Beiträge von Sextus Aurelius Lupus

    Schau einfach mal, wie ich das hier gemacht hab : Südöstlich von Misenum
    Oder wie Dives alles in Ostia gemacht hat. Du postest einfach mit deiner ID das Posting 1A genau gleich, wie du es im Cache hast. Also mit sämtlichen Formatierungen, Bildern und allem, ohne irgendwelchen Hinweisen oder sonst was.
    Und danach schreibst du zu jedem einzelnen Posting in einer PN (also eine PN für alle Postings des Threads, nciht für jedes Posting eine extra PN. Einfach als Liste untereinander), wer der Autor ist, und zu welchem Datum das ursprünglich geschrieben wurde, das wird dann geändert. Später bist dann nciht mehr du der Schreiberling, sondern da steht dann schon die richtige Person dran, als hätte die das original und zu dem früheren Zeitpunkt geschrieben und nicht du

    Er wusste nicht, was wirklich schlimmer war: Die Dummheit der Leute vor ihm oder dass sie tatsächlich noch fragten, wer er war. Ganz offensichtlich war er ein Tribun, und allzu viele Legionen waren nun vor Rom auch nicht gewesen – oder gar in Rom – so dass es vollkommen egal hätte sein können, wer er war: Er war der Kerl mit der Horde Bewaffneter direkt vor den offenen Toren. Peregrine, Plebejer und vor allem das Proletariat erstaunten Sextus immer wieder mit ihrer Stupidität.


    “Sextus Aurelius Lupus, Senator Roms, Haruspex des Collegiums und Tribunus Laticlavus der Legio secunda Germanica.“ Wenn er etwas konnte, dann mit Titeln um sich werfen, von denen die hier versammelten nur träumen konnten. Vermutlich hatten die noch nie einen Haruspex so nahe gesehen, höchstens bei Staatsopfern direkt neben dem Kaiser in der Ferne. Es gab ja nicht einmal die fünfzig Haruspices, die das Collegium nominal zählen sollte, da beständig der Nachwuchs fehlte. Was aber den Glauben der Menschen an ihre Kräfte eher vergrößerte als verkleinerte. (So sehr, dass Jahrhunderte später die Bischöfe des neu aufkeimenden Christentums ihre Gewandung exakt kopieren würden, wo sie sonst alles etruskische strengstens verbannten und verbrannten, um so visuell an die den Haruspices nachgesagte Allwissenheit anzuschließen.)
    “Und die Bewohner dieses Hauses stehen unter dem Schutz der zweiten Legion.“ Sextus sah nicht im Mindesten so aus, als würde er hier irgendwelche Verhandlungen führen wollen. Das war nichts, was zu verhandeln war. Er befahl – sie gehorchten. So einfach war die Sache aus seiner Sicht. Sextus hatte nicht den geringsten Zweifel daran, dieses kleine Scharmützel hier zur Not mit Gewalt auch beenden zu können – andernfalls hätte er sich auf die Szene nicht eingelassen. Er war Taktiker, kein Spieler. Er hoffte nur, dass auf der Gegenseite genug Verstand vorhanden wäre, zu gehen, ehe man ihnen die Köpfe einschlagen musste. Aber aus dieser Taktik heraus wusste er auch, dass er den Kerlen da drüben nicht zu viel Gelegenheit lassen sollte, zu überlegen, ob die nicht doch eine Chance hatten. Also befahl er geradezu leise “Vorrücken“ an seine Männer.
    Sein Pferd unterdessen demonstrierte bei der ganzen Angelegenheit eine absolute Apathie und Sorglosigkeit, die erdrückend war. Was hätte er gern ein tänzelndes Tier vorgeführt, das vor Kampfeswillen nur so strotzte und damit bedrohlicher wirkte. Sein Pferd blickte gelangweilt durch die Gegend und sah nur einmal leicht verwundert auf, als die Männer vor Sextus sich langsam auf den Weg weiter vorwärts machten, in geschlossener Formation. Nur zu schade, dass sie ihre Schwerter nicht bei sich hatten, sondern lediglich Knüppel.

    Die Informationen des Purgitiers über die Lage in der Stadt waren reichlich uninformativ. Magistrate waren gekommen und gegangen, wie sie immer gekommen und gegangen waren. Die Germanici hatten sich wohl mit Vescularius überworfen und waren daher ihrer zuvor erworbenen Privilegien verlustig gegangen. Was nichts an der Tatsache änderte, dass auch sie als ehemalige Günstlinge wohl das Urteil des neuen Kaisers über sich ergehen lassen mussten – sofern Palma nicht inzwischen tot war und sie vor einem gänzlich anderem Problem stehen würden.


    Dass Vinicius Lucianus hingerichtet worden war hingegen war da schon interessanter. Nicht, dass Sextus es bedauerte. Er hatte den verschrobenen, kleinen Mann nie leiden mögen, ihn sogar als Risiko für ihre gesamte Unternehmung seinerzeit angesehen und selbst schon daran gedacht, den Mann bei aufkommenden Problemen selbst aus dem Weg zu räumen. Nur hätte Sextus den Kerl für klüger gehalten, dass dieser sich nach der Verbannung seines Bruders und der eigenen, gescheiterten Kandidatur zum Consulat nebst offizieller Kriegserklärung an Vescularius als schmollende Reaktion auf eine Frage desselben bei der Kandidaturrede sich wohl aus der Stadt aufgemacht haben würde. Aber angesichts eben jener offenen Rkiegserklärung zu einem unpassenden Zeitpunkt und der offensichtlich erfolgten Hinrichtung hatte Sextus die Intelligenz und den Überlebensinstinkt des Viniciers dahingehend wohl überschätzt.
    Sextus machte nur kurz etwas, was man mit viel Phantasie als betroffenes Gesicht interpretieren mochte – aber auch nicht allzu betroffen -ehe er noch eine Rückfrage stellte. “Wessen wurde er bezichtigt?“ Die Frage war gänzlich unschuldig und nichtwissend gestellt, mit der nötigen Naivität, um gänzliche Unkenntnis vorzuspielen. Natürlich wusste Sextus, was vermutlich der Grund war, und er wusste auch, dass dieser Grund zufällig auch der Wahrheit entsprechen würde. Allerdings konnte das sonst niemand wissen, erst recht nicht, dass er selbst das wusste.


