Beiträge von Aurelia Flora

    Was tust du hier, fuhr die kleine Stimme in ihrem Kopf sie an, sie klang verdächtig nach ihrer Mutter. Aber selbst dieser vertraute Ton, schien nicht wirklich zu ihr durch zu dringen. Es hatte Momente in ihrem Leben gegeben, wo sie einfach wirklich einmal absolut alle ermahnenden Worte ignoriert hatte und getan hatte, was sie wollte. Das waren eigentlich harmlose Klein-Mädchen-Streiche gewesen. Aber wenn Herz und Körper sich in manchen Dingen einmal völlig einig waren, dann wurde alles was Gut und Richtig war, ihre Erziehung und Bedenken einfach verdrängt, eingesperrt und weg geschlossen. Irgendwann später würden sie sich befreien können, aber bis dahin war Flora von diesen nervigen Stimmen befreit. In diesen Momenten machte sie sich keine Gedanken darüber, wer sie war, was man von ihr erwartete oder ob das was sie tat wirklich eine riesige Dummheit war. In solchen Momenten war sie einfach impulsiv.
    Flora ertrank in seinen Augen. Sie waren ihr schon bei ihrer ersten Begegnung aufgefallen. Sie waren grau, irgendwie stürmisch, auch wenn seine ganze Körperhaltung etwas anderes ausdrückte, auch wenn er versuchte seine Kraft zu verbergen. Er war mehr wie nur der Sklave, doch seine Erfahrungen hatten ihn gezwungen sich zu verstellen, sein wahres Wesen zu verbergen. Ohne dass sie es steuern konnte oder wollte, ließ sie es zu, dass sie die angefangene Bewegung vollendete und sie ihre Hand auf seine Wange legte. Fast weiß hob sich ihre helle Haut von seiner dunklen ab. Seine Worte drangen nicht wirklich zu ihr durch, sie handelte einfach, mochte es noch so dumm und unüberlegt sein. Mochten die Konsequenzen noch so schlimm sein, das war ihr im Augenblick völlig egal. Flora überwand den Abstand, stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn einfach. Einfach nur weil sie es wollte.
    Heulend wehrte sich das eingesperrte Gewissen gegen seinen Käfig. Falsch! Falsch! Falsch tobte es und wurde doch nicht gehört, denn nun standen andere Gefühle im Vordergrund und buhlten um Aufmerksamkeit.

    Ein wenig frustriert starrte sie einen Moment lang auf das Halbfertige Beet. Die arme Azalee lag am Boden und wartete darauf, dass sie endlich wieder eingepflanzt wurde. Wie gut das Cimon zufällig aufgetaucht war, auf ihn war verlass. Er würde es schon richten, da war sie sich sicher. Er würde ihr helfen. Da sie ihm den Rücken gerade zugewandt hatte, merkte sie nichts von seinem inneren Aufruhr, die ihre war ja gerade Angesichts der schlampigen Arbeit des Gärtners in den Hintergrund getreten. Leise seufzte sie, verärgert, sie drehte sich um und stellte zu ihrer Verblüffung fest, dass Cimon ihr sehr nahe war. Ein Schritt trennte sie von einander, wahrte den scheinbaren Graben des Standes zwischen ihnen. Vergessen war der ärger, völlig verpufft, Angesichts der Nähe zu dem Nubier. Ihr Herz machte einen kleinen nervösen Hüpfer um dann doppelt so schnell zu schlagen. Trocken schluckte sie. Sie hob den Blick und sie konnte sehen, dass etwas in ihm vorging.
    „Geht’s dir gut?“ fragte sie besorgt, weil sie glaubte… sie wusste gar nicht was sie glaubte. Ihre Frage klang albern in ihren Ohren. Er war ein Sklave, was scherte sie sich darum, wie es ihm ging. Das war es aber nicht, er war ihr nicht egal. Auch wenn es so hätte seine sollen. Unsicher hob sie die Hand wollte seine Wange berühren, streicheln… doch sie hielt inne, weil das hartnäckige Stimmen der Tugend, welches ihre Mutter so erfolgreich gezüchtet hatte, sie warnte und ihr erklärte dass dies nicht richtig sei. So stand sie da, voller widerstreitender Gefühle. Die Hand halb erhoben…

    Es war wieder einer dieser Momente in denen sie nicht wusste, was sie dachte oder was ihre herumtanzenden Gefühle bedeuten sollte. Sie freute sich Cimon zu sehen, ihm so unvermittelt über den Weg gelaufen zu sein. Aber gleichzeitig war sie sich unsicher, wusste nicht was sie zu ihm sagen sollte. Und dann war da ein kribbeln und eine Sehnsucht und noch viel mehr. Gleichzeitig wisperte eine kleine Stimme, dass das nicht gut war. Das es sich nicht gehörte. Warum nur? Was wollte ihr Körper ihr sagen, was ihr Verstand noch nicht begriffen hatte? Es war nicht leicht und gleichzeitig doch so einfach. Die Antwort lag genau vor ihrer Nase, nur sah sie diese nicht. Vielleicht aus Furcht davor, abgewiesen zu werden. Aus Furcht die Grenzen zu überschreiten. Trotz allem hatte sie immer gewusst, wer sie war. Dass sie eine Aurelia war und es Dinge gab, die sie nicht durfte. Sie hatte dagegen rebelliert, versucht aus dem goldenen Käfig auszubrechen und hatte sich dann doch gefügt, weil man es von ihr verlangte. Das Korsett der Erwartungen schnürte sie ein und bestimmte ihr Leben. Auch sie trug Ketten, auch wenn diese angenehmer zu tragen waren. Aber es waren Ketten, sie bestimmten ihre Entscheidungen und Handlungen. Bisher war sie sich dieser doch nie so deutlich bewusst gewesen wie in diesem Moment.


