Beiträge von Aurelia Flora

    Es kam überraschend, als Durus verkündete, dass er sich nach Misenum schickte. Keine Erklärung, nichts. So als wäre sie ein bockiges Kind, welches man für einen Fehltritt bestrafen wollte. Er schickte sie einfach fort und ließ sie in der Ungewissheit zurück, welchen Grund er dafür hatte. Da lag der Verdacht nahe, dass er es wusste. Das er wusste, dass zwischen ihr und Ahala mehr war, als nur eine rein verwandtschaftliche und platonische Freundschaft.
    Natürlich war es ein Fehler, dass sie sich auf ihren Stiefsohn eingelassen hatte. Man könnte natürlich behaupten, dass der Wein dran schuld war, aber wenn sie ehrlich war, war sie an diesem einem Abend nicht so betrunken gewesen, wie es den Anschein hatte. Außerdem erklärte es dann auch nicht, warum es nicht bei diesem einem Mal geblieben war, sondern es ihnen gelungen war, das ein oder andere Stelldichein zu arrangieren. Ahala war nun einmal ein Mann der mehr nach ihrem Geschmack war, wie ihr greiser Gatte, der Probleme damit hatte, seinen ehelichen Pflichten nach zu kommen.


    Es war also nicht verwunderlich, dass sie ein furchtbar mulmiges Gefühl hatte, als Durus sie nach Misenum verbannte. Fort aus Rom, konnte sie ja kaum auf dumme Gedanken kommen und ihrem Gatten weiterhin mit dem Stiefsohn die Hörner aufsetzen. Es kam ihr vor wie eine Verbannung, denn sollte er einen anderen Grund haben, sie fort zu schicken, dann hatte er es ihr nicht verraten.


    Auf der Reise nach Misenum hatte sie sehr viel zeit darüber nachzudenken. Mit einer Eskorte die der Auguste Ehre bereitet hätte, hatte er sie auf die Reise geschickt. Das Wetter war furchtbar, es regnete und stürmte. Trotz Decken und warmer Pelze fror sie die ganze Zeit über. Ihr war ständig übel, wohl weil sie die ganze Zeit darüber nachsann, warum sie hatte Rom verlassen müssen. Das schlechte Gewissen nagte unablässig an ihr. Nur weil sie jung war und ihr Gatte ein alter Mann, war das noch kein Grund, ihn auf diese Weise zu hinter gehen. Durus war nicht schlecht zu ihr gewesen. Durus war immer nett gewesen, zwar meist kurz angebunden und auch wohl ein wenig überfordert mit so einer jungen Frau, aber er hatte sie nicht geschlagen. Man konnte ihm nur vorwerfen, dass er ihr nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt hatte. Irgendwie war es ihr ja auch recht gewesen, dass er ihr nicht so viel Aufmerksamkeit geschenkt hatte, so war sie frei gewesen und konnte ihre Tage mit anderen Dingen füllen. So zum Beispiel mit unangebrachten Treffen mit Ahala.


    Durchgerüttelt, erkältet und mit Gewissenbissen kam sie dann endlich in Misenum an. Wie zu erwarten, regnete es auch bei ihrer Ankunft, aber wenigstens wussten die Sklaven Bescheid. Mit einem warmen Bad, heißem Gewürzwein und mollig warmen Zimmern wurde sie empfangen. Die Sklaven betüdelten sie und das Gefühl, dass es andere Gründe gegeben hatte, sie nach Misenum zu schicken, wurde stärker. Doch kam sie sich ein wenig vor wie ein Vogel im goldenen Käfig. Wirklich Freundinnen hatte sie in Misenum nicht. Auch gab es kaum Einladungen zu irgendwelchen Festivitäten. Flora war dazu verdammt sich zu langweilen und Unwohl zu fühlen und ständig daran zu denken, dass sie wohl bestraft würde. Außerdem wurde sie das Gefühl nicht los, dass die Sklaven nicht einen Augenblick lang aus den Augen ließen. Sie stand immer unter Beobachtung.

