Beiträge von Germanica Sabina

    Obwohl er krank gewesen war, war er nicht untätig gewesen. Griechisch hatte er gelernt und vermutlich noch vieles anderes. Irgendwie doch ein bisschen langweilig. Aber so mochte sie ihn. Die treibende Kraft hinter ihren Ausflügen und Streichen war meistens Sabina gewesen. Schon immer war sie ein Wildfang und für so manchen Schabernack zu haben. Gern setzte sie ihren Willen durch.
    Milo hingegen war strebsam und besonnen. Ganz das Gegenteil von ihr. Er war eben ruhiger und zurückhaltender.
    Ein freches Grinsen zeigte sich auf ihren Zügen, als er auf seinem Ellbogen landete. Aus dem Grinsen wurde ein Schmollmund. Irgendwie hatte er ja recht, aber sie wollte sich nicht einsichtig zeigen. Laevina wollte ihr ganzes Leben beherrschen und kontrollieren. Ständig schrieb ihr diese vor was sie zu tun hatte und was nicht. Wie sie sich zu benehmen hatte oder mit wem sie befreundet sein sollte. Außerdem behielt Laevina sie ständig im Auge und wartete förmlich darauf, dass sie irgendwie sich nicht so benahm, wie man es von ihr erwartete. Bei der Erwähnung ihrer Großtante schnaubte sie von daher ungehalten. „Ich hätte Laevina schon davon abgehalten dich und Bestia hinaus zu werfen“, gab sie rebellisch von sich. Sie wollte nicht zulassen, dass Laevina ihre Freunde vergraulte. Wenn es sein musste, würde sie sich auch mit der alten Germanica streiten. Wäre nicht das erste Mal. „Naja … dann hab ich einen Grund dich zu besuchen! Ich will Bestia unbedingt wiedersehen“, erklärte sie entschlossen. Sie hatte den Hund vermisst. Ein Spielgefährte, den sie im Müll der Subura gefunden hatten. Das war ein Abenteuer gewesen, das sie nicht so schnell vergessen würde. Schließlich hatten sie etwas Verbotenes getan. Die Subura war kein Ort für Kinder. Sie hatten sich ja auch nicht allzu tief hinein gewagt und sich furchtbar erschreckt, als es geraschelt hatte. Bestia hatten sie dann behalten dürfen.
    Ein bisschen unzufrieden runzelte sie die Stirn, als er dann meinte, er würde einen Schneider kommen lassen. „Na schön, wie du meinst! Es würde mehr Spaß machen, wenn wir bummeln gehen würden“, gab sie klein bei. Kurz wackelte sie mit den Beinen.
    „Natürlich hab ich nach dir gefragt! Ich hab mir doch Sorgen um dich gemacht! Du hast mir gefehlt. Die Zwillinge sind schon ganz schön groß. Vic und Vina machen jede Menge Unsinn“, Sabina musste dabei frech Grinsen. „Die Sklaven sagen, sie sind wie ich. Ständig nur Unsinn im Kopf“, lachte sie. „Laevina besteht darauf aus mir eine vorbildliche Römerin zu machen“, Sabina machte eine Grimasse, die aussagte, wie wenig Spaß dies machte. „Du weißt schon, diesen ganzen Mädchenkram … nähen, sticken, weben … an sich macht das auch Spaß. Wenn Laevina nicht ständig etwas zu kritisieren hat. Egal wie sehr ich mich anstrenge, sie hat irgendwie immer etwas auszusetzen.“ Genervt rollte sie mit den Augen. „Wenn es nach Laevina ginge würde sie mich am liebsten den lieben langen Tag im Haus einsperren und zwingen neben ihr zu sitzen. Sie ist wie ein Prätorianer und Kerkerwächter. Ihr entgeht nichts. Auch weil Quadrata überall herum schnüffelt.“

