Beiträge von Aurelia Flora

    Da war noch viel mehr, als er ihr gegenüber sagen wollte. Sie merkte es an seiner Haltung und dem Ausdruck in seinem Gesicht. Doch er würde wohl nicht mit ihr darüber reden. Obwohl reden half, meistens. Flora würde ihn aber nicht bedrängen. Entweder er sprach mit ihr oder er ließ es sein. Schweigen senkte sich zwischen sie, nicht wirklich unangenehme Stille, aber es war auch kein vertrautes Schweigen, so wie sie es mit ihrer Schwester. Noch ehe sie ein neues Thema anschneiden konnte, klopfte es, sie wollte schon den Mund öffnen um den nächtlichen Besuch hinein zu bitten, aber Marcus war schneller. Verblüfft sah sie ihn an und zuckte dann leicht zusammen, als ein Sklave in ihr Zimmer stürmte und verkündete, dass das Kind da war. Der war ja vollkommen aus dem Häuschen. Verdutzt sah sie von Marcus zu dem Sklaven und wieder zurück. Sie wusste nicht was sie sagen sollte. Plötzlich kam sie sich Fehl am Platz vor, obwohl das ja ihr Zimmer war. Sie kannte die Frau nicht, die soeben einen Jungen zur Welt gebracht hatte. Ihr fiel auf, dass sich die Anspannung bei ihrem Verwandten löste. Nur konnte sie leider nicht in seinem Gesicht lesen, was in ihm vorging. Er hatte sich von ihr abgewandt und mehr als seinen Hinterkopf konnte sie nicht betrachten, es sei denn sie wechselte ihre Position.
    Er war doch nicht der Vater, oder? Nein, schob sie den Gedanken vehement weg. Das konnte nicht sein. Dass sie aber den Kern der Sache erraten hatte. Würde sie wohl vielleicht nie erfahren.
    Mehr oder weniger verfolgte sie das kurze Gespräch der Männer. Sie wusste nicht was sie sagen sollte. Der Sklave strahlte zwar wie ein Honigkuchenpferd aber sie glaubte zu wissen, dass auch er nicht der Vater des Kindes war. Es war schon eigenartig. Diese Nacht schien jede Menge Rätsel zu verbergen.


    Als sich Marcus dann an sie wandte, wirkte er regelrecht gut gelaunt und vollkommen gelöst. Wenn sie nicht dabei gewesen wäre, hätte sie den Eindruck gehabt, dass er wohl an einer Opiumpfeife gezogen hatte. Seine verborgenen Tränen sah sie nicht, dazu war das Licht zu unstet. Leicht runzelte sie die Stirn, als er ihr durch das Haar strich. Diese Geste hatte seit vier Jahren keiner mehr gewagt. Sie war ja schließlich kein Kind mehr. „Gute Nacht“, sagte sie leicht verwirrt und starrte dann einen ganzen langen Augenblick auf die geschlossene Tür. Sie war wieder allein... Ihr Blick wanderte zu der Verbindungstür. Sollte sie zu Narcissa rüber gehen und sich in deren Bett kuscheln? Flora wollte ihre Schwester aber nicht wecken. Nach einer ganzen Weile in halbdunklen Zimmer, löschte sie schließlich die Öllampen und kuschelte sich wieder ins Bett. Schon bald hatte der Schlaf sie wieder erobert und sie wandelte auf Traumpfaden.

    Aufmerksam beobachtete sie jeden seiner geschickten Bewegungen. Schon bei ihrem ersten kennen lernen, hatte er die Rüstung von Titus gepflegt. Cimons Bewegungen waren sparsam und zeugten Erfahrung. Er musste dies anscheinend oft machen. „Du wirst ihn sicherlich begleiten, wenn er einen neuen Posten bekommt“, meinte sie nachdenklich. Irgendwie bedrückte sie die Vorstellung dass Cimon und Titus bald nicht mehr hier leben würden. Septima würde wohl ihren Mann begleiten. Die Villa würde noch ein wenig stiller werden.
    Sie musste zugeben, dass Rom gänzlich anders war, als sie sich vorgestellt hatte: Die Stadt war lärmend und groß, die Villa hingegen meist sehr still und an manchen tagen sogar fast wie ausgestorben. Wieder einmal war sie froh darüber, eine Zwillingsschwester zu haben. Sie würde nie allein sein. Aber es wurde ihr auch deutlich, dass sie eindeutig zu wenige Freunde hatte. Das musste sich ändern.
    Einen Augenblick hingen sie Beide ihren eigenen Gedanken nach. Erst nachdem sie ihm das Stück Stoff gegeben hatte, verschwand die angenehme Stille. Cimon wirkte… sprachlos?!? Anscheinend hatte sie mehr mit ihrem Geschenk bewirkt, als sie hätte ahnen können.
    „Schön, dass es dir gefällt!“
    Er war überwältigt. Sie rutschte ein wenig herum, verlegen. Als er sich entschuldigte wusste sie nicht, wofür.