    Ihr Körper presste sich gegen seinen. Sie wollte mehr. Küsse waren nicht genug. Sie wollte mehr, wissen und auch spüren, dass sie begehrt wurde. Flora war jung und hübsch und Flaccus gab ihr das Gefühl, dass sie sich dies nicht nur einbildete. Er wollte sie um ihretwillen und nicht weil sie der Spross einer der mächtigsten Familien Roms war.
    Die Kleider störten in ihrem leidenschaftlichen Reigen. Seide glitt zu Boden. Ein heiseres kehliges Lachen erfüllte kurz diesen verwunschenen Ort. Ein Kuss verschloss ihre Lippen wieder.
    Ein Strudel aus Leidenschaft zog die beiden jungen Menschen in die Tiefe und ließ sie alles um sich herum vergessen.


    Spät in der Nacht erst kehrten sie aus dem Ort der Träume wieder. Zurück in die harte Realität die ihnen vor Augen hielt, dass es dies wohl nicht wieder zwischen ihnen geben würde. Mit bedauern trennten sie sich und kehrten zurück in das Leben und die Pläne die man mit ihnen hatte.

    Ein schlechtes Gewissen hatte sie nicht. In die Akten würden die Sklaven schon wieder Ordnung bringen. Der Schreibtisch sollte nun erst einmal einem anderen Zweck dienen. Ein wenig war sie ja schon überrascht, dass es ihr doch gelungen war die gewünschte Reaktion bei ihrem Gatten hervor zu rufen. Mit Sicherheit hatte Venus ihre Finger im Spiel. Das würde sie der Göttin natürlich nicht vergessen und zum Dank dann auch das versprochene große Opfer darbringen. Eine weiße Kuh würde sie ihr bringen.
    Doch erst einmal galt es zur Tat zu schreiten. Es war nur ein wenig schwierig nun immer noch die unerfahrene zu mimen, nachdem sie doch so forsch vor gegangen war. Eine Erklärung würde sich schon finden lassen, sollte dieser Umstand zur Sprache kommen.


    Bevor sie zu ihm auf den Schreibtisch kletterte, half sie ihm erst einmal aus den Kleidern. Als nächstes kamen sie dann ihren ehelichen Pflichten nach. Sie gab sich alle Mühe, dabei wenigstens noch ein wenig Unsicherheit zu mimen.

    Ach ja, die Iunia hatte sie bereits einmal kurz kennen gelernt. Diese Begegnung in den Thermen hatte sie irgendwie vergessen, was wohl auch einfach daran lag, dass sie andere Dinge im Kopf gehabt hatte. Zumal sich ihre Wege bisher auch nicht wieder gekreuzt hatten. Nun wo die Iunia sie darauf ansprach, fiel es ihr wieder ein und sie schenkte der Braut direkt ein freundliches Lächeln. Sie hatte die Iunia als durchaus angenehme Gesprächspartnerin in Erinnerung. „Es ist schon eine Weile her. Ich wünsche dir für die Zukunft nur das Beste!“ beglückwünschte sie die Braut.


    Neugierig verfolgte sie, wie Durus mit seinem Sohn dann die Köpfe zusammen steckte und Ahala nach der Iunia ausfragte. Schon seit längerer Zeit hatte sie das Gefühl, dass irgendetwas im Busch war. Ständig fanden irgendwelche geheimen Treffen statt, von denen sie grundsätzlich ausgeschlossen war. Was das bedeuten mochte, hatte sie noch nicht heraus gefunden. Doch länger den Kopf darüber zerbrechen kontne sie nicht. Lupus und Nigrina erschienen und sie nickte den Beiden kurz zu, da diese nun erst einmal dem Brautpaar gratulierten.

    Sie hatte einen Greis geheiratet, das Problem der Standfestigkeit war zwar anscheinend behoben. Der Anblick ihres nackten Körpers hatte einen sichtbaren Effekt, der sich unter seiner Tunika deutlich abzeichnete. Aber dafür gab es nun andere Dinge die sich wohl dem Projekt in den Weg stellten: der allgemeine Gesundheitszustand ihres Gatten, der bei jeder Bewegung ächzte und stöhnte und anscheinend jede Bewegung als Qual empfand. Wie sollte er da noch in der Lage sein, seinen Pflichten nach zu kommen? Man konnte sich einbilden, dass seine Knochen knirschten, als er sich erhob und recht förmlich zu dem Schluss kam, dass sie auch hier die Ehe einfach vollziehen konnten.


