnte.


    "Bitteeeeeeee", sagte sie und sah ihn aus großen Augen an.

    Sabina hüpfte neben Calvena munter her. Egal was ihr Vater sagen würde, sie war fest entschlossen den berüchtigten Dickkopf der Germanica durchzusetzen. Und wenn das hieß, dass sie in Tränen ausbrechen musste. Aber diese Gedanken erzählte sie ihrer Cousine nicht. Am Ende würde diese sie nicht mehr mitnehmen wollen. Kurz warf sie dieser einen schiefen Blick zu, lächelte dann aber lieblich und honigsüß, als diese sie ansah.


    Erschrocken zuckte sie zusammen, als die Stimme ihres Vaters im ganzen Haus zu hören war. Mit großen Augen starrte sie auf die Tür und überlegte, ob es klug war, schon jetzt zu weinen. Schließlich ließ sie es. Besser war das, sie konnte dies auch noch später tun. Stattdessen steckte sie etwas scheu den Kopf herein.
    „Salve, Papa!“ piepst sie leise. „Stören wir?“ fügte sie hinzu. Wen sie mit 'wir' meinte, war schnell klar, denn Calvena stand hinter ihr.

    Kaum stand Sabina wieder auf ihren eigenen Füßen, schnappte sie sich den Brief aus den Händen ihrer Cousine und betrachtete mit einem angestrengtem Stirnrunzeln die Zeilen auf dem Papier. Zwar lernte sie fleißig in der Schule, doch sie beherrschte erst wenige Buchstaben. Nur einige wenige einfache Worte konnte sie entziffern, doch der Rest war ihr unbekannt.


    „Lass uns gleich zu Papa gehen!“ Sabina wollte so schnell wie möglich wissen ob sie nun mit durfte oder nicht. Sie nahm sich vor, dass wenn sie nicht durfte, dass sie dann ziemlich Böse auf ihren Vater sein würde und ihn dann ein paar Tage nicht sehen wollen würde. Sie konnte ja immer noch mit Tränen ihren Wünschen Nachdruck verleihen.


    „Domina, es ist sehr freundlich von Dir, auf Sabina auf zu passen!“ lächelte Bia. Es war ein erleichtertes Lächeln. „Und ich danke Dir, dass Du mit ihr zu ihrem Vater gehst!“ So würde sie nun wieder einmal Luft haben. Zwar würde sie damit beschäftigt sein, das Zimmer aufzuräumen, aber das quirlige Kind wäre in guter Obhut und vor allem aus dem Haus.

    Der Winter konnte ein furchtbar langweilige Zeit sein, vor allem dann, wenn Kinder wie Sabina, das Haus nur dann verlassen durften, wenn es nicht regnete, oder stürmte oder grau war. Also so gut wie nie. Deswegen war die Laune der kleinen Germanica mit jedem Tag zunehmend schlechter geworden. Ihr Kindermädchen hatte ihre liebe Mühe das Mädchen bei Laune zu halten und war meist die Leid tragende, wenn Sabina einen Wutanfall bekam, oder schlecht gelaunt sie angrollte oder einfach in tränen ausbrach. Sie konnte es dem Kind nicht verübeln, denn den ganzen Tag eingesperrt zu sein, war kein schönes Gefühl, zumal ja im Haus alles verboten war, was Lärm machte oder was Gegenstände in Gefahr brachte. Dabei brauchte das Kind eigentlich die frische Luft, wie sollte denn Sabina sonst robust werden? Wenn sie ständig im Haus blieb, würde das Mädchen nur krank werden. Aus diesem Grund hatte sich Bia hin und wieder einfach über die Anweisungen des Vaters hinweg gesetzt und war mit Sabina hinaus gegangen. Zwar würde sie jede Menge ärger bekommen, wenn dominus Sedulus dies erfahren würde, aber das war ihr allemal lieber, als die schlechte Laune ihres Schützlings über sich ergehen zu lassen. Die Erlösung kam dann in Form von Calvena. Sie klopfte nur kurz an und verkündete dann der verblüfften Sabina, dass sie eingeladen worden waren. Mit einem Jubelschrei sprang das Mädchen auf und fiel dann ihrer Cousine einfach um den Hals.