    Auf dem Bauch liegend, den Kopf in ihre Hände gestützt und mit den Beinen wackelnd, musterte sie ihn erst einmal genau. Nach einer Weile eingehender Musterung kam sie zu dem Schluss, dass es ihm gut ging. Welche Krankheit ihn auch immer gequält hatte, er hatte sie gänzlich von sich abgeschüttelt. Es erleichterte sie ungemein. Sabina hatte sich große Sorgen gemacht und sie hatte ihn vermisst. Schließlich war Milo ihr bester Freund. Gemeinsam hatten sie schon ne Menge Unfug angestellt. Wobei er eigentlich immer der Besonnene von ihnen war.
    „Ich bin froh, dass es dir wieder gut geht“, lächelte sie ihm zu. Sabina hatte ihm bereits verziehen. In dem Augenblick, als sie ihn an der porta entdeckt hatte. „Ich hab mir Sorgen gemacht!“ gestand sie ihm ein bisschen verlegen.
    Das Lächeln verschwand langsam, als er erzählte wie schlecht es ihm ergangen war. Sein Bericht erschreckte Sabina. Nun konnte sie auch verstehen, warum er ihr nicht geschrieben hatte. Wie konnte sie ihm da noch Böse sein? Sie streckte die Hand nach seiner aus und drückte sie dann freundschaftlich. Er sollte wissen, dass sie seine Gründe verstehen konnte. „Du hättest mir ruhig schreiben können. Dann hätte ich zurück geschrieben und dich ein wenig abgelenkt“, sie klang verständnisvoll. Sabina lächelte wieder, als er dann erzählte, dass er sich mit seiner Mutter nun besser verstand. Dann fiel ihr etwas auf, das fehlte. „Warum hast du Bestia nicht mitgebracht?“ nun klang sie doch etwas vorwurfsvoll. Sie hatte ihren gemeinsamen Spielkameraden ebenso vermisste wie Faustus. Leicht knuffte sie ihm gegen die Schulter, so als Strafe.
    Leise musste sie dann lachen, als er ihr erzählte, dass ihm seine Kleider nicht mehr passten. „Dann müssen wir dich wohl einmal einkleiden!“ sie klang begeistert und war drauf und dran ihn wieder an die Hand zu nehmen und direkt zum mercatus zu zerren. Aber dann erinnerte sie sich daran, dass sie das Haus ja nicht verlassen sollte.

    Hätte sie Milo direkt mit hinauf in ihr Zimmer genommen und würde Laevina das mitbekommen, dann würde es eine Menge Ärger geben. Um zu vermeiden, dass die Großtante irgendeinen unangebrachten Verdacht hegte, nahm sie den Helvetier ins Trcilinium mit. Am liebsten hätte sie ja mit ihm die Straßen unsicher gemacht, doch Gundhraban würde sie wohl nicht aus dem Haus lassen. Da würde alles betteln und flehen nicht helfen. Also ging es ins Triclinium und Milo musste ihr folgen, hatte sie ihn doch sehr entschlossen an die Hand genommen und einfach mit sich gezogen. So war sie nun einmal. Sie wusste was sie wollte und setzte auch meistens ihren Willen durch.
    „Und nun erzähl doch mal!“ forderte sie ihn auf und ließ sich ungestüm auf eine der Klinen fallen. Zum Glück war niemand da, der sie zurecht wies oder ermahnte oder sonst irgendwie störte.