    Cimon machte einen zögerlichen Schritt auf sie zu. Plötzlich war sie ganz nervös und voller Erwartungen. Etwas in ihr schrie und jubilierte, wollte mehr und wurde dann bitter enttäuscht als nichts geschah. Was hatte sie erwartet? Was wollte sie? Sie wollte dass er sie ansah. Doch er ob nicht den Blick, blieb auf Distanz. Das kleine Stimmchen in ihr, erklärt ihr, dass es so richtig war. Doch warum fühlte es sich dann falsch an? Sollte sie etwas sagen? Doch was? Sie wollte die Stille durchbrechen…


    „Ich bin gerade dabei den Garten etwas her zu richten. Du kannst mir helfen“, schlug sie vor. Endlich Worte, leise und zögerlich. Sie trat wieder hinter dem Gebüsch hervor und runzelte die Stirn. Der Gärtner war in seiner Bewegung eingefroren und hätte beinahe die Azalee falsch eingepflanzt, weil er versucht hatte zu lauschen. „Verschwinde du Nichtsnutz!“ scheuchte sie ihn davon. „Alles muss ich selbst machen“, meinte sie verärgert. Doch ihre Wut war nur oberflächlich, verdrängte nur kurz ihre Verwirrung und Sehnsucht. Flora war noch nicht verliebt gewesen, von daher wusste sie nicht, wie es war und das sie es war. Der Sklave huschte davon, warf ihr noch einen merkwürdigen Blick zu und eilte dann davon.

    Sie seufzte innerlich. Manchmal war Narcissa ein richtiger Schussel. Nicht nur dass sie hin und wieder die Haarspangen Floras verbummelte –was eigentlich nicht wirklich schlimm war, nur ärgerlich, auf diese Weise waren schon einige ihrer Lieblingsspangen abhanden gekommen- jetzt verlor diese auch noch das Armkettchen, dass sie seit ihrer Geburt hatten. Wenn das ihre Mutter wüsste, die würde ihrer Tochter glatt Feuer unter den Hintern machen.
    „Marei wäre uns sicher jetzt eine große Hilfe“, meinte sie und würde wohl auch gleich zur Tat schreiten. Unter dem Bett war das Kettchen jedenfalls nicht und sie kam wieder auf die Beine. Doch ehe sie ihren Gedanken in die Tat umsetzen konnte, stürmte Lysandra ins Zimmer, mit einer Gewittermiene und mit jede Menge Vorwürfen auf der Zunge. „Das reicht“, kam sie ihrer älteren Schwester zur Hilfe. „Du vergisst wer du bist!“ fügte sie patzig hinzu. Sie hatte sich das ist ja so typisch für dich gegenüber ihrem Ebenbild verkniffen, da konnte sich die Sklavin auch einmal zurückhalten. Das Narcissa sich Unwohl fühlte war ihr anzusehen, da musste man nicht unnötiger Weise auch noch auf ihr herum trampeln. Finster sah sie die Sklavin an.
    Ihre Aufmerksamkeit wurde dann wieder auf ihre Schwester gelenkt, als diese etwas fand, was eigentlich nicht dort hin gehörte. Den Lederbeutel hatte sie noch nie in ihrem Leben gesehen. „Was hast du denn da?“ fragte sie und sah über die Schulter Narcissa hinweg auf deren Hände. Ihre Augen weiteten sich, als ein ziemlich großes und gefährlich aussehendes Messer zu tage gefördert wurde. „Das gehört mir nicht“, murmelte sie und betrachtete das Messer genauer. Dunkle Flecken hatten das Metall verfärbt. Ihr kam ein schrecklicher Gedanke. „Ist das Blut?“ fragte sie leise, entsetzt und bang. Wie kam das Messer denn dorthin? Sie hatte es ganz sicher nicht versteckt! Gehörte es einem Vormieters ihres Zimmers? Auch Lysandra hielt inne und betrachtete leicht besorgt das Ding in den Händen des älteren Zwillings.

    Flora war ja sonst ein eher von fröhlichem Gemüt, selten zickig, oder eingebildet oder jähzornig, aber der Gärtner war kurz davor diese etwas dunklere Seite der Aurelia zu spüren bekommen. Es gab eben auch Dinge, die sie wütend machen konnten, besonders dann, wenn ihre Vorstellungen nicht genau so umgesetzt wurden, wie sie es verlangte. Sie hasste es, wenn sie von Unfähigkeit umgeben war. Aber ihr Zorn war angesichts der Suche nach dem kleinen Vögelchen verpufft. Irgendwie hatte die Feder sie neugierig gemacht und ihre Neugierde war meist stärker, wie alle anderen Empfindungen. Sie lief um ein Gebüsch herum und prallte fast gegen die kräftige Brust von Cimon. „Huch“, machte sie und lächelte dem Nubier verblüfft zu. „Salve Cimon“, grüßte sie ihn und klang nun wesentlich fröhlicher wie wenige Minuten zuvor. Was zumindest dem Gärtner den Eindruck vermittelte, dass sie ein sprunghaftes Wesen war und sich wohl am Besten vor ihren Launen in Acht nahm. Dieser jedoch zerbrach sich nicht weiter die Gedanken über die Launen des Zwillings, sondern machte sich eilig dran, ihren Wünschen folge zu leisten. Nicht dass er am Ende noch mehr Ärger bekam.