    „Du brauchst dich nicht entschuldigen…“, meinte sie dann nur.

    Da sie eigentlich sonst durchschlief und nicht mitten in der Nacht aus dem schlaf schreckte, hatte es sich ihre Leibsklavin zur Gewohnheit gemacht, ihr immer nur früh morgens etwas zu trinken zu bringen. Der Wasserkrug war leer und stand einfach nur obligatorisch auf dem Tisch. Flora musste ein Gähnen unterdrücken. Sie war nicht wirklich wach, aber auch nicht müde. Jetzt wo ihre Neugierde verschwunden war, kehrte auch die Müdigkeit zurück. Sie ließ sich aber nichts anmerken. Dann würde sie eben Morgen noch länger im Bett bleiben.
    Leicht zuckte sie mit den Schultern auf Marcus Frage hin. „Ich hab keine Ahnung. Ich bin einfach aufgewacht und konnte nicht wieder einschlafen“, antwortete sie. Es gab eben manchmal Nächte in denen auch sie nicht schlafen konnte. Selten, aber es kam vor.
    Auch wenn Marcus nachfragte ob sie nun wieder schlafen könnte, sah er nicht so aus, als würde er sie jetzt wieder allein lassen. Sie wurde das Gefühl nicht los, dass es ihm nach Gesellschaft verlangte und sie ihm eine willkommene Ablenkung bot. Von daher winkte sie leicht ab. „Vielleicht, aber sicher bin ich mir nicht. Was ist mit dir? Was hat dich geweckt?“ fragte sie ihn dann.

    Sie machte eine kleine Grimasse, als Narcissa sie weiter neckte. Sie neckten sich oft, einfach nur so, meist weil es ihnen Spaß machte und auch um scherzhaft etwas Kritik an dem anderen Zwilling zu üben. Aber sie wusste dafür auch dass sie die Unterstützung ihrer Schwester hatte, immer und überall. Vorbehaltlos, es gab nichts und niemanden der sich zwischen sie drängen konnte. Wie Pech und Schwefel waren sie, eine Einheit die man nicht so leicht ignorieren konnte, wenn sie gemeinsam etwas wollten.


    Verblüfft stellte sie fest, dass Titus anscheinend den festen Glauben hegte, sie würden ihn veralbern, denn anstatt sich an sie zu wenden, stellte er die Frage Narcissa. Einen Moment lang sah sie ihn verdutzt an und lachte dann. Sie hatten ihm schon so viele dezente Hinweise gegeben und er verwechselte sie dennoch. Narcissa gab sich alle Mühe ihn auf zu klären. Nur ganz nebenbei bekam sie mit, wie Marei wieder zurück bekam und ihre Armbänder bewunderte. Sie zwinkerte dem Sklavenmädchen zu. „Irgendwie passiert das ständig“, kicherte sie immer noch und sah Narcissa an.

