Zwei junge Helfer im Schlepptau, die sein offizielles Ornat trugen, war Sextus an der neuen Villa Tiberia angekommen. Es war das erste Mal, dass er diese nach dem Wiederaufbau betrat, wenn er sich recht entsann, und die neue Behausung war zwar angemessen, aber nur ein schwacher Schatten des einstigen Glanzes. Sextus trat also durch das Vestibulum ein und schritt voran bis ins Atrium, wo ein schönes, flauschiges, sauberes und ruhiges Schäfchen darauf wartete, gleich im Namen der Götter aufgeschlitzt zu werden. Sehr schön.
Fehlte nur das letzte Gespräch mit dem Opferherren, vielleicht noch ein oder zwei Tiberii, die zusehen wollten, und Sextus musste sich auch noch umziehen. Da sein Klient ja auch im Nachgang zu einem Essen geladen hatte, trug Sextus jetzt natürlich eine Tunika aus dunkelblauer Wolle von entsprechender Qualität und nicht den schweren Ledermantel aus der Haut geopferter Tiere, und auch nicht seinen recht auffälligen Hut. Letztere Dinge waren für eine Reise durch die Stadt etwas unpraktisch, weshalb er sich erst hier umziehen wollte. Sollten die Helferlein ruhig ein wenig schleppen so lange.
Beiträge von Sextus Aurelius Lupus
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Oh, auch Sextus würde bestrebt sein, es niemals bereuen zu müssen. Wenn doch, würde Tiberius Caudex es definitiv als erstes merken. Aber das sagte Sextus natürlich nicht.
Stattdessen stimmte auch er einfach nur in die Verabschiedung ein. “Dann möchte ich dich nicht weiter aufhalten. Vale, Tiberius.“ -
Sim-Off: Irgendwie habe ich deine Antwort wohl übersehen. Entschuldige bitte
Dass Ovidius eigentlich nur Mittel zum Zweck war, war eine durchaus einleuchtende Erklärung. Zumindest war diese Theorie weitaus tragfähiger als diejenige, dass Ovidius selbst irgend etwas getan haben könnte, was einen Mord an ihm in aller Öffentlichkeit als probates Mittel erscheinen ließ. Doch für wen mochte diese Warnung bestimmt sein? Ein verschmerzbarer Verlust war Ovidius wohl für jedermann gewesen, doch konnte wohl kaum der gesamte Senat das Ziel dieser Attacke gewesen sein. Zu welchem Zwecke denn? Es gab momentan keine anstehende Entscheidung, die solch ein drastisches Vorgehen erklären konnte.
“Wenn diese Frage leicht zu beantworten wäre, wäre der Mörder wohl schon gefasst. Doch fürchte ich, dass uns beiden hier und heute nichts weiter übrigbleiben wird, als weiterhin zu warten, wie die Geschehnisse sich entwickeln werden.“ Wenngleich dies wohl die unbefriedigendste Lösung war. Sextus sah sich selbst eher als Mann der Tat. Untätig herumzusitzen und gar nichts zu tun war daher alles andere als erfüllend. Selbst, wenn man gerade in einem Bad zur Entspannung saß und dort naturgemäß nichts tun sollte.Das Reden über mögliche Zukunftspläne war da schon eher produktiv. “Oh, ich gebe offen zu, dass ich auf deine Expertise hierbei nur allzu gerne zurückgreifen würde. Du kannst mir gerne jederzeit deine Gedanken zu einer möglichen Überarbeitung mitteilen. Je weiter im Vorfeld einer möglichen Kandidatur, umso besser sogar, da so einige Ideen bis zur Gänze noch reifen und sorgfältig geprüft werden können, ehe mögliche Amtsgeschäfte oder solche Dinge wie ein Wahlkampf davon ablenken können. Aber natürlich nur, wenn du dies möchtest und es dir nichts ausmacht, die Lorbeeren hernach mit mir zu teilen.“
Sextus hatte nichts dagegen, den Löwenanteil an Arbeit leisten zu müssen, solange das Vorhaben, welches er vorantreiben wollte, dadurch zu einem Ende kam. Aber er würde sicher nicht den Fehler machen, alles allein machen zu wollen. Nein, bereits bei der Lex Mercatus hatte es sich mehr als bewährt, im Vorfeld mit verschiedenen Senatoren verschiedene Möglichkeiten anzusprechen, ihre Einwände zu hören und Ergänzungen anzubringen, bevor er damit vor den Senat getreten war. Das Ergebnis war eine einstimmige Annahme seines Gesetzestextes. Wenn er ähnliches für den Codex Iuridicalis planen wollte, wollte er auch ein ähnliches Ergebnis anstreben.Doch Gracchus erzählte auch von seinen Plänen. Oder vielmehr, er erklärte sich, seine Familie und seine