    Hatte sie nur das Gefühl, oder war Cimon irgendwie anders. Hecktisch war er ihrem Blick ausgewichen. Betrachtete den Boden zu seinen Füßen. War er etwa verlegen, weil sie sich so über die Unfähigkeit des Gärtners aufgeregt hatte? Das hatte doch nichts mit ihm zu tun. Sie übertrug ihren Ärger nicht auf andere… meistens… es gab einige kleine Ausnahmen.
    „Ich… danke, ich brauch nichts“, antwortete sie ihm. Woher sollte sie auch ahnen, was in ihm vorging. Sie selbst sah den Wald vor lauter Bäumen nicht, konnte nichts mit den merkwürdigen Gefühlen anfangen, wenn sie in seiner Nähe war. Das er ihr aus dem Weg gegangen war, war ihr nicht aufgefallen. Die Villa war schließlich riesig und es kam vor, dass man sich eben nicht täglich über den Weg lief.



    Wenn die Liebe dir winkt,
    folge ihr,
    sind ihre Wege auch schwer und steil.
    Und wenn ihre Flügel
    Dich umhüllen,
    gib dich ihr hin,
    auch wenn das unterm Gefieder versteckte
    Schwert dich verwunden kann.
    Und wenn sie zu dir spricht,
    glaube an sie…
    Khalil Gibran



    „Dort kommt die Rose hin“, wies sie den Sklaven an, der sich abmühte das Stück Garten, dass sie sich erobert hatte nach ihren Wünschen zu gestallten. Leise seufzte sie entnervt. Der Mann mochte ja der Gärtner des Hauses sein, aber er hatte zwei Linke Hände in ihren Augen und keinen Blick für Schönheit. Er stellte sich an, als sei es das erste Mal, dass er etwas Pflanzen sollte. Es juckte ihr in den Fingern den Sklaven davon zu scheuchen und sich selbst die Hände schmutzig zu machen und die Pflanzen nach ihren Vorstellungen anzupflanzen. „Nicht dorthin“, gab sie ungehalten von sich, als der Mann scheinbar wahllos, das Gewächs in der Erde eingraben wollte. Musste sie denn alles allein machen? War sie nur von unfähigen Idioten umgeben. Mit entschlossener Miene nahm sie sich nun der Rose an und machte ein Kreuz in die frische Erde, gut zwei Schritt von dem Gärtner entfernt. „Hier hin!“ meinte sie. Der Mann war kurz davor ihren Zorn auf sich zu ziehen. Eigentlich war sie ja sonst nicht so, aber es gab Dinge die mussten genau nach ihren Vorstellung geschehen. Sie konnte eine Perfektionistin sein, besonders wenn um den Garten ging, oder um ihre Kleider. Der Sklave war nicht der Erste dem sie mit ihrer Art dann auf die Nerven ging und da sie eine Aurelia war, lag die Schuld niemals bei ihr. „Ja, domina!“ murmelte dieser und machte sich eilig daran zu tun, was sie von ihm verlangte. „Die Azalee kommt hier hin“, sie machte ein weiteres Kreuz in die Erde. „Dazwischen Thymian und Lavendel. Die Veilchen hier vorne“, sagte sie bestimmt zum dritten Mal. Das er sich auch nicht merken konnte. Wieder markierte sie die stellen, diesmal mit einem Strich und zwei Kringeln. In einigen Punkten hatte ihre Mutter recht: Manche Sklaven besaßen nur so viel Verstand wie eine Walnuss. „Und die Löwenmäulchen will ich hier hin haben“, sagte sie und deutete zwischen den Lavendel und den Thymian. „Ja, domina!“ Der Mann gab sich alle Mühe nicht genervt zu klingen, doch konnte sie den verborgenen Unterton nicht überhören. Sie zog die Nase kraus, das tat sie immer, wenn sie verärgert war. „Wie war das?“ fauchte sie ihn an und funkelte wütend. „Verzeih, domina“, sagte er schnell und betrachtete scheinbar fasziniert seine Schuhspitzen. Flora schnaubte unzufrieden. „Sieh zu das du fertig wirst“, fuhr sie ihn an.
    Sie drehte sich um und sah zum Himmel. Womit hatte sie diese Unverschämtheit verdient? Ihr Blick blieb an einer kleinen braun roten Feder hängen, die sanft zu Boden schwebte. Suchend sah sie sich um, wo war denn nur das Rotkehlchen, das gerade sein Kleid verloren hatte.


    Sim-Off:

    Reserviert

    Auch sie warf dem Sklaven einen giftigen Blick zu. Wie konnte er nur ihre Schwester herum scheuchen? Reichte es nicht schon, dass er sie begleiten musste. Anscheinend nicht. Mit Cimon wäre das nicht passiert, da war sie sich sicher. Narcissa kam dann auch gleich auf den Nubier zu sprechen und sie nickte zustimmend. „Cimon weiß was sich gehört“, sagte sie und verpasste somit einen kleinen Seitenhieb gegen den Custodes. „Hast du ihn schon kennen gelernt?“ fragte sie und war sich nicht sicher, ob ihre Schwester schon einmal Cimon getroffen hatte.


