Beiträge von Marcus Germanicus Pius

    Ein Spielverderber. Mist. Nun ärgerte Marcus sich, dass er auf den Trick mit dem Training hereingefallen war. Der Fremde hatte die Angel ausgeworfen und er hatte angebissen. Kurz verdunkelte sich das Gesicht des Kleinen, dann zuckte er rasch mit den Schultern. “Ich finde den Weg auch alleine. Es ist nicht so weit. Du musst dir keine Sorgen machen, bestimmt hast du Wichtigeres zu erledigen“ versuchte er den Fremden davon abzubringen, ihn nach Hause zu begleiten. Wie würde denn das aussehen?


    Die Aussicht, mit der er ihn lockte, war jedoch zu toll. Solch eine Gelegenheit würde sich ihm bestimmt nie wieder im Leben bieten! Prüfend musterte er den Fremden. “Darfst du denn da überhaupt hin? Wirst du mich dort wirklich hinbringen? Soldatenehrenwort?“

    Das Kind verschränkte die Hände hinter seinem Rücken. “Ich darf Fremden nicht meinen Namen nennen,“ konterte er gewitzt und schaukelte auf seinen Schuhsohlen, weil er Zeit schinden musste. Er wollte doch so gerne wissen, was das mit dem Training auf sich hatte, musste sich dafür aber erst einen Plan ausdenken. Kurz ging sein Blick zu dem Elite-Soldaten. “Ich heiße Pius. Und du?“

    Marcus zeigte sich gelangweilt. "Seit wann muss man denn immer nett sein?" flötete er eintönig, folgte dann aber Sabinas Blick zu Calvena, die sich mit Vitale unterhielt. Der Blick ihres Leibwächters ruhte auf den beiden Kindern auf der Mauer. Vielleicht was das wirklich keine gute Idee gewesen. Das heißt gut schon, aber nicht, wenn man Zuschauer hatte, die einen bestrafen konnten. "Naaaa gut," zeigte er sein Einsehen und warf die kleinen Kiesel einer nach dem anderen weg.


    Nun wanderte Marcus Blick zur Pappel. Der Baum würde sich bestimmt gut machen, um auf ihn zu klettern. Einige Äste hingegen schön tief. Mit einer Räuberleiter würden sie da sicher heran kommen. "Gute Idee!" lobte er das Mädchen begeistert und sprang mit einem Satz halsbrecherisch von der Mauer. Der Aufprall am Boden war hart und ließ den Knaben aus den Schuhen kippen, doch konnte er nicht anders als sich am Kitzeln seines Bauches während des Fallens zu erfreuen. Kichernd stand er auf und klopfte sich braunes Laub vom Mantel.


    "Wer zuerst beim Baum ist!" rief er zurück auf den Beinen und spurtete los.

    Marcus mochte seine Sachen. Er besaß wirklich nicht viel, fühlte sich dafür aber besonders wohl in dem Wenigen, was er hatte. Er fand, diese Sachen passten ihm wie angegossen und dass sie kaputt waren, machte ihm gar nichts aus. Die Löcher hier und da erlaubten ihm viel mehr sich nicht mehr darum kümmern zu müssen, ob etwas kaputt ging, wenn er irgendwo drauf kletterte oder so.


    So zuckte der Kleine nur einmal mit einer Schulter und widmete seine Aufmerksamkeit zwei Kindern, die ihnen auf der Straße entgegen kamen. Sie begleiteten eine Traube von Erwachsenen, die sich angeregt unterhielten. Die beiden Kinder tuschelten untereinander und streckten Marcus die Zungen raus.
    Der Knabe grinste die beiden an und verzog das Gesicht zu einer Grimasse. So ging das dann noch ein bisschen weiter….

    Marcus nickte verstehend. Wenn Paullus ihm etwas erklärte, dann glaubte der Junge das ohne zu zögern. Er traute seinem Bruder sehr viel Wissen zu, vertraute ihm einfach und wusste, dass Paullus ihn nicht belügen würde.


    Dann aber grinste Marcus ihn an. “Angst?! Vor MIR? fragte er kichernd. “Nein, vor dir! Weil du so groß bist und bestimmt hat er gleich gesehen, dass du ganz gemein kitzeln kannst!“ Sicherheitshalber brachte der Knabe ein paar Schritte Abstand zwischen sich und seinen Bruder.

