Beiträge von Marcus Germanicus Pius

    Marcus seufzte. Zum einen, weil ihm das alles doch ein bisschen zu kompliziert war und zum anderen, weil Sabina ihre Mama vermisste. Er sah sie zerknirscht an. “Dann ist es ganz schön gemein von Sedulus so gemein zu Sabina zu sein.“ Dass es Väter wussten die Götter in den seltensten Fällen leicht hatten, tat ja wohl nichts zur Sache.


    Sofort nickte er. “Ja, vielleicht ist sie dann nicht mehr traurig.“ Mit einem großen Schluck trank er den Becher leer und stellte den weg. Dann sah er Calvena schon sehr viel munterer an. “Wer zuletzt zurück ist, wird von den Bremsen gebissen!“ Sogleich spurtete er los, natürlich bereits nicht mehr bedenkend, besser etwas Rücksicht zu nehmen und leise zu sein. Man konnte ihn wahrscheinlich durch das ganze Haus hören, als er in sein Zimmer sprang und dort nach seinem Mantel suchte, den irgendein ordentliches Gespenst natürlich zusammengelegt und wegsortiert hatte und somit für den Jungen an einer sehr unlogischen Stelle lag. Schließlich fand er ihn jedoch und lief schnurstracks zurück in Calvenas Zimmer.


    Dort war natürlich noch niemand, der ihn davon abhalten konnte, seine neugierigen Fingerchen von den Dingen fern zu halten, an die er besser nicht herangehen sollte…

    Das stimmte wohl. Marcus hatte sehr viele Träume und nur die allerwenigsten waren auch nur annähernd realistisch. Aber so war er nun mal. Er lebte in seiner ganz eigenen Welt, die zugegeben noch sehr naiv war. Dennoch wusste er ganz genau, was er wollte und das war doch schon etwas. Was wirklich in ihm stecke, würde erst die Zeit zeigen.


    Der Blick des Kindes blieb ernst und mürrisch. Dazu machte er jetzt noch eine Schnute, während er überlegte, was er denn darauf bitteschön noch erwidern konnte. Den Kaiser umzingeln war ja gut und schön, aber wäre dieser Valerian ein richtiger Soldat, würde er sicher mehr von seinem Soldatenleben erwarten. Jawohl.
    Aber so recht wollte ihm nichts einfallen, was er jetzt noch erwidern konnte. Pampig wurde er selten, das überließ er gern Sabina und anderen Mädchen. Aber gerade hatte er echt ein riesiges Bedürfnis aufzumucken wie ein auf Krawall gebürsteter Ziegenbock. Also schnaubte er einmal und verfestigte die Verschränkung seiner Arme vor seiner Brust.


    “Na und! Ich werde ihn mir ganz genau ansehen, Fräulein! Und weißt du was? Ich mag ihn bestimmt nicht. Und wenn ich etwas heraus finde, dann werde ich das Sabinas Papa petzen. Dem Senator. So.“ Einen Moment lang funkelte der Knabe die junge, äußerst freundliche Frau noch mit düsterem Blick an, dann drehte er sich herum und stapfte vernehmlich trampelnd davon.

    Kichernd lockerte der kleine Junge seine Haltung wieder. “Mein Bruder sagt, ich träume zu viel.“ Aber das war ihm ganz egal, was sein Bruder dachte. Er wollte es weit bringen, hatte einige Ziele vor Augen und würde ihnen hinterher jagen – koste es, was es wolle.


    “Woooow.“ Da staunte Marcus nicht schlecht. “Ein so richtig echter Praetorianer?!“ wiederholte er ehrfurchtsvoll, nicht wirklich eine Antwort erwartend, und schluckte auffallend schwer. Valerian beschützte den Kaiser und seine Familie. Das war eine sehr wichtige Aufgabe, das konnte selbst Marcus mit seinen 6 Jährchen mit Bestimmtheit sagen. Centurio. Das Wort hatte er schon gehört, wusste es aber in keinem angemessenen Rahmen einzuordnen. Allerdings klang es richtig toll.


