Beiträge von Marcus Octavius Nauticus

    "Genau deshalb wollte ich mit dir reden. Du hast heute gezeigt, dass du Mut hast und dir deine Kameraden nicht egal sind. Das sind wichtige Eigenschaften für einen Seemann. Ich weiß zwar nicht, wie es bei der Legio ist, aber in der Classis ist das Leben eines Soldaten mehr wert als seine Ausrüstung. Wenn in der Legio ein Soldat fehlt, ist der Verlust schnell ausgeglichen. Aber wenn auf einem Schiff Verluste sind, sieht die Sache anders aus. In der Legio ist es einer von fünftausend, auf einem Schiff ist es einer von hundert."


    Ich klopfte ihm kameradschaftlich auf die Schulter.


    "Du bist aus dem richtigen Holz geschnitzt, wir müssen dir nur noch den richtigen Schliff geben."

    Ich lachte kurz.


    "Es sieht so aus, als würden wir Römer festen Boden bevorzugen. Deshalb meldet sich kaum jemand zur Classis. Ich denke, das war schon immer so. Naja, vielleicht war's gegen Karthago anders. Aber seitdem..." ich zog die Schultern hoch.

    Als Titus in trockener Kleidung am Hafen ankam, hatte ich bereits die kleine Schaluppe klar zum ablegen gemacht.


    "Dann mal hoch mit dem Segel." sagte ich sofort, als er an Bord kam.


    Nachdem wir das Segel gehisst hatten, machte ich die Leinen los und drehte das Segel in den Wind. Wie von Geisterhand setzte sich das Boot in Bewegung. Wir fuhren langsam auf den Rhenus, und ich hielt Segel und Steuer so, dass das schiff langsam in der Mitte des Flusses fuhr, gerade so schnell, dass es die Strömung kompensierte. Wir standen also auf der Stelle.


    "Segeln gehört zu den Dingen, die viele Offiziere nur grundlegend beherrschen. Ein Boot oder sogar Schiff in einem Fluss auf der Stelle zu halten, nur mit Hilfe des Windes, ist gar nicht so einfach, auch wenn es leicht und elegant aussieht."

    "Ja, aber dein Kamerad nicht mehr! Und nur das zählt. Deine Ausrüstung fischen wir morgen raus."


    Ich packte seinen Arm und zog ihn an Bord. Ich winkte einen Ausbilder zu mir.


    "Proreta, dieser Nauta hat morgen dienstfrei."


    "Jawohl, Herr Kommandant!" erwiderte der Ausbilder und salutierte.


    Ich nickte kurz und ging mit Titus an Land.


    "Und mit dir habe ich etwas wichtiges zu besprechen. Im Hafen steht noch ein kleines Segelboot. Wir fahren damit eine Runde auf dem Rhenus. Aber zieh dir vorher noch was trockenes an."

    "Das darf doch nicht wahr sein!" brüllte ich "Wer hat denn diesen Nichtschwimmer in meine Classis gelassen?"


    Ich sah zu den Ausbildern herüber, die den halb ertrunkenen Rekruten langsam wieder ins Leben zurück brachten. Dann ging ich auf das Boot, an dem sich Titus festhielt. Ich streckte meine Hand aus.


    "Willst du im Wasser bleiben oder an Bord kommen?"

    Ich hatte Titus Ferrius Maximus und ein paar andere Nautae für ein paar Stunden vom Hafenbau befreit, damit sie weitere Grundlagen lernten. Weil der Enterkampf wirklich wichtig ist, ließ ich am Ufer, wo das wasser entsprechend flach war, zehn kleine Boote mit etwa fünf Fuß langen Bretter verbinden. Die Bretter waren nur so festgebunden, dass sie Halt gaben, aber die ganze Angelegenheit war reichlich wackelig. Dazu führte noch je ein Brett vom ersten und vom letzten Boot an Land.


    "So, Nautae, die Übung ist ganz einfach. In der rechten Hand haltet ihr euren Gladius, in der linken euren Schild, und damit lauft ihr so schnell wie möglich über diese Boote. Und zwar in einer Reihe! Wer ins Wasser fällt, beginnt noch mal von vorne! Und wehe, einer läßt Teile seiner Ausrüstung im Wasser! Solltet ihr aber alle im ersten Anlauf trockenen Fußes darüber kommen, gibt's einen Tag Sonderurlaub. Haben das alle verstanden? Dann los!"