    Der Andere fing an wie jeder andere. Er lobte seine Entschlossenheit. Das war für Marcus nichts Neues mehr – irgendwie zeigten sich die meisten Erwachsenen dadurch beeindruckt. Vielleicht taten sie aber auch nur so. Dann jedoch wurde der Blick des Jungen aufmerksamer. Wieder überlegte er einen Moment, dann kniff er ein Auge etwas zusammen. “Du müsstest schon selbst Soldat sein, um das zu wissen,“ stellte er altklug fest. “Bist du denn einer?“

    Es war schon richtig toll, wenn man nicht das einzige Kind war in der Familie – egal wie groß oder klein sie war. Mit Sabina hatte Marcus zwar kleine Startschwierigkeiten gehabt, aber inzwischen erwies sich das Mädchen als Bereicherung für seinen Alltag. In Windeseile quasi. So hatte er immer jemanden zum Spielen.


    Genau das stand auch jetzt wieder an. Die beiden Kinder standen furchtlos auf der Mauer, scheuten weder die Tiefe noch den Wind, der an ihren Mänteln zuckelte und ihre Haare leicht zauste. Die Erwachsenen saßen in ausreichender Ferne, um nicht jedes Wort zu hören, dass sie tauchen würden, während sie einen Plan aushecken, was sie nun anstellen konnten.


    Nun setzte Marcus sich auf die Mauer und ließ die Beine baumeln, während er Sabina ansah. “Wollen wir den Leuten Kiesel auf den Kopf werfen?“ fragte er und kratzte mit zierlichen Fingern winzigste Kiesel aus den Ritzen des Gemäuers.

    Zu dem beeindruckenden, ausgerüsteten Mann und dem im Vergleich winzigen Marcus gesellte sich ein anderer Mann. Auch dieser hatte eine breite Statur und war Marcus mal fünf, mindestens. Kaum war er bei Ihnen, straffte sich die Gestalt des Soldaten.


    Der Dreikäsehoch sah von dem einen, der sehr stramm stand und damit noch beindruckender auf den Knaben wirkte, zu dem anderen.


    “Salve!“ grüßte Marcus ohne Scheu zurück, beantwortete vorsätzlich aber weder die Frage, ob er sich verlaufen hatte, noch die, ob er jemanden suchte. Stattdessen wanderte sein Blick wieder zurück zu dem Soldaten, der keine Miene verzog. Marcus hingegen konnte das Erstaunen immer noch nicht verstecken, es war ihm viel mehr aufs Gesicht gemeißelt. “Ein Elite-Soldat? Woher weißt du denn das?“ fragte er, erneut ziemlich skeptisch. Seine Fragen passten kaum zu seinem Gesichtsausdruck, doch so war nun einmal seine Natur. Er musste alles in Frage stellen.

    Zitat

    Original von Ein Praetorianer


    Zwar nicht mit heruntergefallener Kinnlade, aber dennoch über dessen Anwesenheit ein wenig verwundert, sah der Soldat den Jungen an.


    "Bist du nicht ein Bisschen jung für das Exercitus?" fragte er den Jungen einfach geradeheraus.



    Und der Junge sah zurück, bis er sich bewusst wurde, dass er wie eine Statue starrte. So machte er den Mund zu, schluckte einmal und schüttelte dann andächtig seinen Kopf.


    "Ich bin ja schon fast sieben!" antworete er dann, wobei er natürlich etwas flunkerte. Bis er sieben wurde, mussten noch einige Tage vergehen. Dann mustert er den Soldaten und sah ihn schließlich skeptisch an. "Bist du ein echter Soldat?"

    Die Stimmung war gut. Zumindest bei Marcus war die Beklemmung, die er wegen dem Ärger in der Casa verspürt hatte, wie verpufft und damit einer Ausgelassenheit gewichen, die für die kleine Kinderseele natürlich ein Hoch war, für alle anderen Beteiligten, vor allem natürlich die Erwachsenen, wohl sehr nervenaufreibend.


    Kaum hatte er von Calvena den Startschuss erhalten, stürmte der Dreikäsehoch auch schon freudeglucksend los. “Komm, Sabina!“ Der Junge sah sich um. Weiter vorn jagte ein Straßenhund eine rote Katze zwischen einer großen Gruppe Menschen hindurch. Auf einer anderen Wiese spiele eine Gruppe von Kindern, die jedoch alle auf den ersten Blick gleich sehr ärmlich wirkten. Und sie waren sehr weit weg.
    Sonst gab es nur noch eine urig aussehende Pappel, die interessant war.


    Auf halbem Wege blieb er stehen und kletterte auf eine niedrige Steinmauer, von wo aus er natürlich einen phänomenalen Blick genoss.

    Marcus musste schon wieder kichern. “Nur bis zu den Stadttoren? Das ist wirklich nicht sehr weit!“, bemerkte er und ließ sich ausgelassen gegen seinen Bruder rumsen, während Paulina ihm erklärte, dass ihr Onkel für den Kaiser arbeitete. Dann erklärte Paullus ihre Vergangenheit und Marcus lächelte Paulina mit hochgezogenen Brauen an.

