Je mehr zeit er ihr zum nachdenken ließ, desto mehr drängte sich die kleine penetrante Stimme in den Vordergrund. Stopp! Lass das! Und du solltest das ganze JETZT beenden! erklang in ihrem Kopf, machte sie darauf aufmerksam, dass es nicht nur eine ziemlich dumme Idee war, sondern auch gegen alles was ihre Mutter versucht hatte ihr beizubringen und vor allem ihr zu erklären, dass es Dinge gab, die man nicht tat, schon gar nicht mit einem Sklaven. Schon jetzt hatte sie ihn viel zu nahe an sich heran gelassen. Trotz der lästigen Gedanken, schmiegte sie sich nur noch ein wenig mehr an ihn. Doch ehe sie sich die Konsequenzen ausmalen konnte, wurde die kleine Stimme wieder einfach zum Schweigen gebracht. Denn wieder küsste er sie und ließ sie alle störenden Gedanken im Mahlstrom der Gefühle verschwinden. Er weckte Sehnsucht, Verlangen und Begierde in ihr. Sie hätte sich niemals vorgestellt, dass sie etwas so sehr wollte. Das sie ihn so sehr wollte. Immer wieder lösten sie sich für weniger als einen Herzschlag von einander, nur um dann die Lippen wieder aufeinander zu pressen. Irgendwo zwischen den Küssen fragte er wo sie hin sollten. Aber auch diese Fragewurde ebenso schell vom Strudel fortgerissen, wie alle anderen Gedanken auch. Wieder löste er sich von ihr, ließ ihr wieder Zeit sich zu sammeln. Leicht atemlos legte sie den Kopf gegen seine Brust, ließ sich festhalten, während sie kurz die Augen schloss. Was tu ich denn hier? fragte sie sich nun selbst. Ich muss das unterb…, weiter kam sie nicht, denn es folgte ein weiterer Kuss. Heftiger diesmal, leidenschaftlicher, verlangender. Sie keuchte auf, als sie seinen Atem dann an ihrem Hals spürte, seine Hände auf ihrem Körper und seine Lippen auf ihrer Haut. Leicht bebte sie, schauderte unter jeder Berührung und wollte mehr. Wie durch einen dichten Nebel drang dann ein Wort zu ihr durch: Verboten! Hartnäckig klang ihr dieses Wort im Ohr und ließ sie erschrocken inne halten. Mit einem Mal wurde ihr schlagartig bewusst was sie hier tat, mit wem sie es tat und was sie eigentlich wollte…
„Nein!“ sagte sie, diesmal klang sie entschlossener. Das Herz schlug wild in ihrer Brust, ihr Körper wollte nach wie vor, mehr, aber ihr Verstand hatte sich mit einem Paukenschlag zurück gemeldet. Sie war selbst über ihre eigene Forschheit entsetzt. „Wir dürfen das nicht“, sagte sie, wobei ihre Stimme eine leicht schrille Färbung bekam. Sie wollte vor ihm fliehen, war aber noch gefangen von seinen Armen, seinem Körper und der Mauer in ihrem Rücken. Flora befreite sich von ihm, ging auf Abstand, weil sie sich selbst nicht mehr vertraute. Sie hätte es niemals soweit kommen lassen dürfen. Niemals! Und doch hatte sie es gewollt, wollte es immer noch. „Das geht nicht! Das ist…“, sie brachte noch einen Schritt abstand zwischen ihn und sich. „..verboten!“ fügte sie hinzu. Diese verdammten Regeln, diese verdammten Erwartungen, alles wurde ihr wieder bewusst. Sie war eine Aurelia, sie hatte ihre Pflicht gegenüber der Familie und das durfte sie nicht wegen einer Liebelei, wegen einer verdammt dummen Liebelei, wegwerfen. Die Schuld lag bei ihr, weil sie nicht die Grenzen gewahrt hatte, weil sie Cimon mochte. Das hätte nicht geschehen dürfen. „Kein Wort zu irgend jemanden“, befahl sie ziemlich kühl. Aus Selbstschutz, weil sie befürchtete, dass sie sich wieder jeden Augenblick in seinen Armen wieder finden würde und wieder alles vergessen würde. Einfach nur aus dem Grund, weil sie es wollte. Mehr als alles andere. „Ich hätte das nicht zu lassen dürfen“, sie war leiser geworden, sagte es mehr zu sich selbst. Sie war den Tränen nahe. Doch diesmal würde sie sich nicht trösten lassen. Sie musste weg. Ohne ein weiteres Wort zu sagen, drehte sie sich um und floh aus dem garten, floh vor ihren Gefühlen und den unausgesprochen Dingen und vor allem floh sie vor Cimon.