    „Ins Atrium Vestae?“ fragte Bia misstrauisch. Die wollten doch aus ihrer kleinen Sabina keine Vestalin machen. Das wäre eine Strafe für das Kind.


    „Romana wollte mir zeigen wo sie lebt und arbeitet!“ erklärte das Mädchen begeistert.


    „Wir müssen deinen Vater fragen ob du Claudia Romana besuchen darfst!“ sagte Bia. Mit einem seufzen gab sie nach. Es war besser, wenn Sabina aus dem Haus kam und wenn sie eben das Atrium Vestae sich ansah, es war besser, als wenn das Mädchen nur im Haus blieb.


    Sabina zog einen Schmollmund, warum immer musste sie ihren Vater fragen, ob sie etwas durfte. Schließlich nickte sie.

    Lyso machte es Spaß den Lehrer für Marei zu spielen. Sichtlich zufrieden mit sich betrachtete er die in den Sand gezeichneten Tiere, auch wenn es doch einiger Fantasie bedurfte um sich einen Elefanten oder einen Löwen vorzustellen. Man musste diese exotischen Tiere schon einmal gesehen haben um einen Eindruck zu gewinnen. „Die Tiergehege sind im Colloseum“, wusste Sabina zu berichten, da es ihr nicht wirklich gefiel, wie das Sklavenmädchen ihren Freund anhimmelte. Zumal er darüber ganz das Spiel vergaß. Da konnte sie auch gleich nach Hause gehen. „Mein Vater ist Beamter“, erklärte er Marei. „Aber bald wird er Senator!“ fügte er hinzu und zuckte dann leicht mit den Schultern. „Ich weiß nicht wann wir das nächste mal zu den Tiergehegen gehen. Eigentlich will mich mein Vater nach Griechenland schicken. Da kommen die besten Lehrer her. Aber ich will zur Armee!“ Sein Gesicht verfinsterte sich bei dem Gedanken, welche Zukunftspläne sein Vater mit ihm hatte. Aber noch würde er eh ein paar Jahre warten müssen, ehe er Alt genug war.


    Als sich Marei beeindruckt von ihrem Vater zeigte, strahlte das Mädchen. „Mein Vater war Soldat in Germanien!“ prahlte sie. „Aber dann wurde er verletzt und er kam nach Rom und nun ist er Senator!“ erklärte sie in kindlicher Schlichtheit. Das waren Tatsachen und sie hinterfragte es nicht. Noch nicht.


    „Benehmen heißt: Das man weiß was sich gehört. Das man freundlich zu jedem Gast ist und weiß wie man einen Senator anspricht!“ nun war es an Alba Marei zu erklären. „Politik ist nicht leicht zu erklären!“ mischte sich dann Primus besserwissererisch ein. „Politik hat etwas damit zu tun wie der Staat gelenkt wird. Das Gesetzte gemacht werden!“

    Sabina warf Marei einen kurzen durch dringlichen Blick zu und zuckte dann fast gleichgültig mit den Schultern. Sie wusste nicht so recht was sie von dem fremden Mädchen halten sollte.