    Aus heiterem Himmel verschränkte der Knabe die Arme vor der Brust. “Na und, da ist nichts Besonderes dran und er kann auch kein Feldherr werden“ gab er dann mit gestrengem Blick und mit einer Prise Arroganz von sich. Zumindest glaubte er das. Trotzdem mochte er diesen Valerian gerade ganz und gar nicht, denn er stahl ihm hier die Show.

    Ach so. Sabina hatte Angst, dass ihr Papa sie jetzt nicht mehr lieb hatte, weil die neue Frau ja nicht Sabinas Mama war. Das war verständlich. Selbst in den Augen des kleinen Jungen sah es ganz so aus, als würde Sabina nun hinten anstehen müssen. “Hmmmm,“ machte er nachdenklich. War Sedulus‘ Benehmen da unten gerade nicht ein Beweis dafür gewesen, dass es tatsächlich so war? “Aber er ist doch gar nicht allein. Er hat doch Sabina. Wenn ich so angeschrien werden würde von meinem Bruder, würde ich auch denken, dass er mich nicht mehr lieb hat.“
    Also ganz so war das in Wirklichkeit natürlich nicht. Paullus war ein strenger Bruder und hatte häufig seine Stimme erheben müssen, um Marcus, den kleinen Wildfang, auch mal zu bändigen. Aber nun ja, die Situation war eben eine ganz andere.


    “Was für Rätsel denn?“ fragte der Knabe etwas misstrauisch. War das etwa so ein Spiel mit einem Lerneffekt? Denn sowas mochte er gar nicht gerne. Dann bot sie ihm aber auch schon eine Alternative, die er nicht ausschlagen konnte. “Au ja, in einen Park!“ war er jetztwieder ganz Feuer und Flamme. Raus aus der stillen Casa, an die frische Luft, Bewegung, Menschen sehen. Das hörte sich viel besser an als hier drinnen irgendwelche Rätsel zu raten. “Soll ich mir schnell meinen Mantel holen?“

    Er grinste, denn Calvenas Lachen war einfach mitreißend. Übrigens nahm er ganz selbstverständlich an, dass sie nicht über ihn lachte. Das war ja klar, dass sie das nicht tat. So eine tolle Figur wie der Wurzelzwerg abgab. :D


    Soldat?! Nun wurden die Kinderaugen aber groß. “So ein richtig echter?!“ Das musste abgeprüft werden. “Hat er einen Gladius? Und einen Harnisch? Und einen Helm? Und genagelte Sandalen? Und einen Schild?“ Konnte ja gut möglich sein, dass Valerian nur gerne schwindelte. Marcus wusste letztendlich ganz genau, was ein Soldat brauchte, da würde ihm nichts entgehen.
    Wenn Valerian wirklich ein Soldat war, würde es natürlich schwer werden, ihn auszustechen. Aber Marcus war von seinen Qualitäten überzeugt und hatte in Windeseile einen Plan ausgeheckt, wie er Valerian auf Herz und Niere prüfen würde.


    Einem Soldatenexperten wie Marcus würde nichts entgehen.

    Marcus zuckte mit den Schultern. Wie ein Holzklotz? Wenn damit gemeint war, dass man nicht sonderlich nett zueinander ist, dann traf das Wort wohl auf beide zu – Sabina wie auch Sedulus. “Was ist denn los?“ fragte er, weil Calvena so schnell die Antwort zu wissen schien. Er hatte Sabina ja nun doch zwischenzeitlich als nettes Mädchen kennengelernt, mit dem man wahrscheinlich sogar Pferde stehlen konnte.


    Ja, ein bisschen glaubte er, dass er Schuld an dem Streit hatte. Er war es schließlich gewesen, der den Vorschlag gebracht hatte, Verstecken zu spielen. Letztendlich hatte auch er den Dreifuß umgestoßen. Aber ja, er fühlte sich deplatziert. Sparsam nickte er und nestelte mit einer Hand an seiner Tunika herum.