    Die Antwort aber musste der Purgitier vorerst schuldig bleiben, denn Sextus' Aufmerksamkeit richtete sich auf den Lärm, der sich unweit vor ihm aufbaute. Ein Blick gab eine Gruppe von Männern preis, die offensichtlich im Aufruhr ein wenig Streit suchten. Kurz rechnete Sextus durch, wie wahrscheinlich es war, an eben jenen unbehelligt vorbeizukommen, wie wahrscheinlich ein Sieg bei Konfrontation wäre und welche anderen Möglichkeiten ihnen blieben. Davonlaufen wäre selbstverständlich grundsätzlich eine Option gewesen. Allerdings nicht mit diesem höchst repräsentativen Anhang, der über genügend militärische Expertise verfügte, um Sextus schlichtweg Feigheit zu unterstellen. Und den er zu beschützen ganz nebenbei versprochen hatte.
    “Du entschuldigst mich?“ meinte Sextus also noch durchaus freundlich, wenngleich mit steinerner Miene, als er sich von dem Purgitier trennte, um sich zu seinem Pferd zu begeben. Einer der Soldaten diente mit seinem Rücken knienderweise kurz als Trittleiter, als Sextus auf sein gehasstes Tier aufsaß und somit die Gruppe Legionäre – sowie den Mob – überragte und damit klar machte, dass er nicht zu weichen gedachte.
    “Geht nach Hause, sofort. Für euch gibt es hier nichts zu holen“, befahl er zwar laut, aber ohne zu brüllen den Männern vor ihm, während die Legionäre in eingespielter Manier sich vor ihren Schützlingen in Reihe positionierten, um eben jene vor möglicherweise doch erfolgenden Angriffen zu schützen. Sie waren wohl genug,umeine ernsthafte Bedrohung für den Mob darzustellen, allerdings hatte Sextus definitiv genug vom Kämpfen und würde es jederzeit vorziehen, wenn die Männer einfach gehen würden.

    Sehr schön, der Tiberier erwies sich als erfreulich nützlich und folgsam. Sextus war sehr zufrieden, als er das Einverständnis seines Gegenübers vernahm. Zumindest bis zu dem Punkt, als dieser auf diese unnützen Besitztümer seiner Cousine zu sprechen kam. “Ich nehme an, meine Cousine wird sich nur widerwillig von ihnen trennen wollen.“ Zumindest konnte sich Sextus nicht vorstellen, dass Prisca die beiden zurücklassen würde, weil sie ihre Unfähigkeiten erkannte. Abgesehen davon, dass sich für die beiden hier kaum ein vernünftiger Verkaufspreis erzielen ließ in der momentanen Lage und Prisca weit weniger rabiat war, was Bestrafungen von unangemessenem Verhalten anging.
    Im Grunde aber war das in Sextus' Gedankengängen eher viertrangig, wenn überhaupt. Ihm ging es um das Wohl seiner Cousine und darum, diese sicher untergebracht zu wissen, bis dieser Krieg vorüber wäre und man über eine sichere Rückkehr nach Rom nachdenken könnte. Je nachdem, wie viel man ihnen auf dem Weg nach Rom und dort selbst entgegenstellen konnte, würde dies schneller oder länger dauern. Sextus rechnete da lieber mit dem Schlimmsten und damit, dass seine Cousine möglicherweise gar nicht nach Hause kommen könnte. Da sollte sie in Sicherheit und erträglichem Komfort untergebracht sein.


    Dann aber kam eine doch sehr knifflige Frage. Wie sollte Sextus dem Tiberier vernünftig erklären, dass ein einfacher Plebejer ohne nennenswerte Anbindungen durch einflussreiche Verwandtschaft seine Cousine vollkommen abgefüllt hatte und sie wohl auch besprungen hätte, wenn er nicht rechtzeitig gekommen wäre, und Prisca nun sternhagelvoll in seinem Bett lag und hoffentlich nicht alles vollkotzte? Dafür gab es keine Beschreibung, die nicht negativ auf die Aurelia zurückfallen würde, war Weingenuss Frauen doch seit den Tagen der Vorväter verboten – was diese freilich in Maßen durchaus ignorierten – und galt als äußerst unfraulich und verwerflich.
    “Sie schläft im Moment, und nach den Strapazen des heutigen Tages und ihrer Gefangenschaft möchte ich sie ungerne wecken. Du weißt, dass Frauen sehr emotional veranlagt sind. Ich denke, ein solches Gespräch wäre morgen besser, wenn sie gefasster ist.“ Das klang zwar immer noch nicht souverän und erhaben, aber definitiv schmeichelhafter als die Wahrheit. Und tragfähiger. “Von daher muss ich dich da leider vertrösten. Allerdings kannst du gerne die Reise insoweit schon vorbereiten unter der Annahme, dass sie eben jene Sklaven mitnehmen wird. Ich denke, die Bewohner Vincetias sollten durchaus angemessen dankbar und einer kleinen Zuwendung nicht abträglich sein. Darüber hinaus meine ich, dass meine Cousine auch in einem Wagen hergebracht wurde. Selbigen könnte man natürlich weiter verwenden, sofern es nicht zu traumatisch für die holde Weiblichkeit würde, dasselbe Gefährt zu wählen. In dem falle solltest du dich mit den beiden Sklavinnen unterhalten, wo dieser Wagen denn abgeblieben ist. Selbstverständlich aber wirst du mit ausreichend Mitteln für die Reise und deren Vorbereitungen ausgestattet werden.“

    Haussklaven. Wurde er hier gerade allen ernstes mit einem Haussklaven verglichen? Sextus hatte ja schon viel in seinem Leben gehört, auch viel unschmeichelhaftes, aber mit einem sprechenden Inventarstück ohne Willen war er bislang noch nie verwechselt worden. Dafür, dass Sextus in diesem Moment nicht beinahe die Fassung verlor, sondern diese Bemerkung ohne auch nur mit der Wimper zu zucken über sich ergehen ließ, hätte er im Grunde genommen eine kleine, goldene Statue verdient, die ihm ein langjähriger Schauspieler überreichte, woraufhin er sich artig bei einer Akademie zu bedanken hätte. Haussklaven!


    Die kurze Zeit der Beratschlagung nutzte der Aurelier dann auch gleich, indem er zwei seiner Begleiter, die mit ihm die Curia betreten hatten, losschickte. Den ersten mit dem Auftrag, von den vierzig Männern vom Platz 30 abzuziehen und zu sammeln, um damit die nötigen Eskorten zusammenzustellen. Den zweiten, um noch zwei Centurien von der Legio II zu holen, damit diese das Forum und die umstehenden Gebäude besetzten. Und schließlich, um zwei weitere Centurien dann zum Tempel des Saturn zu führen, sofern der Flaminier diesen bislang noch nicht geistesgegenwärtig hatte besetzen lassen.
    Nachdem die beiden ihn verlassen hatten, waren sich die versammelten Herren wohl auch inzwischen darüber einig, wie man sich am sinnigsten aufteilte, ohne dass allzu viele Umwege gelaufen werden mussten. Da bedeutete es nur mehr ein wenig Rechenarbeit, den wenigen Gruppen in etwa gleichmäßig viele Begleiter zuzuteilen, die draußen ebenfalls schon warteten.
    “Gut. Meine Männer sind es ebenfalls“, meinte Sextus freundlich und machte eine einladende Geste nach draußen auf den noch immer reichlich leeren Vorplatz. Die Senatoren waren dann auch schnell ihren Begleitern letztendlich zugeteilt, und Sextus gab noch zwar nicht auffällig laut, aber laut genug, damit besagte Schützlinge es sehr wohl mitbekommen mochten, seine Befehle. “Dies sind Senatoren Roms. Ihr werdet sie mit Respekt als solche behandeln und sicher nach Hause geleiten. Ihr habt Befehl, sie mit allen Mitteln zu verteidigen, aber geht keine unnötigen Risiken ein. Pergite!“