    Lysandra musste ich ein genervtes Augenrollen verkneifen, als dieser ihre Frage widerholte. Sie sprach doch nicht undeutlich, oder in einer unbekannten Sprache. Sie hatte doch ganz deutlich und höflich sich ausgedrückt. Dieser Mann verstärkte ihre Meinung über Männer: Alles trieb gesteuerte Hohlköpfe! Denn ihr entging nicht der Blick, denn er ihren Herrinnen zuwarf. Endlich stellte er sich vor. Ein Flavier, auch du Schreck, es hieß die seien verrückt. „Es ist mir eine Ehre Dich kennen zu lernen, dominus. Ich habe schon viel über Deine ehrenvolle Familie gehört“, sagte sie und lächelte dabei. Er konnte ja keine Gedanken lesen. „Ich bin Lysandra“, stellte sie sich dann vor und hielt den Blick gesenkt. Das Interesse des Mannes war geweckt, sie konnte sehen, wie seine Augen funkelten, als er Narcissa und Flora musterte. „Natürlich werde ich Dich vorstellen, domine“, sagte sie und dachte aber: Eingebildeter Fatzke. Geschwind drehte sie sich auf ihrem Absatz um und ging zielstrebig zurück zu den Zwillingen. Der Flavier würde ihr schon folgen, oder auch nicht.


    „Domina Narcissa, domina Flora, ich habe jemanden gefunden, der uns den Weg weisen kann. Dies ist Aulus Flavius Piso!“ stellte sie ihn dann vor.


    Aus Dem Augenwinkel hatte Flora bereits gesehen, dass Lysandra anscheinend jemanden gefunden hatte, der ihnen den Weg weisen würde. Ein wenig überrascht stellte sie fest, dass die Sklavin einen Patrizier angesprochen hatte, dazu noch ein Flavier. So neugierig, wie Piso die jungen Frauen gemustert hatte, musterte sie nun auch diesen.
    „Salve, Flavius Piso“, grüßte sie mit vornehmer Zurückhaltung. „Es ist sehr freundlich von Dir, uns den Weg zu weisen. Wir sind noch nicht lange in Rom und kennen uns leider noch nicht so gut aus! Und dieser Unfähige Klotz hier“, sie deutete auf den Leibwächter, „scheint nicht in der Lage zu sein, sich zurecht zu finden!“ Der Sklave war wirklich unten durch bei ihr.

    Flora sah ihn aus großen Augen an und machte dann: „Pff!“ auf seinen frechen Kommentar hin. Sie machte einen Schmollmund. „Und das von der eigenen Familie“, beschwerte sie sich scheinbar beleidigt. Innerlich kicherte sie, aber Titus musste schließlich eine Lektion im Umgang mit den Zwillingen lernen. Sie konnten regelrechte Zicken sein, wenn es sein musste.


    Schnell aber war dieser kleine Zwischenfall vergessen, als Titus erzählte, was er für Schund in seiner Jugend gelesen hatte. Jeder hatte nun einmal seine kleinen Jugendsünden, da war es ihr auch gegönnt, dass sie die Abenteuer von Caius las. Auch wenn die Wortwahl meist recht derb war und sie auf diese Weise mehr lästerliche Flüche gelernt hatte, als es sich für eine junge Frau gehörte. „Spannende Handlung“, antwortete sie. Sie war neugierig, was Titus ihr nun in die Hände drücken würde.

    „Hexen?“ fragte sie erstaunt und schüttelte den Kopf. „Hast du nichts Charmanteres? Oder willst du dich mit Lysandra zusammen tun? Für sie sind wir Kobolde!“ sagte sie, zog die Nase kraus und lachte dann. „Blümchen klingt schon besser“, meinte sie dann. Obwohl sie es lieber hatte, wenn sie nicht mit Narcissa in einen Topf geworfen wurden. Sie waren schließlich zwei eigenständige Charaktere. Aber als Übergangslösung erst einmal annehmbar. Irgendwann, so hoffte sie, würde Titus sie auch auseinander halten können. „Frag doch Cimon wie er uns auseinander hält“, schlug sie dann vor. „Er konnte das auf Anhieb!“ meinte sie dann. Sie hatte sich den Nubier schon öfter ausgeliehen, er war ein netter Kerl. Zumindest fand sie das.


    Leicht rollte sie mit den Augen, als Titus anfing ihre Lieblingsgeschichten auseinander zu nehmen. Er klang genauso wie Narcissa, die auch nicht fiel mit Caius anfangen konnte. „Woher willst du das wissen? Du hast bisher nur einen Satz gelesen“, erwiderte sie und verteidigte ihren Schund. „Ich meinte, dass jede Liebesgeschichte im Grunde gleich ausgeht: hübsches Mädchen trifft netten jungen Mann. Verliebt sich. Erst wird es nicht geduldet und am Ende kommen sie doch zusammen. Das ist langweilig. Hier“, sie deutete auf ihre Schriftrolle: „Gerät der Held jedenfalls öfter mal in gewaltige Schwierigkeiten und muss dann zusehen, wie er da wieder raus kommt“, meinte sie und grinste frech. „Das er nicht stirbt ist was anderes!“ Zumindest in ihren Augen.

