Beiträge von Sextus Aurelius Lupus

    Man hatte dem Valerius nicht einmal die Tür aufgemacht? “Und du warst sicher am richtigen Haus? Bei den Flaviern hat auch niemand die Tür geöffnet?“ Sextus konnte das gar nicht glauben. Bei den Octaviern, gut, da hörte man schonmal von derartigen Geschichten. Dass niemand wusste, wo Senator Octavius war und ob er überhaupt noch lebte. Aber bei den Flaviern?
    Sextus konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass seinem Tiro absichtlich nicht geöffnet worden war. Aber eine andere Erklärung konnte es fast ebensowenig geben. Der Türsteher der Flavier war doch sehr gewissenhaft, selbst dann, wenn kein Flavier zuhause war. Und überhaupt, was sollte das Nicht-Öffnen denn bringen?


    Allerdings schien Valerius Flaccus aufrichtig geknickt wegen seines Misserfolges, und er hatte ebensowenig Grund, wegen etwas so lächerlichem wie einem Bericht zu lügen und eine Geschichte zu erfinden. Sextus beschloss, die Sache bei Gelegenheit noch einmal persönlich mit den Flaviern zu besprechen. So aber kam wohl auch Flavius Scato nicht um eine negative Erwähnung in Sextus' Schlussrede in wenigen Tagen drum herum.
    “Nun, das ist ärgerlich. Zwar wurden keine Klagen bezüglich der Wasserversorgung oder der Straßenzustände an mich herangetragen, doch hätte ich selbiges sehr gerne auch einmal schriftlich gehabt. Nun, sei es, wie es sei.


    Aber wenn du schon einmal hier bist, können wir auch gleich noch etwas anderes besprechen. In nicht allzu langer Zeit endet meine Amtszeit. Sie war wahrscheinlich etwas langweiliger, als man sich das als Tiro so vorstellt, aber ich hoffe, du hast doch das ein oder andere lernen können. Hast du denn für die Zeit danach etwas vor?“

    Das schöne, wenn man selbst eine Lex einbrachte, war, dass man selbstverständlich schon auf der passenden Seite stand, wenn es ums Abstimmen ging, und auch niemand sich wunderte, wenn man die Hand hob. Und selbstverständlich stimmte Sextus für seine eigene Lex.


    :dafuer:

    Und wieder einmal machte der Consul einzig und allein einen Gesetzesvorschlag, weil ihm jemand wohl in die Seite geprickt hatte. In diesem Fall war es wohl Sergia Fausta gewesen.


    “Als Haruspex Primus ist es meine Aufgabe, göttliche Zeichen zu lesen, insbesondere solche, die eine Entsühnung erfordern. Hierfür studieren Haruspices jahrelang in den etruskischen Städten.
    Daher möchte ich zunächst in meiner Funktion als Haruspex festhalten, dass der Aufstand kein Merkmal eines göttlichen Zeichens aufweist, da er einzig und allein von Menschen hervorgerufen wurde, von Menschen begangen wurde und von Menschen zu einem Ende gebracht wurde. Ein Blitzschlag, ein Erdbeben, die Verfärbung eines Flusses ohne menschliche Einwirkung, eine Flut... DAS sind göttliche Zeichen. Der Aufstand war ohne Zweifel für Rom eine Katastrophe. Aber er weist keine Merkmale auf, die als Äußerung des göttlichen Willen verstanden werden können.
    Desweiteren kann der Senat nur gemeinschaftlich eine Progidio beschließen.“


    Soviel erst einmal dazu. Wie der Consul auf die Idee kam, hier einfach im Alleingang ein göttliches Zeichen bestimmen zu wollen, ohne auch nur die Haruspices oder wenigstens die Auguren zu befragen, geschweige denn das Collegium Pontificum, das wusste wohl nur der Claudius allein.


    “Zum weiteren hat Senator Iulius viel richtiges schon gesagt. Insbesondere die Gebräuche im Osten unseres Reiches, wie auch das Vorrecht der Väter durch Patria Potestas und das Verbot von Schenkungen und dergleichen unter Eheleuten sind dabei wohl die wichtigsten Punkte.
    Aber ich möchte noch einiges ergänzen, wenngleich ich nie gedacht hätte, einmal in die Verlegenheit kommen zu müssen, die Frauen Roms ausgerechnet im Senat verteidigen zu müssen. Denn auch in Rom ist und war es seit Jahrzehnten durchaus üblich, dass Frauen sich auch in der Verwaltung oder einfachen, öffentlichen Ämtern engagieren. Für ihre Arbeit bei der Acta Diurna wurden mehrere Frauen von verschiedenen Kaisern teils hoch geehrt. Ebenso zu Zeiten, als die Schola Atheniensis noch bestand hatte, waren es einige Frauen, die dort auch in höchsten Ämtern ihren Dienst verrichteten. Ebenso haben Frauen in Rom und in den Provinzen schon seit Jahrzehnten im Cursus Publicus als Verwaltungskräfte und Stationarii gedient und wurden dafür bisweilen ebenfalls mit Lob überschüttet.
    Inwiefern der Kaiser mit der Arbeit der von dir angesprochenen Sergia Fausta unzufrieden war, oder ob auch sie von ihm hierfür Achtung und Respekt erfahren hat, würde ich gerne aus seinem Mund persönlich hören, ehe ich da mir ein Urteil erlaube.
    Ich sehe folglich keinen Sinn darin, Frauen Tätigkeiten zu verbieten, die jene schon so lange mit viel Lob und gewissenhaft ausführen, nur weil ein einzelner Mann in der Reaktion einer einzelnen Frau ihm gegenüber Grund genug sieht, sie gesetzmäßig zu einer ihm genehmen Reaktion zwingen zu wollen.“
    Oder anders ausgedrückt: Sextus schätzte es außerordentlich nicht, in so eine kleinliche Racheaktion hineingezogen zu werden. Und noch weniger schätzte er es, wenn der Senat nun zum wiederholten Mal von Claudius Menecrates instrumentalisiert wurde.
    “Darüber hinaus sind etliche der vorgelegten Formulierungen mehr als schwammig. Was bedeutet es, dass das Lebensrecht einer Frau verwirklicht ist? Lebte sie denn bislang nicht oder hatte sie kein Recht darauf? Worin besteht die Verwirklichung? Wieso sollte eine Frau keinen höheren Stand haben dürfen, als ausgerechnet ihr Mann, der wie Senator Iulius schon ausführte, ohnehin keine Rechte an ihr genießt? Aufgrund welcher Gesetzmäßigkeit ist eine römische Frau automatisch Bürgerin? Was sind standesfremde Tätigkeiten, die nicht gebührlich der Herkunft als Römerin sind? Dürfen römische Frauen damit nicht mehr Schauspielerin werden, oder Lupa? Ist Fischerin noch genehm, oder Gerberin? Was passiert, wenn sie es doch werden?
    Ebenso die Ausbildung an der Waffe. Heißt dieser Paragraph nicht im Umkehrschluss, Sklavinnen dürfen und sollen an der Waffe ausgebildet werden? Und was ist mit den Grenzregionen, in denen die Gefahr besteht, dass eine römische Frau bei einem Überfall getötet oder vergewaltigt wird? Soll sie von Gesetzes wegen gezwungen sein, sich nicht wehren zu dürfen? Und was ist mit jenen Frauen niederen Standes, die der Diana gleich ihre Männer bei der Jagd mit dem Speer begleiten? Oder den Schäferinnen mit ihren Schleudern, die damit die Wölfe vertreiben? Sind das nun keine Waffen mehr? Und inwiefern hätte ein Verbot dabei geholfen, diese Varia, die ja Sklavin war und dabei eine Ausbildung an der Waffe erhalten hat, zukünftig zu verhindern? Wäre es da nicht sinniger, Sklaven und Sklavinnen viel eher den Zugang zu Waffen und Ausbildung zu verwehren?