    Die Zwillinge wurden mit Schmeicheleien überschüttet. Sie wurden mit Venus und Nymphen verglichen. Flora hatte das Gefühl gerade ziemlich veralbert zu werden. Ihre Verlegenheit legte sich so schnell wie sie gekommen war und wich einem eher genervten Ausdruck. Wie konnte man sich in aller Öffentlichkeit nur so daneben benehmen? Die jungen Männer waren eindeutig allesamt angetrunken und nun wurden ausgerechnet die aurelischen Zwillinge Ziel ihres Übermutes. Sie warf einen kurzen Blick über die Schulter, die beiden Sklaven, welche sie begleitenden warteten nur auf ein Wort um die dreisten Kerle des Weges zu weisen. Doch noch fühlte sie sich nicht bedrängt. Trotz allem hielten die jungen Patrizier höflich Abstand.
    „Eindeutig spricht Bacchus aus ihren Worten“, sagte sie an ihre Schwester gewandt. So viele Schmeichelein waren dann doch zu viel des Guten. Ihre Miene wurde abweisend und auch leicht hochnäsig. Mit leichter Verachtung kräuselte sie die Nase und musterte jeden Einzelnen kritisch. Endlich besannen sie sich und stellten sich einer nach dem anderen vor. Berühmte Namen prasselten auf sie nieder, doch zeigten sie sich wenig beeindruckt. Schließlich stammten sie auch aus einer vornehmen Familie. Es war eindeutig dass sie versuchten Eindruck zu schinden, aber da hatten sie wohl nicht die Rechnung mit der Erziehung ihrer Mutter gemacht: Eine Dame hatte stets unnahbar zu sein. Und an diesen Leitspruch hielt sie sich nun. Ihre Mutter hatte schließlich gewusst worüber sie sprach und hatte ihre Töchter auf genau solche Momente vorbereitet.
    „Wir sind Aurelia Flora und Aurelia Narcissa, Töchter von Barrius Aurelius Scipio“, stellte sie sich kühl vor, wenig beeindruckt von den aufdringlichen jungen Männern. Sie wandte sich an Narcissa und hackte sich bei ihr unter. „Komm wir setzen unseren Bummel fort“, sagte sie dann knapp und servierte die Männer elegant ab. Synchron reckten beide das Kinn in die Höhe und marschierten dann ohne den Claudia und seine Kumpanen noch eines Blickes zu würdigen, einfach weiter. „Du meine Güte… wie kann man nur so betrunken sein?“ wisperte sie ihrer Schwester dann fast lautlos zu.

    Dass sie für fast jeden Spaß zu haben waren konnte man ihnen wohl ansehen. Aber nur für harnlose Scherze. Sie achtete von allein auf ihre Tugend und würden sich nicht beabsichtig in Schwierigkeiten zu bringen.
    „Lysandra hat sich recht schnell befreien können und uns dann ins Bett geschickt!“ beendete sie ihre Ausführungen über den Löwen.


    Zu Hause in Terentum hätte sie Narcissa nun auf sie gestürzt und versucht ihr die ekelhafte Brühe in den Rachen zu kippen. Wie gut das sie nicht in Terentum waren und sie ihren Verwandten eben nicht die schlechten Seiten zeigen wollten. Mit der Zeit würde die Familie schon erfahren, dass sie hin und wieder ziemlich viel Unfug im Kopf hatten.
    Sie lächelte ihrer Schwester entschuldigend zu. „Ich glaub kaum das man damit Löcher in Stein ätzen kann, sonst könnte man es nicht trinken“, stichelte sie in Richtung ihres Ebenbildes. Eigentlich meinte sie es ja nicht Bös und Narcissa lachte ja auch schon wieder und schoss eine kleine Spitze in ihre Richtung ab. Hin und wieder brauchten sie es eben, dass sie sich stichelten. Es war ein Ausdruck ihrer Zuneigung. Septima schien das Ganze sehr amüsant zu finden.


    Auch sie bediente sich schließlich am Obst. Hunger hatte sie ja, ihr war nur noch ein klein wenig schlecht. Aber nach dem ersten Bissen merkte sie, dass sie Essen konnte. Sie warf Titus kurz einen merkwürdigen Blick zu. „Wie würde es denn aussehen, wenn uns unsere Namen auf der Stirn stehen… Dann würde uns sicherlich kein Ehemann mehr haben wollen!“ grinste sie und fand die Idee dann plötzlich doch nicht so schlecht.