    "Kommen wir jetzt zum wichtigsten Teil: Wie manövriere ich meinen Gegner aus?
    Zunächst einmal möchte ich ein paar Anmerkungen zu Galeeren an sich machen. Ganz egal, ob es sich um eine einfache Liburne, eine Triere, Pentere oder sogar Heptere handelt, sie haben alle eines gemeinsam: Eine hohe Manövrierfähigkeit im Gefecht. Das liegt einfach daran, dass man einen sehr schnellen Richtungswechsel erreichen kann, indem man die Ruderer auf beiden Seiten des Schiffes in verschiedene Richtungen rudern lässt. Natürlich ist es so, dass ein schweres Schiff trotzdem länger braucht. Deshalb ist die Liburne am manövrierfähigsten, die Heptere am wenigsten manövrierfähig. Andererseits sind schwere Schiffe natürlich effektiver im Rammangriff, vor allem gegen leichte. Es soll sogar schon passiert sein, dass eine Heptere glatt durch eine Liburne hindurch gefahren ist.
    Das wichtigste für jedes Manöver ist, dass die Besatzung gut aufeinander abgestimmt ist. Das gilt insbesondere für die Rudersklaven. Außerdem muss der Kapitän ein Gefühl dafür haben, wie sein Schiff reagiert, vor allem wie schnell.
    Um einen Angriff durchzuführen, fährt man normalerweise auf die Seite des gegnerischen Schiffes zu. Das entsprechende Kontermanöver ist folglich, sich ebenfalls zu drehen. Das minimiert auch die Trefferfläche.
    Weil man sich beim Angriff natürlich der Geschwindigkeit des Gegners anpasst, und ein schnelles Schiff schwerer zu steuern ist, kann man als Defensivmanöver auch einfach den Gegner ausbremsen. Wenn man schnell bremsen will, lässt man rückwärts rudern. Sonst genügt es, die Ruder ins Wasser zu halten.
    Segelmanöver gibt es keine im Gefecht, weil man da rudert."

    "Und dann kommt noch dazu, dass Kapitäne, unabhängig vom Dienstgrad, nur demjenigen gegenüber zu Gehorsam verpflichtet sind, der ihren Schiffsverband kommandiert. Das heißt, ein Centurio Classicus kann einem Manipulus keine Befehle geben, wenn jeder ein eigenes Schiff kommandiert."


    Dienstgrade der Classis Romana


    Nauta
    Der Nauta ist ein Rekrut der Flotte, der die Grundausbildung noch vor sich hat. Konkrete Aufgaben erhält er von seinen Vorgesetzten.


    Manipulus
    Der Manipulus ist der gemeine Soldat der Flotte, er wird in der Hauptsache für den Kriegseinsatz trainiert, wird in Friedenszeiten aber auch für Hafenbau und ähnliches eingesetzt. Konkrete Aufgaben erhält er von seinen Vorgesetzten.


    Proreta
    Der Proreta ist Anwärter auf den Rang des Centurio Classicus und kann von diesem für Vertretungen eingesetzt werden oder im Stab Verwaltungsaufgaben übernehmen. Konkrete Aufgaben erhält er von seinen Vorgesetzten.


    Centurio Classicus
    Der Centurio Classicus ist das Rückgrad der Flotte und Kommandeur einer Trireme von 80-100 Mann. Konkrete Aufgaben erhält er von seinen Vorgesetzten.


    Nonagenarius
    Der Nonagenarius gilt allgemein als Anwärter auf höhere militärische Posten. Er hat Leistung, Geschick und militärisches Können bereits bewiesen und wird nun mit höherem betraut um seine weitere Eignung zu testen. Er kann vom Tribunus Classicus mit kleineren Kommandos und Aufgaben eigenständig betraut werden.


    Trierarchus
    Der Trierarchus führt die Flotteneinheit, wenn Tribunus Classis und Nauarchus abwesend sein sollten. Er ist grundsätzlich der Verwaltungschef der Flotteneinheit und sorgt dafür, dass alle regelmäßig stattfindenden Handlungen reibungslos ablaufen. Als solcher steht er dem Tribunus Classis auch als Planer zur Verfügung.


    Nauarchus
    Der Nauarchus ist Stellvertreter des Tribunus Classis und erhält wenn dieser anwesend ist seine sonstigen Aufgaben von diesem erteilt.


    Tribunus Classis
    Der Tribunus Classis ist der Kommandeur einer Flotteneinheit der Römischen Flotte - Classis Romana. Innerhalb dieser Flotteneinheit bestimmt er den Dienstablauf und die Aktivitäten. Reichsgesetze können diesen allerdings einen Rahmen geben. Bei Feldzügen untersteht er dem damit beauftragten Feldherren, kann kleine, aber auch größere Kampagnen auch auf Befehl selbstständig leiten und hierfür auch andere Flotteneinheiten und Tribunen unterstellt bekommen.
    Befehle erhält er vom Praefectus Classis, dem Imperator Caesar Augustus oder einer von diesem dafür eingesetzten Person. Es kann pro Provinz nur so viele Tribunus Classii geben, wie es Flotteneinheiten dort gibt.


    Praefectus Classis
    Der Praefectus Classis ist der Oberkommandant der römischen Flotte. Er kommandiert alle militärischen und im Kriegsfall auch alle zivilen Schiffe im Reich. Er hat Mitspracherecht in Städten, die über militärische Häfen verfügen. Er ist Mitglied des Collegium Princeps.