    Sextus schüttelte den Kopf. “Nein, dieses Gesetz in dieser Form würde so nur weit mehr Zwist und Streitigkeiten hervorbringen, aber keine weiteren Aufstände verhindern.“

    Von was für Ranglisten der Consul sprach, blieb Sextus verschlossen. Zwar hielt jeder Fahrer seine Siege und Platzierungen selbstverständlich fest, hierüber bestimmte sich ja auch sein Wert. Aber es gab keinerlei Rangliste, wie der Consul es behauptete, da dies ja auch bedeuten würde, dass es Punkte gab, nach der man diese Liste führte. Doch wonach sollten diese sich berechnen? Hierfür gab es im römischen Reich schlicht und ergreifend kein Regelwerk, keine einheitliche Liga.


    Den Seitenhieb später aber verstand Sextus sehr wohl. “Ich möchte auch niemandem zu nahe treten, aber ein Aedil kann auch nur tun, was ein Consul ihn tun lässt.“ Wer austeilen konnte, musste auch einstecken können. Es war sicherlich nicht Sextus' anzulasten, dass dieser spezielle Consul sich als besserer Aedil sah und eigene Vorhaben nur dann umsetzte, wenn ihm jemand in die Seite prickte.


    “Da dieses Gesetz nun aber doch über ein Vorwort verfügt, sollte in diesem in jedem Falle klar gestellt sein, dass selbstverständlich auch alle Rennen davon ausgenommen sind, die nach anderen Vorgaben gefahren werden als die hier genannten mit Pferden und Bigae oder Quadrigae.“ Sextus weigerte sich, das Wort 'Schaurennen' in den Mund zu nehmen, denn die Rennen zu den Consualia unterschieden sich in nichts von denen zu anderen Zeitpunkt: Es wurde gefahren, es wurde gewettet, es wurde angefeuert, Publikum war anwesend, es gab einen Sieger, der eine Börse erhielt und geehrt wurde. Der einzige Unterschied war, dass es eben keine Pferde waren, die die Wagen zogen.
    Ebenso sah Sextus keinen Sinn darin, indirekt andere Rennen zu verbieten. Sollte wie vor Jahrzehnten noch einmal ein Senator auf die Idee kommen, statt Pferden Hunde laufen zu lassen, gab es keinen Grund, ihm das zu untersagen. Oder Kamele. Oder die gestreiften Pferde, die es in Afrika gab. Aus Sextus' Sicht konnten auch Mäuse Wägen ziehen, solange es dem Publikum nur gefiel.
    “Jedoch würde ich weiterhin, wie Senator Iulius es bereits aufgegriffen hat, die einfache Lösung bevorzugen, anstatt ein Spezialgesetz für ein Spezialrennen zu formulieren. Es wäre weitaus einfacher und allgemeingültiger, indem man einfach sagen würde: Die Wahl der Wagenart und der Art der Zugtiere unterliegt dem Veranstalter. Dies böte die Möglichkeit einer Gültigkeit dieses Gesetzes für sämtliche Rennarten, auch solche, die bislang noch nicht erfunden wurden oder in entlegenen Teilen des Reiches sich der Beliebtheit erfreuen, hier aber unbekannt sind.“

    Iulius Dives meldete sich auch sogleich und bekräftigte hier vor dem Senat noch einmal sein Angebot, einen Kommentar zu schreiben. Dankbar nahm Sextus auch seinerseits noch einmal dieses Thema auf.
    “Ein Gesetzestext ist immer ein knappes und präzises Unterfangen, das wenig Raum für Erklärungen lässt, ohne die Fülle des ganzen zu sprengen. Daher ist ein erklärender Kommentar zum Gesetz bezüglich der Landwirtschaftlichkeit einzelner Betriebe durchaus auch in meinem Sinne. Ebenso, sofern der Senat hierfür Bedarf sieht, könnte ein erklärender Kommentar noch zum Themenfeld der Verträge erstellt werden. Oder aber ein solcher zu den preislichen Regelungen. Falls sich an anderer Stelle ein erhöhter Erklärungsbedarf aufzeigt, könnte man dies selbstredend auch durch einen erklärenden Kommentar für das gesamte Volk lösen.“ Allerdings hatte Sextus die Hoffnung, dass die Texte an und für sich selbsterklärend waren und eine weitere Kommentierung daher nicht unbedingt nötig.
    Aber so war es ja immer. Wie hieß es so schön: Res ipsa loquitur, sed quid in infernos dicet?

    Wenn's jetzt hier öffentlich steht, spar ich mir die Antwort auf die PN und antworte gleich hier:


    Selbstverständlich nehm ich deine Entschuldigung an. Es kann immer mal vorkommen, dass man irgendwo etwas übersieht. Ist dann zwar immer irgendwie doof, aber halt eben auch menschlich.


    Mein Vorgehen ist auch kein böser Wille. Ich will einfach nur das Gesetz fertig kriegen vor Ende meiner Amtszeit, damit ich mal den Kopf frei habe für etwas anderes. Nach der ganzen Vorarbeit einfach einen Haken dranmachen können. An Streit ist mir da nicht gelegen.


    Gruß
    SAL

    Nachdem Sextus das Gefühl hatte, eine Stunde lang geredet zu haben und dringend einen Schluck Wasser zu benötigen, atmete er einmal kurz durch.
    “So noch Fragen zum Text offen sind, werde ich diese selbstredend gerne beantworten. Danach möchte ich den Antrag stellen, die momentane Lex Mercatus vollumfänglich durch die euch hier vorgestellten Paragraphen als Ganzes zu ersetzen.“


    Nun war Sextus gespannt, welche Anmerkungen wohl kommen würden. Eigentlich erwartete er nur aus einer Ecke eine Verweigerungshaltung, denn inhaltlich konnte an seinen Vorschlägen wohl nicht mehr viel auszusetzen sein. Nicht nach der vielen Vorarbeit, um eben genau das auszuschließen.