Vergangenheit in einer Offenheit, die Sextus doch ein wenig überraschte. Er selbst war als sechstes Kind einer äußerst fruchtbaren Mutter stets im Schatten seiner Geschwister aufgewachsen, doch anders als bei Gracchus hatte dies bei ihm zu einem unbändigen Ehrgeiz geführt. Sextus wollte nicht so sein wie sein Vater. Er wollte nicht so sein wie seine älteren Brüder. Er wollte nicht einfach nur den unbedeutenden Platz ausfüllen, den das Schicksal einem der jüngsten Söhne eines mit vielen Kindern beschenkten Mannes üblicherweise bereithielt. Nein, er wollte sich über sie alle erheben, wollte sich von ihnen allen befreien und selbst so viel Macht ansammeln, dass er sie niemals vor solch kleingeistigen Wesen wie diesen zu rechtfertigen brauchte. Er wollte Perfektion. Den goldenen Apfel aus dem Garten der Hesperiden wollte er. Er wollte Nektar und Ambrosia. Unsterbliche Jugend, ein Gott sein, und wenn dieses Ziel unmöglich war, dann zumindest das, was diesen Dingen am nächsten kam. Ohne solche kleinlichen Hindernisse wie Moral, Sitte, Gewohnheit.
Doch Gracchus war anders. Wo Sextus nach Macht strebte, so scheute sich Gracchus vor jener. Wo Sextus die eigene Ambition vor die öffentliche Moral stellte, hegte Gracchus Skrupel. Wo Sextus unerschütterliches Selbstvertrauen hegte, hegte Gracchus siene Zweifel.Sextus hörte also still zu und ließ seinen Freund reden. Es schien ihm fast, als wolle der Flavius sich all diese Dinge einmal von der Seele reden, auf dass sie ihn nicht mehr belasteten. Doch schien auch diese Beichte nicht die ersehnte Erleichterung zu bringen.
Sextus schwieg einen Moment und ließ so die Worte einen Augenblick lang zwischen ihnen beiden im warmen Dunst schweben. Er wollte nicht unsinnig antworten oder durch seine Worte unglaubwürdig wirken, und ebenso wollte er dieser Einlassung den Respekt gewähren, den sie verdiente. Wann legte schon einmal jemand Teile seiner Seele so offen? Es war eine Sache, sich nicht an Moral gebunden zu fühlen. Unhöflichkeit aber war auch völlig jenseits jeder Moral einfach nur ein Zeichen riesiger Dummheit, und da Sextus nicht dumm war, war er von seinem Standpunkt aus gesehen immer höflich.“Ich denke, du gehst zu hart mit dir selbst ins Gericht, Gracchus“, sagte Sextus salso schließlich nach einer angemessenen Schweigezeit, in der er seine Worte zurechtgelegt hatte. “Kein Mensch ist ohne Makel, auch nicht diejenigen, die makellos erscheinen mögen. Ich bezweifle keine Sekunde, dass auch die momentanen Flamines oder der Rex Sacrorum bei weitem nicht so unbescholten sind, wie sie scheinen mögen. Und doch belastet sie ihre Unvollkommenheit nicht.
Du mein Freund hingegen scheinst zu leiden für etwas, das eine Notwendigkeit war und nicht vollumfänglich in deinem Einfluss lag. Hättest du denn wirklich etwas ändern können, ohne anderes, schlimmeres Unheil damit heraufzubeschwören? Manchmal geben uns die Götter nur die Wahl zwischen dem kleinsten und dem größten Unglück.“
Bevor Gracchus hiergegen Widerspruch einlegen konnte, hob Sextus die Hand zum Zeichen, dass er trotz Redepause noch nicht fertig war. “Ich, mein teurer Freund, denke – und tue dies bitte nicht als Schmeichelei ab, denn es ist keine – dass deine Selbstkritik dich vermutlich zum integersten Mann von ganz Roms macht. Die meisten finden noch Rechtfertigungen für unleugbare Fehler. Du hingegen findest Fehler deiner Selbst im Unabwendbaren.“ Was Sextus für nicht gänzlich gesundheitsfördernd hielt, aber dies sparte er aus. Er hoffte, dass seine Worte vielleicht ein wenig aufbauend gewirkt haben mochten. Er brauchte seinen Verbündeten, und er brauchte ihn funktionsfähig. Wenn Gracchus sich gänzlich aus Rom verabschieden würde wegen einer so kleinen Sache wie einem Jahre zurückliegenden Kaisermord, hätte Sextus einen seiner wichtigsten Verbündeten verloren!Doch würde es den Flavier wohl überfordern, wenn Sextus ihn in eine Richtung drängen wollte, in die jener nicht gehen wollte. Nein, ein Gracchus, der sich überlegen konnte, ob seine Fehler vielleicht doch nicht gar so schlimm waren, musste vorerst genügen.