    Nun überlegte sie wirklich Lysandra zu wecken, damit diese ihnen etwas zu trinken brachte. Aber irgendwie wollte sie die Sklavin nicht aus ihrem wohlverdienten Schlaf reißen. Es würde auch so gehen. Im Notfall würde sich vielleicht noch ein wacher Sklave finden, der durch die Gänge huschte. Marcus entschuldigte sich bei ihr und sie fühlte sich etwas Unwohl in ihrer Haut. Sie hätte nicht so schnell aus der Haut fahren sollen. Er hatte ja recht gehabt. „Schon gut“, winkte sie ab. Ihr Ärger war verraucht. „Ich bin dir nicht Böse deswegen.“
    Kurz hatte sie das Gefühl, dass er mehr sagen wollte, doch dann setzte er sich erst einmal und suchte ihren Blick. Sie folgte ihm und ließ sich ihm direkt gegenüber nieder. Sie zog automatisch die Knie an und schlang die Arme um ihre Beine. Verstehend nickte sie, als seine Anspannung auf die Arbeit zurückführte. Ihr Leben hingegen war herrlich unbeschwert. Kaum Verpflichtungen und noch weniger Verantwortung.
    „In manchen Nächten ist man halt rastlos!“ sagte sie und lächelte schwach.

    Sie lächelte ihm zu. Warum eigentlich? Irgendwie kam sie sich albern vor. Um ihre Unsicherheit zu verbergen strich sie über den blauen Stoff. Sollte sie ihm diesen wirklich geben. Es war doch nichts dabei. Nur ein Geschenk unter Freunden. Titus würde sicherlich nichts dagegen haben.
    „Kümmerst du dich oft um die Rüstung von Titus?“ fragte sie ihn erst einmal und betrachtete die einzelnen Teile neugierig. Schnallen und Bänder, und poliertes Metal. Schließlich fragte er, wie er ihr helfen konnte. „Ich wollte dir das hier geben!“ sagte sie und reichte ihm das Stück blauen Stoffes. Er hat dir doch so gut gefallen und das ist übrig geblieben, nachdem der Schneider mir ein Kleid daraus gemacht hat!“ erklärte sie ihm und hielt es ihm hin. „Ich will dir damit nur eine kleine Freude machen“, fügte sie dann noch hinzu. Warum nur war sie so verlegen? Es war doch nichts Besonderes. Zumindest für sie war es nichts Besonderes.
    "Und so kommst du nicht in Gewissenskonflikte!" meinte sie lächelnd. Ob er sich darüber freuen würde? Sie hoffte es.

    Den überraschten Blick ihrer Schwester erwiderte sie. Kurz warf sie einen Blick über die Schulter auf die beiden großen Sklaven. „Nein, Angst haben wir nicht und brauchen es nicht zu haben!“ sagte sie und kicherte dann, als sie den verdrossenen Blick auffing die einer der Sklaven ihnen zuwarf. Sie konnte ihm ansehen, dass er am liebsten die beiden Mädchen wieder nach Hause geschleift hätte. Aber er durfte ja nicht die Hand an sie legen. Über den Scherz ihrer Schwester lachte sie. „Ach komm, so schlimm bin ich nun auch wieder nicht. Außerdem muss ich schließlich für uns Beide einkaufen“, zwinkerte sie ihr zu und ließ sich willig weiter führen. Von Stand zu Stand. Sie freute sich schon darauf sich einmal die Stoffe anzusehen udn Kleider und Schmück und all die anderen Dinge die eine junge Frau brauchte.


    Doch wirklich weit kamen sie nicht, denn im nächsten Moment stellte sich eine Horde grölender und lärmender junger Männer ihnen in den Weg. Der Halbmond an den Sandalen verriet ihr, dass es sich um Patrizier handelte. Ihre Custodes wurden wachsamer und sahen den Mann der sie angesprochen hatte finster an. „Ehm…“, machte sie und lief mal wieder knallrot wie ein Radieschen an, ob des charmanten Komplimentes.
    „Salve“, grüßte sie etwas zu schnell und sah Hilfe suchend zu ihrem Ebenbild. Schließlich sah sie wieder den Claudia an, Abwartend und auch auffordernd. Er hatte sich noch nicht vorgestellt.

    Sie freute sich darüber, dass er einige der Stücke von Plautus lesen wollte. Bei Gelegenheit würde sie ihm diese raussuchen und bringen. Mit Narcissa zusammen hatten sie viele Stück gelesen, immer hatten sie abwechselnd gelesen und für sich selbst ein eigenes Theaterstück aufgeführt. Meist hatten die Sklaven des Hauses mit gemacht. Gäste die dann da waren wurden auf diese Waise unterhalten. Es waren lustige Abende gewesen und die Zwillinge hatten mit ihrer eigenen Art alle begeistert.