    "Praeambel


    Der Geltungsbereich der Lex Mercatus umfasst nur Rechtsgeschäfte zwischen Menschen. Eigentumsrechte und Handel zwischen Menschen und Göttern sind explizit nicht Teil dieses Gesetzes. Rechtsgeschäfte mit Göttern werden separat in den Kultgesetzen geregelt, für deren Überwachung die Pontifices zuständig sind.
    Klagen wegen Verstoßes gegen die Lex Mercatus können vor dem Aedil erhoben werden.


    Pars Prima – De Rebus


    § 1 Sachen
    Alles, was kein freier Mensch oder eine göttliche Wesenheit ist, gilt vor dem Gesetz als Sache.


    § 2 Eigentum
    (1) Eigentümer einer Sache ist derjenige, der die rechtliche Gewalt über diese Sache ausübt. Eigentümer einer Sache kann nur ein freier Mensch sein.
    (2) Der Eigentümer einer Sache ist grundsätzlich berechtigt, mit dieser Sache zu verfahren, wie er es möchte, sofern er dadurch nicht die Rechte Dritter verletzt, andere gefährdet oder andere Rechte dieses Recht im Einzelfall einschränken.
    (3) Der Eigentümer kann eine Sache einer dritten Person zum zeitweiligen oder dauerhaften Besitz überlassen. Hierdurch verliert er nicht sein Eigentum an besagter Sache.


    § 3 Besitz
    (1) Besitzer einer Sache ist derjenige, der die tatsächliche Gewalt über diese Sache ausübt.
    (2) Der Besitzer ist verpflichtet, mit einer Sache im Sinne von deren Eigentümer umzugehen, sofern er die Rechte Dritter damit nicht verletzt. Verlust oder Zerstörung können zu einer Schadenersatzpflicht gegenüber dem Eigentümer führen.



    Pars Secunda – De Foederibus


    § 4 Vertragsrechtliche Grundlagen
    (1) Verträge können sowohl mündlich als auch schriftlich, per Handschlag oder über Dritte geschlossen werden. Sie bedürfen lediglich der ausdrücklichen Zustimmung beider Vertragspartner. Auch kann eine Vollmacht zur Eingehung von Verträgen im Namen der eigenen Person auf Dritte ausgestellt werden.
    (2) Die Vertragspartner können den Inhalt eines Vertrages grundsätzlich frei bestimmen. Sie sind insbesondere nicht auf die Vertragsarten der §§ 5 bis 7 dieses Gesetzes beschränkt.
    (3) Einem Vertrag zustimmen kann nur, wer frei und erwachsen ist und nicht unter der Cura Prodigi oder Cura Furiosi gemäß dem Zwölftafelgesetz steht.
    (4) Soweit Verträge nicht schriftlich geschlossen werden, gelten sie vor Gericht als gültig, soweit drei Zeugen, die römische Bürger sein müssen, den Abschluss des Vertrages bestätigen können.


    § 5 Der Kaufvertrag
    (1) Der Kaufvertrag ist eine beidseitige Vereinbarung zur Übergabe des Eigentums an einer Sache gegen Geld. Ein Kaufvertrag ist für beide Kaufparteien bindend.
    (2) Der Übergang des Eigentums erfolgt bei beweglichen Sachen in der Regel durch Übergabe. Bei nicht beweglichen Sachen erfolgt der Übergang durch Übergabe der Eigentumsurkunden oder Änderung in den amtlichen Registern oder öffentliche Bekanntgabe des Kaufes.
    (3) Wer mangelhafte Ware verkauft und den Käufer im Unwissen darüber lässt, begeht Vertragsverletzung. Der Käufer hat Anrecht auf Reparatur, Ersatz der Ware, Erstattung der Kostendifferenz zwischen vollwertiger Ware und der mangelhaften Ware oder Rücktritt vom Kaufvertrag. Ist sich der Käufer eines Mangels bewusst und kauft eine Sache trotzdem, liegt beim Verkäufer keine Verantwortung.
    (4) Wer gestohlene Ware verkauft, der ist verpflichtet, dem Eigentümer die Ware wieder auszuhändigen. Ist die Ware schon verkauft oder schon konsumiert/verdorben, so muss der Verkäufer gleichwertigen Ersatz beschaffen oder den Verlust finanziell abgelten.


    § 6 Der Mietvertrag
    (1) Der Mietvertrag ist eine beidseitige Vereinbarung zur zeitweiligen Überlassung des Besitzes an einer Sache gegen Entgelt. Das Eigentum geht hierbei nicht über.
    (2) Verlangt der Eigentümer die Sache vor der vereinbarten Frist zurück, hat er dem Mieter den Mietpreis für die entgangene Zeit zurückzuerstatten. Die vorzeitige Rückgabe des Eigentums bedarf immer eines triftigen Grundes. Einrede gegen die vorzeitige Entziehung einer Sache ist vor dem Aedil einzureichen.


    § 7 Der Werkvertrag
    (1) Der Werkvertrag ist eine beidseitige Vereinbarung zur Herstellung einer Sache nach Anweisung des Auftraggebers gegen Lohn.
    (2) Der Auftraggeber verpflichtet sich zur Abnahme des Werkes, soweit dieses den vertraglich vereinbarten Spezifikationen entspricht. Weicht das Werk von den vereinbarten Eigenschaften ab und ist eine Nachbesserung nicht möglich, steht es ihm frei, die Annahme zu verweigern oder den Lohn in angemessenem Umfang zu mindern.
    (3) Der Auftragnehmer ist berechtigt, Abschläge für geleistete Arbeit zu verlangen.


    § 8 Vertragsverletzung und Schadensersatz
    (1) Wer die Vertragsbedingungen eines abgeschlossenen Vertrages ohne Zustimmung der anderen Partei verändert, verletzt die Vertragsbedingungen. Der vorher abgeschlossene Vertrag hat immer Rechtsgültigkeit, es sei denn, alle Parteien stimmen einer Änderung zu.
    (2) Die Vertragsparteien haften für sonstige Schäden, die der jeweils anderen Vertragspartei durch Vertragsverletzung entstehen.


    § 9 Mängel
    (1) Ein Mangel ist vorhanden, wenn eine Sache nicht den ihr zugeschriebenen Eigenschaften im Sinne des Vertrages entspricht. Dazu zählen Beschädigungen oder Einschränkungen, die nicht im Wissen der Vertragsparteien sind.
    (2) Mangelhaft ist eine Sache auch, wenn sie den für die Sache üblichen Qualitätsstandards nicht entspricht.