    Sextus selbst schloss sich der Gruppe um Purgitius Macer an. Immerhin hatte er zuvor volltönend noch erklärt, dass er diesen persönlich nach Hause zu bringen gedachte. Sein Pferd ließ er von einem der Legionäre am Zügel führen, während er neben dem Consular zu gehen gedachte. Auch wenn die kleine Beleidigung mit dem Haussklaven eigentlich nach einer Erwiderung schrie, war es in diesem Fall redlich besser, von einer versehentlichen Bemerkung auszugehen und sich weiterhin auf Augenhöhe zu unterhalten. Zumindest war dies für Sextus' zukünftige politische Karriere sicherlich vorteilhafter, als sich diese Möglichkeit durch gekränkte Eitelkeiten zu verbauen.
    “Consular Purgitius, verzeih mir bitte meine Neugier, aber wie du selbst bemerkt hast, bin ich reichlich uninformiert über die... Geschehnisse der letzten Monate hier in der Urbs Aeterna. Es wäre mir eine große Hilfe, wenn du mir auf dem Weg zu deinem Haus vielleicht den ein oder anderen Einblick verschaffen könntest“, stieß Sextus dann auch sogleich ein Gesprächsthema an, das nicht gar zu seicht und nichtssagend war. Abgesehen davon war er tatsächlich schrecklich uninformiert und es konnte gewiss nicht schaden, etwas an diesem Zustand zu ändern.



    [Sim-Off] Varus, Dexter: Ihr könnt selbstverständlich gerne mitkommen zur Casa Purgitia oder euch eine der anderen Gruppen angeschlossen haben.[/simoff]

    Ungünstigerweise hatte der Consular zumindest zum Teil recht: Sextus hatte wirklich nicht genügend Männer hier auf dem Forum, um jeden der hier Anwesenden einzeln mit größerer Eskorte nach Hause zu geleiten. Allerdings hatte er das auch nicht unbedingt vor gehabt. Sein Blick schweifte scheinbar nachdenklich über die Anwesenden, und tatsächlich dachte er kurz über ihren künftigen Nutzen für seine Person nach. Sicher war der ein oder andere nicht davon betroffen, bei einem in greifbare Nähe geratenen Kaiserwechsel ihrer Stellung, Macht und bisweilen sogar ihres Lebens verlustig zu gehen. Aber der ein oder andere aus dem neutralen Feld könnte sich ebenso unter den Männern befinden und solch eine kleine Geste sicherlich später wohlwollend im Gedächtnis behalten. Und Sextus hatte vor, so schnell als irgend möglich sich wieder auf das politische Parkett zu verlegen und dem militärischen so gänzlich als möglich zu entsagen. Daher war er sehr bereit, seine momentan zur Verfügung stehenden Ressourcen etwas zu splitten.
    “Nun, ich fürchte, da magst du Recht haben, Consular. Falls sich die Herren aber dazu entschließen könnten, gesammelt zu gehen, bin ich sicher, dass sich eine adäquate Lösung für dieses Problem finden ließe. Eine erträgliche Routenplanung in kleineren Gruppen mit kleineren Eskorten sollte im Bereich meiner dispositionsfähigen Kräfte liegen.“ Andernfalls würde Sextus zur Not auch eben jene Kräfte dispositionsfähig machen. Solch eine gute Gelegenheit, sich ein paar Gefallen für eine kleine Lappalie zu erschleichen, bot sich vermutlich nicht noch einmal. Auch wenn es nur wenige Senatoren waren, die er unter den Anwesenden erblickte, und ihr Einfluss zweifelhaft sein würde in Zukunft. Aber besser den Spatz in der Hand – und eine ziemlich dicke Taube hier direkt vor ihm – als gar nichts.
    “Denn glücklicherweise bin ich in der günstigen Position, im Rahmen des großen Zieles mein eigener Befehlshaber im Moment zu sein.“ Ja, er war sich bewusst, dass er nur Tribun war. Auf der anderen Seite ward der Claudier seit einer halben Ewigkeit nicht mehr gesehen und selbst wenn er auftauchte, würde Sextus es inzwischen durchaus sogar auf eine Machtprobe ankommen lassen, sich auch gegen dessen Befehle zu stellen, wenn es ihm opportun erschien. Da der Claudier aber ohnehin halbtot war und sich zu nichts äußern würde, war diese Überlegung rein philosophischer Natur. “Und als solcher bin ich der bescheidenen Meinung, dass ein leeres Gebäude zu besetzen zwar eine sicherlich symbolträchtige Wirkung haben mag, wenn es sich um die Curia Roms handelt, die lebenden Senatoren, die dieses Gebäude allerdings zum Beratungsorgan des Kaisers erst machen, zu beschützen, eine sicherlich nicht geringer einzuschätzende Aufgabe ist. Für die ein paar Männer abzuziehen sicherlich kein zu großer Aufwand darstellt, unter der Prämisse, dass die Herren denn mit meinem Plan zur Gruppenbildung einverstanden sind.“