“Aber wenn du deinen Sohn für besser geeignet hältst, ein solches Amt auszuführen, will ich dich hierin natürlich uneingeschränkt unterstützen.“ -
Priscas Einwand war nur ein fernes Summen und nicht weiter von Bedeutung. Was Sextus tun würde, wenn seine Verwandtschaft ihn jetzt erwischen würde? Er würde sich gar nicht erst davon stören lassen und sich einfach ohne jede Erklärung das nehmen, was er schon seit vielen Jahren wollte. Prisca hatte mit diesen geflüsterten, ehrlichen Worten eine Tür aufgestoßen, und spätestens mit ihrem Kuss ließ sie den Sturm herein. Sextus hatte gar nicht erst vor, diesen zu besänftigen, nein, er wollte die rohe Gewalt der Natur über ihnen beiden entfesseln und die Himmel zum Einsturz zwingen bis nichts weiter bleiben würde als klares, strahlendes Licht.
Sextus zog Prisca an sich, als wolle er sie nie wieder gehen lassen, und in diesem Moment fühlte er es auch genau so. Der Kuss wurde leidenschaftlicher, härter, besitzergreifender. Mit ein paar geübten Bewegungen war Priscas Kleid bis über ihre Hüfte hochgezogen und er fasste ihre weißen Schenkel, um sie sich auf die Hüfte zu setzen.
Ihr voriger Einwand hallte nur als Erinnerung in seinen Ohren, aber es war das einzige, was ihn davon abhielt, sie gleich hier und jetzt an der nächsten Säule zu nehmen im Angesicht ihrer Ahnen. Ja, Sextus wollte es nur zu gerne, wollte dem selbstgefälligen Marcus Corvinus und den übrigen zeigen, was er tat, was er zu tun imstande war, wollte ihre Geister als Zeugen dieses verbotenen Aktes wissen. Es wäre der Gipfel der Überlegenheit. Nur nicht für Prisca, und dieser Gedanke verhinderte es.
Aber nur für diesen Augenblick, denn ohne auch nur zu zögern trug Sextus nun Prisca so auf seiner Hüfte sitzend, ihre schlanken Beine festhaltend und sie immer wieder rhythmisch an sich drückend in das nächste, leere Gästezimmer. Ohne den Kuss auch nur einen Augenblick zu lösen nahm er sich dort in einem ungestümen Akt direkt an der Wand, wonach es ihn schon so lange verlangte, kaum dass die Tür geschlossen war.
Nachdem die erste Lust gestillt war, löste er sich von Prisca. Aber gerade nur für die Zeit, die es brauchte, die eigene Tunika auszuziehen und achtlos zu Boden zu werfen und Prisca von ihrem Kleid wahrhaftig zu befreien. Er erforschte ihren wundervollen Körper mit allem, was ihm dafür zur Verfügung stand.Sextus hatte schon viele Frauen in seinem Bett – oder sonstigen Örtlichkeiten – gehabt und hatte dabei eines gelernt. Eine Frau war wie eine kostbare Kithara. Jedes Instrument war einzigartig, jedes hatte seine Besonderheiten und Befindlichkeiten, auf die man achten musste. Jeder Idiot konnte in die Saiten einer Kithara greifen und dieser ein paar Töne entlocken. Aber um eine vollendete Melodie zu spielen, bedurfte es sehr viel Feingefühl und noch mehr Übung. Und Sextus hatte geübt. Sehr viel. Und jede einzelne dieser Lektionen nutzte er nun für Prisca. Wild, ungestüm, hart, fordernd, sanft, schmeichelnd, wartend, den Augenblick bis zum Maximum herauszögernd, im Stehen, im Liegen, an der Wand, im Bett, am Tisch, einander zugewandt oder hinter Prisca, sie dominierend, sie verwöhnend, eine Runde direkt an die nächste anschließend... so lange, bis er sich sicher war, dass ihr ganzer Körper mehr vor Erschöpfung als vor Lust zitterte. Erst da ließ er sie schließlich auf dem Gästebett in seine Arme sinken und einfach nur atmen.
