Kaum hatten sich die beiden Mädchen gesetzt, kam sogleich einer der herumstehenden Sklaven heran.
„Was kann ich den jungen Damen bringen?“, erkundigte er sich mit gesenkter Stimme. Mit einem Blick auf ihr Ebenbild war es Flora, die schließlich für sie beide Saft orderte. Auf leisen Sohlen entfernte sich der Mann, um ihrer Anweisung nachzukommen.
Narcissa fühlte sich nicht wohl und sie glaubte dasselbe Unwohlsein auch auf Marcus´ Gesicht zu lesen. Offensichtlich dachten sie beide an das zurück liegende Gespräch. Erstmals kam ihr der Gedanke, dass diese Unterhaltung womöglich nicht nur für sie unangenehm gewesen war. Gut möglich, dass Orestes es vorhergesehen und deshalb den Aurelier vorgeschickt hatte, mit dem sie lediglich über einige Ecken verwandt war. Insgesamt wirkte er an diesem Abend etwas mitgenommen – weshalb auch immer. Celerina mochte es wohl wissen.
Überraschenderweise zeigte sich der Hausherr nicht abgeneigt von ihrem Vorschlag einige Blumen aus dem Garten zu nehmen und seine Gattin fackelte nicht lange, ihn in die Tat umzusetzen und winkte einen Sklaven zu sich heran. Kaum war der Mann verschwunden, kehrte schon der zweite Leibeigene mit den Getränken für die Zwillinge zurück. Während die Flavia Antwort gab, ließ sich Narcissa etwas Saft in einen Becher einschenken und nahm einen kleinen Schluck zu sich. Wie sie nun feststellte, wusste sie so gut wie gar nichts über die Frau an Marcus Seite und konnte sich dementsprechend wenig unter den wenigen Worten vorstellen, die sie entgegnete. Was machte eine matrona wohl den ganzen lieben Tag lang. Vermutlich nicht viel anderes als unverheiratete Mädchen…außer womöglich den Sklaven des Öfteren die Leviten lesen. Zumindest das wusste Narcissa von Celerina: sie konnte äußerst resolut auftreten. Ihre Anspielung registrierte sie mühelos, konnte aber nicht einschätzen, ob sie im Guten, also liebevoll neckend, oder Schlechten, schadenfroh, gemeint war. Das Verhältnis der Eheleute war für die Aurelia ohnehin eher unddurchsichtig. Die meisten Mitglieder der Familie schienen es ohnehin vorzuziehen zwar im selben Haus, aber dennoch aneinander vorbei zu leben.
Auch ihre Antwort strotzte nur so von Oberflächlichkeit. Wenn die Kopfschmerzen sein Denkvermögen nicht allzu sehr einschränkten, dann konnte sich zumindest Marcus vorstellen, wie ihr Tag wohl gewesen war. Da Narcissa diese Frage aber ohnehin als eher höfliches Geplänkel erfasst hatte, würde eine inhaltslose Antwort wohl niemandem weh tun. „Schön“, gab Narcissa recht einsilbig zurück und wurde durch ihre Schwester ergänzt: „Wir waren im Garten...“ Narcissas Blick huschte rasch hinüber zum Eingang in der Hoffnung, dort möge wohl ein weiterer Aurelier stehen, der sich zu ihnen gesellen wollte. Die Luft war geladen und irgendwie hatte sie den Eindruck, dass es nicht nur daran lag, dass das Verhältnis zwischen ihr und Marcus etwas gespannt war. Alle vier schienen sich unwohl zu fühlen.