    „Ich werde dir ein paar Stücke von Plautus zu lesen geben. Sie sind wirklich sehr amüsant.“


    Leicht zuckte sie den Schultern, als Cimon zu Recht meinte, dass die Langeweile der Preis für ein sicheres Leben war. Dennoch konnte sie ihren Tatendrang meist nicht unterdrücken. Sie konnte nicht stundenlang stillsitzen. Sie war ein eben viel zu lebendig.


    Sie grinste breit, als Cimon meinte Titus würde sie sicherlich gern begleiten. „Ich werde ihn mal Fragen. Celerina und Marcus direkt dann auch.“ Ihre Begeisterung kannte scheinbar keine Grenzen. Sie freute sich schon auf einen Besuch im Theater.


    Es ging zurück zur Villa Aurelia. Wieder führte Cimon sie sicher und zielsicher durch die Straßen. Schneller wie ihr Lieb waren, waren sie auch schon zu Haus. Sie hatte diesen kurzen Ausflug sehr genossen. Schon bad würde sie Cimon einen kleinen Besuch abstatten.


    Sim-Off:

    Wir beenden das dann mal ;)

    Ein wenige verlegen drehte sie den Stoff in ihren Händen herum. Ob es so eine gute Idee von ihr gewesen war? Sie war sich plötzlich nicht mehr sicher. Aber sie wollte nun auch keinen Rückzieher machen. Es war seltsam... ihre Kontakte mit Sklaven waren bisher immer nur oberflächlich gewesen. Die Ausnahme war Lysandra die eine Vertraute für sie war und ebenso wie Narcissa fast alle ihre Geheimnisse kannte. Doch bei Cimon war es etwas anderes. Er war ihr Freund, glaubte sie jedenfalls, aber irgendwie hatte sie das Gefühl da war mehr. Doch sie konnte es nicht ergründen. Sie schob es darauf, dass ihr Rom immer noch wie ein Traum vor kam und dass alles so unwirklich wirkte.
    Der Nubier bat sie schließlich rein zu kommen und ganz vertraut meinte er dann, sie dürfe sich zu ihm setzen. „Keine Sorge, ich will dir nicht wieder alles durcheinander bringen!“ schmunzelte sie und setzte sich ihm dann kurz entschlossen gegenüber. Seine Verlegenheit überging sie in dem sie ihn anlächelte. Das letzte Mal hatte sie die Hälfte der Rüstungsteile herunter geworfen.
    „Mach dir wegen mir keine Umstände. Ich halte dich doch nicht von der Arbeit ab?“ fragte sie ihn und zögerte es noch ein wenig heraus auf den Grund ihres Besuches zu kommen. Stattdessen zupfte sie ein wenig an ihrer Tunika herum. Das Stück Stoff hatte sie sich in den Schoß gelegt und hob sich schimmernd von ihrer roten Tunika ab. „Wenn ich störe, dann sag es nur. Ich kann auch später wieder kommen!“

    Cimon hatte anscheinend noch nichts von Plautus gelesen. Sie nahm sich vor ihm einmal einige Stücke zum lesen zu geben. „Die Mostellaria ist eine Gespensterkomödie“, erzählte sie ihm. „Der Sohn eines einflußreichen Mannes hat das ganze Vermögen verprasst in der Abwesenheit des Vaters. Eine Hetäre hat es dem jungen Mann angetan und er würde für sie sogar die Sterne vom Himmel holen wenn er könnte. Nun aber kündigt der Vater seine Rückkehr an und um diesen davon abzuhalten das Haus zu betreten, wird ihm erzählt das es im Haus spuckt! Es ein lustiges Stück. Ich werde es dir einmal zu lesen geben. In der Bibliothek lässt sich sicher eine Abschrift finden! Nur wenn du Interesse hast,“ erzählte sie ihm. „Narcissa wird sich freuen. Wir haben Beide tränen gelacht, als wir sie das erste mal gelesen haben. Ich bin gespannt wie die Schauspieler das Stück umsetzen“, plapperte sie munter weiter. "So oft waren wir noch nicht im Theater. In Terentum ist eh meist nicht viel los. Es ist eben friedliches Landleben. Eigentlich sogar ziemlich langweilig.
    Was meinst du, würde Titus uns begleiten wollen?“ fragte sie dann Cimon. Sie schlug nun langsam den Heimweg an. Narcissa würde sich sicher bereits Fragen, wo sie denn geblieben war.