Dass sie jemand gehört haben würde, bezweifelte Sextus nicht. Aber es war auch kein Problem. Er hatte in den letzten Wochen und Monaten diverse Sklavinnen in diversen Räumen unter ähnlicher Lautstärke beglückt. Weder Corvina, noch einer der Sklaven würde sich also irgend etwas dabei denken. Auch nicht, wenn sie nicht herausfanden, welche Sklavin dies gerade war, da Sextus seine Gespielinnen schnell austauschte und häufig weiterverkaufte, ehe sie ihn mit so Kleinigkeiten wie Schwangerschaften nerven konnten. Für hier und heute wäre ihre kleine Zweisamkeit kein Problem. Und Sextus war viel zu zufrieden mit seinem Erfolg, um dieses Gefühl von irgendwelchen unbegründeten Sorgen zerstören zu lassen.
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Warum genau noch einmal hatte sich Sextus breitschlagen lassen, an dieser Farce hier teilzunehmen? Die Praetorianer veranstalteten seit ein paar Tagen ihr Brimborium im Tempel des Mars und ließen sich mit Weihrauch eindampfen, und als wäre das nicht genug, nein, am Ende mussten sie natürlich auch noch im Blut eines Stieres baden.
Sextus hatte nichts gegen Blut, auch nichts gegen Weihrauch, und erst recht nichts gegen Mars. Aber die Praetorianer übertrieben mal wieder maßlos, und wenn Sextus zwei Dinge hasste, dann waren es Übertreibung und Militär.Einer der Opferhelfer bugsierte noch eine Patera unter den Stier und auf das Gitter, das den Rinderkörper davon abhalten würde, die Männer unter ihm schlicht und ergreifend zu erschlagen. Natürlich begrub der Stier so erst einmal die Schale, als er in sich zusammensackte. Sextus verdrehte die Augen und wartete, bis ein völlig in Blut gebadeter ministrus die goldene Patera samt der dazugehörigen, gewaltigen Rinderleber unter dem Stier wieder freigerückt und gezerrt hatte. Wer auch immer sich das hier ausgedacht hatte, der hatte nie praktische Erwägungen in seine Überlegungen einfließen lassen. So beispielsweise, dass so eine Rinderleber riesig war und mehr als ein halbes Talent wog.
Die armen ministri plagten sich also damit ab, die Patera zu halten, während Sextus die Leber in Augenschein nahm. Für diese Arbeit hätte eigentlich auch ein popeliger Augur gereicht, da ohnehin keine ausführliche Leberschau gewünscht war. Im Grunde sollte Sexus nur bestätigen, dass der Stier angenommen worden war und die Praetorianer deshalb nun besonders geweiht waren als Evocati.Wieso gleich nochmal hatte er sich dazu breitschlagen lassen? Achja, ein Gefallen, den er von den Praetorianern hierfür einfordern konnte. Mindestens.
Sextus ließ sich also angemessen Zeit damit, die Leber zu begutachten, und intonierte schließlich mit einer Stimme, die auch für eine Grabrede angemessen gewesen wäre: “Mars, Gott des Krieges, des Kampfes und des Sieges, Vater des Ackers! Mars, Macht der Gegenwehr, des Gefechtes, des Mutes, und der Strategie! Mars, Feldherr der Götter, der Sieg und Rache geschaffen hat! Mars ultor, Marspiter, weiht euch als seine Evocati!“
Ob Mars den Stier aber tatsächlich angenommen hatte oder nicht, das würde wohl ein Geheimnis zwischen dem Gott und dem Haruspex bleiben. -
Reunan nahm das Päckchen entgegen. “Richte deinem Herrn im Namen meines Herrn seinen Dank aus. Ich werde ihm die Tafeln gleich überbringen und ich bin mir sicher, dass dein Herr nicht lange auf eine Antwort warten muss.“
Auch das war mehr oder weniger nur eine Floskel, aber in der Regel beantwortete sein Herr eingehende Post nach Wichtigkeit des Absenders recht schnell. -
Ein Bote brachte eine Wachstafel mit einer Antwort vorbei.
Sen. Et HP Aurelius Lupus s.d.Nachdem unser letztes Treffen mit einer derart vagen Bitte um einen Termin nicht zu einem Ergebnis geführt hat, welches meine Zeit gerechtfertigt hätte, lehne ich deine Bitte um einen weiteren Termin ohne nähere Informationen, worum es hierbei überhaupt gehen soll, vorläufig ab. Sofern du mit neuer Nachricht deutlicher werden möchtest, weswegen du einen Termin wünscht, befinde ich zu gegebener Zeit eventuell neu.