    Manchmal war ihre Schwester wirklich ein Tollpatsch. Da trug sie schon so wenig Schmuck und dann verlor sie diesen auch noch. Und dabei war es nicht mal irgend eine Haarspange, die sich schnell ersetzen ließ, sondern das Armband. „Wie konnte das denn passieren? War der Verschluss kaputt?“ fragte sie und nickte nebenbei leicht zerstreut aber zustimmend. Kurz drehte sie sich zu Cimon um. „Das Armband sieht aus wie das hier“, erklärte sie ihm und zeigte ihr Armkettchen mit ihren Initialen. Nachdem sich Cimon es angesehen hatte, nahm sie ihre Schwester bei der Hand und führte sie entschlossenen Schrittes in Richtung ihres Zimmer. Unterwegs wies sie noch einen Sklaven an. Lysandra zu holen, die konnte bei der Suche helfen. Schließlich räumte diese immer auf.
    „Am Besten wir schauen unter den Schränken, Truhen und dem Bett nach, denn wenn es offen auf dem Boden gelegen hätte, hätte ich es schon längst entdeckt!“ sagte sie und ging zu ihrem Bett. Ohne groß darüber nachzudenken griff sie nach den Decken und schüttelte diese aus: Nichts. Ohne sich weiter Gedanken darüber zu machen, ließ sie diese einfach auf den Boden zu einem unordentlichen Haufen fallen und ging auf die Knie um unter dem Bett nach zu sehen. Narcissa indess, schob eine der Truhen beiseite. „Ilgs!“ kam es von Flora. Sie nieste. Da war ihr doch glatt Staub in die Nase gestiegen. „Wann ist denn hier zuletzt sauber gemacht worden?“

    Flora musste lachen, die verdutzte Miene von Titus war einfach zu lustig, als er ihr Armband anstarrte. Sie taten es ja nicht mit Absicht ihn durcheinander zu bringen, aber irgendwie wusste er anscheinend nie, wer wer war. Widder spielte sie mit dem Gedanken sich in Zukunft ein Schild um den hals zu hängen, aber dann würde ihr jede Menge Spaß entgehen. Amüsiert schüttelte sie den Kopf. „Ich lese hin und wieder auch gern und Narcissa reitet ebenfalls gern“, klärte sie ihn auf, In vielen Dingen waren sie sich recht ähnlich, nur dass Flora eben meist etwas oberflächiger war und Narcissa gern tiefgründig. Aber wie sollte sie ihm das erklären, diese kleinen aber feinen unterschiede im Wesen der beiden Mädchen. Er musste sie eben noch etwas genauer kennen lernen, dann würde er sie schon auseinanderhalten können… oder aber auch nicht.


    Da sie daran gewöhnt war, ihr Schätze über die Abenteuer von Caius immer in Sicherheit zu bringen, hatte sie die Schriftrolle mehr automatisch an sich genommen. Nicht dass auch diese Exemplar ein Opfer der Flammen wurde, weil jemand versuchte ihr die Flausen auszutreiben. Verborgen unter ihren Kleidern hatte sie einen ganzen Stapel dieser Geschichten. Nur Narcissa wusste noch davon, fand aber ihre Vorlieben eher etwas albern.
    Zu Titus Aussage musste sie grinsen. Hätte ihre Mutter das gehört, sie würde ihn durch die mangel drehen. Ihre Töchter hatten gefälligst Unschuldig zu sein… aber im Grunde machten sich weder Flora noch Narcissa etwas in dieser Hinsicht vor.
    Abenteuer und Romantik klang schon recht verlockend, aber sie mochte nicht diese albernen Liebesgeschichten, in denen sich immer alles zum Besten wendete. „Es sollte nicht vorhersehbar sein“, antwortete sie. „Sonst ist es langweilig“, fügte sie erklärend hinzu.

    Zielstrebig steuerte sie einen Stand mit Schmuckstücken an. Gold und Silber und Edelsteine in allen Farben schillerten in der winterlichen Sonne. Mit einem zurückhaltenden Lächeln begrüßte sie der Händler. Dieser hatte das Schauspiel zwischen den jungen Damen und den angetrunkenen Männern mitbekommen. Im Gegensatz zu den jungen Männern behandelte er die beiden Aurelia mit Respekt und Höflichkeit und auch mit einer gewissen Zurückhaltung. Floras Blick wurde sogleich von einigen silbernen Armreifen angezogen, Lapislazuli war zu kleinen Blumen eingearbeitet worden. Mit einem vielsagenden Blick hielt sie ihrer Schwester das Schmuckstück unter die Nase. Es passte zu ihr, doch ehe Narcissa ihre Meinung dazu äußern konnte, wurden sie erneut von den jungen Männern umringt. Wieder kräuselte sie die Nase und wirkte nun verärgert. Die Beiden Leibwächter bauten sich demonstrativ neben den Zwillingen auf.
    Wortreich entschuldige sich der Claudier für das Fehlverhalten seines Freundes. Aber wirklich besänftigt war sie nicht, denn die Blicke die auf ihnen ruhten, waren doch mehr als eindeutig.
    „Wir gratulieren Deinem Freund für seine gewonnene Wahl“, sagte sie höflich, aber ziemlich diplomatisch. Ganz Tochter ihrer Mutter. Diese würde Luftsprünge machen, wenn sie sah, wie ihre Erziehung soebensich durchsetzte.
    Und die Einladung zu einer kleinen Feier erfüllte sie nicht gerade mit Begeisterung. Sonst war sie ja für jeden Spaß zu haben, aber sie waren noch nicht lang in Rom und ihr Bruder wäre sicherlich nicht begeistert, wenn sie fast völlig allein im Kreise von übermütigen Männern feierten. Kurz tauschte sie mit Narcissa einen kurzen Blick, ehe sie bedächtig den Kopf schüttelte. „Deine Einladung ehrt Dich, aber wir müssen ablehnen!“ sagte sie höflich. „Unsere Verwandten dürfte es gar nicht gefallen, wenn wir ohne jegliche Begleitung uns jungen Männern anschließen, welche wir gerade erst kennen gelernt haben.“ Mit Begleitung meinte sie eine Matrone, welche die jungen Damen nicht aus den Augen ließ und auf deren Ehre achtete.