    Wenn Laevina diese Szene beobachtet hätte, hätte diese nur verstimmt den Kopf geschüttelt und wäre wohl mit ihrem Stock dazwischen gegangen. Es gehörte sich einfach nicht, dass eine junge Dame sich derart an einen jungen Mann warf. Im Augenblick war es Sabina schnurzegal was ihre Großtante alles tun würde, nur ihm sie von Milo zu trennen. Vermutlich in den Keller sperren oder aber irgendwo fest ketten. Doch Laevina war gerade nicht zu sehen und sie musste einfach ihren besten Freund beinahe umwerfen. Viel zu lange hatte sie ihn nicht mehr gesehen und ehrlich vermisst. Eigentlich müsste sie ihm ja böse sein, weil er sich nicht gemeldet hatte, dieser treulose Hund, aber sie konnte ihm einfach nicht böse sein. Dafür hatte sie sich viel zu viele Sorgen um ihn gemacht. Sabina war erleichtert dass er nun gesund und munter vor ihr stand.
    Sie musste lachen, als er vor sich her stammelte und völlig verlegen war. Freundschaftlich knuffte sie ihm in die Seite. „Fehlen dir die Worte?“ schmunzelte sie. „Ich bins Sabina und nicht irgendeine Erscheinung! Was hast du denn nur?“ scherzte sie und drückte ihn noch einmal. Nur um sich zu vergewissern, dass er auch wirklich vor ihr stand. Dann ließ sie sie erst einmal von ihm ab, damit er sich sammeln konnte. „Du hast dir ja einen aufregenden Zeitpunkt ausgesucht um wieder nach Rom zu kommen! Die ganze Stadt steht Kopf! Aber das ist nicht so wichtig! Du bist wieder da!“ strahlte sie und freute sich bereits auf gemeinsam Streifzüge. Sie nahm ihn bei der Hand und zog ihn Richtung Triclinium. Wiederstand war zwecklos!

    Anscheinend störte sie. Sogar ganz gewaltig, wenn sie die Blicke der Jungen richtig deutete. Rufus wirkte ganz geknickt und Vic verdächtigte sie direkt, dass sie geschickt worden war um nach ihnen zu sehen. „Nein, Serrana schickt mich nicht. Ich wollt mir eigentlich nur kandierte Früchte holen … wollt ihr auch welche?“ fragte Sabina und sah von einem zum anderen. So ein bisschen wollte sie die Beiden bestechen, damit die Jungs sie nicht so finster anschauten. Schließlich hatte sie nichts Böses im Sinn. Schließlich war sie über die Beiden mehr oder weniger gestolpert. Im Atrium hatten sie sich ja gerangelt. Früher oder später hätte man sie dabei entdeckt und dann wohl auch eingemischt.
    Rufus versuchte sich derweil das Blut aus dem Gesicht zu waschen, was ihm nur mäßig gelang. Das er verloren hatte, schien ihm ganz schön zuzusetzen. Armer kleiner Bursche. Vorsichtig machte sie einen Schritt auf ihn zu. Jungen waren ja meistens ganz schön stolz und wollten in der Regel keine Hilfe von anderen. Aber sie konnte es ja mal versuchen. „Zeig doch mal her“, schlug sie vor. "Sieht bestimmt nur schlimmer aus, wie es ist!"