    Als junges Ding sah sie da durchaus ein paar gute Möglichkeiten die Situation zu nutzen und sie war auch durchaus bereit einfach die Schriftrollen und Wachstafeln vom Schreibtisch zu fegen. Die Sklaven würden anschließend wieder für Ordnung sorgen. Hauptsache sie würden diese leidige Geschichte endlich aus der Welt schaffen. Hier ging es ja nur um die Pflichterfüllung und nicht um irgendein Vergnügen. Mit einem jüngeren Mann könnte sie wohl ihren Spaß haben. Aber der Tiberier wirkte in diesem Moment so furchtbar alt auf sie, dass sie eigentlich nicht das Bedürfnis verspürte sich seinem Körper näher zu kommen, als das beim gemeinsamen Essen oder ähnlich langweiligen Aktivitäten der Fall war. Bei seinem Gestöhne fiel es ihr aber auch ein klein wenig schwer die Realität durch einen jungen athletischen Adonis einzutauschen.


    Es kam Bewegung in den alten Körper, umständlich erhob er sich. Damit er es nicht zu weit hatte, kam sie ihm entgegen.

    Schon wieder war eine Einladung zu einer Hochzeit ins Haus geflattert. Es schien so, als wolle sich gerade jetzt alle Welt vermählen. Erst die Hochzeit des Terentius mit der Decima und nun heiratete ein Pompeius eine Iunia. Wie auch schon bei der terenzischen Hochzeit kannte sie das Brautpaar noch nicht persönlich, das würde sich ja nun auch ändern. Doch diesmal begleitete sie nicht allein ihren Gatten, sondern Ahala war auch dazu verpflichtet worden. Flora sträubte sich dagegen Ahala als ihren Stiefsohn zu bezeichnen. Wäre sie zwanzig Jahre älter, dann hätte sie sich wohl zu dieser Bezeichnung hinreißen lassen. Aber sie war um einige jünger wie er. Sie fand es seltsam ihn als Stiefsohn zu betrachten.


    Wie immer war sie die wunderschöne blutjunge Zierde ihres Mannes. Unauffällig hatte sie dafür gesorgt, dass die Kleiderauswahl ihres Mannes genau auf ihre goldbestickte Stola abgestimmt war. Für diesen Anlass hatte sie ihre Garderobe mal wieder ein wenig aufgestockt. Mit der Begründung dass sie wohl unmöglich zwei Mal dasselbe Kleid in der Öffentlichkeit tragen könne. Also hatte sie sich für diesen Anlass ein tiefrotes Kleid zugelegt. Es unterstrich ihre modische Blässe und umschmeichelte ihre Figur.


    Man entstieg der Sänfte und wurde sogleich in das geschmückte Innere des Hauses vorgelassen. Einige Gäste waren bereits anwesend, darunter auch der Praefectus Urbi, der bei solchen Festlichkeiten nie zu fehlen schien und auch immer eingeladen war. Nur bei ihrer Hochzeit war er nicht dabei gewesen. Das war auch gut so, dieser Mann war vulgär und aufdringlich und war bekanntlich den patrizischen Familien ein Dorn im Auge. Als erstes wurde Pflichtschuldig das Brautpaar natürlich begrüßt. Sie überließ es ihrem Gatten zunächst das Wort an das Brautpaar zu richten.

    So etwas wie ein zufriedenes Lächeln zierte ihre Lippen, weil es ihr tatsächlich kurz gelungen war ihn zu verblüffen und sprachlos zu machen. Das hatte er nicht erwartet, das sah sie ihm eindeutig an. Vor allem fühlte sie sich nun endlich auch wieder etwas selbstsicherer. Ihr ganzes Selbstbewusstsein baute sich auf ihr Äußeres auf, dass er in ihrer Hochzeitsnacht so gar nicht auf sie reagiert hatte, hatte sie schwer getroffen und frustriert.
    Es mutete beinahe komisch an, dass es ihr gelungen war ihn nervös zu machen. Mit einem leichten kecken Zwinkern stemmte sie die Arme in die Hüfte.