    Flora wurde etwas kleiner in ihrem Stuhl. Sie rechnete fest mit einer Standpauke wie es ihre Mutter immer tat, wenn sie ihre Tochter eben mit solchen Werken erwischte. Ihre Mutter hatte nie herausgefunden, welche Quelle sie hatte und wer sie regelmäßig mit eben jenen Geschichten versorgte. Dabei war ihre Verbündete diesmal nicht Narcissa sondern Lysandra, die sich hatte erbarmen lassen und den Zwilling mit den spannenden Geschichten von Caius versorgte.
    Ehe sie ihre Schriftrolle festhalten konnte, wanderte diese dann auch zu Titus und er las dann zu ihrer großen Verlegenheit daraus laut vor. Diese jedoch verschwand urplötzlich, als er vorschlug, sie solle andere Geschichten lesen. Große grüne Augen sahen ihn völlig verblüfft an. Ihre Mutter hätte jetzt ihrem Cousin den Kopf angerissen und ihm vorgeworfen wie er es wagen konnte, ihrer Tochter einen solchen Vorschlag zu machen? Schlüpfrige Geschichten waren ja nun wirklich nichts für eine junge Frau. „Es geht nicht um Wissbegierde“, meinte sie dann etwas entspannter. „Ich mag die Geschichten nun einmal“, war ihre schlichte Erklärung. „Ich bin Flora“, verbesserte sie ihn dann. Da
    er immer glaubte sie spielten ihm einen Streich hielt sie ihm ihr Namenskettchen unter die Nase. „Narcissa ist im Stall… glaub ich!“ Sie wusste nicht immer wo ihre Schwester steckte. Aber sie würde diese finden, wenn sie etwas von ihrem Ebenbild wollte. Kurzerhand stibitzte sie ihre Schriftrolle zurück. Aber ihre Neugierde war geweckt. „Welche Geschichten würdest du mir denn empfehlen?“ fragte sie schon fast unschuldig nach.

    Es war einer dieser Tage, an denen es schien, dass die Zwillinge ihre Charaktere getauscht hätten. Narcissa war im Stall und sie saß in der Bibliotec und hatte sich in ein Buch vertieft. Wobei [/i]Buch[/i] nicht die richtige Beschreibung für das war, was sie da las. Es waren kleine brisante Geschichten über einen jungen Mann der es sich zur Aufgabe gemacht hatte die jungen Frauen Roms zu verführen. Mal mit Witz, mal mit Charme, aber immer anders. Zeile für Zeile verschlang sie, denn sie steckte mitten in einem Abenteuer wo der Held über eine Mauer klettern musste um einem wütendem Vater und dessen Söhne zu entkommen. Er war dabei erwischt worden, wie er sich gerade mit der Tochter eines Senators vergnügte.


    “Haltet ihn!“ brüllte der älteste Sohn und zog sich mit Mühe ebenfalls die Mauer hinauf. „Na warte uns entkommst du nicht!“ erklang eine weitere Stimme, ebenso wütend. „Wie kannst du es wagen die Ehre meiner Familie zu beflecken? Dafür werde ich dich im Circus den Löwen zum Fraß vorwerfen!“ Die Mauer hinauf. ER wartete erst gar nicht, dass er eingeholt wurde, sondern sprang uf die Straße, rollte sich ab, rappelte sich auf und rannte weiter. Caius lachte, für ihn war es nur ein Spaß und das er verfolgt wurde nur ein weiterer Nervenkitzeln. RUMMMS…. Er war mitten in einen Händler hinein gestol..


    Flora zuckte sichtlich zusammen, als sie eine tiefe Stimme hinter sich hörte. Sie hatte gar nicht mitbekommen, dass sie nicht mehr allein war. Verdutzt hob sie den Kopf und erkannte Titus. Eilig wollte sie ihre Schriftrolle bei Seite legen, eher sehen konnte was sie da las, aber er war schneller.
    „Salve Titus“, sagte sie erst einmal nur und wurde dann rot wie ein Radieschen. „Öhm“, machte sie. Sie konnte ja schlecht sagen, dass sie diesen Schund gekauft hatte…

    Sie wusste nicht wie die Katze hieß, die da aus dem Busch gesprungen war. Sie konnte auch nicht sagen, warum sie dem Tier so nachstarrte, sie hatte nur das Gefühl, dass sie kurz davor gewesen war, etwas unsäglich Dummes zu tun und dass die Ablenkung in Form einer Katze wohl gerade zur Rechten Zeit kam. Was ging hier nur vor sich? Da war er wieder dieser Strudel aus Gefühlen, sie konnte ihn nicht ordnen oder benennen, nur dass es sie verwirrte. Erst Cimons Stimme holte sie zurück. Doch ehe sie irgendetwas erwidern konnte, tauchte auch noch Narcissa auf. Auch diese starrte sie erst einmal völlig endgeistert an. Froh und auch verärgert zugleich. Doch schnell war dies vergessen, als ihre Schwester ihr eröffnete dass sie ihr Namenskettchen verloren hatte.