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Sextus hatte zwar kein allumfassendes Gedächtnis, aber das ein oder andere blieb ihm nun doch im Gedächtnis. Zum Beispiel, wenn jemand in die Villa Aurelia marschierte und mir nichts, dir nichts um die Hand seiner Cousine Prisca anhielt, dabei seine Angebetete beleidigte und bei der Ablehnung dieses Antrages obendrein pampig wurde. Das blieb dann doch ein wenig im Gedächtnis.
Sextus war sich nicht sicher, ob es sich bei dem Helvetius um denselben Helvetius wie damals handelte, aber schon allein der Familienname machte ihn misstrauisch. Nachdem er seinen Nomenclator ein wenig in den Unterlagen hatte wühlen lassen, kam dieser auch zu dem Schluss, dass es sich tatsächlich um denselben Helvetius wie damals handelte. Noch ein Grund mehr, warum Sextus dem Schreiben, welches er erhalten hatte, gelinde gesagt skeptisch gegenüberstand. Er ließ sich also eine einfache Wachstafel reichen und formulierte eine schnelle Antwort. -
Ich habe dir vorhin schon gesagt, dass ich mich von einer Scheidung durchaus überzeugen ließe, wenn eine der Damen ihr Glück versuchen will“ berichtigte Sextus seine Cousine. “Und du glaubst doch nicht, dass du mir so leicht davon kommst?“ Nein, seinen Gefallen hob Sextus schön weiter auf für eine Gelegenheit, wann er ihn wirklich brauchen würde. Nachdem Flavius Piso sich aus diesem Pakt schon so leichtfertig hinausgeschmuggelt hatte mit seinem Tod, würde er Prisca nicht so schnell vom Haken lassen.
Überhaupt würde er sie im Moment nicht wieder so schnell vom Haken lassen. Das Spiel zwischen ihnen beiden ging nun schon seit Jahren, ohne dass seine Cousine jemals zu einer Entscheidung gelangt wäre. Hier und heute war eine gute Gelegenheit, einmal etwas eindringlicher auf eine Antwort zu drängen. Auch wenn Prisca sich mit einem 'Nein, nein, nein' erst einmal zurückzog. Ihre ganze Körperhaltung, ihre Augen, ihr ganzes Gebahren sagten eher 'ja, ja, ja'. Es war nur eine weitere Stufe des Spiels, nur eine weitere Maskerade, die Prisca aufrecht erhalten wollte. Aber nicht heute, nicht jetzt.
Sextus ging zu seiner Cousine, langsam, pirschend, ohne seine Augen von ihr zu lassen. Als er schließlich direkt an ihr stand, schlang sich sein Arm in einer schnellen Bewegung um ihren Rücken, wie zum Tanz, und zog sie ganz dicht an sich. Er konnte nicht nur das sorgsam aufgetragene Parfum riechen und die Duftwasser, mit denen sie ihr Haar kämmte, sondern darunter den erdigen, warmen, lebendigen Hauch ihrer Haut, die süße Verlockung ihres Atems. So nah beieinander fühlte er den flatternden Schmetterling in ihrer Brust, der ihr Blut zum Rauschen brachte, das Zittern in ihrer Kehle. Ihr Blick, beseelt von Furcht und Feuer gleichermaßen. “Noch nie habe ich einen Hehl darum gemacht, was ich will, Prisca. Ich habe es dir gesagt“, flüsterte Sextus in Priscas Ohr und zog sie dabei noch ein wenig mehr an sich, um ihr auch noch einmal zu verdeutlichen, dass er es Ernst meinte. “Den goldenen Apfel aus dem Garten der Hesperiden. Nektar und Ambrosia. Ich habe es nicht vergessen.“
Seine freie Hand streichelte an Priscas Seite langsam nach unten, an ihren Armen entlang bis zu ihren Fingerspitzen. “Ich habe es dir schon so oft gesagt, Prisca. Ich werde niemals etwas tun, das du nicht willst. Aber was ist es, was du willst?“ Auch die Hand in ihrem Rückenbegab sich auf Reisen. Erst fuhr sie sanft den Rücken hinauf... “Willst du, dass ich sanft zu dir bin?“ Dann fuhr sie wieder nach unten, fester, fast schon grob. “Oder hast du genug von der Sanftheit und willst Leidenschaft? Bestimmung?“
Sextus sah ihr noch einmal tief in die Augen und führte siene Lippen dann zu ihrem anderen Ohr. “Was willst du, Prisca? Was ist dein tiefstes, innigstes, dunkelstes Verlangen?“ -
Und wieder öffnete der riesige Reunan die Türe und blickte auf den Menschen hinunter, der hier an die Porta gekommen war. Diesmal war es wohl ein beladener Bote.