    "Das Archiv (inkl. Personalakten) sollte in Italia im HQ vorliegen. Lediglich die Logbücher und Schiffsregister liegen als Original vor Ort und als Kopie im Archiv. Das erleichtert den Überblick. Die Logbücher sind dann entsprechend an den Heimathafen des Schiffes gebunden. Wechselt der Heimathafen, so wird im neuen Heimathafen ein neues Logbuch angefangen.
    Für die Ausbildung sollte am besten im Archiv eine Dienstvorschrift vorliegen. Außerdem sollten dort Projektberichte nach dem Abschluss eines Projektes angefertigt werden.
    Zu guter letzt ist da noch die Sache mit einem Standardwerbetext. Da sollten wir uns auf jeden Fall Gedanken machen. Wer ist der beste Redenschreiber unter uns?"

    Ein neuer Tag war angebrochen. Ich hielt es für sinnvoll, dass es ein Treffen des Führungsstabes in der Offiziersmesse der Achilles gab. Außer mir waren noch Colonius und Alienus anwesend.


    "So, nachdem jetzt alle verfügbaren Kräfte den Hafen bauen, können wir uns in Ruhe der Zukunft der Classis widmen. Zunächst möchte ich ein Schiffsregister einrichten, in dem alle Schiffe der Classis Romana Germanica mit Name, Klasse, Kapitän und Heimathafen verzeichnet sind. Beispielsweise so:"



    Achilles
    Klasse: Liburne (speziell für Flüsse)
    Heimathafen: Moguntiacum
    Kapitän: Quintus Vinicius Alienus


    "Dieses Register sollte in der Kommandantur ausliegen. Dazu sollte noch ein Archiv eingerichtet werden, in dem die Logbücher der Schiffe geführt werden (von den Kapitänen), sowie sämtliche Karten, Baupläne etc. verwahrt werden. Es würde natürlich auch bedeuten, dass jeder Kapitän dafür verantwortlich ist, ein Logbuch für sein Schiff zu führen. Dazu ist bei jedem Logbucheintrag das Datum und der Name des Kapitäns zu vermerken."

    Ich beobachtete die Männer, wie sie Aufstellung nahmen. Sie waren nach Schiffen geordnet. In der Mitte stand die Besatzung der Pentere Augustus, des Flaggschiffs der Calssis Romana Germanica. Links davon stand die Besatzung der Liburne Hermes, rechts davon die der Liburne Crocodilus und rechts davon eine Abteilung der Liburne Achilles.


    "Classis, Achtung!" rief der Kapitän der Augustus. Dann ging er auf mich zu und salutierte. "Kommandant, melde gehorsamst, Hafenbaukommando wie befohlen angetreten."


    "Danke, Kapitän." erwiderte ich den Gruß.


    Ich wendete mich an die angetretenen Soldaten und sprach mit lauter Stimme.


    "Männer! Ich bitte zunächst, mir diese Störung eures Schlafes zu verzeihen, aber nur so werdet ihr es wirklich nicht vergessen. Ihr habt heute gute Arbeit geleistet, und deshalb seid ihr in mein Augenmerk geraten. Zur Zeit wird in der Werft in Moguntiacum ein Schiff gebaut, wie es kein zweites gibt. Ich benötige dafür eine elitäre Besatzung. Männer, die sich vor nichts fürchten, die unglaublich hart im Nehmen sein müssen und sich durch absoluten Gehorsam auszeichnen. Dieses Schiff wird in zwei Wochen zu Wasser gelassen werden. Bis dahin haben XXV von euch die Möglichkeit, für würdig befunden zu werden. Mehr Besatzung wird dieses Schiff nämlich nicht haben!"


    Es ging ein Gemurmel durch die Menge.


    "Ruhe! Aufgrund dieses Antretens werdet ihr morgen eine Stunde länger schlafen können. Gute Nacht!"

    Ein Proreta stand vor ihm. "Erstens heißt es Herr Kapitän, weil ich nämlich Kapitän der Crocodilus bin, und zweitens habt ihr in kürzester Zeit draußen in Uniform zu erscheinen und mit den anderen 400 Mann angetreten zu sein! Macht der Classis keine Schande!"


    Mit diesen Worten drehte sich der Proreta um und verließ die Stube.

    "Das ist der Probatus Titus Ferrius Maximus. Er wurde von der Legio I hierher strafversetzt. Allerdings denke ich, dass er recht nützlich sein wird. Ich werde seine Grundausbildung persönlich beenden, danach kann er erst mal beim Hafenbau helfen. Da wir gerade beim Hafenbau sind. Ich denke, wir können ohne weiteres die Besatzungen der Hermes und der Augustus dazu heranziehen. Außerdem ist die Crocodilus zur Zeit in Reparatur, also können wir auch diese Besatzung nutzen. Macht alles in allem etwa 400 Mann, plus die gleiche Zahl Rudersklaven."


    An Maximus gewandt sagte ich "Begrüße meinen Stellvertreter, Quintus Vinicius Alienus. Er ist auch der Kapitän dieses Schiffes."