    „Du hast was?“ fragte sie völlig perplex, ehe ihr die Tragweite bewusst wurde. Es war nicht wirklich schlimm, aber diese Kettchen begleiteten sie bereits ihr ganzes Leben lang. So viele Erinnerungen verbanden sie mit diesem Schmuckstück. „Herjemine!“ sagte sie und sprang fast unvermittelt auf. „In meinem Zimmer hab ich es nicht gesehen, wir können aber es gemeinsam suchen…“

    Das Narcissa ein Gespür dafür besaß, wie sie ihre Schwester aufmuntern konnte, stellte sie mal wieder vortrefflich unter Beweis. Anstatt weiter nach zu bohren, machte sie einen Vorschlag zur Zerstreuung und Ablenkung. Genau, dass was sie nun brauchte. Sie musste auf andere Gedanken kommen und den goldenen Käfig verlassen. Raus an die frische Luft. Nichts half dabei Besser wie ein Bummel. „Lass uns ein wenig bummeln gehen. Buchläden unsicher machen und Schmuckschmiede und Stoffhändler und alles andere was uns in den Sinn kommt“, stimmte sie ihr zu und freute sich schon darauf. Die Euphorie steckte an und vertrieb die Verwirrung mit einem Male. Sollte sie doch jemand anderen quälen, Flora hatte nun Ablenkung gefunden und die Aussicht auf ein paar neue Kleider und Schmuckstücke, ließ sie fast alles andere vergessen. "Schließlich sind wir hier in Rom. Hier bekommen wir alles, was das Herz begehrt und noch viel mehr."

    Etwas überrascht sah sie ihrer Schwester nach, wie diese zu Marei ging und ihr half. Das Bild war einfach zu goldig und sie musste kichern. Leicht schüttelte sie den Kopf, verwundert. Als dann aber Aculeo sich anbot zu helfen, wurde sie schlagartig ernst und schüttelte energisch den Kopf. Wo kamen sie denn hin, wenn sie Gäste für sich arbeiten ließen. „Bleib bitte sitzen. Du bist Gast und ich kann nicht zulassen, dass du hier plötzlich im Haushalt hilfst!“ Flora machte eine energische Handbewegung in Richtung eines Sklaven. „Du! Helf Marei. Man kann von einem Kind nicht erwarten, dass sie allein die schweren Truhen einräumt“, meinte sie herrisch, ganz im Tonfall ihrer Mutter. Der Sklave zuckte unter ihrem Ton zusammen und eilte dann Marei umgehend zur Hilfe. „Narcissa, wir haben einen Gast“, ermahnte sie ihre Schwester sanft, ehe sie dann dem Mädchen zulächelte. „Marei, setz dich doch zu uns. Du darfst deine Puppe gern mit nehmen. Überlass die Arbeit den anderen Sklaven.“ Leicht hob sie die Stimme. „Dann brauchen sie nicht vorzugeben zu Arbeiten, sondern machen sich nützlich.“ Sie musste sich ein Lachen verkneifen, als die Sklaven erkannten, dass man sie durchschaut hatte. Flora und Narcissa brauchten kein Kindermädchen mehr, die Einzige die verschont blieb war Lysandra. Diese war schließlich ihre Leibsklavin und dazu ausgewählt worden um ein Auge auf die Zwillinge zu haben.

    Das Narcissa und Flora mit unter ziemlich anstrengend für Sklaven werden konnten, merkte zumindest der Custodes der sie Beide begleitete an diesem Tag. Die eine war ein regelrechter Wildfang, sprunghaft und überraschend, während die andere ihre Nase ständig in Bücher steckte und hin und wieder in einem Buchladen verloren ging. Während der Sklave also nun mehr beschäftigt war Narcissa dazu zu drängen, dass sie Flora folgten, hatte sich Flora auf einen Brunnenrand gesetzt und Lysandra los geschickt damit diese nach dem Weg fragte. Diese warf ihrem Schützling dabei immer wieder Blicke zu, um diese nicht aus den Augen zu verlieren. Nicht dass die junge Frau schon wieder etwas entdeckte, was sie sich unbedingt ansehen wollte.
    Sie hob den Kopf, als sie die vertraute Stimme ihrer Schwester hörte. Entschuldigend sah sie diese an. „Tut mir Leid“, sagte sie schlicht und lächelte ihr Ebenbild liebevoll an. „Hast du was für dich entdeckt... oder“, sie warf dem Sklaven einen bitterbösen Blick zu, denn er musste an der schlechten Laune Narcissa schuld sein, „hat dich dieser tumpe Kerl einfach davon abgehalten?“ Mit Cimon wäre das nicht passiert. Da war sie sich sicher. Dieser Sklave war einfach nur rücksichtslos.