    Ein großer Name? Diese Redewendung verstand der Knabe nicht wirklich, aber er glaubte zu verstehen, dass der Name halt sehr lang war. "Wirklich?" fragte er nach, kurz nachdem Paullus ausgesprochen hatte. Wenn Paullina in der Nähe wohnte, könnte er sie ja vielleicht mal besuchen gehen, wenn ihm langweilig war. Dann aber fiel ihm auf, dass er das schon wieder nicht verstand. Warum wohnte sie in der Nähe, wenn er im Hause eines Senators lebte? Verwirrt blinzelte er sie an. "Warum wohnst du dann in der Nähe? Bist du etwa eine Senatorin?" Eins und eins eben, oder?

    Marcus zuckte einmal übertrieben mit den Schultern und verpasste dem matschigen Apfel einen deftigen Tritt, sodass dieser in mehreren saftig triefenden Stücken davonflog. "Nein, ich frage das nur so." Aber nach kurzem Überlegen fügte er hinzu: "Ich habe mir Senatoren irgendwie viel älter vorgestellt." Wieder ging Marcus ein paar Schritte, ehe er weitersprach. Dabei schaukelte er seinen Kopf bei jedem Schritt, als wäre er ein Schiff auf dem wogenden Meer. "Und ich finde ihn ein bisschen langweilig."

    Das war ja mal wieder typisch für Paullus. Marcus konnte nicht anders, als sich über den Zusammenprall mit der jungen Frau halb scheckig zu lachen. Als er damit fertig war, hatte er tatsächlich rote Hitzeflecken auf seinen Wangen und immer noch grinste er.


    "Salve. Mein ganzer Name ist Marcus Germanicus Pius und ich wohne jetzt im Haus eines Senators," berichtete er voller stolz und grinste die Frau breit an, weil Paullus ihn mit einem Finger am Ohr kitzelte, während er versuchte sich vorzustellen. "Und wo wohnst du?"

    Aufgeregt war er in der Tat, denn da er nicht wusste, wie man zum Circus gelangte, musste er immer damit rechnen, dass sie gleich dort waren. Der Gedanke Abschied war damit fürs erste vergessen. Munter hopste Marcus neben Paullus her und trat dann und wann größere Kiesel vor sich her. Damit es Paullus auch nicht langweilig wurde, versuchte der Knabe dem Älteren immer wieder mal ein Bein zu stellen, wobei der Frechdachs vergnügt kicherte.


    “Du, Paullus? Magst du den Senator?“ wollte er wissen, als er gerade einen fauligen Apfel vor sich her schoss, da sie weitab der Casa Germanica war, die von nun an sein zu Hause sein würde und deren Einwohner damit zu seiner Familie wurden.

    Kaum angekommen, ging es auch schon wieder los. Das war Marcus nur recht, denn die Aufregung der Ankunft in Rom machte ihn nur ruheloser. Die beiden Brüder waren direkt wieder zum Ausgang des Hauses losgegangen, der gerade offenstand. Direkt in der Tür stand der dunkelhäutige, riiiiiesige Mann, vor dem Marcus beim Eintreten schon großen Respekt gehabt hatte. Vor ihm stand die zierliche Gestalt einer jungen Frau, die Marcus natürlich mit unverhohlener Neugier betrachtete. Ob sie vielleicht zur Familie gehörte?


    Sie ginge an beiden vorbei, grüßten kurz und knapp, in Marcus Fall jedoch kindlich überschwänglich, und schlugen die Richtung ein, in der der Markt lag. Der kleine Junge war nicht davon überzeugt, dass die Zeit schnell vergehen würde und so war er zwiegespalten, wie er jetzt reagieren sollte. Schmollend oder belustigt? “Beschäftigt, meinst du? Wie ein Senator?“ fragte er nach, immer noch unentschieden.


    weiter

    Das mit den Anweisungen war bei Marcus so eine Sache. Er vergaß sie zu schnell und mit ihnen die Konsequenzen. Das war immer schon ein großes Problem bei dem Knaben gewesen – er fiel ihm unsagbar schwer sich im Rahmen der Regeln zu bewegen. Nicht, weil er es beabsichtigte, sondern viel mehr, weil ein Naturell einfach sehr ungestüm war.


    “Gut“ sagte der Junge verlegen und wich Calvenas Blick dann beschwichtigend aus. Vorerst würde er sich dem Instrument nicht nähern oder ebend nur dann, wenn seine Besitzerin dabei war und es ihm erlaubte.