    Sabina war genervt, Vina hatte ihre Kleidertruhe ausgeräumt und wohl in ihren Kleidern mal wieder Hochzeit gespielt. Anstatt alles wieder zurück zu räumen, hatte ihre kleine Schwester die Kleider einfach auf dem Boden liegen gelassen, als ihr der Sinn nach einem anderen Spiel stand. Warum nur war ihre kleine Schwester so furchtbar unordentlich! Dabei vergaß sie ganz, dass sie in deren Alter genauso schlimm gewesen war, sogar noch schlimmer. Aus einer Laune heraus hatte sie einfach alles Spielzeug auf dem Boden verteilt. Ihre kleinen Geschwister waren in dieser Hinsicht nicht besser. Sogar doppelt so schlimm, denn Vic machte auch Unordnung! Zum Glück spielte der aber nicht in ihren Kleidern. Dafür versteckte er sich gern unter ihrem Bett und sprang dann laut brüllend heraus, wenn sie nichtsahnend sich auf ihre Bett fallen ließ.
    Eigentlich hatte sie ja ihre Geschwister furchtbar gern, aber sie nervten! Immerzu wollten sie mit ihr spielen oder Geschichten hören oder sonst irgendwie beschäftigt werden, wenn sie eigentlich etwas anderes machen wollte. Und derzeit durfte sie nicht einmal das Haus verlassen um sich mit ihren Freunden zu treffen. Warum hatte der Imperator gerade jetzt abkratzen müssen? Das war soooo ungerecht! Nur weil dieser blöde alte Sack drauf gegangen war, hatte man den Notstand über Rom verhängt und eine Ausgangssperre verordnet. Und ihre Stiefmutter war so sehr in Panik, dass sie glatt dem ganzen Haushalt verboten hatte das Haus zu verlassen. So wirklich konnte Sabina das nicht nachvollziehen. Es war für sie unbegreiflich, warum wegen dem Tod des Kaisers so ein Aufstand gemacht wurde. Irgendwann musste doch jeder sterben! Außerdem war der Imperator seinem Volk fremd geworden. Sie jedenfalls hatte den nie zu Gesicht bekommen. Also was interessierte sie es ob der dann noch lebte oder ob die Würmer bereits an ihm nagten!
    Den ganzen Tag mit ihrer Familie zusammen sein, war furchtbar nervig! Ständig wackelte Quadrata um sie herum, oder aber Serrana huschte wie ein aufgeschrecktes Huhn durch das Haus und opferte ständig am Hausalter. Der ständige Geruch von Weihrauch nervte sie auch. Das kitzelte in der Nase und ließ sie niesen. Und in ihrem Zimmer war sie auch nie allein. Ständig wollten die Zwillinge etwas.
    Umso froher war sie, als Saldir verkündete sie hätte Besuch. Wunderbar! Einer ihrer Freunde hatte sich aus dem Haus gestohlen! Auf diese Weise würde der Tag wohl nicht so langweilig sein. Sie sprang auf, warf unachtsam ihre Kleider zurück in die Truhe und lief die Treppen eilig hinab. Saldir bekam nur noch die Aufgabe in ihrem Zimmer aufzuräumen.


    Einen Moment später blieb sie dann aber überrascht stehen, als sie sah, wer sie da besuchen kam. Es folgte ein freudiger Aufschrei und dann warf sie sich ihrem besten Freund einfach um den Hals. „FAUSTUS!“


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    Gundhraban Türsklave


    „So, so … zu Sabina willst du also. Bist wohl einer ihrer Freunde, he?“ Hätte er sich ja eigentlich denken können. Warum sonst sollte so ein junger Bursche vor der Tür stehen. Ein kleines Grinsen konnte er sich dann nicht verkneifen. „Willst wohl Eindruck bei ihr hinterlassen, so wie du dich heraus geputzt hast!“ zwinkerte er ihm zu. Das Misstrauen war aus seiner Haltung verschwunden. „Oder willst du den alten Drachen beeindrucken?“ sprachs und ließ Milo dann hinein.



    SKLAVE - GENS GERMANICA


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    Gundhraban Türsklave


    Seit dem man den Notstand verhängt hatte, gab es nur wenige Besucher. Nur ab und zu schaute mal ein besorgter Klient vorbei, blieb aber meist nicht lange. Nicht das man Verdacht erregte. Wer wusste schon, wen der Praefectus Urbis als nächstes holen würde oder Verdächtigte noch an dem Mordkomplett beteiligt zu sein.
    Als es klopfte öffnete der Germane nur einen Spaltbreit die Tür und linste hinaus. Als er sah, dass es sich um keine bewaffneten Soldaten handelte sondern nur um einen Halbwüchsigen, entspannte er sich ein wenig. Schaute aber dennoch grimmig drein. „Salve Junge! Was willst du?“ fragte er nicht unfreundlich, schließlich ging von dem Bürschlein keine Gefahr aus.