    „Ja, das Forum“, nickte Lysandra bestätigend und sah wieder über die Schulter. Nun war auch Narcissa wieder bei ihrer Schwester. Erleichterung zeigte sich kurz auf ihren Zügen. Diese Mädchen brachten sie noch in ein frühzeitiges Grab. „Du würdest uns den weg zeigen? Das wäre sehr freundlich von Dir. Ich werde nur eben meinen Herrinnen Bescheid geben. Darf ich erfahren, wie Dein Name lautet? Dann kann ich Dich gleich angemessen vorstellen!“ sprach sie und lächelte dankbar und freundlich. Kurz musterte sie ihn und erst jetzt fiel ihr auf, dass sie einen Patrizier angesprochen hatte. Wie gut, dass er nicht Böse auf sie war. Aber er hatte als Einzigster in ihren Augen vertrauenswürdig ausgesehen. Sie fragte ja schließlich nicht den erst Besten nach dem Weg. Wer wusste schon welchem Lumpenpack man da begegnete. Dann doch lieber einen Mann von Welt.
    „Meine Herrinnen sind Aurelia Narcissa und Aurelia Flora!“ erklärte sie und deutete in Richtung der Zwillinge.


    Diese hatten wie immer die Köpfe zusammen gesteckt. Der Sklave stand hinter ihnen und warf einen wachsamen Blick auf seine Umgebung. Wobei er äußerlich zwar ruhig war, aber innerlich gereizt. Die Schwestern waren furchtbar anstrengend.

    Während sie kurz vor sich hin träumte und eindeutig Bilder im Kopf hatte, von denen sie wusste, dass Mutter sie ihr austreiben würde, wenn diese es wusste, wurde sie von Narcissa genau gemustert. Eine Spur Besorgnis lag im Blick der Zwillingsschwester. Als dann ihr Name durch ihre Träumereien drang, zuckte sie irgendwie schuldbewusst zusammen. Dabei hatte sie doch nicht gemacht. Für einen Moment hatte Narcissa wirklich die Stimme ihrer Mutter gehabt. Gruselig, fand sie. Ihre Mutter konnte sie unmöglich durch ihre Schwester hindurch ermahnen. „Ehm“, machte sie, als ihre Schwester meinte, dass sie immer noch bedrückt wirkte… War sie das? Eigentlich nicht mehr… oder verbarg sich irgendwo etwas tief in ihr. Sie war sich nicht sicher, aber da nichts mehr war. Aber sie war auch nicht mehr verwirrt, sondern sah die Dinge klar. Glaubte sie zumindest. Von daher zuckte sie nur leicht mit den Schultern. „Ich hab grad nur etwas geträumt“, gestand sie ihr offen. Narcissa kannte das ja, oftmals hatte sie ja eigentlich den Kopf in den Wolken…

    Rom, eine Weltmetropole, groß und vielseitig. Lebendig, laut, verwirrend und an jeder Ecke gab es etwas neues zu entdecken. So viele Kulturen trafen hier aufeinander, wilde Germanen mit langen Haaren und wilden Bärte, Römer, weise Griechen, Kelten, Africaner und Besucher aus dem fernen Asien. So viel gab es zu sehen, Händler und Priester, Tempel und Plätze, Theater, das Colloseum und weite Plätze. Die sieben Hügel auf denen Rom erbaut worden war, war voller Wunder. Alles von Menschen erbaut.
    Flora stand an einem der öffentlichen Brunnen und sah sich etwas ratlos um. Sie war aus einer Laune heraus aus dem Haus gegangen. Sie wollte Rom kennen lernen, jetzt wo es Frühling wurde und der Winter vertrieben. Noch war es nicht unerträglich heiß. Sie hatte die Gelegenheit beim Schopf gepackt und Lysandra mit in die Stadt genommen. Nur sah sie sich nun verwirrt um. Wo war sie? Sie hatte sich verlaufen und auch die Sklavin sah sich unsicher um. Es war viele Jahre her, dass sie in Rom gewesen war. In der Zwischenzeit hatte sich die ewige Stadt verändert. Und da sie nicht auf den Hauptstraßen geblieben waren, sondern durch kleine Gassen gegangen waren, hatte auch sie die Orientierung verloren.
    „Ich hab doch gesagt, wir sollen auf den Hauptstraßen bleiben“, murmelte diese mit finsterer Miene. Ausnahmsweise wurde Flora nicht von einem großen Custodes begleitet, sondern nur von der Leibsklavin.
    „Was hast du gesagt?“ fragte Flora verärgert. Sie hasste diese Besserwisserei der Sklavin. Sie konnte es nicht mehr hören. „Frag nach dem Weg!“ sagte sie mürrisch. Die Sklavin konnte einem echt die Laune verderben. Lysandra seufzte ergeben und sprach den nächsten Passanten einfach an.
    „Verzeih, dominus“, sagte sie lächelnd und warf einen kurzen Blick über die Schulter um sich zu vergewissern, dass Flora auch immer noch am Brunnen stand und nicht einfach weiter gegangen war. „Könntest Du mir den Weg zum Forum Romanum erklären?“
    Flora indess hatte sich auf den Brunnenrand gesetzt und hielt die Hand ins Wasser. Es war herrlich kühl. Kurz betrachtete sie ihr verzerrtes Spiegelbild und steckte eine Strähne in ihre Frisur. An diesem Tag trug sie eine Wasserblaue Tunika, mit einem schlichten silbernen Gürtel, darüber eine dunkelblaue Pala und Armreifen aus Silber. Sie sah aus wie eine Nymphe aus einem Märchen.


    Sim-Off:

    Reserviert