    Lyso starrte hingegen Marei ungläubig an. Das Mädchen wusste ja fast gar nichts. „Afrika!“ verbesserte sie erst einmal. „Das ist ein Land. Eine Wüste besteht aus Sand, dort regnet es nur ganz selten, deswegen gibt es dort auch nur wenige Pflanzen. Warst du schon einmal im Kolosseum? Da kannst du Löwen und Elefanten sehen. Das sind Tiere. Löwen sind große Katzen mit einer Mähne“, er hob eine Stock auf und zeichnete ein solches Tier in den Sand. Daneben malte er dann auch gleich einen Elefanten. „Das hier ist ein Elefant. Sie sind so groß wie ein Haus und grau und haben einen Rüssel!“ belehrte er sie. Er war stolz darauf, so viel zu wissen.
    „Ich war noch nicht im Kolosseum!“ sagte Alba. „Aber mein Papa hat mich mal zu den Tiergehegen mit genommen und mir Löwen und Elefanten gezeigt!“ berichtete sie begeistert.
    Als Marei dann fragte ob Lyso sie einmal mitnehmen konnte, wenn er verreiste, zuckte er nur mit den Schultern. „Ich kann dir nichts versprechen“, erklärte Primus ihr. „Du bist eine Sklavin und dein Herr hat zu entscheiden wohin du gehst!“ erklärte er ihr dann. Er wusste schon ganz genau wo sein Platz in der Welt war und auch wo Marei stand. Er fühlte sich geschmeichelt als sie so beeindruckt war, weil er mit einem Holzgladius kämpfen konnte.
    „Mein Vater war Soldat“, mischte sich Sabina nun wieder ein. „Er hat gegen Barbaren gekämpft!“ fügte sie hinzu.
    „Wir haben Hauslehrer!“ erklärte Lyso. „Hin und wieder sitzen wir auch gemeinsam zusammen, aber jeder lernt etwas anderes. Mädchen lernen vor allem wie sie sich zu benehmen haben und wir Jungs lernen etwas über Politik!“ „Ich weiß auch schon was über die Politik!“ meinte Alba leicht schmollend und nahm dann ihr Steinchen auf. „Ich bin dran!“ erklärte sie kurzerhand und hüpfte dann wieder über die Straße.

    Hu, das war ja lustig was die Männer da draußen machten. Die rauften sich ja ebenso wie ihre Spielkameraden. Ob sie wohl auch mitmachen durfte? Sie sah zu Calvena hoch. Die sah nicht so aus, als würde sie ihr gestatten raus zu rennen und mitzumachen.


    „Oh ja“, sagte sie auf die Frage ob sie etwas trinken möchte. „Ich will auch Saft!“ erklärte sie und sah dann wieder raus. Auch sie zuckte zusammen als Schild auf Schild prallte und Centho ins taumeln geriet. Der würde aber heute Abend einen bösen blauen Fleck davon tragen.


    „Das sieht aber gar nicht geschickt aus!“ meinte sie und kicherte dann. Bevor der Sklave dann los ging, zupfte sie ihn kurz an der Tunika und sah ihn aus großen Augen an. „Hast du Kekse da?“ fragte sie etwas schüchtern.

    Sabina sah Marei wortlos an, dass sich das Mädchen so abfällig über den Beruf ihres Vaters äußerte, gefiel ihr gar nicht. Sie hatte nicht wirklich erwartet, dass Marei vor Ehrfurcht erstarren würde, aber ihr Tonfall war doch ziemlich respektlos und vor allem vorlaut. Dabei hatte sie doch nur auf die Frage des anderen Kindes geantwortet. Pikiert presste sie ihre Lippen auf einander. „Mein Onkel ist auch Senator“, sagte sie etwas trotzig nur um klar zu machen, dass ihre Familie hoch angesehen war. Irgendwie verspürte sie nun nicht die Lust Marei ihren Vater zu beschreiben, stattdessen nahm sie ihr Schneckenhaus wieder auf, warf es in eines der Kästchen und hüpfte drauf los.