    „Ob hier oder im Schlafzimmer … spielt das eine Rolle?“ fragte sie rund heraus. Die Rollen muteten seltsam vertauscht an. Es war vollkommen ungewohnt für sie, dass sie anscheinend doch so etwas wie Macht über ihren Gatten besaß. Zumindest in diesem Moment hatte sie die Zügel in der Hand. Ob sie nun entdeckt wurden oder nicht, das spielte keine Rolle. Nun schon, aber dann würden die Sklaven wenigstens aufhören sich das Maul zu zerreißen und man warf ihr nicht mehr diese verstohlenen Blicke zu.


    Da er sie nur anstarrte, wie ein in die Ecke gedrängtes verletztes Tier, ging sie kurzerhand zwei Schritte auf ihn zu. „Was fürchtest du?“

    Fast hätte sie, wie ein bockiges Kind, die Arme vor der Brust verschränkt und ungeduldig mit dem Fuß gewippt, weil ihr Gatte nicht sofort den Sklaven hinaus schickte. Er konnte doch nicht ernsthaft in Erwägung ziehen, sie raus zu schicken und den Sklaven ihr vorzuziehen, nur um sich vor seinen ehelichen Pflichten zu drücken.
    Schließlich schickte er Lukios hinaus. Der sah ohnehin nicht so aus, als würde er gern Zeuge dieses Gespräches werden. Kaum, dass er raus war, war er auch schon vergessen. Kein Sklave an den sie groß einen Gedanken verschwendete. Eben der Schatten ihres Ehemannes. Und ihr Ehemann schien aber nur wenig geneigt zu sein, sich mit diesem Thema zu beschäftigen. Er wirkte ungnädig und gab ihr das Gefühl, dass es ein gänzlich schlechter Zeitpunkt war. Doch es würde wohl, aus seiner Sicht, niemals den richtigen Zeitpunkt geben. Es lag ihr auf der Zunge ihn zu fragen, ob es ihm lieber war, wenn sie sich einen jungen knackigen Liebhaber suchte. Sollte sie nun keinen Erfolg haben, würde sie wohl diesen Gedanken laut aussprechen.


    Ein kleines keckes Lächeln zeigte sich auf ihren Zügen. Sie hob die Hände und ließ, dann einfach die Hüllen fallen. Der seidige Stoff glitt lautlos zu Boden. "Ich dachte mir, wir versuchen es direkt noch einmal mit einander ..." Es war zwar nicht wirklich schicklich für eine Frau ihres Standes, sich wie eine Lupa anzubiedern, aber im Augenblick war ihr fast jedes Mittel recht um eine Reaktion ihm zu entlocken. Zumal sie mit keiner Silbe erwähnt hatte, das reden wollte. Mit reden würde sie wohl nicht weit kommen.

    Lukios, der Schatten ihres Mannes, war, wie nicht anders erwartet, natürlich auch da. Ob es ihr gelang ihn mit einem vielsagenden Blick hinaus zu werfen. Jedenfalls versuchte sie es. Sie streifte den Sklaven mit einem Blick der eindeutig sagte, dass er unwillkommen war und sie gefälligst allein lassen sollte. Im Grunde war ihr der Sklave egal, er genoss das Vertrauen ihres Gatten, aber sie hatte bisher kaum ein Wort an ihn gerichtet. Inventar, über das sie nicht nachdachte und auch nicht damit beschäftigte. Aber im Augenblick gänzlich unerwünscht.
    Der Sklave musste ja nicht zwangsläufig mitbekommen, welche Probleme sie hatten. Wobei sie ein wenig befürchtete, dass die Sklavenschaft es bereits wusste und insgeheim sich darüber das Maul zerriss.
    Und ihr Göttergatte war anscheinend auch nicht gewillt es ihr einfacher zu machen. Trocken wie ein Stück altbackenes Brot versuchte er sie glatt abzuwimmeln. Er war beschäftigt, wie immer. Egal wann sie zu ihm kam, sie würde wohl immer stören. Sie verlangte nun ja, nicht wirklich Aufmerksamkeit von ihm. Aber wenigstens dann doch ein gewisses Interesse daran, seinen Pflichten als Ehemann nach zu kommen. Sie war ja nun wirklich nicht abstoßend. Jedenfalls hatte man ihr das deutlich versichert. An den unzähligen Komplimenten musste ja ein Körnchen Wahrheit sein. Es kratzte ohnehin schon an ihrem Selbstbewusstsein, dass er sie nicht beachtete. Aber so schnell würde sie sich erst einmal nicht abwimmeln lassen. Wenn sie wollte, konnte sie verdammt hartnäckig sein.