    § 10 Irrtum
    (1) Ein Vertrag als ganzes kann wegen Irrtums für nichtig erklärt werden.
    (2) Ein Irrtum liegt dann vor, wenn eine der Vertragsparteien bei Abgabe ihrer Willenserklärung zum Vertrag über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, sofern anzunehmen ist, dass sie sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde.



    Pars Tertia – De Mercatibus

    § 11 Betriebe

    (1) Der Verkauf von Waren und Dienstleistungen darf nur durch behördlich genehmigte Betriebe geschehen.
    (2) Ausnahmen bilden Waren, die bei Aufgabe eines Betriebes noch auf Lager sind und weiterhin zum Standardpreis verkauft werden dürfen.
    (3) Jeder freien, erwachsenen Person ist es erlaubt, maximal fünf Betriebe im Eigentum zu haben.
    (4) Patriziern und Mitgliedern des Ordo Senatorius ist es verboten, andere als landwirtschaftliche Betriebe in ihrem Eigentum zu führen. Landwirtschaftlich ist ein Betrieb, wenn er ausschließlich zur Erzeugung und unmittelbaren Weiterverarbeitung der Ernte oder der Gewinnung von tierischen Produkten dient. Betriebe, die sich rein mit der Weiterverarbeitung pflanzlicher oder tierischer Produkte (Handwerk) oder einzig mit deren Transport (Handel) befassen, sind keine landwirtschaftlichen Betriebe im Sinne des Gesetzes.
    (5) Personen, welche durch den Censor in den Ordo Equester erhoben wurden und die ohne Sitz im Senat sind, unterliegen nicht den Bestimmungen des vorherigen Absatzes, selbst wenn sie durch Heirat, Adoption oder Geburt Angehörige des Ordo Senatorius sind.


    § 12 Erbe von Betrieben
    (1) Erlangt eine Person durch Erbschaft Eigentum an Betrieben, die sie nach § 11 nicht führen darf, so hat sie diese Betriebe binnen eines Monats zu veräußern oder stillzulegen. Die Produktion neuer Waren mit diesen Betrieben ist untersagt.
    (2) Überschreitet eine Person durch Erbschaft die zulässige Höchstanzahl an zugelassenen Betrieben, so hat sie dem zuständigen Aedilen mitzuteilen, welche der Betriebe sie aktiv zu führen wünscht. Ohne entsprechende Meldung gilt bis dahin jeder Betrieb als nicht genehmigt. Die Meldung kann auch im Vorfeld einer zu erwartenden Erbschaft erfolgen.


    § 13 Cura Minorum, Cura Furiosi, Cura Prodigi
    (1) Kindern unter 14 Jahren, Geisteskranken (furiosi) und Verschwendern (prodigi) ist es verboten, Betriebe zu gründen. Ebenfalls ist es verboten, diesen Personen Betriebe zu übereignen, zu schenken oder zu verkaufen.
    (2) Gelangen Personen nach Absatz 1 durch Erbschaft an das Eigentum eines Betriebes, so ist ihnen ein Curator an die Seite zu stellen, der diese Betriebe in ihrem Namen verwaltet. Wenn dies vom Praetor nicht anders bestimmt wird, ist der Curator der nächste erwachsene, männliche Agnat.


    § 14 Preisliche Regelungen
    (1) Die staatliche Preisempfehlung ist nicht bindend.
    (2) Der Staat darf Produkte genau zum empfohlenen Preis anbieten, wenn der Marktpreis aller Angebote dieses Produktes im Mittel mehr als 125% des empfohlene Preises beträgt.
    Der Staat kann von dieser Maßnahme absehen, wenn der hohe Preis durch hohe Herstellungskosten aufgrund hoher Rohstoffpreise gerechtfertigt ist oder mit einer baldigen Besserung der Marktlage zu rechnen ist oder andere triftige Gründe vorliegen.
    Sobald der Grund der Intervention entfällt, ist die Maßnahme einzustellen.
    (3) Der Staat darf einen Betrieb mit einer Strafabgabe belegen, wenn er Waren zu einem Preis unterhalb der Herstellungskosten anbietet, um damit Mitbewerbern den Zutritt zum Markt zu erschweren.


    § 15 Kostenfreie Abgabe von Waren
    (1) Die verbilligte oder kostenfreie Abgabe von Waren im Sinne von Schenkungen oder Spenden unterliegt grundsätzlich nicht den Beschränkungen bezüglich § 11 und § 14 dieser Lex.
    (2) Alle Sach- und Lebensmittelspenden von Privatpersonen an die Allgemeinheit müssen bei einem der für sie zuständigen Aedilen in ihrer voraussichtlichen Höhe angemeldet werden. In der Stadt Rom sind dies die Aediles Plebis und Curules, in Civitates außerhalb von Rom die örtlichen Aediles, in Ortschaften ohne Magistrate die Aediles der nächstgrößeren Civitas.
    (2.1) Die Anmeldung einer Spende ist grundsätzlich spätestens am Tag der Spende zu tätigen.
    (2.2) Im Einzelfall ist die nachträgliche Anmeldung genehmigungsfreier Spenden bis zu zwei Tage später möglich, sofern diese Möglichkeit nicht häufiger als zweimal pro Jahr in Anspruch genommen wird.
    (3) Sach- und Lebensmittelspenden über einem Gesamtwert von 500 Sesterzen bedürfen der Genehmigung durch einen Aedil. Diese Genehmigung ist immer vor Ausführung der Spende einzuholen.
    (4) Sollten von einer Einzelperson in einem Jahr Sach- und Lebensmittelspenden in Höhe von 2000 Sesterzen getätigt worden sein, bedarf jede weitere Sach- oder Lebensmittelspende im selben Jahr der Genehmigung beider Aedile. Diese Genehmigung ist immer vor Ausführung der Spende einzuholen.


    § 16 Veräußerung von Erbschaften ohne Betriebskonzession
    (1) Nach Erhalt einer Erbschaft an Sachwaren ist es erlaubt, diese auch ohne die nach § 11 (1) notwendigen Betriebe zu veräußern.
    (2) Veräußerungen von Erbschaften müssen in ihrer Höhe dem Aedil gemeldet und von diesem genehmigt werden. Waren ab einem Gesamtwert von über 2000 Sesterzen benötigen die Genehmigung beider Aedile.
    (3) Waren aus Erbschaften, die ohne die nach § 11 (1) notwendigen Betriebe veräußert werden, dürfen nur genau zum vom Staat vorgeschlagenen Preis veräußert werden.