    Natürlich würde sie ihn ablenken können. Nun wieder aufgeschlossener sah er sie an. “Und wie? Was möchtest du denn machen?“

    “Au ja!“ Da hatte Calvena aber einen Treffer ins Grüne gelandet. Der Junge sprang vom Stuhl auf und stemmte beide Arme in die Seiten. “Natürlich weiß ich, wer Mars ist. Er ist der Gott, der auf die Soldaten aufpasst und ich werde einmal ein Soldat.“ Da konnte es mit Sicherheit nicht schaden schon einmal im Vorfeld zu zeigen, dass er an ihn dachte.


    “Gut,“ kommentierte er. Scheinbar war er damit zufrieden, dass Sabina Valerian mochte. Dann war er wahrscheinlich kein Kinderhasser. Solche gab es schließlich auch an jeder Ecke. Doch dann kniff er die Augenbrauen zusammen und sah Calvena streng an. “Aber ich möchte ihn besser selbst kennen lernen, bevor ich ihn auch nett finde. Vielleicht ist er das ja gar nicht und dann muss ich dich vor ihm beschützen.“ War ja wohl klar. Er mochte Calvena auf Anhieb gern leiden, also würde er auf sie aufpassen.

    Marcus antwortete nicht gleich, sondern setzte sich und ließ sich einen Becher geben. Süßer Pfirsichsaft war drinnen – die einzige Form, in der Marcus freiwillig Obst zu sich nahm. Er trank einen Schluck und sah dem verschwindenden Webrahmen nach. Hatte er also recht gehabt, der war sowas wie ein Spielzeug. Bei Gelegenheit würde er fragen, ob er auch mal damit spielen durfte.


    Dann seufzte er und ließ den Blick einmal durch das Zimmer schweifen. Das Grinsen und Zwinkern Calvenas war zwar aufmunternd und er wusste, dass sie bestimmt nicht sonderlich schnell böse werden würde, wenn er es darauf anlegte, aber er hatte gar keine Lust sich umzusehen. Lieber wollte er bei Calvena sitzen bleiben.


    “Es hat eben ganz lauten Streit gegeben. Sedulus hat Sabina und mich angemeckert, weil wir Verstecken gespielt haben und dann hat Sedulus sie angeschrien und Sabina sagte, dass sie ihn hasst,“ fasste Marcus zusammen, was passiert war. Er sagte das in etwa so nüchtern, wie wenn er von seiner Mutter redete. “Jetzt ist alles ganz still.“ Der Knabe kniff die Augenbrauen angestrengt nachdenkend zusammen.

    Offenbar hatte er Calvenas Cubiculum gefunden. Die junge verlobte Frau saß mit angestrengtem Blick an einem seltsamen Gegenstand und bekam gar nicht mit, dass er den Kopf ins Zimmer gesteckt hatte. Ob er besser wieder ging? Genau da bewegte sie sich und bemerkte, dass er da war.


    Vorsichtig trat Marcus ein. Ebenso vorsichtig sah er sich um. Die komische Geschichte da unten hatte ihn offenbar ganz schön aus der Bahn geworfen, dabei war er sonst doch eher rustikalen Gemüts. Sein Bruder wäre, hätte er ihn so gesehen, wahrscheinlich rasend vor Sorge geworden. Aber sein Bruder war nicht hier. “Salve, Calvena,“ grüßte er recht verhalten zurück und sah auf die klingende Lyra. Ob Calvena auch sauer war weil sie gespielt hatten? Sie sah nicht so aus.


    “Ja, ein bisschen schon.“ Langsam näherte er sich Calvena, die vor einem seltsamen Gerät saß. “Was ist das?“ fragte er neugierig und musterte den komischen Rahmen, das bunte Schneckenhaus noch in der Hand haltend. So etwas hatte er noch nicht gesehen. Ob das vielleicht ein Spiel war?