    SKLAVE - GENS GERMANICA

    Von dem Besuch Calvenas erfuhr sie in dem Moment, als sie beinahe über ihren Bruder und Rufus stolperte. Als sie ins Atrium kam sah sie mit einiger Verwunderung wie sich die beiden Jungs gerade balgten und der eine dem anderen eine blutige Nase verpasste. Dort wo sich Vic zuvor versteckt hatte, lehnte nun sie an der Säule und sah den beiden zu, wie sie da auf dem Boden herum rollten. Aber als Blut floss, hörte das wilde Spiel der Beiden auf. Irgendwie fand sie es spannend den Beiden bei ihrem Kräftemessen zuzusehen. Da sie sich nicht einmischen wollte, hielt sie sich zurück, sonst hätte sie laut ihren kleinen Bruder angefeuert. Irgendwie hatte er ja dann auch gewonnen, die blutige Nase hatte Rufus, nicht Vic. Das machte sie Stolz.


    „Wir wäre es, wenn du dir das Blut aus dem Gesicht wäscht … sonst gibt es nachher Ärger“, riet sie dann, als die Jungs nun auf dem Boden saßen und so etwas wie einen kurzzeitigen Waffenstillstand schlossen. Bestimmt hatten sie nicht bemerkt, dass sie die ganze Zeit über beobachtet worden waren. Noch immer lehnte Sabina gegen eine Säule. Leise grinste sie vor sich hin.

    Sabina war überrascht, das Marei zugab, sie hätte Angst vor Geistern. Die Germanica hatte auch Angst, aber das würde sie nicht zugeben. Schließlich war sie genauso mutig wie Milo. "Calvena hat hier gewohnt, bevor sie geheiratet hat und hier hat sie auch ein Fest zu den Fontinalien veranstaltet. Ich hab ein neues Kleid bekommen und die Freundinnen meiner Cousine kennen gelernt", plapperte sie fröhlich drauf los. "Da hab ich auch Valerian zum ersten Mal kennen gelernt. Er ist Soldat! Aber da waren sie noch nicht verheiratet, erst später! Jedenfalls hat er mich versteckt. Er ist echt toll. ein richtiger Held!" Sabina bewunderte den Quintilier. Er war ja auch sehr nett. "Ich liebe Pferde! Ich bekomme ja eines. Das haben mir mein Vater und mein Onkel versprochen! Ein Fohlen, ich zeig es dir, wenn ich es habe!" versprach sie. "Ich glaub die aurelischen Zwillinge hab ich schon mal gesehen... auf der Hochzeit von meinem Vater und Calvena. Sie haben total gleich ausgesehen...", mehr konnte Sabina nicht sagen, denn Bia steckte den Kopf rein. "Laevina hat ihr Nickerchen beendet, du sollst wieder zu ihr!" "Ohje", Sabina zog einen Schmollmund und ließ den Kopf hängen. "Ich kann nicht länger spielen. Aber du darfst gern hier bleiben!" erklärte sie und macht einen geknickten Eindruck. "Du darfst auch gern mit meinen Pferden spielen!" sie deutete auf die unzähligen geschnitzten Pferde. Und dann war sie auch erst einmal wieder weg und ließ Marei allein in dem großen Zimmer mit den vielen Spielzeugen.

    Sabina fand unter dem Bett war ein gutes Versteck. Dort schauten die Erwachsenen selten zu allererst nach. Das Marei das nicht so sah, war ihr egal. Marei musste ja nicht ihr Versteck teilen. „Hast du etwa Angst vor Gespenstern? Unterm Bett sind bestimmt keine Gespenster oder Lemuren! Jedenfalls nicht unter meinem Bett!“ Marei war komisch, wie sie fand. Das Mädchen hatte sich verändert, seit ihrem ersten Kennenlernen. Hätte sie auch keinen Hausarrest, wäre sie wohl jetzt bei Milo oder aber einem ihrer anderen Freunde. „Manchmal vermisse ich sie…“, gab Sabina leise zu Thema ihrer Mutter zu. Aber als sie dann mit den Schultern zuckte, war es auch vergessen. „Septima ist eine Freundin meiner Cousine Calvena! Wir haben uns bei einem Fest das Calvena ausgerichtet hat, kennen gelernt! Außerdem ist sie ja Gast, also muss ich sie ja kennen!“ Das sagte sie im selbstverständlichen Ton. „Machst du nur Blumenbilder?“