    § 17 Städte und Gemeinden
    (1) Waren aus Erbschaften können von Städten analog zu den Vorschriften für Privatpersonen nach § 16 verkauft werden.
    (2) Städte und Gemeinden sind berechtigt, ihnen zufallende Betriebe zu deren Anschaffungskosten an die Provinz zu verkaufen, in welcher der Betrieb steht, oder an den Pasceolus Imperialis. Der Verkauf an Privatpersonen unterliegt keinerlei preislicher Beschränkung.
    (3) Provinzen sind berechtigt, Waren zu produzieren und auf dem freien Markt zum Standardpreis zu verkaufen, wenn die betreffende Ware seit 3 Wochen von keinem anderen Marktteilnehmer hergestellt wurde.
    (4) Auf besonderen Antrag eines römischen Bürgers sind der Pasceolus Imperialis oder die Provinzkassen berechtigt, Waren zu produzieren und auf dem freien Markt zum Standardpreis zu verkaufen, wenn der Bürger die unzureichende Versorgung mit dieser Ware begründen kann und einer der Aedilen in Rom dem Vorgang zustimmt. Genehmigt werden kann jeweils nur eine einmalige Produktion. Eine erneute Produktion erfolgt nur auf erneuten, begründeten Antrag.


    § 18 Umlaufverbot
    (1) Es ist verboten, Lebensmittel und Getränke in Verkehr zu bringen, die gesundheitsschädlich, verdorben, unreif, nachgemacht, verfälscht sind.
    (2) Es ist verboten, mangelhafte Waren wie beispielsweise Werkzeug in den Umlauf zu bringen, die aufgrund ihrer Mängel das Leben und die Gesundheit des Käufers oder Dritter gefährden könnten.


    § 19 Ausschluss von Unwissen
    Der Besitzer eines Verkaufsstandes oder einer Schänke hat seine Waren nach bestem Wissen und Gewissen zu handeln. Er darf sich aufgrund seiner Qualifikation nicht darauf berufen, dass ihm die Minderwertigkeit einer Ware nicht bewusst war.


    § 20 Unlauterer Wettbewerb
    (1) Es ist verboten, bewusst falsch für eine Sache zu werben oder der Sache bewusst Eigenschaften zuzuschreiben, die sie in Wahrheit nicht hat.
    (2) Es ist verboten, das Geschäft einer anderen Person durch gezielte Manipulation zu schädigen. Gezielte Manipulation ist die absichtliche Zerstörung des Geschäfts oder Waren, die Beeinflussung von Dritten hierzu oder gezielte Einschüchterung oder Bestechung des Geschädigten oder seiner Mitarbeiter, um schädliche Aktionen im Sinne des Schädigenden durchzuführen oder zu tolerieren.
    (3) Es ist verboten, andere Personen oder ihre Geschäfte für selbst in Umlauf gebrachte mangelhafte Ware verantwortlich zu machen.


    § 21 Strafen
    (1) Das Strafmaß beträgt nach der Schwere des Verstoßes und nach Anzahl der bisherigen Verstöße gestaffelt einen Anteil am Vermögen der Person:



    Ist der Schuldige nicht in der Lage, die Geldstrafe zu bezahlen, werden alternativ für den 1. Verstoß eine Woche, für den 2. Verstoß zwei Wochen und für den 3. Verstoß vier Wochen Haftstrafe angesetzt.
    (2) Sollte der Geahndete auch nach dem dritten Verstoß nicht den Bestimmungen des Gesetzes Folge leisten, ist ihm die Genehmigung für diesen Betrieb zu entziehen. Der Genehmigungsentzug beschränkt sich auf den betroffenen Wirtschaftszweig, nicht auf alle. Wurde außerhalb eines Betriebes gegen die Vorschriften verstoßen, bringt der dritte Verstoß eine Erhöhung des Strafbetrages um 5 Prozentpunkte mit sich oder alternativ eine Woche Gefängnisstrafe.
    (3) Für die Bemessungsgrundlage der Strafe wird das Umlaufvermögen der Person herangezogen. Dazu zählen Barvermögen und Waren auf Lager. Bemessungsgrundlage ist der durchschnittliche Wert des Umlaufvermögens am aktuellen Tag, 5 Tage davor und 10 Tage davor.
    (4) Gegen verhängte Strafzahlungen kann beim Praetor Einspruch eingelegt werden. Die Zahlung wird dann bis zu seiner Entscheidung ausgesetzt.
    (5) Bei Verstoß gegen eine der Regelungen dieser Lex kann von einer Strafe abgesehen werden, wenn der zu Ahndende seinen Verstoß selbst anzeigt, ehe ein Aedil den Verstoß festgestellt hat.


    § 22 Weitere Konsequenzen und Regelungen
    (1) Die Ahndungen werden in einer Akte vermerkt. Zuständig für die Überwachung des Gesetzes und der nötigen Aktenvermerke sind die Aedilen. Diese können hierfür geeignete Einheiten als Unterstützung hinzuziehen.
    (2) Sollte der erste Verstoß länger zurückliegen als 2 Monate, ist ein neuerlicher Verstoß so zu ahnden, als wäre dies der erste Verstoß. Dasselbige ist auch dann durchzuführen, sollten 2 Verstöße begangen worden sein und der zweite Verstoß länger zurückliegen als 6 Monate.
    (3) Sollte ein dritter Verstoß in den Akten vermerkt sein, gilt keine Verjährungsfrist.
    (4) Die Strafen werden durch Aushang und in der Acta Diurna veröffentlicht."

    An diesem Morgen war Sextus anders als sonst in den Senat gekommen. Üblicherweise hielt er im Vorfeld noch hier und dort das ein oder andere Schwätzchen und suchte sich erst danach in Ruhe seinen Platz auf der Bank, um erst die Eröffnungsriten über sich ergehen zu lassen und dann mehr oder weniger interessiert den anderen Rednern zu lauschen. Aber heute war er selbst der Redner und konnte nur hoffen, dass seine Rede mehr Interesse hervorrief. Und er hatte auch keine Zeit für Schwätzchen, denn seine Sklaven waren mit hunderten von Abschriften seines Gesetzestextes bewaffnet und übergaben diese den Dienern des Senates, damit diese die Schriftrollen unter den anwesenden Senatoren verteilen konnten. Angesichts der Fülle des Gesetzestextes glaubte Sextus nämlich nicht, dass jedermann ihm folgen konnte, wenn er lediglich vortrug, und es war wohl auch nicht möglich, den gesamten Umfang in Notizen festzuhalten. Dieses bisschen Komfort also ließ er sich ein paar hundert Sesterzen kosten und hoffte, dass er so das Wohlwollen des ein oder anderen noch hervorrufen konnte.


    Als der zweite Consul Sextus dann schließlich das Wort erteilte, trat er vor das Plenum und setze zu seiner Rede an.