    Sabina schien sich darüber zu freuen, dass er sich entschuldigte. Er war zwar manchmal sehr frech, aber doch sehr aufgeschlossen. Und mit Sabina hatte er gut spielen können, also war er doch besser nett zu ihr. Noch dazu war er natürlich sensibel, viel mehr, als er sich jemals in Zukunft eingestehen würde.
    Er beließ es jetzt dabei. Er wollte nicht, dass sie wieder traurig wurde.


    Als Calvena dann fragte, ob es losgehen konnte, rannte der Zwerg zu einem Stuhl, über den er seinen Mantel gelegt hatte, warf diesen sich umständlich über, sodass er total verdreht saß, aber das war ihm egal. “Ja!“ Dann sah er frech grinsend zu Sabina. “Wer zuerst an der Porta ist?“

    Alles Verbotene hatte seinen ganz besonderen Reiz. Warum das wohl so war? Warum musste immer alles darauf hinauslaufen, dass man als unartig bezeichnet wurde, wenn man doch nur neugierig war? Und als brav, wenn man sich zwanghaft unter Kontrolle behielt, einem dadurch aber sooo viel Interessantes und noch viel, viel mehr Spaß entging?


    Das war gemein. Aber da gerade keiner da war, konnte ihn ja schließlich auch keiner einen unerzogenen, frechen Rüpel nennen, also besah Marcus sich die Lyra. Sein Zeigefinger fuhr gerade gaaaanz vorsichtig über eine ihrer Saiten, als Calvena mit Sabina ins Zimmer zurück kam.


    Ertappt fuhr der kleine Junge zu beiden herum. “Ich habe nichts gemacht“ beteuerte er mit großen, treuen Augen. Fürs Erste wollte er sich keinen Ärger einfangen, denn davon hatte er heute genug gehabt. Da fiel sein Blick auch schon auf Sabina. “Tut mir leid, dass du so angeschrien wurdest, Sabina. Ich wollte nicht, dass du Ärger bekommst“ entschuldigte er sich.

    Aus dem Fortlaufen wurde nichts. Calevena war flink und hatte ihn gepackt, ehe er aus der Tür raus war. Mit einem Mal wurde er zu ihr herumgewirbelt, wobei er ein “Autsch, lass mich los!“ von sich ließ und sah dann direkt in ihr Gesicht. Offensichtlich hatten ihr seine Worte von zuvor nicht gefallen. Sie sah verärgert aus und ließ ihm auch nicht die Möglichkeit, sich aus ihrem Griff zu winden.


    Grimmig sah er sie an, während sie ihm einen gerechtfertigten Denkzettel verpasste. Pah! Erklären sollte er das? Er hatte keine Lust ihr das jetzt zu erklären. Er fand das doof. Fand sie gerade doof. Da konnte sie ihm mit sonst noch was drohen. Von Paullus hätte er wahrscheinlich eine Ohrfeige kassiert, hätte Marcus etwas Ähnliches zu ihm gesagt oder davon erfahren, was er Calvena gerade an den Kopf geworfen hatte. Na und?! Das tat einen Moment lang weh und ging dann aber wieder vorbei.
    Vielleicht würde sie ihn ja auch gleich hauen. Und wenn schon! Wie doll konnte eine Ohrfeige von ihr schon wehtun? Ob sie gleich kommen würde?


    Leicht hatte er wohl aus einem leisen Angstgefühl heraus seinen Kopf gesenkt, als sie nur seufzte und den Kopf schüttelte. Die Ohrfeige blieb aus. Das irritierte ihn. Ihre Reaktion war komisch. Sie sah ihn jetzt gar nicht mehr so freundlich an und schüttelte wieder den Kopf. Mochte sie ihn jetzt nicht mehr? Er blinzelte sie den grimmigen Gesichtsausdruck nur schwerlich beibehaltend an, als sie sich auch schon kühl verabschiedete und ihn allein zurück ließ.


    Da stand er nun . Zuerst blieb sein Blick noch grimmig, aber dann senkte er den Kopf und sah betreten auf den Boden. Seine Hände nestelten an einer Falte seiner Tunika herum. Es war ein bisschen schwer zu sagen, was in dem kleinen Kopf gerade vor sich ging. Allem Anschein nach hatte der kleine Bock sich beruhigt. Doch dann bekam er einen Rempler ab. Ein Sklave hatte ihn beinahe übersehen und schubste den Knaben ausgerechnet in diesem blöden Moment unsanft an. Der kleine Bock konnte nur aufbegehren. Er fuhr wütend zu dem Rothaarigen herum und versetzte ihm ebenfalls einen Schubser. “Spinnst du?!“ fuhr er ihn lautstark an und verließ die Culina.