    „Wir sollten unser Eheproblem angehen, meinst du nicht?“ fragte sie unverblümt durch die Blume.

    Es musste etwas passieren, so konnte es nicht weiter gehen. Nur weil sie einander aus dem Weg gingen, bedeutete das noch lange nicht, dass damit das Problem an sich aus der Welt geschafft war. Bisher hatten sie es tunlichst vermieden noch einmal auf ihre misslungene Hochzeitsnacht einzugehen. Aber nun war schon eine gewisse Zeit verstrichen und sie konnten ja einander nicht ewig aus dem Weg gehen und ewig das Thema meiden. Das Thema musste angesprochen werden oder aber am besten sie schafften dieses Problem direkt aus der Welt.
    Entschlossen dieses Problem anzugehen, suchte sie nun ihren Gatten auf. Dafür hatte sie ein Kleid gewählt, dass mehr enthüllte, als verbarg. Ein Kleid aus zartblauer Seide mit einem tiefen Ausschnitt, fast durchsichtig, welches ihre jugendliche Figur umschmeichelte. Dazu passend war ihr Haar frisiert, in kleinen Löckchen kringelte es sich offen über Schulter und Rücken. Einen leichten Duft von Rose und Amber hatte sie aufgelegt. So zurecht gemacht, suchte sie nun ihren Gatten auf. Vorher hatte sie sich natürlich bei den Sklaven erkundigt, ob er denn beschäftigt war. Die Antwort darauf war, dass er wohl eigentlich immer beschäftigt war. Also hatte sie einfach einen Zeitpunkt gewählt, an dem sie ihn ungestört aufsuchen konnte.


    Er war im Tablinum, dort hatte er sich sein Officium eingerichtet. Sie klopfte federleicht gegen den Rahmen und zog den Vorhang dann einfach bei Seite. „Hast du einen Moment für mich?“ fragte sie mit einem leichten Lächeln auf den Lippen und einen überaus verführerischen Augenaufschlag. Den Stirn bei den Hörnern packen … so oder so ähnlich … nur nicht einfach davor zurück schrecken, dass er vielleicht beschäftigt wirkte!