    Mit gemischten Gefühlen hatte Marcus seinen Weg vom Atrium aus in das obere Geschoss des Stadthauses fortgesetzt. Er hatte den Senator noch etwas schreien hören, aber dann war es mucksmäuschenstill geworden. Wie Bia ihm aufgetragen hatte, war Marcus in sein Zimmer getrottet, doch dort hatte er nicht recht Lust entwickelt, zu spielen oder zu lesen oder zu schreiben… Natürlich nicht. Zudem hatte ihn ein Gefühl der Traurigkeit übermannt. Sein Bruder, zu dem er sich jetzt gerne verkrochen hätte, war nicht hier und er damit ganz allein in einer Familie, die ihm noch sehr fremd war.


    Unschlüssig war der Junge wieder aus dem Zimmer gegangen. Zuerst hatte er daran gedacht zu Sabina zu gehen, aber da er nicht so genau wusste, ob sie stinkig auf ihn war, hatte er diesen Gedanken schnell verworfen. Sein Spiel von vorher fortzuführen wäre wohl auch keine so glückliche Idee gewesen. Jetzt waren alle Gemüter zu erhitzt.
    Aber was sollte er tun? Wo sollte er hin? Es war doch keiner da, der ihn jetzt gerne bei sich gehabt hätte. Alle hatten den Lärm dort unten mitbekommen und wo Vitale sich hin verkrochen hatte, konnte er nicht sagen.


    Ratlos nahm er das angemalte Schneckenhaus aus seinem Beutelchen und ließ es an den Wänden entlanglaufen. Es schlidderte mehr, denn es hatte ja keine Füße. Es war ein Schiffchen auf dem Ozean und es durfte nicht in die tiefen Strudel geraten, was die lauernden Zimmertüren waren. “Abheben, Männer! Rudert schneller, damit wir fliegen wie ein Vogel“ imitierte er für seine Verhältnisse auffallend leise die Stimme des Kapitäns des bunten Schiffes. Dann wurde das Schiff doch in einen Strudel gerissen. “Oh nein, ihr elenden, nimmersatten, blöden.... schmutzigen Ratten! Bringt uns hier wieder raus oder eure Teller bleiben heute Abend l-„, weiter kam er nicht, denn als er die Hand an die Tür gelehnt hatte, ging diese leise knarzend nach innen auf. Vorsichtig lugte er ins Zimmer, indem er den Kopf durch den Türspalt steckte und die Tür somit noch weiter öffnete.

    "Vale!" verabschiedete Marcus den Senator lieber höflich. Irgendwie war ihm dieser bedeutende Mann unheimlich.


    Als die beiden Brüder nun also wieder allein gelassen wurden, entging dem Jungen nicht die sentimentale Stimmung des Älteren. Für Marcus war das alles noch nicht greifbar genug. Außerdem wollte Aculeo ihm Sachen kaufen und mit ihm dorthin gehen, wo er gerne hin mocht, wie schlecht konnte der Tag also sein?


    Der Kleine grinste frohen Mutes. “Was ich gerne sehen möchte? Ist das ein Scherz?!“ rief er aufgeregt. [I]“Den Circus Flaminius und GLadiatoren!!“

    Marcus hatte den Rest des Geschehens aus der starren Sicht eines Zuschauers verfolgt, weil er einfach nicht verstand, was hier abging. Warum durften sie hier nicht spielen? Warum war der Senator so wütend? Warum schickte er Vitale weg? Weshalb war Bia so bissig? Weshalb beobachtete die alte Frau das alles?


    Und warum, bei allen Göttern, war Sabina nun schon wieder weggelaufen? Warum hasste sie ihren Vater? Das war doch eine ziemlich schlimme Sache, jemanden zu hassen.


    Warum spielte jetzt keiner mehr mit ihm?


    Das hier war alles viel zu kompliziert und irgendwie auch beängstigend, wenn man es nicht gewohnt war. Lag s an den Frauen? Oder daran, dass so viele Menschen auf begrenztem Raum zusammenlebten?


    Sich total deplatziert fühlend, nickte der Junge der Kinderfrau zu und ging dann mit hängendem Kopf auf sein Zimmer. Über das alles musste er jetzt erst einmal nachdenken und vielleicht etwas essen.