“Ja, bitte?“ fragte Reunan also höflich nach, ob er hier denn irgendwie behilflich sein konnte. -
Nachdem Sextus selbiges ja mit seinem neuesten Klienten besprochen hatte, ließ er es sich nicht nehmen, ihm auch gleich ein wenig Starthilfe hier mit auf den Weg zu geben. Ein Bote der Villa Aurelia brachte also folgende, kleine Tafel zum Haus von Senator Purgitius.
Sen. et HP Aurelius Lupus Sen. Purgitio Macre s.d.
Ich habe Tiberius Caudex unter meine Fittiche als Klienten genommen. Der junge und engagierte Mann ist derzeit auf der Suche nach einem Senator, bei dem er ein Tirocinium fori ableisten kann. Hierbei dachte ich dabei an dich, da du aufgrund deiner Tätigkeiten für die Academia und deiner langjährigen Erfahrung im Senat und nicht zuletzt deiner Hilfe bei der Erstellung der Lex Mercatus auch ohne momentanes Amt sicherlich ein sehr lehrreicher Lehrmeister wärest und dem jungen Mann das nötige Rüstzeug mitgeben könntest.
Tiberius Caudex wird dich demnächst besuchen und sich persönlich vorstellen. Ich bitte dich, ihm wohlwollend gegenüber zu stehen und würde es als Gefallen ansehen, wenn du eine Verwendung für ihn hättest.
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Gut, dann würde Sextus ein entsprechendes Schreiben die nächsten Tage aufsetzen. “Ich werde das Schreiben mit einem Boten an die Villa Tiberia überbringen lassen, sobald es aufgesetzt ist.“ Womit eigentlich alles besprochen wäre. Ohnehin war weit mehr besprochen worden, als Sextus gedacht hatte. Im Grunde hatte er nur mit einem etwas ausschweifenden Dank gerechnet, vielleicht noch einmal mit einer Wiederholung des etwas seltsamen Heiratsantrages, den schon Tiberius Verus hier halbherzig abgeliefert hatte. Doch jetzt hatte er einen neuen Klienten und ein paar wohlgemeinte Ratschläge verteilt und gleich auch noch einen Teil Karriereplanung seines neuen Schützlings mit abgeleistet. Nicht schlecht für einen späten Vormittag.
“Hast du noch weitere Fragen oder Anliegen?“, fragte Sextus daher noch abschließend. Er selbst hatte nichts weiter, daher würde er dieses Gespräch dann zeitnah zu beenden. -
Zum claudischen Gesetzentwurf war erst einmal alles gesagt, so dass Sextus es hier auch nur mit einem etwas schläfrigen Nicken beließ. Das warme Wasser entspannte nicht nur, sondern führte einem auch immer wieder das eigene Bedürfnis nach Ruhe und Schlaf vor Augen.
Da war das Gesprächsthema des Saeculums nur wenig hilfreicher.
“Ich danke dir, mein Freund. Selbst, wenn dieser Verdacht sich letztendlich nicht erhärtet, so erlangen wir wenigstens Gewissheit darüber. Und auch, wenn meine ersten Berechnungen korrekt sind, sollten wir beide ja auch in zwölf Jahren hoffentlich noch in den Genuss der darauf folgenden Festivitäten kommen.“ Zumindest hatte Sextus nicht vor, in den nächsten zwölf Jahren zu sterben und dachte ähnliches auch von Flavius Gracchus, so dass sie beide wohl das nächste Saeculum tatsächlich erleben würden.Die Sache mit dem Mörder allerdings verhinderte dann doch das langsame Wegdämmern, denn das war in der Tat ein nicht zu ignorierendes Ärgernis. Und gleichzeitig eines, an dem Sextus nicht das geringste ändern konnte. Wenn er auch nur eine Ahnung hätte, wer sich erdreistete, Senatoren auf offener Straße anzugreifen, derjenige müsste keinen Prozess fürchten. Sextus würde dieses Individuum einfach verschwinden lassen und stückchenweise im Tiber versenken. So eine Geringachtung des Status konnte nicht ungestraft bleiben.