    „M A D A R A!“ verbesserte Sabina Marei, als diese den Namen der Puppe falsch aussprach und daraus irgend so ein Kauderwelsch machte. So schwer war der Name nun auch nicht. „Unter dem Bett ist mein Versteck! Wenn ich meine Puppe suche, finde ich sie immer dort wieder“, erklärte sie den Grund, warum die Puppe dort lag und nicht bei ihr im Bett. Diese Angewohnheit hatte dafür gesorgt, dass ausgerechnet dieses Spielzeug bei der eiligen Abreise vergessen worden war. Sie sollte sich wohl einen neuen und besseren Ort für die geliebte Puppe ausdenken. „Unter dem Bett schaut Bia nicht so schnell nach und auch Laevina nicht, wenn ich aufräumen soll!“ sie zeigte ein freches Grinsen. „Meine richtige Mama ist Tod… sie hieß Paulina“, erzählte sie. Sabina war nicht mehr so traurig, dass ihre Mutter Tod war. Sie hatte sich damit abgefunden, dennoch vermisste sie diese ab und zu.
    „Ich weiß wer Septima ist“, ganz leicht rollte sie mit den Augen. Die Tiberia war nett. „Oh… so viele Steinchen!“ Die Germanica machte große Augen.

    Onkel Avarus würde nach Hause kommen. Das waren Nachrichten die zumindest ihre Stimmung direkt hoben. Da war es fast vergessen, dass sie bei Laevina saß und sticken musste. Gutgelaunt wackelte sie kurz mit den Beinen und spitzte die Ohren. Aber etwas Interessantes schien ihr Vater und ihre Großtante nicht zu bereden haben. Es war der übliche langweilige Kram, was den Haushalt anging. Da war ja sogar sticken noch interessanter. Mit etwas Glück, würde Laevina sie entlassen, wenn das Blumenmuster fertig war. Die Schwierigkeit war nur, genau die Vorstellungen der alten Germanica zu erfüllen. Blumen waren ja zum Glück nicht so schwer. Fand sie jedenfalls. Komplizierter waren irgendwelche Heldensagen oder Göttergeschichten.

    Neugierig beobachtete Sabina, wie Marei eine Kiste mit herein schleppte. Was da wohl drin war? Sicherlich etwas spannendes. Doch bevor sie fragen konnte, plapperte das andere Mädchen erst einmal drauf los und erzählte von ihrer Puppe. „Meine Puppe heißt Madara!“ erklärte sie. Kurz rutschte sie halb unter ihr Bett und angelte sich dann das geliebte Spielzeug. Bia hatte ihr Wort gehalten und die Puppe aus Mantua her bringen lassen. Das war ein Theater gewesen, weil das Spielzeug vergessen worden war. „Meine Mutter hat sie mir geschenkt… also nicht Serrana, sondern meine richtige Mutter“, erzählte sie und setzte die Puppe auf ihr Bett. „Was hast du da in der Kiste?“

    Hausarrest, das war wirklich unfair! Aber schlimmer war es, unter den Augen Laevinas sich in sticken, weben und nähen zu üben. Immer hatte diese etwas an ihrer Arbeit auszusetzen. Mal war es ein Knötchen oder der Faden war zu lang oder irgendetwas anderes. Das machte so gar keinen Spaß, besonders, weil sie immer erst dann gehen durfte, wenn das Stück Stoff genau den Vorstellungen der Großtante entsprach. Und das war fast unmöglich zu erreichen. Zumindest solange wie die alte Germanica ein Nickerchen machte, konnte sie tun und lassen was sie wollte. Solange jedenfalls sie das Haus nicht verließ. Wie gut dass sie genügend Spielzeug hatte mit dem sie sich beschäftigen konnte. Oder aber sie spielte auch mal mit ihren Geschwisterchen.
    Heute saß sie allein in ihrem Zimmer und spielte mit dem Pferd, welches Valerian ihr geschenkt hatte. Der Quintilier war so etwas wie ein Held für sie. Nicht nur das er nett war, nein er war auch für ein paar Späßchen zu haben und obendrein auch noch Soldat. Tapfer und glorreich, das fand sie toll und bewunderte ihn dafür. Und das er Calvena geheiratet hatte war noch besser. Auf diese Weise waren sie verwandt. So einen Helden in der Familie zu haben, war schon was Tolles. Ein Klopfen riss sie aus der Betrachtung des schönen Holztieres und im nächsten Moment steckte schon Marei den Kopf zur Tür herein. Das Sklavenmädchen hatte sie fast vergessen. So oft hatte sie diese nicht zu Gesicht bekommen. „Ohhh…“, meinte sie überrascht und lächelte dem Mädchen zu. „Was machst du denn hier? Hast du frei?“

