Bei Gelegenheit würde sie Flaccus einmal nach seinem Sklaven fragen. Vor allem wo er ihn erstanden hatte. Er schien zuverlässig und loyal zu sein. Eigenschaften die man an Sklaven immer schätzte. Dumm war er obendrein auch nicht, aber vielleicht ein wenig zu wenig demütig. Er trat Selbstbewusst auf, zu selbstbewusst, fast schon ein wenig Respektlos, da er nicht den Blick senkte, sondern ihr immer wieder direkt in die Augen sah. Darüber sah sie hinweg, sie hatte gute Laune und wollte sich den Tag nicht wegen einer Nichtigkeit verderben. Es war schon eine Weile her, dass sie etwas entspannter gewesen war. Seit ihrer Hochzeit war sie sehr darauf bedacht den Erwartungen gerecht zu werden und den Teil ihres Selbst zu zügeln, der zu Übermut neigte. Etwas Unüberlegtes hatte sie lange nicht mehr getan. Auch weil ihr nach wie vor Narcissa fehlte: Schwester, beste Freundin, Vertraute und Verschwörerin. Oft genug hatten sie Dummheiten angestellt oder aber sich leichtsinniger Weise auf Abenteuer eingelassen. Ihre Art der Rebellion gegen die strengen Traditionen und Werte mit der sie aufwuchsen. Und doch fürchtete sie sich davor aus ihrem goldenen Käfig zu fliehen. Ab und zu an den Gitterstäben rütteln, aber dann doch mit allem brechen was ihr Leben ausmachte, das wagte sie dann doch nicht.
Etwas irritiert sah sie ihn an, er dankte ihr, aber sie wusste nicht wofür. „Wofür dankst du mir?“ fragte sie nach. Hatte sie ihm gerade nicht richtig zugehört und irgendetwas verpasst, was er ihr erzählt hatte?
Lucas Versicherungen, dass er ein Mann von Ehre war, beruhigten die Sklavin nicht wirklich. Alle Männer behaupteten von sich dass sie von Ehre waren, aber am Ende waren sie doch alle gleich und scherten sich nur wenig um die Tugenden einer jungen Frau. Und Flora trug nicht gerade dazu bei, dass die Sklavin ihre Bedenken zerstreuen konnte. Flora war ungestüm und übermütig und ließ sich schnell mal zu unüberlegten Handlungen hinreißen. Bisher war das auch noch gut gegangen. Doch dann zeigte die Griechin ein ehrliches Lächeln. Komplimente bekam sie selten zu hören, war sie doch meistens nur der schweigsame Schatten. Das Luca dann auch erklärte, er wolle sie nicht aufhalten, gab ihr die Gelegenheit ihrer Herrin zuvor zu kommen: „Wir sollten dann auch wieder aufbrechen, domina!“ Flora nickte zustimmend. „Es war nett dich kennen zu lernen. Vielleicht begegnen wir uns erneut. Richte deinem Herrn meine Grüße aus! Bei Gelegenheit werde ich ihm einen Besuch abstatten.“