    Septima reagierte wie fast alle Menschen auf die Zwillinge: Sie starrte diese an und versuchte auf den ersten Blick äußerliche Unterschiede zu entdecken. An diesem Tage dürfte es ihr etwas leichter fallen, Narcissa wirkte wesentlich frischer, wie Flora. Auch wenn sich Lysandra alle Mühe gegeben hatte alle Spuren des vergangenen Abends zu kaschieren. Sie wollte ein Bad. Ein langes Bad... Hoffentlich hielt die Sklavin ihr versprechen und hielt es für sie frei. So wollte sie nicht vor die erwartenden Gäste treten. Außerdem wollte sie sich schnell etwas anderes anziehen, sie fand es wirklich nicht witzig, die gleichen Kleider wie Narcissa zu tragen. Sie legte Wert auf ihre eigene Persönlichkeit.
    Zustimmend nickte sie zu den Worten ihrer Schwester und zeigte ebenfalls das silberne Kettchen an ihrem Handgelenk. Aber wirklich auffällig war dies nicht. Früher hatte es seinen zweck erfüllt, jetzt aber war es mehr ein Schmuckstück, auf das kaum jemand achtete. „Wir sollten uns Namenschilder um den Hals hängen“, grinste sie Narcissa zu und wartete gespannt auf die Reaktion auf den Sud aus Weidenrinde. Ihre Schwester bekam gar nicht mit, dass sie ihr einen kleinen Streich spielte. Sie kicherte, als diese sie dann mit großen vorwurfsvollen Augen ansah. „Weidenrinde. Hilft gegen Kopfweh!“ antwortete sie mit einem unschuldigen Lächeln.

    Eigentlich war ja Flora sonst nicht so aufbrausend, aber Marcus hatte sie auf dem falschen Fuß erwischt. Zum einen war es nun einmal spät nachts und sie war aufgewacht und nicht mehr eingeschlafen und dann hatte sie das Gefühl gehabt, dass er sie wie ein kleines Kind behandelte. Er musste ja seine Anspannung nicht an ihr auslassen. Woher sollte sie bitte wissen, dass ERder Vater war. Hätte sie es gewusst, wäre sie nicht so aufgebraust. Sondern hätte sich seiner angenommen und ihn in die Küche dirigiert. Wein half den meisten Männern. Es beruhigte ihre Nerven. Aber sie wusste ja nicht, dass es sein Kind war.
    Aber schon nach einigen Schritten war ihr Ärger verraucht und sie schämte sich ein wenig dafür, dass sie Marcus so angefahren hatte. Das war kindisch gewesen. Ihre Mutter hätte sie jetzt wieder geschalt. Sie beschloss aber in ihr Zimmer zu gehen. Gerade hatte sie eine Öllampe entzündet, als es klopfte und sie Marcus Stimme hörte. Sie seufzte und entzündete erst einmal eine weitere Lampe, ehe sie ihn dann herein bat. „Komm rein!“ meinte sie nur. Recht leise, denn nebenan hatte Narcissa ihr Zimmer und diese wollte sie jetzt nicht unnötiger weise wecken. Kurz warf sie sich noch eine pala über, damit sie halbwegs vorzeigbar aussah.

    Es war nun schon einige Tage her, dass sie mit Cimon einen Ausflug in die Stadt gewagt hatte. Zum Theater. Unterwegs hatte sie dann noch Stoff gekauft. Daraus hatte sie sich ein schönes Kleid nähen lassen und wie gehofft, war noch Stoff übrig geblieben. Diesen hatte sie dann an sich genommen und eigenhändig umsäumt und auch das Wappen der Gens Aurelia rein gestickt. Zwar machte sie solche Arbeiten nicht wirklich gern, war aber durchaus geschickt darin. Ihre Mutter hatte darauf bestanden, dass sie es lernte. Es sei unerlässlich für eine Junge Dame, dass sie Spinnen, Weben, Nähen und Sticken konnte. Lange Stunden hatte sie sich gequält und das Ergebnis war immer passabel oder meist sehr gut gewesen. Eigentlich wusste sie nicht einmal, warum sie das tat. Cimon war ein Sklave, sie war ihm rein gar nichts schuldig und doch hatte sie den Nubier ins Herz geschlossen und wollte ihm einfach nur eine Freude machen. Immer wieder hatte sie sich diese Frage während ihrer Arbeit gestellt und war dann doch zu keinem Ergebnis gekommen. Weil wir Freunde sind, hatte sie schließlich für sich beschlossen. Und Freunden darf man hin und wieder eine Freude machen, hatte sie für sich erklärend hinzugefügt. Dass womöglich mehr dahinter steckte, kam ihr nicht in den Sinn. Eigenartig war es schon und sie wunderte sich über sich selbst…