    “Patres conscripti! Als ich vor Beginn meiner Amtszeit vor euch getreten bin, um euch meine Pläne für ein Aedilat darzulegen, schenktet ihr mir euer Vertrauen. Ein Vertrauen, das mich mit tiefer Dankbarkeit erfüllte und mir zudem ein Ansporn war, das Vorhaben, das ich damals zum Leitthema meines Aedilates machen wollte, bestmöglich und so gewissenhaft wie möglich zu verfolgen und euch vor Ende meiner Amtszeit dann ein Ergebnis zu präsentieren, welches dieses Vertrauen – hoffentlich – rechtfertigt.


    Doch ist es auch an mir, nicht nur Dankbarkeit zu empfinden, sondern diesen Dank weiterzugeben, denn die Lex Mercatus, die ich euch vorstellen will, ist nicht einzig und allein mein Verdienst.


    So möchte ich als erstes Consular Purgitius danken, mit dem ich bereits lange vor meiner Kandidatur zu einem Aedilat schon meine Gedanken zu einer möglichen Neufassung der Lex Mercatus teilen durfte und der mich auch bei dieser Fassung tatkräftig durch seinen Rat und seine Erfahrung unterstütze.
    Als nächstes gilt mein Dank Consular Flavius, der mich vor einigen logischen Fehlern in meinen Überlegungen durch seinen geschätzten Rat bewahrt hat und dessen Anregungen und kritische Nachfragen noch einige Lücken und Ungenauigkeiten aufgedeckt haben, die mir ansonsten entfallen wären.
    Ebenso danke ich seinem Verwandten Aedilicus Flavius Scato für seine Anregungen und seine Expertise.
    Auch muss ich Personen danken, die heute nicht anwesend sein können, da sie noch keinen Sitz unter uns haben. Zuallererst dem Quaestor Flavius, der für seine jungen Jahre schon einen scharfsinnigen Verstand aufweist, und dem euch noch unbekannten Valerius, der als mein Tiro mir bei vielen Schritten dieser Lex eifrig zur Hand ging und einige Anregungen beisteuerte.


    Doch meinen größten Dank muss ich an Aedilicus Iulius richten, der nicht nur durch einige Anregungen einige Logikfehler behoben und einige mögliche Probleme durch kluge Formulierungen ausgeschlossen hat, sondern insbesondere dafür, dass er Lector dieser Lex war und sämtliche sprachlichen Ungenauigkeiten meinerseits durch sein präzises Wesen auszugleichen vermochte.“ Zumindest hoffte Sextus das.


    “Nun, nachdem ich euch nun also anvertraut habe, wen ich alles um Rat, Erfahrungen und Hilfe gebeten habe, möchte ich euch, werte Senatoren, auch nicht länger auf die Folter spannen. Die Senatsdiener haben hoffentlich jedem von euch eine Abschrift zukommen lassen von dem Gesetzestext, so dass ihr meinen Worten besser folgen könnt und es euch leichter fällt, Anmerkungen anzubringen.“


    Sextus wartete einen kurzen Augenblick, so dass die Senatoren auch zu ebendiesen Abschriften greifen konnten, sofern sie sie nicht ohnehin schon in Händen hielten oder gar schon darin lasen, während er sich noch in Dankesworten erging.
    Danach erhob er noch einmal seine Stimme. “Wie ihr seht, habe ich meine Überarbeitung der Lex Mercatus in drei thematische Themenfelder unterteilt, beginnend mit einem allgemeinen Vorwort. Denn wichtig ist, dass die Lex Mercatus selbstverständlich nur jene Belange regeln kann und soll, die sich zwischen Menschen abspielen. Der Handel mit den Göttern, insbesondere Opfertätigkeiten, fallen schließlich in das Gebiet der Pontifices und anderer Collegia, nicht in jenes eines Aedils.
    Der erste Teil der Lex befasst sich so nun also mit dem Begriff des Eigentums und seiner Abgrenzung zum Besitz. Der zweite Teil schließlich mit den Verträgen, den Voraussetzungen zum Schließen eben jener und einiger bestimmter Vertragsarten. Der dritte und letzte Teil schließlich betrifft dies, was wohl auch in der jetzigen Lex Mercatus am ausführlichsten geregelt wird: die wirtschaftliche Tätigkeit von Privatpersonen und öffentlichen Trägern an den Märkten.


    Aber gehen wir es im einzelnen durch...“*


    Sim-Off:

    Der Übersichtlichkeit und Lesefreundlichkeit halber in einem neuen Post. Und für den besonderen Leseluxus auch als angehängtes PDF

    Nachdem Consul Claudius seinen Antrag, die neue Lex Mercatus im Senat vorzustellen, wohl 'übersehen' hatte und ihm an keinem der drei angefragten Tage einen Termin einräumte, wandte Sextus sich schließlich an seinen Mit-Consul. Nicht umsonst gab es ja immer zwei Consuln, und wenn der eine nicht wollte, nervte man eben den anderen. In diesem Fall über einen Boten mit einer Tafel.



    Aedilis Curulis Aurelius Consulo s.d.


    Ich bitte darum, baldmöglichst das Rederecht im Senat zu erhalten, um meine Neufassung der Lex Mercatus vorzustellen und über die Änderung zeitnah abstimmen zu lassen.


    Vale bene


    Sextus überlegte kurz, kam aber doch schließlich zu dem Ergebnis, dass es am einfachsten wäre, die Privatverkäufe ebenso kurz zu erwähnen, um Unklarheiten von vornherein auszuschließen.
    “Ach, ich denke, ein kurzer Satz zu Privatverkäufen wird Klarheit schaffen. Und angesichts der Fülle des Gesetzes ist ein Satz mehr nun wirklich keine Anstrengung. Etwas kurzes in der Art Verkäufe an Privatpersonen unterliegen keinerlei preislicher Beschränkung, und ein solches Missverständnis sollte in Zukunft ausgeräumt sein.“


    Wenn Gracchus den Paragraphen nicht im Sinne von Sextus' Intention verstanden hatte, dann war das schließlich nicht der Fehler von Gracchus. Es zeigte Sextus eher, dass er anscheinend nicht genau genug gewesen war. Und das ließ sich ändern.

    Eigentlich war nach Sextus' Meinung alles wichtige schon gesagt worden, weshalb er es nicht für nötig erachtet hatte, sich ebenfalls zu äußern. Vermutlich ging es den meisten anderen ebenso. Im Grunde genommen beinhaltete der Vorschlag von Iulius Dives ja keine wirkliche Neuerung, sondern war vielmehr eine Anpassung des Gesetzestextes an die bereits gelebte Wirklichkeit. Sowas ging erfahrungsgemäß meist ohne längere Debatte.
    Nachdem der Claudius allerdings dieses Schweigen wohl so interpretierte, dass bezüglich seines Einwandes nun 'Gleichstand' herrschte, erhob sich Sextus doch, um seine zwei As zum Thema beizusteuern.