    Hoffentlich würde die Göttin ihr helfen und ihrem Gemahl ein wenig Feuer machen. Ansonsten würde sie ganz schön dumm dastehen. Verdammte Verpflichtungen. Die Aeditua wirkte zuversichtlich. Flora hoffte, dass diese Recht behalten möge und Venus das Opfer annehmen. Ganz leicht nickte sie. „Ich danke dir für deine Unterstützung“, dann folgte sie der Priesterin schweigend tiefer in das Heiligtum. Nun konnte sie noch einen Moment ihre Gedanken sammeln und die rechten Worte bereit legen.
    Vor dem Altar angekommen betrachtete sie erst einmal das Abbild der Göttin. Von Meisterhand gefertigt. Der Künstler hatte die Venus nur äußert spärlich bekleidet gestaltet. Wer ein wenig prüde war, errötete sicher bei diesem Anblick. Floras Blick ruhte aber nicht auf den üppigen Runden sondern auf den fein geschnittenen Zügen der Statue. Sie war gekommen in der Hoffnung, dass Venus ihr helfen würde. Mit einem Opfer würde sie hoffentlich Venus sich gewogen machen.
    Die Aurelia ließ sich den Weihrauch reichen. Die milchigweißen Brocken legte sie in die bereits stehende Feuerschale. Es knisterte, als dass Weihrauch verbrannte und sein weißer Rauch sich träge erhob. „Große Venus! Schönste unter den Göttern! Ich Deine bescheidene Dienerin bringe Dir Blumen und süßen Kuchen! Ich bringe Dir Wein und frisches Obst!“ rief sie die Göttin mit erhobenen Händen an. Als erstes legte die Aurelia die Blumen auf den Altar. Blaue Kornblumen, rote Rosen und andere zarte Pflanzen deren Duft sich mit dem des Weihrauches vermischte. Dann stellte sie den süßen Honigkuchen dazu. Klebrig und gülden glänzend im Licht der zahlreichen Öllampen. Es folge der Wein, tiefrot, beinahe schwarz wirkend. Einige Tropfen ließ sie auf den Boden Tropfen, danach füllte sie den Wein in die bereitstehenden Schalen. Es folgte das Obst, Trauben und runde Äpfel.
    „Nimm diese bescheidenen Gaben, denn allein Dir sollen sie gehören!“ mit diesen Worten und einer leichten Rechtsdrehung beendete sie den ersten Teil des Opfers. Nun würde sie Venus die reine weiße Taube opfern.


    Die Aurelia ließ sich nun das Täubchen reichen. Sie mochte klein wirken, doch das Gefieder war wie frisch gefallener Schnee, weiß und rein. Der Schnabel und Füße hatte man vergoldet. Ganz still hielt das Tier, als Floras Finger sich um das Tier schlossen. Sie konnte spüren wie das Herz des Tieres schlug. So warm und weich und zu Ehren von Venus würde es sein Leben aushauchen.
    „Venus, Wandlerin des Herzen du schenkst uns Menschen die Liebe! Die Liebe, das größte Geschenk dass Du uns machen konntest! Diese Taube opfere ich Dir! Gewähre mir eine Gunst und Wandel das Herz meines Gatten! Möge er doch für mich in Leidenschaft entflammen! Göttin der Liebe! Stammesmutter Roms gewähre mir meinen bescheidenen Wunsch und ich werde Dir noch ein sehr viel größeres Opfer darbringen!“ Das Opfermesser blitzte in ihrer Hand auf und dann tropfte das Blut der Taube über ihre Hand und wurde dann geschickt von einem Opferhelfer in einer kleinen Schale aufgefangen.
    Die Priesterin schnitt der Taube dann den Bauch auf, holte die Vitalia heraus, welche anschließend eingehend betrachtet wurden. Hatten sie einen Makel? Waren sie dunkel verfärbt oder aber gänzlich makellos? Allein Venus musste entscheiden ob sie dieses Opfer annahm.

    Den Tot Narcissas hatte Flora mittlerweile ganz gut verkraftet. Es hätte wohl auch ein äußerst schlechtes Licht auf sie geworfen, wenn sie plötzlich in Tränen und Verzweiflung ausgebrochen wären. Höchst peinlich für alle. Sie hatte jedenfalls nicht vor ihren Gemahl auf diese Weise in Verlegenheit zu bringen. Schon gar nicht vor solch guten Freunden ihres Mannes. Von daher traf es sie nicht so schmerzhaft, als die Claudia höflich nach Narcissa fragte. Zumal das Gespräch weg von ihrer Schwester hin zu Kindern im Allgemeinen plätscherte.
    Kinder waren keine Frage, würde es da nicht gewisse Schwierigkeiten geben. Es war schließlich ihre Pflicht möglichst zahlreiche Kinder zur Welt zu bringen. Nur wollte sie Zwillinge haben? Es war immer schön gewesen eine Schwester zu haben die einem in allem verstand und auch unterstützte, aber sie hatten das Leben der Sklaven und auch ihrer Mutter nicht gerade einfach gemacht. „Es liegt in Iunos Hand ob sie uns mit Zwillingen segnet. Es wäre eine Herausforderung“, antwortete sie schließlich recht diplomatisch auf die Frage. Erst einmal musste die Grundlage geschaffen werde. Sie würde ihren Gatten erst einmal irgendwie dazu bekommen mit ihr die Ehe zu vollziehen. Bisher waren sie gescheitert und hatten seit dem auch keinen weiteren Versuch gestartet, sondern hatten dieses Thema doch irgendwie gemieden.