    Nun stand sie also vor dem Raum, wo sie Cimon bereits das erste Mal begegnet war. Sie vermutete, dass sie ihn hier am ehesten finden würde. Kurzerhand klopfte sie an und streckte dann den Kopf zur Tür rein.

    Der Händler verabschiedete sie mit einer galanten Verbeugung und versicherte ihr noch einmal, dass Morgen schon der Schneider vorbei kommen würde. Sie freute sich schon auf ihr neues Kleid und auf die Umsetzung ihrer Idee.
    Sicher führte Cimon sie durch Straßen, berührte zaghaft ihren Arm um einen Richtungswechsel anzudeuten oder aber um sie vor einem Zusammenstoß zu bewahren. Cimon war gleichzeitig wachsam und zurückhaltend und nah. Sie fühlte sich sicher. Trotz aller Aufmerksamkeit blieb ihr immer wieder die Zeit sich umzusehen, die Auslagen von einigen Geschäften zu betrachten oder einfach um einmal kurz stehen zu bleiben und die Leute zu beobachten. Die Eindrücke prasselten nur so auf sie nieder.


    Schließlich waren sie am Theater angekommen und ihr Blick wanderte über den Aushang. Dramen und Komödien wurden aufgeführt. Stücke von Plautus, Decimus Laberius und Terentius.
    „Sie führen die Mostellaria auf!“ sagte sie begeistert und hatte schon etwas gefunden, dass ihr und Narcissa gefallen würde. „Hast du schon einmal das Stück gesehen?“ fragte sie Cimon. „Weißt du worum es dabei geht?“ Sie wusste es, aber sie wollte auch erfahren, ob Cimon schon einmal eines der Werke von Plautus gelesen hatte.

    Leicht zuckte sie Schuldbewusst zusammen, als Marcus sie anfuhr. Sie hatte doch nichts falsch gemacht. Wie hätte sie denn ahnen können, dass das halbe Haus auf war und sich in den Gängen versammelte. Warum nur war er so angespannt? Lag es an der Geburt? Waren sonst nicht immer nur die Väter so nervös und besorgt, wenn die Frau in den Wehen lag? Sein Versprecher fiel ihr gar nicht auf.
    Die Hausbewohnerin Namens Siv hatte sie ja bisher nicht kennen gelernt. Da passierte endlich mal etwas Spannendes und dann wurde sie wie ein kleines Kind ins Bett geschickt. Sie war doch keine zwölf mehr. „Ich bin kein keines Kind mehr. Es geht auch freundlicher“, meinte sie etwas ungehalten in Marcus Richtung. „Woher soll ich denn bitte wissen, dass sie ihr Kind bekommt und das halbe Haus in den Gängen herum steht“, fügte sie schnippisch hinzu. Aber sie drehte sich dann doch auf den Fersen um und lief dann einfach voraus in Richtung ihres Zimmers, ohne auf ihn zu warten. „Gute Nacht, Cimon!“ verabschiedete sie sich kurz von dem Sklaven. Sie mochte den Nubier.
    Stolz reckte sie das zierliche Kinn in die Höhe. Trotz Nachtgewand war sie der Inbegriff aurelischens Anmutes. Sie murmelte so etwas wie ‘Männer, kaum bekommt eine Frau ihr Kind, benehmen sie sich alle wie Trottel‘ vor sich hin. Flora konnte auch anders, wenn sie es für nötig hielt konnte sie eine kleine hochnäsige und ziemlich zickige junge Frau sein. Zwar kam dies nur selten vor, aber es kam vor. Marcus hatte sie gerade einen recht empfindsamen Nerv bei ihr getroffen. Sie hasste es, wie ein kleines Mädchen herum kommandiert zu werden. Ob Marcus ihr folgte oder nicht war ihr gleich, sie war eingeschnappt.