    “Ich unterstütze den Vorschlag den Senators Iulius. In der Tat sollte der Text inhaltlich in beiden Paragraphen vereinheitlicht sein – darin sind wir uns glaube ich auch alle unstrittig einig. Doch präferiere ich hierbei ebenfalls die Wortwahl Censor. Da wir dem Kaiser schon den Titel des Censors auf Lebenszeit per Gesetz gegeben haben, sollte auch ebenso irgendwo im Gesetz festgehalten sein, welche Befugnisse dieser Titel mit sich bringt. Ansonsten wäre es nur eine leere Worthülse.“
    Kurz und knackig.

    Davon, dass Gracchus Minor irgendwie beschämt wäre, merkte Sextus nichts, zumal es auch überhaupt nicht seine Intention gewesen war, den jungen Mann bloßzustellen oder dergleichen. Er selbst hatte an zahlreichen der alten Paragraphen ausführlichst schon zu diversen Gelegenheiten rumgemeckert, dass ihm da die leise Kritik des Quaestors noch nicht einmal negativ auffiel. Vielleicht hatte Sextus ja wirklich einen Fehler übersehen, der noch ausgemerzt werden musste? So beispielsweise die Cohortes Urbanae.


    Aber ohnehin wurde Sextus auch gleich wieder von Gracchus senior in Anspruch genommen mit einer weiteren Nachfrage zu einem neuen Paragraphen. “Unterbinden?“ fragte er erst einmal verwirrt und machte sich die Mühe, besagten Paragraphen in der Abschrift einmal zu suchen und zu lesen, damit er verstand, was der Flavius meinen könnte. Auf die Idee, dass eine schlichte Nicht-Nennung einem Verbot gleichgesetzt werden könnte, war er in diesem Fall nicht gekommen. Daher wiegte er überlegend seinen Kopf leicht hin und her. “Ich hatte diesen Paragraphen eigentlich lediglich als zusätzliche Möglichkeit angedacht. Oder... eigentlich war es Senator Iulius, der mich darauf gestoßen hat. Wie auch immer, selbstverständlich soll der Verkauf an Privatleute nicht verboten werden. Ich sehe darin nur nicht die Notwendigkeit einer gesetzmäßigen, preislichen Beschränkung. Dass der Staat sich selbst nicht übervorteilen darf, hat Sinn in einem Gesetz. Ob die Städte und Gemeinden Betriebe an Bürger zu anderen Preisen verkaufen, interessiert hingegen wohl nur besagte Stadt oder Gemeinde und betroffene Bürger. Aber ich werde den Paragraphen ergänzen, dass nicht der Eindruck aufkommt, Privatverkäufe wären verboten.“


    Sextus war einmal mehr froh, dass er sich vor Einbringung des Gesetzes nicht mit jenen Senatoren unterhalten hatten, die ihm nach dem Mund redeten, sondern gerade mit jenen, die ehrliche Kritik übten und jede noch so kleine Ungenauigkeit fanden. Im Senat war so etwas nervenaufreibend, da man dort nicht die Zeit hatte, sich und seine Absichten groß zu erklären, ohne dass von allen Seiten Neues auf einen einstürzte. Aber im Vorfeld einer Senatsdebatte gab es ihm die Gelegenheit, jede kleine Kante, die noch übrig geblieben sein mochte, vorher glatt zu schleifen und so etwas sprichwörtlich Rundes zu erschaffen, das wohl kaum noch ernsthafte Kritik heraufbeschwören könnte – abgesehen von den üblichen Nörglern, die sich schon allein deshalb melden würden, weil das Gesetz von ihm war und sie keinen Anteil daran gehabt hatten.

    Ein Bote von der Villa Aurelia kam dieser Tage zur Villa Claudia mit einer kurzen Nachricht für den Consul.



    Aedilis Curulis Aurelius Claudio Consuli s.d.


    Mit diesem Schreiben bitte ich dich, zwischen ANTE DIEM XIV KAL APR DCCCLXVIII A.U.C. (19.3.2018/115 n.Chr.) und ANTE DIEM XII KAL APR DCCCLXVIII A.U.C. (21.3.2018/115 n.Chr.) an einem geeigneten Termin das Wort vor dem Senat zu erhalten, um über die Neufassung der Lex Mercatus zu den Senatoren zu reden.


    Vale



    Nach ein wenig hin und her, inklusive einem im Nachhinein unnötigen Betreten der kaiserlichen Kanzlei in der Domus Augustana, hatte Sextus dann auch jemanden gefunden, der nicht nur hier arbeitete, sondern sogar wusste, wo er denn nun vom Kaiser erwartet wurde und ihn und seinen Tiro überdies noch hinführen konnte.


    Sextus betrat also später als die anderen Eingeladenen den vorbereiteten Raum und musste erst einmal erkennen, dass es sich wohl anders als in der Einladung suggeriert nicht um ein wirkliches Gespräch mit dem Kaiser handelte, sondern vielmehr um ein Essen zusammen mit anderen Magistraten. Da ein Abendessen zu viert allerdings gegen die Regeln der Etikette verstieß, nahm er an, dass auch noch einige andere Magistrate kommen würden, um die Gesamtzahl von neun zu erreichen – was für seinen Tiro letztendlich einen Stehplatz am Rand bedeutete. Aber immerhin hatte er mitgedurft, da Sextus ja bei Erhalt der Einladung noch der Meinung gewesen sei, endlich einmal mit dem Kaiser ein Gespräch nur unter ihnen beiden führen zu können. Also durfte der Valerius ohnehin nicht meckern.
    “Salve, Imperator“, grüßte Sextus also seinen Gastgeber mit einer leicht angedeuteten Verbeugung – Römer warfen sich ja nicht wie die Parther beim Anblick ihres Herrschers in den Staub, sondern standen aufrecht beim Anblick ihres primus inter pares. Den Claudius erkannte er zwar, ebenso wie den jungen Flavius Minor, allerdings verzichtete er auf eine Begrüßung in deren Richtung, bis die Begrüßung durch den Kaiser abgeschlossen wäre. “Verzeih mein spätes Erscheinen. Es gab ein paar Missverständnisse bezüglich der Einladung. Aber letzten Endes habe ich ja doch noch hergefunden.“

    Innerlich schüttelte Sextus gerade den Kopf über das Verhalten der Prätorianer, war aber klug genug, nichts davon nach außen dringen zu lassen. Das letzte Mal, als er den Palast betrat, waren die Prätorianer angespannt gewesen und darauf bedacht, jeden Besucher am besten digitus für digitus zu filzen. Aber gut, das letzte Mal, als er hier war, war auch gerade ein Kaiser gestorben. Und er beschwerte sich sicher nicht, dass weder er – was ohnehin nicht zu erwarten gewesen war – noch sein Tiro – was zu erwarten gewesen wäre – nun gefilzt wurden.