    Davongeschlichen hatte er sich. Er wollte nicht drinnen hocken und studenlang mit dem Griffel üben. Das war was für Mädchen! Also hatte Marcus sich klammheimlich verdrückt und sich auf den Weg begeben…


    Er war erst wenige Tage in Rom und kannte sich dementsprechend überhaupt nicht aus. Er war eine Weile lang ziellos herumgeirrt und festgestellt, dass Rom seeeehr groß war und er ziemlich klein. Die Freude an seinem Ausflug wollte den sechsjährigen Ausbüchser gerade verloren gehen, als er mit einem Mal vor einem Gebäude stand, das bewacht war.


    Soldaten! Wie von einem schwarzen Loch angezogen konnte der Junge nicht anders als sich den Soldaten zu nähern. Vollkommen fasziniert starrte er die großen, starken Männer an. Die hatten Schwerter!


    “Eiderdaus“ flüsterte der Knabe ehrfuchtsvoll, als er vor einem der Soldaten zum stehen kam. Dort stand er jetzt und sah ihn mit heruntergefallener Kinnlade an.

    Calvena war eine nette Frau. Er mochte sie bereits jetzt. Sie lächelte so viel und war bereit, sich ihm anzunehmen. So sagte er, auch wenn er mit den Göttern wirklich noch nicht viel am Hut hatte: “Gerne. Ich kann dir dabei bestimmt helfen.“ Irgendetwas musste da schließlich auf für ein Kind zu tun sein.


    Marcus war langsam satt. Der Hunger war so schnell gegangen, wie er gekommen war. So war das immer bei ihm. Sätte hielt dementsprechend nie lange vor, aber auch das war man von Kindern ja nicht anders gewöhnt.


    Der kleine Junge verstand das jetzt auch ein bisschen besser. “Ich weiß nicht, ob mein Papa meine Mama gern hatte. Sie ist gestorben, als sie mich geboren hat“ warf der Junge sachlich ein und zuckte mit den Schultern. Auch an seinen Vater hatte das Kind nur noch blasse Erinnerungen. Er war noch sehr klein gewesen, als auch sein Leben viel zu früh geendet hatte und Paullus für seinen kleinen Bruder verantwortlich gemacht wurde. “Und kennt Sabina Valerian?“ fragte er skeptisch. Denn was, wenn Sabina ihn nicht mochte? Und Marcus dann vielleicht auch nicht? Oder noch schlimmer: Was, wenn Valerian Sabina nicht mochte oder gar ihn!

    Marcus ließ sich herzen und sah den Senator stolz an. Dieser meinte dann, dass er sich ja das Zimmer mit Sabina teilen könnte. Da verzog der Junge augenblicklich das Gesicht.


    “Bäh! Pfui, mit einem Mädchen?! Nein, nur über meine Leiche! Und dann auch noch mit Sabina? Neeein, iiih, nein.“ Seine Meinung zu dem Thema war damit wohl ziemlich klar. Hoffentlich nicht zu klar, immerhin ging es hier um Sedulus‘ Töchterlein und nicht irgendein anderes. Immerhin war Marcus offen und ehrlich.


    Dann unterhielten die Männer sich wieder über Magistrate und solche Dinge. Das war für den Knaben wieder langweilig.

    Marcus verstand von dem Gerede der beiden Erwachsenen nichts. Er wusste zwar, wo Ostia lag, war ja selbst auch schon dort gewesen, aber was ein Patron sein mochte oder was Sedulus mit Wahlen meinte, wusste er absolut nicht zu sagen. So war er für seine Verhältnisse wirklich ausgesprochen ruhig geworden, was Sedulus wohl so häufig nicht mehr erleben würde. :p


    Als der Senator aber etwas von einem Zimmer erwähnte, war der Knabe augenblicklich wieder hellwach. “Ein Zimmer?! Etwa eins für mich ganz allein?“ fragte er ungläubig und begeistert zugleich. “Au toll!! Hast du gehört, ich krieg ein Zimmer!“ aufgeregt zuppelte der Junge an seines Bruders Tunika.