    Sabina warf Laevina einen grimmigen Blick zu, als diese sie am Kinn fasste und ihren Kopf zurück auf die Stickarbeit drehte. Nicht einmal ablenken durfte sich lassen. Immer nur mit dem doofen Blumenmuster befassen. Bevor sie sich ausmalen konnte das der Stoff ihr Feind und die Nadel das spitze Schwert in ihrer Hand war, betrat ihr Vater den Raum. Kurz hegte sie die Hoffnung, dass er gekommen war um sie zu erretten, doch diese Hoffnung starb sofort. Stattdessen sollte sie Laevina dabei helfen, alles für die Ankunft ihres Onkels vorzubereiten. Wobei das eine erfreuliche Nachricht war. Hoffentlich hatte er an das versprochene Fohlen gedacht! Plötzlich war es gar nicht mehr schlimm, der Großtante zu helfen oder bei ihr zu sitzen. Im Kopf hatte sie nur noch das Pferd und welchen Namen sie ihm geben wollte.

    Den blonden Schopf über die Stickarbeit gebeugt, grübelte sie, wie sie es Gadatas heimzahlen konnte, dass er sie verpetzt hatte. Sie durfte sich nur nicht dabei erwischen lassen, wie sie ihm einen Streich spielte und er durfte auch nicht auf den Gedanken kommen, dass sie irgendwie daran beteiligt war. Am Besten es waren irgendwelche alltägliche Missgeschicke.
    Die Nadel glitt scheinbar Federleicht durch den Stoff. Das Blumenmuster, welche sie stickte, nahm langsam Form an. Laevina beobachtete sie dabei aufmerksam, aber bisher hatte die Großtante noch keine Kritik geäußert. Sticken, Nähen und Weben machte ihr keinen Spaß, aber sie war recht geschickt was diese häuslichen Tätigkeiten anging. Es war das Stillsitzen und die damit verbundene Langeweile, die ihr so keine Freude bereiteten. Da war ihr Lesen und Schreiben lieber. Aber um zu beweisen, dass sie nicht immer diese kleine Quälgeist war, fügte sie sich und war ausnahmsweise einmal genau das vorbildliche Mädchen, welches vor allem Laevina sehen wollte.
    Wenigstens bot ihr diese langweilige Handarbeit die Möglichkeit zu überlegen, auf welche Weise sie Gadatas bestrafen würde. Ihr gefiel die Idee mit Juckpulver am Besten.
    Ein Klopfen riss sie aus ihren Überlegungen. Ihr Blick glitt zur Tür und dann zu Laevina.

    Da hatte sie nun den Salat, nicht nur das Laevina nun einen hochzufriedenen Eindruck machte, nein, auch noch Gadatas kam dazu und trug einen höchst selbstzufriedenen Gesichtsausdruck vor sich her. Gegen Laevina konnte sie nichts ausrichten, die Großtante war nun einmal ihr Überlegen, aber sie würde Gadatas eine Lektion erteilen. „Ich geh auf mein Zimmer!“ erklärte sie den Anwesenden und verkrümelte sich dann erst einmal. Nur um sich zu überlegen, welchen Streich sie Gadatas spielen würde…