    Also ging er nur, so schnell seine Toga einen würdevollen Schritt zuließ, an den Prätorianern vorbei und winkte Valerius Flaccus, ihm unauffällig zu folgen. Irgendwo in diesem Palast würde schon ein Bediensteter der Kanzlei oder ähnliches zu finden sein, der ihm genau sagen konnte, WO der Kaiser ihn erwartete. Darüber schwieg sich die Einladung nämlich aus.

    Überraschend meldete sich auch der jüngere Flavius Gracchus zu Wort. Auch wenn der Quaestor noch jung war, gebot es schon allein die Höflichkeit, ihm genauso zuzuhören und zu antworten wie seinen älteren Verwandten auch. Alles andere wäre schlechtes Benehmen. Abgesehen davon war der Junge nun schon Quaestor und würde wohl bald auch im Senat sitzen. Wer konnte wissen, wann er dessen Stimme brauchte?


    “Nun, die beiden von dir genannten Paragraphen gehören zu jenen, die ich aus der bisherigen Lex so im Wortlaut übernommen habe. Ich gebe zu, bei diesen nicht mit derselben Akribie zu Werke gewesen zu sein wie bei jenen Paragraphen, die aus meiner eigenen Feder stammen. Daher wird meine Antwort hier vielleicht knapper ausfallen wie zuvor, oder zumindest etwas vager.
    Um nun zunächst auf den § 18 einzugehen, entspricht dieser dem jetzigen zweiten Paragraphen der Lex Mercatus. Die Gesundheitsschädlichkeit würde ich laienhaft definieren als solches Gift, welches in der enthaltenen Dosis einer üblichen Portion der Ware den Kunden krank zu machen in der Lage ist oder gar zu töten vermag. Niemand wird wohl bestreiten, dass der Genuss von fünf Amphoren Honig auf einmal der Gesundheit abträglich ist. Doch wird wohl kaum ein Kunde diese Menge zu sich nehmen. Und wenn doch solch ein Fall vor Gericht verhandelt würde, würde der Verkäufer wohl nicht belangt werden, da niemand hätte annehmen müssen, dass ein Mensch solcherlei tun würde. Mischt aber ein Verkäufer seinem Honig nun Schierling bei oder verkauft er diesen Honig in dem Wissen, dass er verunreinigt ist und daher nicht mehr zum Verzehr geeignet, wird wohl jeder Mensch mit Verstand sehen, dass dies nicht rechtens ist. Dies könnte man auch allfällig mit einer Körperverletzung oder einem Tötungsdelikt gemäß Codex Iuridicalis vergelten, doch schließt ein Verbot durch die Lex Mercatus ebenfalls aus, dass ein Verkäufer einem Käufer selbst auf dessen ausdrückliches Verlangen hin ein derartiges Lebensmittel aushändigt.
    Ich habe nun nicht nachgeforscht, inwieweit die Rechtsprechung schon Urteile zu eben jenem Paragraphen in der Vergangenheit gefällt hat. Sofern auf Grundlage dieses Paragraphen bereits geklagt wurde, da er ja im Moment geltendes Recht ist, werden sich sicherlich auch richterliche Kommentare dazu finden lassen, die eben jene Worte noch weiter präzisieren.


    Der Paragraph 22 wiederum entspricht dem jetzigen achten Paragraphen. Doch hier sehe ich deinen Einwand durchaus als sehr berechtigt an, dass in anderen Städten bisweilen ja nicht einmal Cohortes Urbanae vorhanden sind, sondern nur Vigiles oder gänzlich andere Einheiten. Daher werde ich die Cohortes Urbanae streichen, ein Delegierungsrecht des Aedils aber hierfür mit erwähnen. In der Tat erscheint dies sehr sinnvoll und ich danke dir für deinen Einwurf.“

    Der zweite Entwurf zu einem Wagenrenngesetz war zu Sextus' Erleichterung sogar recht brauchbar. Zwar gab es auch hier durchaus Kritikpunkte, die auch von anderen Senatoren vorgebracht wurden und auf die der Consul dieses Mal scheinbar auch zumindest in Teilen einging. Aber diese waren nicht als so gravierend einzustufen wie beim ersten Mal. Um keine weitere, peinliche Jammer-Episode des Consuls zu provozieren, hielt Sextus sich zunächst einmal zurück. Zwar fragte er sich durchaus, was sie hier diskutierten, wenn der Entwurf noch gar nicht fertig war und bereits jetzt absehbar war, dass er noch um einen weiteren Paragraphen ergänzt würde, aber das sollte ja sein Problem nicht sein.


    Doch schließlich fragte der Consul noch einmal nach Anregungen, und diesmal erhob sich auch Sextus, um das Wort zu ergreifen.
    “Da du, Consul, selbst gesagt hast, dass du den ersten Paragraphen nicht als Vorwort, sondern als Gesetz haben möchtest, damit im Falle eines Falles ein Teilnehmer darauf verklagt werden kann, ist es unablässig, in diesen Paragraphen auch aufzunehmen, dass es Abweichungen von den bisherigen Definitionen geben kann. Nicht nur in der Anzahl der Pferde vor dem Wagen, sondern denken wir auch an besondere Feiertage, die ein Abweichen von der dir genannten Form vorschreiben. Beispielsweise die Consualia, zu denen Rennen mit Maultieren stattfinden. So der erste Paragraph also Gesetz sein soll und nicht Vorwort, muss ebenso die Ausnahme definiert sein.
    Anstatt also eine bloße Definition zu geben, was Wagenrennen sein sollen, würde ich viel mehr definieren, dass der Veranstalter eines Wagenrennens die genauen Spezifika eines Wagenrennens bestimmen kann und die teilnehmenden Fahrer und Rennställe sich an diese Spezifikationen halten müssen. Dann kann der Veranstalter entscheiden, ob er Bigae, Quadrigae oder sonstige Wagen haben möchte. Ebenso kann er entscheiden, ob es Pferde, Maultiere oder Kamele sein sollen, die die Wagen ziehen. Solange sich dennoch alle Teilnehmer an dieselben Bedingungen halten, ergibt sich dadurch ja kein spezifischer Vorteil.


    In jedem Fall aber würde ich die Länge des einzelnen Curriculums gänzlich streichen. Allein der Cursus des Circus Maximus ist doppelt so lang wie jener des Stadium Domitianum. In den Städten außerhalb Roms werden auch die Hippodrome und Stadia jeweils dem Baugrund angepasste Längen haben. Diese zu vereinheitlichen und gesetzlich vorzuschreiben halte ich für schlicht unmöglich und würde nur den Zorn all jener Städte auf den Senat ziehen, deren Rennbahnen abweichende Längen haben, während durch eine vereinheitlichte Länge nichts gewonnen ist. Immerhin fahren ohnehin alle teilnehmenden Wagen dieselbe Strecke, egal, wie lang diese nun im Einzelfall auch sein mag.