    Das war ein Schuss ins Schwarze. Sextus hatte nicht einmal gewusst, dass die Tiberia nach weißiunowieviel Jahren schwanger geworden war. Bevor er aus Rom geflohen war, hatte sie noch gelebt. Dass sie es jetzt nicht mehr tat, hatte er nicht wissen können.
    “Mein herzliches Beileid hierzu. Sie war eine sehr würdevolle und schöne Frau. Ich hatte gehofft, mich mit ihr unterhalten zu können, wenn dies alles hier vorüber ist, um ihr noch ein paar Dinge über ihren“ Onkel? Vetter? Sextus hatte keine Ahnung, wie Tiberius Durus und die Frau des Senators verwandt gewesen waren. Die Verwandtschaft und das ganze Gespräch wäre ohnehin nur ein Aufhänger gewesen, um einen Kontakt zum Consular herzustellen und über dessen Frau vielleicht Unterstützung bei zukünftigen Projekten zu erreichen. “Verwandten mitzuteilen. Ich bin mir sicher, ihr werden sehr viele Geschichten von ihm zu Ohren gekommen sein, getragen vor allem durch die Propaganda von Vescularius“ – Sextus verzichtete hierbei sowohl auf das Wort 'Kaiser' als auch auf das für seine Fraktion dem Thronräuber angemessenere 'Usurpator' – “doch vermutlich nur wenig Wahres. Wie du vielleicht weißt, war ich Klient ihres Verwandten Tiberius Durus und damit kurz vor seinem Tod mit ihm recht gut bekannt. Ich hätte ihr gerne die Gewissheit gegeben, nicht mit einem Kaisermörder verwandt zu sein, wie es ihm unterstellt wurde.“ Oder ihm. Wobei das wohl das Konstrukt war, welches sich Wahrheit nannte.
    Sextus plauderte ganz beiläufig und ließ sich wenig stören von den weiteren Anwesenden. Es tat gut, einmal nicht Befehle brüllen zu müssen, sondern sich in so etwas wie Konversation zu üben, auch wenn das hier nicht unbedingt die hohe Kunst der Rhetorik war.
    Im Hinterkopf speicherte Sextus schon einmal die Information ab, dass der Purgitier eine Tochter hatte. Es war noch eine weit entfernte Planung, aber vielleicht ließe sich da noch eine Ehe stiften. Nicht unbedingt dann mit ihm, wer wusste, wie er selbst in zwölf Jahren würde verheiratet sein? Aber er hatte immerhin auch einen Sohn, über den sich eine Verbindung würde knüpfen lassen.


    “Jetzt aber muss ich schon darauf bestehen, dich sicher nach Hause geleiten zu dürfen, Purgitius. Ich sehe mich in der Verantwortung, deiner Frau wenigstens diesen Dienst zu erweisen, ihrer Tochter sicher den Vater zu bringen. Die Truppen haben zwar Anweisung, die Zivilbevölkerung nach Möglichkeit zu schonen und nur nach Hause zu schicken, aber da du auch jetzt noch der weitaus militärisch erfahrenere von uns beiden bist, muss ich dir denke ich nicht erklären, wie diese Befehle von den Männern bisweilen... umgangen werden. Trotz der Strafen.“

    Sein Schwert hatte Sextus abgelegt. Selbst den roten Mantel hatte er im Lager vor dem Pomerium zurückgelassen, auch wenn es im Moment reichlich frisch war und er ihn gut hätte gebrauchen können. Allerdings wollte Sextus nicht mehr Anlass zur Kritik an seiner Person zulassen, als irgendwie nötig war, und mit diesen einfachen Mitteln eben nicht offiziell als Tribun in Rom einzureiten und eben nicht als bewaffneter Feind, sondern als Mann, der ernsthaft schlimmeres zu verhindern gedachte (wenngleich aus sehr egoistischen und zukunftspolitischen Erwägungen), war zwar ein ohnehin nicht in seiner Gänze umsetzbarer Plan, aber immerhin ein Anhaltspunkt.
    Weniger unmilitarisch war dann allerdings seine Begleitung von der Stärke in etwa einer halben Centurie, bewaffnet mit Knüppeln, die mit ihm nach Rom einmarschierten. Er ritt seinen streitlustigen Untersatz gemächlich durch die erschreckend leeren Straßen der Stadt. Wann immer sie auf Leute trafen, forderte er sie laut, aber ruhig auf, nach Hause zu gehen und dort zu bleiben, sicherte die Unversehrtheit der Häuser zu, sowie das Ausbleiben von Plünderungen. Bisweilen schickte er ein paar Männer mit, die dabei helfen sollten, dass entsprechende Personen auch ihren Weg nach Hause fanden, so diese sich nicht bei ihrem Auftauchen ohnehin schon in eine derartige Richtung begaben. Immer wieder knallten Türen recht lautstark, als sie vorbeikamen, aber alles in allem waren die Straßen erschreckend leer.


    Schließlich gelangten sie auch zum Forum Romanum. Die Hufe seines Pferds hallten recht laut auf dem Pflaster, wurden aber dennoch von den genagelten Caligae seiner Begleiter übertönt. Am Rand standen noch einige Leute. “Bürger Roms! Begebt euch nach Hause und bleibt dort. Schließt euch ein und wartet. Euch wird nichts geschehen, die Truppen von Kaiser Cornelius sind nicht eure Feinde. Es wird keine Plünderungen geben und keine Verletzten, wenn ihr kooperiert und einfach nach Hause geht. Euch soll kein Leid geschehen. Lediglich die Handlanger des Usurpators Vescularius werden verhaftet und vor ein ordentliches Gericht gestellt. Es wird keine Hinrichtungen geben! Also geht nach Hause!“ Besonders originell war die Rede auch beim hundertsten Mal noch nicht, allerdings halfen gekonntere Worte wohl auch weniger.
    Dafür aber wollte Sextus sie jemandem anvertrauen, der mit den Ausrufen von Nachrichten vertrauter war als er selber und mit einem kurzen ’schaff die Leute von der Straße, sie sollen daheim bleiben. Keinem passiert was’ etwas sinniges hervorzubringen wusste. Weshalb ihn sein Weg auch erst einmal zum Forum und nicht schnurstraks zum Palatin geführt hatte. Belagern und Palast erstürmen konnten die Legionen gewiss auch ohne ihn. Dafür sorgen, dass Rom gesichert und die Bevölkerung ruhig war, das bedurfte einer filigraneren Vorgehensweise. Und Sextus traute den übrigen Kommandanten durchaus zu, nicht intelligent oder pietätvoll genug zu sein, sich um diese Dinge und damit die eigene politische Karriere und die Art und Weise von Palmas Herrschaftsbeginn Gedanken zu machen.
    Die Suche nach dem Nachrichtenausrufer des Senats also musste er also irgendwo beginnen. Da er aufgrund seiner ausgedehnten Abwesenheit aus Rom nicht die geringste Ahnung hatte, wer diese Aufgabe innehatte – und er es sich im Zweifelsfall wohl auch nicht gemerkt hätte, ob dies nun ein Sklave, ein Peregrinus oder ein Bürger machte, geschweige denn den Namen – begann er also direkt am Senat, in der Hoffnung, dort irgendeinen Anhaltspunkt, am besten betreffende Person selbst, anzutreffen und instruieren – oder bei allzu großem Widerstand ersetzen – zu können.
    “Ein Contubernium begleitet mich, der Rest sichert den Platz und schickt verbliebene Bürger nach Hause“, befahl er knapp und saß von seinem Pferd ab. Die Zügel drückte er dem nächstbesten Legionär einfach in die Hand und machte sich auf zur Curia. Es war lange her, dass er die Stufen zu diesem Gebäude hochgegangen war, und definitiv hatte er dies nie in einer Rüstung – wenngleich ohne das Rot der Legionen und ohne Schwert – getan, sondern nur in einer sehr feinen Toga. Und auch nicht für lange Zeit.