    Marcus hörte ihr aufmerksam zu, als sie ihm von ihrem kleinen Opfer erzählte. Dabei überlegte er, ob ihn das interessierte oder nicht. Sie hatte gesagt, dass sie Priesterin werden wollte. Aber das war doch bestimmt ein ganz langweiliger Beruf, dachte er bei sich.


    Nein, für ihn war es wirklich alles andere als selbstverständlich. Er spielte lieber mit Jungen als mit Mädchen, weil diese so schnell weinten und meistens sowieso nicht Lust auf Jungenspiele hatten und andersherum natürlich genauso. Zu alledem hatte Paullus ihm nie irgendetwas in Hinsicht auf Frauen vorgelebt. Er runzelte die Stirn. “Ist er, also ist Valerian denn nett?“ Liebe. Was war das? Marcus unterschied nur zwischen Menschen, die er lieb hatte und die er nicht mochte. Naja, einen Jungen hatte er mal gehasst, weil dieser ihn ständig triezen musste. Aber da war er noch ganz klein gewesen.

    Hinter dem Senator kam noch eine Person hinzu. Eine ältere Frau. Marcus bekam aber nicht sonderlich lange die Gelegenheit, die Frau zu mustern, weil Sabina neben ihm so richtig schön reinhaute. Verdutzt sah der Junge sie an und geriet ins Grinsen. Die war ja schon irgendwie stark.


    Der Senator schien sich etwas zu beruhigen und versuchte in ruhigem Tonfall, seine Tochter zurecht zu stutzen. Von was für einem Spiel sprach Sedi da? Ob das wohl Spaß machte? Bestimm nicht so viel wie das Versteck-Spiel, das soooo grandios gewesen war. “Ich mag lieber Verstecken spielen,“ warf der Junge daher ein.


    Dann trat noch ein Fremder hinzu. Manoman. Ein mal Verstecken gespielt und schon kamen sie alle aus ihren Zimmer, die stillen Mäuschen. In dem Haus war wohl sonst nicht so viel los…. Er grüßte alle Anwesenden und der Junge winkte ihm grinsend zu.
    Marcus sah Sabina an. Draußen spielen? Mit ihm? “Mit einem Erwachsenen draußen spielen?!“ fragte Marcus laut und ihm war anzuhören, dass er nicht recht wusste, ob das denn auch spaßig sein konnte.

    Er hörte, wie Sabina näher kam. Dann konnte er sogar ihre Füße sehen. Sie stand genau vor dem Busch, unter dem er lag. Hey, da kroch ja eine lustige Spinne über ihren Fuß! Einen Moment überlegte er, dann rutschte er seinen Arm ein bisschen vor, um ihr damit an der Tunika zu zupfen.


    Gerade da trat Sedulus ins Atrium und tat sehr laut kund, was er von dem lautstarken Spiel der Kinder hielt. Auweia. Warum meckerte er denn so? Es war doch nichts kaputt gegangen. Kurz schmulte er an dem Senator vorbei und erkannte, dass der Dreifuß auch schon wieder stand. Unsicher krabbelte er hervor und stand auf, sich den Dreck so gut es eben ging vom Stoff klopfend.


    “Wir haben Verstecken gespielt,“ antwortete der Schmutzfink gerade heraus, denn er war sich keiner Schuld bewusst.

    Marcus sah seinem Bruder an und nickte, dann schob er sich einen weiteren Bissen in den Mund. Während Paullus sich auf die Suche machte, um das ahnungslose Kindermädchen zu überrollen, widmete Marcus sich wieder Calvena, wohl aber daran denkend, dass er sich noch umziehen und dann ins Atrium musste.


    “Was wirst du denn opfern?“ fragte er neugierig. Er hatte gehört, dass in Rom viele Tiere geopfert wurden. Er selbst hatte so etwas natürlich noch nie gesehen. Auf Reisen war das immer so eine Sache. “Und warum heiratest du?“ Das war ihm unerklärlich. Man konnte doch auch so mit Mädchen spielen