    „Du glaubst doch nicht etwa ich würde Lügen?“ meinte Primus, als Marei nachfragte ob der Nubier bei ihm im Hause wirklich ärger machte. Leicht schüttelte er den Kopf, dieses Mädchen war wirklich merkwürdig. „Nubier stammen aus Afrika“, belehrte er dann Marei. „Das Land besteht zum Teil aus Wüste und dort ist es viel wärmer als hier. In Afrika leben auch Löwen und Elefanten.“ Er war stolz darauf, dass er so viel schon wusste. Sein Lehrer hatte es ihm beigebracht. „Und Mantua ist eine Stadt nördlich von Rom“, fügte er hinzu.
    Alba deutete auf das älteste Kindermädchen, welche bei Bia stand. Sie hieß Mara und hatte schon ihre älteren Brüder unterrichtet. „Helena hat mir das Schuhe binden beigebracht“, sagte sie schüchtern und warf Sabina einen kurzen Blick zu. Ihre Freundin schien nicht mehr mit dem fremden Mädchen reden wollen.
    Alle vier Kinder sahen Marei verwundert an, als sie erklärte, dass sie nicht zur Schule ginge. Das konnten sie sich gar nicht vorstellen, denn eigentlich musste jedes Kind lesen und schreiben lernen, zumindest ihre Spielgefährten, die sie kannten. „Schule ist wichtig“, sagte Lyso und zitierte damit seinen strengen Vater. „Damit ich später einmal seine Geschäfte übernehmen kann. Und dann werde ich die ganze Welt sehen.“
    „Du Dummerchen, wir lernen doch nicht den ganzen Tag“, lachte Primus. „Wir dürfen auch spielen und raus gehen“, verwundert schüttelte er nun seinen Kopf. Dieses Mädchen hatte ja gar keine Vorstellungen von ihrem Leben. „Und ich darf bereits mit einem Gladius üben“, prahlte Lyso stolz. „Ich will eines Tages zur Armee gehen. Wie mein Onkel!“ teilte er bereitwillig mit. Er tat so, als würde er mit einem Schwert herum fuchteln. „Ich werde gegen die barbarischen Germanen kämpfen!“ Der Junge verstummte augenblicklich, als Marei erklärte sie sei ein Sklavenkind. Das war an sich nicht schlimm, denn an besonders regnerischen Tagen spielte auch er mit den Kindern der Haussklaven. Das waren dann ebenso wilde Spiele. Aber dennoch war es etwas merkwürdig für sie.


    Bia musterte das fremde Mädchen wieder einmal kurz und zuckte dann mit Schultern. Solange es sich benahm und keine Gefahr für ihren Schützling bedeutete, würde sie sich nicht einmischen, ebenso wie die anderen drei Frauen.
    „Solange du dich benimmst, hast du nicht vor uns zu befürchten!“ grinste Helena breit und widmete sich dann wieder dem Klatsch und Tratsch Roms. „Ein Sklave der Aurelia… na wenn das Mädchen dort im Haushalt nicht für Wirbel sorgt, dann Fress ich nen Besen!“ kicherte Mara süffisant. Das Mädchen würde früher oder später schon noch lernen wo ihr Platz im Leben war. Das lernten am Ende alle. „Sie hat Glück nicht bei den Flaviern gelandet zu sein. Die sind ja für ihren Jähzorn bekannt!“ Leicht schauderte Bia, als sie gehört hatte, dass die Flavia erst kürzlich einen Sklaven gekreuzigt hatte. Das hatte alle Sklaven bedrückt. „Er soll selbst Schuld gewesen sein. Er war geflohen UND hat auch noch seine Herrin entführt!“ erklärte Mara wispernd.

    Hand in Hand lief Sabina neben Calvena um und sah sich mit großen Kinderaugen neugierig um. Das war ja alles schrecklich aufregend für sie, erst dieser große dunkle Sklave und dann dieses fremde Haus. Ein wenig befangen war sie schon, denn sie fürchtete, dass sie etwas kaputt machen würde. Deswegen blieb sie erst einmal ganz dich neben ihrer Base.