    Doch dieses Mal war es definitiv sehr anders als das letzte Mal. Hier fand er zwar auch nicht den Ausrufer – oder identifizierte ihn zumindest nicht als solchen – sondern einen kleinere Pulk von Männern, zusammen mit einem ihm durchaus noch vertrauten Gesicht. Er wollt gerade – diesmal in freundlicherem Ton, immerhin hatte man soeben da Beratungsorgan des Staates betreten – seine Standardansprache halten, als es ihm auffiel und er sich doch für eine etwas unorthodoxere Vorgehensweise aufgrund der momentanen Lage entschied.
    “Consular Purgitius. Es ist schön, dich bei guter Gesundheit anzutreffen, wenngleich die Umstände alles andere als gut oder auch nur gesittet zu bezeichnen sind.“ Es war schon beinahe ein ganz normaler Plauderton, den Sextus anschlug. “Ich bin mir unsicher über deine – und eure – Anwesenheit hier und deren genauen Zweck. Zu eurer eigenen Sicherheit würde ich dennoch vorschlagen, nicht hier zu bleiben, sondern sich nach Hause zu begeben. Ich kann nicht absehen, wie lange der momentane Zustand anhalten wird. Darf ich daher vorschlagen, dich nach Hause zu begleiten, Consular? Deine Frau macht sich sonst gewiss in diesen Zeiten Sorgen. Ich hoffe, sie befindet sich wohlauf?“

    Der Tiberier würde also seiner 'Bitte' nachkommen. Ausgezeichnet. Sextus wollte gerade dennoch einen kleinen Dank noch anbringen und auf die Frage nach Septima eingehen, als er jäh von einem Sprechmöbel unterbrochen wurde.
    Etwas unwirsch drehte er sich zu der Frau und ihrem Anhang um und sah sie sichtbar konsterniert an. “Ich unterhalte mich gerade“, war das erste, mit dem er die Sklavin anschnauzte. Prisca hatte ein zu weiches Herz, wenn diese hier zu ihrem Besitz gehörten und dennoch diesen offensichtlichen Mangel an Form zeigten. Keiner seiner Sklaven hätte es gewagt, einfach so eine derart unwichtige Frage an ihn zu richten, während er sich im Gespräch mit einem anderen Patrizier befand, oder hätten wichtige Fragen deutlich subtiler an ihn herangetragen. Offensichtlich verwöhnte seine Cousine ihre Sklavinnen viel zu sehr. Für Sextus hatten sie allein deshalb schon verdient, ausgepeitscht zu werden, da sie ganz offensichtlich noch lebten, während ihre Herrin in Gefangenschaft geraten war, und sie sich nicht mit all ihrer Kraft für Prisca gegen diese Behandlung gewehrt hatten. Als zweites dann spätestens, als sie sich von ihr getrennt hatten und zugelassen hatten, dass seine Cousine im Zelt dieses Bocks gelandet war, dort abgefüllt worden war, und die Götter allein hatten wohl verhütet, dass schlimmeres passiert war, und ihn rechtzeitig dort erscheinen lassen. Zu gern hätte Sextus die Sklaven also für ihre Unfähigkeit, seine Cousine ansprechend zu schützen, bestraft. Allerdings hätte Prisca und ihr weiches Herz vermutlich etwas dagegen, mit Kater aufzuwachen und zu erfahren, dass Sextus ihr das letzte bisschen Zivilisation genommen hatte, indem er ihre Sklaven verbluten ließ oder dergleichen. “Ihr kümmert euch um eure Herrin, und zwar leise. Alles weitere erfahrt ihr, wenn es euch betrifft.“ Zwar sah er einen Grund darin, seine Cousine mit vertrauten Gesichtern zu umgeben, allerdings sah er keinen Grund darin, sich jetzt mit Sklaven auseinanderzusetzen.


    Kurz blinzelte Sextus, um letzte Anzeichen der aufkeimenden Wut aus seinem Blick zu verbannen und sich, als wäre nichts weiter gewesen, wieder dem Tiberier zuzuwenden und das Gespräch wieder aufzugreifen.
    “Wir waren bei Manuta stehen geblieben?“ rekapitulierte er noch einmal mit freundlichem Ton das zuvor Gesagte, ehe er nahezu nahtlos daran anschloss. “Ich nehme schwer an, dass ihr schneller in Mantua eintrefft als mein Vetter, vermutlich sogar noch vor der Meldung über seine Verlegung. Seine Verletzungen sind recht schwerwiegend und er muss sehr langsam transportiert werden. Von daher sehe ich es als wahrscheinlich an, dass deine Base und ihr Sohn noch in Mantua sein werden. Wenn nicht, würde ich dich bitten, mit ihr Kontakt aufzunehmen und Prisca eventuell ebenfalls auf das Landgut zu begleiten, damit sie dort ein wenig Gesellschaft hat. Ich denke, allein in Mantua könnte sie auf dumme Ideen kommen. Du weißt ja, Frauen neigen manchmal zu vernunftfernen Entscheidungen.“

    Sextus ignorierte den Blick des Kerls gekonnt. Er wollte gar nicht wissen, welche Gedanken sich hinter dessen Stirn abspielten, aber nach der Art und Weise, wie er seine Cousine aufgefunden hatte – und das bei einem Unteroffizier seiner Armee und nicht irgendeines halbperegrinen Wilden, bei dem man so ein Verhalten noch hätte erklären können (wenngleich sicherlich ebenso wenig entschuldigen) – war Sextus nicht bereit, irgendwelche Risiken bezüglich der römischen Bevölkerung einzugehen. Das ein oder andere Mädchen mochte die Tochter, Schwester oder auch Mutter eines Senatoren sein, den er noch brauchen würde. Und man sollte ihm nicht nachsagen können, dass er solcherlei Übergriffe am Ende gar geduldet hätte. Wenn der Mann vor ihm solch einen Drang hatte, sollte er sich wie jeder gesittete Mann eine Lupa nehmen und die zwei As für seine Preiskategorie derselbigen zahlen.
    “Nein, vorrücken, soweit dies möglich ist. Nur eine Rumpfmannschaft soll zurück bleiben und die Brücken sichern, für den Fall, dass wir uns unerwartet zurückziehen müssen.“