“Nun, Rom war schon immer gefährlich. Allerdings hatte das Gesindel bislang zumindest genug Verstand und Respekt, die höhergestellten Schichten nicht allzu öffentlich anzugehen. Erst recht nicht direkt auf den Stufen des Senats! Daher riecht das geradezu nach einer Verschwörung, wobei es sich meiner Kenntnis entzieht, für wen Ovidius derartige Wichtigkeit besitzen könnte, was es rechtfertigen würde, ihn zu töten.“ Der Mann war ein Niemand aus den hintersten Reihen gewesen. Ihn umzubringen würde höchstens etwas im persönlichen Rahmen nützen. Und wenn es persönlich war, dann hätte man es besser zuhause erledigt, als auf den Stufen des Senats.
Es war ein Rätsel, und es blieb nur zu hoffen, dass die Urbaner hier etwas zuverlässiger arbeiteten als gewöhnlich.Die nächste Frage kam nicht gänzlich unerwartet, in diesem Kontext aber doch etwas überraschend. Nachdem Sextus sein Aedilat makellos ausgeführt hatte, war der logische Schritt, dass er sich auch zeitnah an die noch höheren Ämter wagen würde. Rein formal besaß er die Voraussetzungen, nun zur Praetur zu schreiten, und nach seinem letzten Erfolg wäre es auch nur logisch. Dennoch hatte er noch nicht letztgültig darüber entschieden. “Ich zögere noch, hierzu eine Entscheidung zu treffen. Natürlich reizt mich die Praetur, und ich hege durchaus noch größere Ambitionen bezüglich meiner Karriere. Allerdings möchte ich nicht ohne stichhaltige Agenda in ein solches Amt treten. Nachdem das Marktrecht nun reformiert ist, wäre es eigentlich der logische Schluss, für die Praetur einmal unser Justizwesen und die damit verbundenen Gesetze in Augenschein zu nehmen. Aber außer der allgemeinen Feststellung, dass die im Codex iuridicalis verhängten Geldstrafen für Wohlhabende lächerlich gering sind im Vergleich zu denen, die für einfache Marktvergehen verhängt werden, habe ich noch keine Pläne. Daher bin ich mir noch unschlüssig, ob ich tatsächlich sofort wieder kandidieren soll, oder lieber noch ein weiteres Jahr warten soll, bis die Ideen diesbezüglich etwas besser gereift sind.
Aber erlaube mir die Gegenfrage, wie es mit deinen künftigen Plänen aussieht?“
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Die Geschichte mit dem Loch war wirklich seltsam. In Sextus begann sich ein Verdacht zu erhärten, insbesondere, als Prisca zugab, dass ihr Stiefsohn sie nicht leiden mochte. Da Sextus ohnehin mit einer übergroßen Rationalität gesegnet war, war es ihm durchaus fremd, Antipathien gegen eine mögliche Stiefmutter zu hegen. Insbesondere, da er mit derartig vielen Geschwistern gesegnet war und weder der erste noch der älteste Sohn war, so dass sein Erbe auch durch eine neue Frau nicht mehr in Gefahr war als jetzt schon. Mit ein Grund, warum sein Vater ihn frühzeitig emanzipiert hatte, um so Sextus' Anspruch auf ein Erbe schon beizeiten aus der Erbmasse herauszunehmen und dem erfolgreichen Sohn so zu erlauben, eigenes Vermögen anzuhäufen. So oder so, Sextus konnte die Antipathien gegen Prisca nicht nachvollziehen und hatte eigentlich gehofft, dass seine charmante Cousine die gesamte flavische Familie um ihre schlanken Finger gewickelt hätte.
Allerdings war die Geschichte derart lange her, dass Sextus wohl kaum selbst prüfen konnte, um was für eine Art Loch es sich handelte, und ob es geeignet war, Prisca einen wie auch immer gearteten Schaden zuzufügen. Und auch Prisca selbst schien keinerlei Interesse an einer weiteren Verfolgung des Themas haben.Ganz im Gegenteil! Offenbar hatte sie beschlossen, dass es weitaus spaßiger wäre, weiterhin mit Sextus zu flirten und ihn zu necken. Und wer wäre Sextus, ihr hierin zu widersprechen? Wenn sie mit dem Feuer spielen wollte, dann wäre er der letzte, sie davon abzuhalten.
