Leise kicherte sie, als Narcissa ihr zuflüsterte, dass der Schauspieler ruhig einmal Lysandras Kopfschmerzmittel ausprobieren sollte. „Wenn er betrunken ist, dann will ich nicht wissen, wie er das Stück zu Ende spielen will. Es hat doch gerade erst angefangen!“ witzelte sie.
Tatsächlich hatte sich der Mann, welcher Kallidamates spielte, sich Mut angetrunken. Kaum war der erste Akt zu Ende, stupste sein Kollege ihn ungehalten an. „Sag mal hast du sie nicht mehr alle?“ zischte er hinter der Maske vorwurfsvoll. „Isch dooch nisch schlimm“, nuschelte Kallidamates und ließ sich auf die Matratze fallen. So blieb er dann liegen, als der zweite Akt begann.
Kallidamates liegt am Rande der Bühne und schnarcht tatsächlich leise vor sich hin. Er wollte seinen Rausch ausschlafen. Philolaches, Philematium und Delphium sitzen vor dem Haus Philematiums und zechen munter weiter, sie werden von Sklaven bedient, als Tranio völlig außer Atem auf die Bühne gestolpert kommt.
Zeus, der Allerhöchste, will mit aller Macht und allem Fleiß
Mich und meinen jungen Herrn verderben, den Philolaches.
Unsre Hoffnung ist dahin, Vertrauen findet keine Statt.
Retten kann uns, wenn sie wollte, selbst Fortuna nimmermehr.
Solch ein groß Gebirg von Jammer sah ich eben jezt am Strand:
Unser Herr ist wieder da, du bist verloren, Tranio.
Gäb' es einen Menschen doch, der etwas Geld gewinnen will,
Und dafür an meiner Stelle sich zu Tode martern läßt!
Sagt, wo ist der Kettenreiber schlägeduldendes Geschlecht,
Oder die für drei Denare Mauern stürmen mit dem Speer,
Wo sich wohl ein Duzend Lanzen durch ihr Eingeweide bohrt?
Wer zuerst an's Kreuz hinankriecht, dem verehr' ich ein Talent,
Doch nur dann, wenn Fuß und Arm ihm zweimal festgenagelt wird.
Ist denn das gescheh'n, so fordr' er sich von mir sein baares Geld.
Doch – ich bin ein rechter Thor; was lauf' ich nicht schnurstracks in's Haus?
Tranio wird von Philolaches entdeckt und winkt ihn zu sich.
Jezt gibt es was zu essen: da kommt Tranio vom Hafen her.
O Herr!
Was ist's?
Mit mir und dir –
Was? Mir und dir?
Ist Alles aus.
Wieso?
Der Vater kam.
Was hör' ich da?
Es ist um uns gescheh'n.
Dein Vater, sag' ich, kam zurück.
Wo ist er? Sprich doch!
Wieder da.
Wer sagte dir's? Wer sah ihn?
Ich, ich selber, sag' ich.
Wehe mir!
Was thu' ich?
Was, der Henker, fragst du, was du thust? Du sizest hier.
Du sahest ihn?
Ja wohl.
Gewiß?
Gewiß.
Ich bin des Todes, wenn
Du mir die Wahrheit sagtest.
Wenn ich löge, Herr, was hülfe mir's?
Was soll ich jezt beginnen?
Laß dies Alles auf die Seite thun.
Wer schläft denn dort?
Kallidamates.
Weck' ihn auf, o Delphium.
Delphium beugt sich über kallidamates und rüttelt ihn unsanft. Doch zunächst reagiert nicht, schnracht nur lauter. Genervt stöhnt der Schauspieler auf und verpasst seinem Kollegen schließlich einen unsanften Tritt.
Wach' auf, Kallidamates! Auf!
Kallidamates stöhnt und reibt sich die Stelle wo Delphium ihn getreten hat.
Ich wache. Gebt zu trinken her!
Er klingt deutlich angetrunken.
Wach' auf! Philolaches' Vater kam jezt eben an.
Er lebe wohl!
Er lebt, und wohl; und ich bin todt.
Du todt? Wie soll das möglich sein?
Er sinkt zurück und will sein Nickerchen fortsetzen.
So steh nur auf, ich bitte dich. Mein Vater kam.
Dein Vater kam?
Bedeut' ihm, daß er wieder geht. Was kam er auch hieher zurück?
Was soll ich thun? Mich Armen trifft mein Vater gleich betrunken hier,
Trifft unser Haus von Gästen und von Frauen voll. Ein böses Ding,
Den Brunnen erst zu graben, wenn der Durst bereits die Kehle schnürt!