    Das Tor war offen? Einfach so? Sextus blinzelte einen Moment und versuchte, dieser Nachricht nicht mehr Erstaunen beizumessen, als unbedingt nötig war. Die Frage, warum ausgerechnet jetzt die Tore wohl geöffnet worden waren und durch wen, war nachrangig zu behandeln. Erst einmal galt es, die Ordnung und Disziplin bei den Männern aufrecht zu erhalten und die Sicherheit der Stadtbevölkerung zu gewährleisten. Immerhin hatte er vor, hier später noch politisch tätig zu werden, und als zweiter Sulla tat man sich da mitunter schwer.
    “Jeder Mann, der die Stadt betritt, hat seine Waffen abzulegen. Lediglich Knüppel sind als Bewaffnung zulässig, wer mit einem Schwert in der Stadt erwischt wird, wird ausgepeitscht. Wer beim Plündern erwischt wird, wird gekreuzigt. Wer eine Römerin vergewaltigt, wird kastriert.“ Und Sextus war sich über die Schmerzhaftigkeit und Demütigung dieser Bestrafungsart sehr wohl im Klaren. Damit bestrafte man üblicherweise nur Sklaven und vielleicht noch Peregrine, aber römische Bürger konnten auf sauberere Tode hoffen. “Stell sicher, dass die Männer das wissen. Die Bevölkerung Roms soll so weit als möglich geschont werden. Ich will von keinen Entweihungen von Tempeln oder dergleichen hören. Nur Truppen, die sich uns entgegenstellen, werden angegriffen, Bürger werden heimbefohlen und gegebenenfalls in ihren Häusern unter Hausarrest gestellt. Lediglich die Iulier, Pompeier, Germanicer werden bis auf weiteres verhaftet. Aber möglichst unverletzt. Befehl verstanden?“

    Nicht einmal in Ruhe essen konnte man. Sextus hatte sich nicht lange von seinem Lager entfernt und es auch gar nicht vorgehabt. Allerdings lagerten sie vor Rom schon seit Tagen und es sah nicht so aus, als würde sich dieser Zustand in der allernächsten Zeit irgendwie ändern, so dass er ruhigen Gewissens den Umstand dachte nutzen zu können, dass Parentalia waren. So in unmittelbarer Nähe zu den Gräbern seiner Ahnen und angesichts des Feiertages hatte es einige Soldaten gegeben, die eine Stunde Ausgang erbeten hatten, um an den Gräbern ihrer Ahnen etwas zu opfern, wie es Brauch war. Zumindest die paar Versprengte römischer Familien, deren Wurzeln nicht irgendwo im Nirgendwo lagen. Und so hatte Sextus auch nur eine kleine Mahlzeit, geradezu lächerlich kärglich, am Grab der Gens Aurelia zu sich genommen hatte, als einer seiner Adjutanten auf einem Pferd zu ihm geprescht war und ihn schleunigst abgeholt hatte, zurück nach Rom, da sich dort ausgerechnet heute etwas zu tun schien, was seine Anwesenheit erforderte. Nachdem vom Claudier die meisten Leute nach wie vor nicht wussten, ob dieser doch noch tot umkippen würde oder nicht, gingen tatsächlich fast alle Befehlsentscheidungen über seinen SchreibKlapptisch. So auch diese, wie es aussah.
    Also wieder rauf aufs Pferd – das Mistvieh hatte tatsächlich nicht nur die Reise nach Mantua, weiter nach Mogontiacum, die zweite Überquerung der Alpen samt diverser Hinterhalte und eine große Schlacht überstanden, sondern auch den gesamten Rückweg – und zurück zu den Stellungen seiner Legion galoppiert, bis hin zu den Tiberbrücken, die sie immerhin besetzt hatten, damit niemand über diese die Stadt unbemerkt verlassen konnte.


    Sextus brachte sein Pferd recht jäh zum Halten, als er bei einer der vordersten Abteilungen seiner Legion ankam. “Du, Lagebericht!“ deutete er auf den erstbesten Legionär, der in seiner Nähe stand und versuchte, sich einen ersten Überblick über die doch recht undurchsichtige Gesamtsituation zu verschaffen.

    So langsam musste Sextus sich dann doch einen bissigen Kommentar verkneifen, als er dem Iulier zuhörte. Es war aber sehr großzügig von ihm, Wasserwege zur Nutzung freizugeben, die sie, wenn sie nur Schiffe gehabt hätten, wohl auch genutzt und einfach mit Gewalt genommen hätten. Und wenn nicht sämtliche Classes ganz Italias leider auf Seiten des Feindes gestanden hätten. Dieses Angebot war also in etwa so großzügig, als würde man den Barbaren Germanias Sand aus der Wüste Ägyptens anbieten. Sicher, die hatten keinen. Aber was sollten sie damit schon anfangen?
    Nahrungsmittel und Unterstützung waren auch eine lustige Sache. Denn sie hatten zwar keine Truppen bekommen aus Etruria, aber die Nahrungsfrage hatte sich zwischenzeitlich doch geklärt. Und sobald sie Rom eingenommen hatten und Vescularius tot wäre, wäre auch die Sache mit dem ägyptischen Korn wohl nicht mehr so immanent. Immerhin war die ägyptische Flotte die einzige seines Kenntnisstandes nach, die auf ihrer Seite stand und die ausbleibenden Getreidelieferungen ein 'Verdienst' ihrer Rebellion.
    “Nun, Iulius, was hielte uns davon ab, uns die Getreidespeicher von Ostia einfach zu nehmen? Nach meinem Kenntnisstand wurden selbige von Resten der abgezogenen Classis bewacht. Die Tatsache, dass du so zuversichtlich bist, diese einfach übergeben zu können, lässt darauf schließen, dass sie unbewacht sind. Wofür also braucht das Heer von Cornelius Palma da genau euch und eure Unterstützung?“ Sextus ließ die Antwort nur gerade so lange im Raum stehen, damit sie sacken konnte, aber nicht lange genug, als dass der Iulius sie beantworten konnte.
    “Und da wir keine Schiffe haben und die Schiffe, die hier sind, einer nicht gerade freundlich gesinnten Classis gehören, ist wohl auch euer Angebot zur Nutzung von Wasserwegen in der momentanen Lage etwas unbrauchbar. Aber ich werde darüber nachdenken.“
    Und jetzt kam der spaßige Teil der ganzen Geschichte. Sextus fand es schon sehr blauäugig von diesem Iulius, der hier die ganze Zeit in Rom oder bei Rom geblieben war, jetzt in letzter Minute durch so ein Angebot seinen Hals retten zu wollen. Wusste doch das ganze Imperium, wie die Iulier zu Salinator standen und dass sie von ihm mehr als die meisten profitierten. Da machte dieser Duumvir sicher auch keine Ausnahme, der vor beginn des Krieges noch lausiger kleiner Quästor gewesen war. Noch dazu einer, der meinte, drohen zu können und mit absolut nichtigen Verordnungen herumzuwedeln und mit eben jenen wohl den osteniensischen Hafen zu entvölkern. Ein Wunder, dass dieser Mann danach noch Duumvir geworden war, wobei selbiges wohl sehr mit dem Familiennamen und gewissem Einfluss zusammenhängen mochte. Aber man sah sich im Leben immer zweimal.
    “Und während ich also darüber nachdenke, wirst du mein Gast sein. Optio, geleite doch bitte die beiden Herren hier in unsere Gästequartiere. Du weißt schon, die mit den Gittern davor, damit niemand ihre Sachen im Schlaf stiehlt. Oh, und stell doch auch gleich Wachposten auf, damit die Herren nicht gestört werden. Man soll uns ja schließlich nicht nachsagen, wir würden uns nicht um unsere Gäste kümmern.“