    Und plötzlich war der Germanicus weg. Verblüfft sah sie ihm nach. Mit wenigen Worten hatte er sich von ihnen verabschiedet. War das nun Unhöflichkeit oder einfach eine Eigenheit der Bewohner Roms. Wirklich deuten konnte sie es nicht. Schließlich zuckte sie mit den Schultern. „Valete!“ rief sie ihm hinter her und drehte sich dann zu Narcissa um. „Lass uns ein wenig bummeln gehen, die Thermen rennen uns nicht weg!“ lächelte sie und freute sich schon darauf ihren Kleiderschrank und den der Zwillingsschwester weiter aufzufüllen. Die neueste Mode Roms musste her.

    Sie musste ein Gähnen unterdrücken. Sie wollte nur zu gern zurück ins Bett, sich in ihre Kissen und Decken kuscheln und erst aufstehen, wenn die Sonne schon hoch am Himmel stand. Kurz wanderte ihr Blick zum Fenster raus. Die Sonne stand bereits hoch am Himmel! Ihre Gedanken wurden wieder auf das Gespräch gelenkt, als Titus nachfragte was aus dem Löwen geworden war. „Lysandra hat versucht ihn in die Schranken zu weisen… am Ende wurde sie aber nur auf den Schultern als Beute herum getragen!“ berichtete sie und kicherte vor sich hin. Diesen Anblick würde sie wohl niemals vergessen. Ihre Leibsklavin kopfüber auf den Schultern eines Soldaten, der laut verkündete sie mit nach hause zu nehmen. Wie war sie eigentlich dem Soldaten entkommen? Ihr Blick war für einen Moment ins leere gerichtet, erst als sie Narcissas Stimme hörte, richtete sie sich ein wenig auf und lächelte dem Zwilling zu. Ausnahmsweise trugen sie fast gleiche Kleider. Wie und dazu passender Goldschmuck. Leise seufzte sie, Lysandra hatte doch glatt es ausgenutzt, dass sie Beide nicht in dem Zustand waren sich zu wehren. Nun sahen sie tatsächlich vollkommen gleich aus. Nun würde es der Familie tatsächlich schwer fallen sie auseinander zu halten. Sie seufzte.
    „Guten Morgen, Schwesterherz!“ begrüßte sie diese und stellte neidisch fest, das diese das bad bekommen hatte, welches sie verlangt hatte. Unfair! Auf die Frage gut geschlafen grummelte sie nur etwas unverständliches vor sich hin und nippte an ihrem Becher mit Saft. Um Narcissa einen kleinen Streich zu spielen, schob sie ihr den halbvollen Becher mit Weidenrindensud zu. 8)

    Nicht bewusst wollten sie Titus durcheinander bringen. Sie hatten sich ja alle Mühe gegeben ihn aufzuklären und zu zeigen, wer nun wer war. Das er aber davon ausging, sie würden ihn veralbern wollen, darauf kam sie nicht.
    Ein wenig hatte sie natürlich übertrieben, was Narcissas Leidenschaft für Bücher anging. Ganz so ein Stubenhocker war ihre Schwester dann doch nicht. Aber hin und wieder musste diese dann doch zwingen mit heraus zu kommen. Meist mit der Aussicht darauf auszureiten.
    Sie grinste verlegen, als Narcissa dann einen kleinen Seitenhieb in ihre Richtung austeilte. „Du übertreibst“, meinte sie grinsend und zog dann eine kleine Grimasse als sie an das Unwetter erinnert wurde. Anschließend hatten sie Beide zwei Wochen das Bett hüten müssen. Eine furchtbare Zeit, sie hatte sich ganz schrecklich gelangweilt. Sie waren eben nicht ganz so empfindlich wie es den Anschein hatte, aber wenn sie einmal krank wurden, dann richtig und immer gemeinsam. Aber sie freute sich schon darauf ein Stück im Garten für sich zu erobern. Die Frage war nur wie lange sie Marcus überreden musste. Was sie sich in den Kopf setzte bekam sie meistens durchgesetzt.


    „In die Stadt gehen klingt gut!“ griff sie auf, während Narcissa natürlich ihre Begeisterung über die hauseigene Bibliothek nicht verbergen konnte.