So wie ich jezt, da der Vater kam, erst frage, was ich machen soll.
Sieh, wieder hängt der hier den Kopf, ist eingeschlafen. Weck' ihn auf!
Nun ist es Philolaches der den Trunkenbold rüttelt und unsanft weckt.
Nun, wache doch! Mein Vater wird gleich hier sein. Hörst du?
Vater? Was?
Die Solen her! Ich waffne mich.
Ich schlage stracks den Vater todt.
Du machst es schlimm. Sei stille! Schafft ihn ungesäumt in's Haus hinein!
Gebt einen Nachttopf, oder ich mach' euch zum Nachttopf, weiß es Zeus!
Kallidamates wird von den Sklaven unsanft an Beinen und Armen gepackt und dann von der Bühne getragen. (Hinter der Bühne setzt es ein Donnerwetter für den Schauspieler, da er nicht einmal mehr gerade stehen kann)
Ich bin des Todes!
Fasse Muth! Für diesen Schrecken find' ich Rath.
Aus ist es!
Still! Ich sinne nach, wie ich den Sturm beruhige.
Bist du's zufrieden, wenn ich mache, daß dein Vater, wenn er kommt,
Nicht nur in's Haus nicht gehen will, nein, weit hinweg vom Hause flieht?
Ihr gehet nur in's Haus hinein, und schafft die Sachen eilig weg!
Wo soll ich bleiben?
Wo du stets am liebsten bist, bei der und der.
Tranio deutete auf die beiden Frauen, sich wackeln einmal mit ihren enormen weiblichen Attributen und Kichern.
Was thun wir nun? Wir gehen fort!
Nicht gar zu ferne, Delphium!
Deßwegen zecht im Hause nur um keinen Tropfen weniger.
Weh mir! Vor Angst vergeh' ich noch, was aus den glatten Worten wird.
Und kannst du denn nicht ruhig sein, und thun, was ich dir heiße?
Wohl.
Vor Allem, Philematium und Delphium, geht ihr in's Haus!
Wir beide thun, was du verlangst.
Ja, gebe das der große Gott!
Mit wackelndem Hintern verschwinden die Frauen im Haus.
Vernimm du jezt und merke, was ich wünsche, daß geschehen soll.
Vor allen Dingen sorge, daß das Haus sogleich verschlossen wird,
Daß innen keine Seele muckst, kein Mensch sich rührt –
Das soll gescheh'n.
Als ob im ganzen Hause kein lebendig Wesen wohnte.
Gut.
Auch darf kein Mensch antworten, wenn der Vater an die Türe pocht.
Begehrst du sonst was?
Gib Befehl, daß man den Sparterschlüssel mir Gleich aus dem Hause bringen soll.
Von aussen schließ' ich dann die Thür.
In deine Hut befehl' ich mich und meine Hoffnung, Tranio.
Auch er verschwindet im Haus.
Ich gebe keinen Pfennig drum, ob ein Client, ob ein Patron
An eines Mannes Seite steht, wenn ihm kein Muth im Herzen wohnt.
Denn jeder Mensch, der beste, wie der schlechteste,
Kann leicht in Etwas unvermuthet sich verseh'n;
Doch muß er dahin trachten, (das verräth den Kopf,)
Daß, was er falsch entworfen und hinausgeführt,
Sich Alles ruhig, ohne Lärm, abspinnt und ihm
Kein Schaden zustößt, der das Leben ihm vergällt.
So soll der Wirrwarr, den ich angerichtet hier,
Sich klar und still abwickeln, daß auch hinterher
Nichts Ungelegnes sich daraus für uns entspinnt.
Ein Sklave kommt aus dem Hause
Was willst denn du hier aussen? Weh mir! Schön befolgt
Der mein Gebot!
Inständig bittet unser Herr,
Den Vater so zu schrecken, daß er nicht in's Haus
Zu kommen sich getraue.
Nun, bedeut' ihm nur:
Ich mache, daß er's nicht einmal ansehen mag,
Und mit verhülltem Kopfe, voller Angst, entläuft.
Gib mir den Schlüssel, geh' hinein, schließ' ab die Thür;
Ich will von aussen schließen.
Der Sklave geht.
Komm' er jezt heran!
Ihm spiel' ich heute bei lebend'gem Leib ein Spiel,
Wie keines ihm nach seinem Tode werden wird.
Ich trete von der Thüre weg und lausche hier,
Wie ich dem Alten diesen Sack anhängen kann.
Er tritt auf die Seite.