    Es dauerte eine ganze Weile, bis der Tiberius wirklich gefunden war. Sextus holte sich einen Hocker vom angeschlossenen Scriptorium und setzte sich neben das Bett seiner Cousine, sah ihr beim Schlafen zu. Es hatte etwas äußerst unwirkliches, dass sie hier war. Noch dazu so sturzbetrunken. Es gab mal eine Zeit, da hätte er wenig Einwände dagegen gehabt, sie in seinem Bett vorzufinden, aber im Moment war es alles andere als attraktiv für ihn, wie sie dalag. Seine Gedanken kreisten um wahrlich andere Dinge als sie in seinem Bett.
    Sextus schätzte es absolut nicht, keine Kontrolle über die Situation zu haben. Absolut gar nicht. Noch weniger, die Kontrolle auch auf überblickbare Zeit nicht vollumfänglich herzustellen. Er konnte sich nicht um diese Belange hier und den Feldzug kümmern, und es war klar, dass zunächst die lebensnotwendigen Tätigkeiten einen Vorrang haben mussten vor der Wohlstandssicherung seiner Familie. Was allerdings nicht bedeuten musste, dass es ihm gefallen musste.


    So saß er noch in Gedanken da, als der Tiberius dann angekündigt wurde und zu ihm trat. Sextus bedeutete ihm mit einem über die Lippen gelegten Finger, leise zu sein und ihm zu folgen. Sextus trat nach draußen, entließ die Wachen und klappte die Zeltplane herunter, um seiner Cousine etwas mehr Ruhe zu gönnen und sie nicht versehentlich zu wecken.
    “Tiberius, danke für dein Herkommen. Ich fürchte, ich werde dich um einen Gefallen bitten müssen.“ Das, was Sextus am zweitmeisten hasste, war, andere Leute um Gefallen zu bitten. Allerdings sah er es in diesem Fall eher so an, den Tiberius für seine Zwecke auszunutzen und es in schöne Worte zu verpacken. “Du hast meine Cousine Flora schon unter Einsatz deines Lebens sicher nach Mantua gebracht. Eine Tatsache, für die die Aurelier dir sehr dankbar sind. Natürlich war sie die Frau deines Vaters und die Mutter seines nächsten Kindes, so dass du auch ihm gegenüber eine Pflicht zu erfüllen hattest, und es ehrt dich als sein Sohn, dass du dies getan hast.
    Nun muss ich dich aber um die Wiederholung dieser Tat bitten. Wie es scheint, hat man meine Cousine Prisca, die Witwe des Flavius Piso, in Rom aufgegriffen und diese fehlgeleiteten Barbaren haben sie hier in den Norden verschleppt. Ich selbst werde kaum dafür sorgen können, sie sicher nach Mantua zu Flora und deiner Cousine Tiberia Septima zu bringen, und ich fürchte um ihre Sicherheit und würde mich sehr viel wohler finden, einen so treuen Freund an ihrer Seite zu wissen, der meiner Gens shcon einmal einen solch großen Dienst erwiesen und sich als vertrauenswürdig herausgestellt hat.“
    Das sollte doch genug Schmeichelei gewesen sein, selbst für zwei solcher Bitten. Im Grunde versorgte es den Tiberius nur mit einer sinnvollen Aufgabe und stellte sicher, dass seine Cousine auch das tat, was Sextus wollte, weil sie beaufsichtigt wurde.

    Im Gegensatz zu seinem Gegenüber brauchte Sextus nicht lange, um den Iulius wiederzuerkennen. Schon bevor er den Namen hörte, erinnerte er sich an das Gesicht, vor allem im Zusammenhang mit Ostia, und spätestens, als der Mann sich vorstellte, wusste Sextus wieder ganz genau, woher er den Mann kannte. Der war ihm sogar noch eine Antwort schuldig geblieben bei der damaligen Diskussion über die Gültigkeit seiner kleinen Verordnung und war einfach kommentarlos gegangen, als er gemerkt hatte, dass er verloren hatte.
    Dennoch ließ Sextus sich nichts anmerken und zuckte noch nicht einmal kurz, als er die beiden begrüßte. Er hatte gesagt, sie sollten ihre Hilfe anbieten können, also würden sie genau das können. Ein Schritt nach dem anderen. Alles weitere würde hernach folgen, aber vielleicht hatten sie ja wirklich irgend etwas zu bieten, was von Wert war.
    “Und wie genau sähe also eure Unterstützung aus?“ fragte er daher ganz neutral und ohne Unterton. Und auf die Antwort war er sogar ernstlich gespannt.

    Ganz vorsichtig ließ Sextus seine Cousine auf sein Bett nieder, nachdem er sie durch das halbe Lager vorsichtig und langsam getragen hatte. So musste er zwar die Nacht auf dem Boden verbringen, andererseits machte diese eine Unbequemlichkeit nun auch keinen Unterschied mehr gemessen an den vielen Schmerzen und Blessuren, die er schon allein aufgrund der Reise erlitten hatte. Eine Nacht auf dem Boden würde ihn nun definitiv auch nicht mehr umbringen, und immerhin konnte er so seiner Cousine ein einigermaßen bequemes Nachtlager bieten. Wenngleich kein Vergleich zu einem vernünftigen Bett in einem vernünftigen Haus, wie es ihr zugestanden hätte. Dafür würde Sextus Sorge tragen müssen.
    Er verdrängte die Fragen, die sich in seinen Geist bohren wollten. Welcher Wahnsinn hatte dazu geführt, dass Prisca hier war? Sie hätte überhaupt nicht hier sein sollen. Es war schon ein Fehler gewesen, dass er nicht darauf bestanden hatte, dass sie nach dem Tod ihres nichtsnutzigen Mannes wieder zurück in die Villa Aurelia gekommen und mit ihm geflohen war. Er hätte den Flaviern doch mehr zugetraut, als dass sie sie erst in ihrem Hause behielten, bis es zu spät war, und dann nicht für ihre Sicherheit zu garantieren oder ihr wenigstens einen schmerzfreien Tod zu schenken anstelle der Schmach einer Gefangenschaft. Wer konnte schon wissen, was ihr angetan worden war? Früher oder später würde Sextus darüber reden müssen, ob sie angefasst worden war oder nicht. So oder so aber würde er ganz sicher den Mann töten, der sie gefangen hatte, allein schon, um den Gerüchten Einhalt zu gebieten und sich für diese schier unbeschreibliche Schmach zu rächen. So etwas durfte nicht unbeantwortet bleiben. Die Feinde der Gens Aurelia mussten lernen, dass sie keine Großzügigkeit und keine Gnade zu erwarten hatten. Sie würden keine Schwäche zeigen.