    Im Tablinum angekommen, ließ sie dann Calvenas Hand los und wagte sich vorsichtig vor. Kurz sah sie sich die Vasen an, blieb aber im sicheren Abstand, es musste ja nicht das Gleiche Unglück wie zu Hause passieren, dass sie eine der großen teuren Vase demolierte. Schließlich ging sie zum Fenster und sah raus, das erschien ihr als ungefährlichstes Abenteuer.
    Was sie sah, war ein großer Garten und dann zu ihrer Verblüffung, zwei bekannte Gesichter. Aufgeregt quickte sie.


    „Schau mal, Calvena!“ meinte sie ganz aufgeregt. „Da ist Centho und Valerian!“ plapperte sie drauf los. Mit dem Finger zeigte sie nach draußen.

    Vier Kinder sahen das fremde Mädchen völlig verdutzt an. Sie waren verblüfft darüber, dass sie nicht wusste, warum ihre Eltern sich Sorgen machten, wenn sie draußen spielten. Sie waren so sehr daran gewöhnt, dass ihre Väter einflussreiche und vermögende Männer waren, dass sie sich kaum vorstellen konnten, dass jemand dieses Privileg nicht hatte. „Nun, mein Papa ist Senator“, erkläre Sabina, als sei es das Selbstverständlichste auf der Welt. Für sie war damit alles erklärt und auch völlig normal. Die Regel, dass sie niemals allein aus dem Haus gehen sollte, erfüllte sie immer und widersprach auch nicht. Noch konnte sie nicht alle Gründe ihres Vaters verstehen, aber sie fügte sich.
    „Wir haben auch einen nubischen Sklaven zu Haus!“ erklärte Pirmus und sah dabei zu, wie Alba über die Kästchen hüpfte. Der pumlige Junge verzog ein wenig das Gesicht. „Aber der ist echt widerspenstig, ständig macht er ärger.... meiner Vater muss ihn ständig bestrafen!“ kurz zuckte er mit den Schultern und tat dann jeden Gedanken an den Skalven ab. Als nächstes kam Lyso an die Reihe, er hüpfte ebenfalls in die Kästchen und hob unterwegs sein Steinchen wieder auf. „Die Schuhe kann ich mir schon lange allein zubinden!“ erklärte Alba und nahm Sabina ihre Puppe ab, den nach Marei und Primus wäre das andere Mädchen dran.


    Schlumeisterlich sah Primus dann Marei an. „Gehst du etwa nicht zur Schule? Lernst du nicht lesen, schreiben und rechnen?“ fragte er völlig verdutzt. „Das Alphabet, er betonte das letzte Wort etwas stärker, „lernt jedes Kind. Das sind die Buchstaben mit denen wir schreiben und lesen!“ fügte er hinzu.


    Kurz sah Sabina zu Bia herrüber. "Bia und die Anderen unterhalten sich!" meinte sie schlicht.

    An der Hand von Calvena lief sie ohne zu Murren durch die Straßen Roms und drehte immer wieder den Kopf um sich etwas genauer anzusehen. So oft kam Sabina nicht aus dem Haus und meist verließ sie dann auch nicht die ruhige Straße vor der Casa Germanica. Den großen Marktplatz kannte sie noch, aber das war es dann auch schon fast. Von daher war es ein schönes Abenteuer einmal nicht die üblichen Wege zu gehen. Immer wieder deutete sie auf Besonderheiten, einen Baum, ein Laden oder auf einen Menschen.
    doch schon bald hatten sie ihr Ziel erreicht und Sabina kicherte leise, als Calvena meinte es würde lustig werden.


    Nicht lange mussten sie warten, als die Tür schon geöffnet wurde und das Mädchen den großen dunklen Sklaven mit offenem Mund anstarrte. Sie wusste nicht, ob sie sich fürchten sollte oder nicht.
    Sicherheitshalber versteckte sie sich dann doch hinter ihrer Cousine und murmelte ein leises schüchternes: "Salve!"