    Oftmals machte es ein wenig den Anschein Flora sei ein oberflächliches und eitles Geschöpf. So als würde sie sich nur für Kosmetika, neue Kleider, irgendwelche Festivitäten und andere seichte Themen beschäftigen. Das hinter dem hübschen Äußeren sich doch auch ein kluger Kopf versteckte, schien wohl kaum jemand zu vermuten. Sie gab sich ja auch alle Mühe nicht aus ihrer Rolle zu fallen. Schließlich erwartete man ja eigentlich nicht vor ihr sich mit solchen komplizierten Dingen wie Politik zu beschäftigen. Jedenfalls hatte sie mit ihrem klugen Einwand ihren Gatten doch ein kleines bisschen überrascht. Zumal sie auch etwas zum Thema hatte bei steuern können.


    „Hast du einen bestimmen Termin im Sinn?“ fragte sie Ahala, der das Thema wechselte. Sie fühlte sich direkt als Hausherrin angesprochen, zumal sie ja mit Septima eben jenes gerade erläutert hatte.

    Es war kaum zu überhören, wie Stolz Septima auf ihren Sohn war. „Ich würde mich freuen, wenn du morgen mit dem kleinen Titus vorbei kommst“, nahm sie das Angebot direkt an. Dann würde sich bestimmt auch die Gelegenheit ergeben, über ein paar andere Dinge zu reden. Gänzlich ungestört von den Männern.
    Flora war verblüfft wie geschickt Septima Durus um den Finger wickelte. Es würde wohl noch eine ganze Weile dauern, bis sie ihren Ehemann ebenso geschickt lenken würde. Sie würde einmal Septima danach fragen, wie sie das anstellte. Vielleicht gab es da einen Trick in den die Tiberia sie einweihen würde.


    „Wenn die Staatskasse sich nicht an der Schola Atheniensis und an der Acta beteiligt, woher beziehen sie dann ihre Einkünfte? Etwa allein durch die Spenden? Die beiden Institutionen haben dann wohl ganz besonders großzügige Gönner. Aber dadurch gewinnt man doch keinen Einfluss auf diese Institutionen, oder?“

    Sie konnte den Wein auf seinen Lippen schmecken. Es schmeckte nach süßen Trauben, Nelken und Honig. Ein heißer Schauer durchlief ihren ganzen Körper. Ob es falsch war, was sie hier tat, diese Frage stellte sich ihr erst gar nicht. Flora wollte nur diesen Augenblick auskosten.
    Ganz leicht lösten sie sich voneinander. Ein wenig war sie atemlos. In ihren Augen spiegelte sich das Verlangen wieder, welches in ihrem Körper aufloderte. Es war eine Einladung und Aufforderung zugleich. Sein Kompliment entlockte ihr ein kleines verführerisches Lächeln. Der nächste Kuss war leidenschaftlicher und intensiver. Das Herz schlug wild in ihrer Brust, einem gefangenem Vogel gleich, dem der Käfig der ihre Brust war zu klein geworden ist und sich befreien suchte.
    Neugierig gingen ihre Finger auf Wanderschaft. Mit geschlossenen Augen zeichnete sie sein Gesicht nach. Über die stoppelige Wange, den Hals hinab, dann blieb ihre Hand auf seiner Brust ruhen. Den Schlag seines Herzens konnte sie deutlich durch den Stoff seiner Kleider spüren. Ganz leicht presste sie ihren Körper gegen seinen. Nur der Stoff ihrer Kleider war zwischen ihnen. Sie konnte die Wärme seines Körpers deutlich spüren. Der Kuss wurde forscher, als vorwitzig ihre Zunge zu einem verlockenden Spiel aufforderte.