    Aber für den Moment war Prisca für derlei Gespräche wohl zu betrunken und würde die Tragweite der Entscheidungen nicht einmal ansatzweise begreifen. Nicht, dass sie diese nüchtern wohl begreifen würde, sie war eine Frau und damit von rationalem Denken ausgeschlossen oder dazu nur bedingt fähig – angesichts der Wahl ihres vorigen Ehemanns Sextus' unmaßgeblicher Meinung nach eher überhaupt nicht.
    Also beschäftigte er sich lieber damit, wie die Cousine unterzubringen war, während er demnächst nach Süden abreisen würde. Mitnehmen würde er sie keinesfalls. Ein Lager war kein Platz für eine Frau, und er war nicht so verrückt wie Priscas Entführer. Im Grunde hatte er aber nicht viele Möglichkeiten, wollte er sichergehen, dass seine Cousine nicht in verrückter Manier und von Emotionen getrieben der Sicherheit und dem Komfort einer standesgemäßen Unterbringung entsagte, um in romantischer Verklärung ohne Sinn und Verstand zurück nach Rom wollte. Eine Frau hatte auf einem Feldzug nicht das geringste zu suchen, eine Patrizierin schon zweimal nicht. Erst recht nicht, wenn dahergelaufene Plebejer aus den eigenen reihen sie beinahe besprungen hätten, wäre er nicht gekommen.


    Eigentlich hatte Sextus nicht viel Auswahl, was er unternehmen konnte. Im Grunde sogar nur eine einzige. Daher fiel es auch nicht schwer, den Befehl zu erteilen. “Geh und such Tiberius Ahala, er müsste bei der ersten Legion zu finden sein“, schickte er einen der Männer vor seinem Zelt los. Noch war es nicht so spät am Abend, dass er den Mann nicht mehr zu sich zitieren konnte.

    So nah, und doch so fern. Seitdem sie hier auf dem Marsfeld ihr Lager aufgeschlagen hatten, hatte Sextus mindestens täglich einmal der Versuchung widerstehen müssen, Ursus' Villa einen Besuch abzustatten. Dort hätte er ein Bad! Ein richtiges Bad, in dem er den ganzen Dreck und Gestank dieser ganzen verfluchten Rebellion hätte abwaschen und sich in einen Menschen zurückverwandeln können. Sklaven, die ihm die Anspannung aus den Muskeln massierten, ihm etwas zu essen bereiteten, das diesen Namen verdiente, saubere, weiche Kleidung, etwas anderes zu lesen als Nachschublisten und Aufstellungen zur Mannschaftsstärke. Aber nein. Solange sie hier nicht fertig waren, hätte er ebenso gut in Germania sein können und war diesen Annehmlichkeiten genauso fern.


    Also saß er wie immer im Scriptorium-Teil seines Zeltes über etwas gebeugt, das Lyrik nicht einmal mit sehr viel Phantasie enthielt, und machte sich dann und wann kleine Notizen auf einer Wachstafel, als ein Optio zu ihm trat – herein war bei permanent aufgeklappter Zeltplane wohl nicht ganz die passende Bezeichnung, wer wollte schon in der miefigen Dunkelheit eines Lederzeltes den ganzen Tag sitzen? - und Meldung machte. “Die Duumvirn von Ostia?“ fragte Sextus noch einmal nach und sah zweifelnd zu dem Optio auf. Man sollte annehmen, dass gewählte Magistrate anderer Städte besseres zu tun hatten, als belagernden Truppen Besuche abzustatten. Vor allen Dingen fragte sich Sextus, welcher Art diese Hilfe wohl sein sollte, waren sich doch die ausgesandten Kundschafter sehr einig, dass die Truppen der Umgebung entweder treu zu Salinator standen oder aber auch schon abgereist waren, um Palma aufzuhalten – oder vormals sie, was allerdings länger her war. “Nun, dann mögen sie ihre Hilfe anbieten“, befahlt er mit einer jovialen Geste und stand hinter seinem Tisch auf. Die Rüstung war repräsentabel genug, um auch mit Duumvirn von sonstwo reden zu können. Wie auch immer diese sich ihre Hilfe vorstellten, und was auch immer sie dazu veranlasst haben mochte, sie ausgerechnet jetzt noch anbieten zu wollen.

    Musste man hier denn alles selber machen? Eigentlich war Sextus davon ausgegangen, dass – wie in den ganzen anderen Fällen, denen er nicht beiwohnte – der Centurio die Männer schon durchschleusen würde. Vor allen Dingen, nachdem der Legat hereingeschlurft war – was eigentlich ein Wunder an sich schon war, hatte Sextus den Mann seit gefühlten Monaten schon nicht mehr irgendwo irgendetwas machen sehen – und Befehl gegeben hatte, dass die 'Zeremonie' beginnen sollte. Welche auch immer das sein sollte. Den Eid auf die Götter und dergleichen hatten die Männer immerhin schon bei ihrem Eintritt in ihre Einheiten damals geschworen, ein 'Überläuferprotokoll' gab es soweit nicht. Und so wie Sextus das verstanden hatte, wechselten die Männer ihre Gefolgschaft, ähnlich Atius Romanus, und schrieben sich nicht neu für die Legionen ein. Von daher hatte Sextus nicht die geringste Ahnung, welche Zeremonie hier nun feierlich vonstatten gehen sollte.
    Nachdem also niemand irgendwelche Anstalten machte, von sich aus etwas zu sagen, atmete Sextus einmal leise durch und trat einen Schritt vor. Improvisation gehörte zum täglichen Brot eines Haruspex, auch hier würde er sich irgend etwas aus den Fingern wohl saugen können. Man bringe ihm etwas, aus dem er lesen konnte: Wildschweine, Essen, Kuchen, Cervesa... oder kleine Hunde.
    “Praetoriani, state!“ befahl er also zackig und wartete darauf, dass die Männer, obwohl sie schon ordentlich und gerade standen, nochmal sichtbar zuckten, um anzudeuten, dass sie jetzt stillgestanden waren und damit bereit zu... was auch immer. “Ihr habt tapfer gekämpft und bewiesen, dass ihr Ehre und Treue besitzt. Nur galt diese dem falschen Mann und war daher von den Göttern verflucht.
    Schwört ihr also, dem einzig wahren Kaiser Appius Cornelius Palma die Treue, so sprecht mir nach.
    Ich, Name einfügen, schwöre hiermit bei allen Göttinnen und Göttern, jeden Befehl des einzig wahren Kaisers Appius Cornelius Palma auszuführen, den Dienst nicht zu verlassen und dem Staat mit meinem Leben oder, wenn der Dienst es erfordert, meinem Tod zu dienen.“
    Kurz, prägnant, nichts besonderes, und doch alles enthalten.