“Oh, die Liste der Männer, die dir auch nur einigermaßen das Wasser reichen könnten, dürfte sehr kurz sein. Aber wenn du mich entsprechend bezahlst, helfe ich dir natürlich gerne. Vielleicht hilfst du mir dann ebenfalls, eine Liste eben jener jungen Damen zusammenzustellen, die es wert wären, meine Aufmerksamkeit zu erhalten? Vielleicht findet sich ja eine hübsche, kluge, charmante Göttin, die willens ist, sich eine Nacht oder einen Nachmittag lang von meinen Qualitäten als Mann zu überzeugen?“ Dabei blickte er Prisca nicht weniger verführerisch an, wie sie ihn. Ohne den Blick von ihr abzuwenden, zupfte er eine Traube von der Rebe und hielt sie ihr entgegen. Doch anstatt sie damit zu füttern, ließ er sie im letzten Moment geschickt so fallen, dass sie – Treffer – in Priscas Dekolleté landete und dank ihrer vorgebeugten Haltung ein wenig tiefer rollte.
“Oh, wie ungeschickt“, verkündete Sextus mit einem wölfischen Grinsen und wollte schon mit der Neckerei fortfahren als...Naja, genau da entschied sich Priscas Spielzeug, zu sprechen. Sextus schaute einmal etwas entgeistert zu dem Mann, der sich räusperte und dann ohne viele Worte ging. Prisca musste in der Erziehung ihrer Sklaven dringend noch ein wenig nachbessern. Dass er ohne Aufforderung oder Befehl ging, gut, das kam Sextus im Endeffekt gelegen. Aber Sextus mochte seine Sklaven am liebsten wie seine Zimmerpflanzen: Dekorativ und stumm.
Also sah er diesem etwas ungewöhnlichen Schauspiel stumm und etwas verwirrt zu, ehe er entschied, dass es zu seinem Vorteil war, dass Prisca ihren neuen Sklaven noch nicht gänzlich unter Kontrolle hatte. Ohne Publikum war sie vielleicht noch etwas offener für weitere Avancen.
“So... nun, da deine Anstandsdame den Rückzug angetreten hat, liebste Cousine: Ich hätte wirklich gerne diese Traube zurück. Soll ich sie mir holen?“ Herausfordernd lächelte Sextus seine Cousine an. Wenn sie weiter spielen wollte, wäre das sehr willkommen. Allerdings hätte das Spiel dann definitiv eine neue Ebene erreicht. Eine etwas körperlichere. -
'Nicht sonderlich stabil' war eine sehr diplomatische Umschreibung. Aber eine weniger gewählte Ausdrucksweise würde auch nicht zu Gracchus passen. Sextus lächelte breit und ließ sich etwas tiefer ins Wasser sinken. “Ich nehme an, dass sich der gesamte Entwurf spätestens mit einer Antwort des Kaisers erledigt haben wird. Selbst wenn dieser inhaltlich zustimmen würde, glaube ich nicht, dass er es sich nehmen lassen wird, seine engsten Mitarbeiter selbst zu bestimmen. Und ich denke auch, wenn ein wenig Zeit ins Land gegangen ist, wird Claudius selbst die ganze Angelegenheit mit etwas Abstand betrachten können.“ Und wenn nicht, würde Sextus eben zum wiederholten Male den Spielverderber spielen müssen und darauf aufmerksam machen, dass das römische Gesetz für das gesamte römische Reich gelten musste, die römischen Sitten allerdings nur für die Römer selbst und nicht für die hundert Völker, über die sie herrschten, und alles andere nur weitere Kriege und Aufstände provozieren würde. Noch nie war ein Senat derart dumm gewesen, römische Ansichten anderen Völkern aufzuzwingen, im Gegenteil. Eigentlich hatte man bislang alles nützliche, was andere Völker hervorgebracht hatten, ohne zu zögern dem römischen Wesen einfach hinzugefügt.
Seinen Gedankengang mit dem Saeculum kommentierte auch Gracchus wieder ausgiebig. Vielleicht lag Sextus' Eindruck des Kaisers wirklich darin begründet, dass dieser schlicht die Haruspices mied und auf diese – etruskische – Kunst nicht zurückgriff, während er den urrömischen Collegien weiter zugetan war. “Wenn das Collegium Pontificum dem Kaiser einen derartigen Vorschlag unterbreiten würde, die Anzeichen für ein Saeculum prüfen zu lassen und hierbei auch auf die Gelehrten anderer Länder zurückzugreifen, wäre ich dir sehr verbunden.“ Sextus bezweifelte, dass der Kaiser dem Vorschlag ebenso offen gegenüber stünde, wenn das Collegium Haruspicum diesen Vorschlag machte, wenngleich es in dieser Sache einzig dieses Collegium war, das das Ende eines Saeculums verkünden konnte. Diese Macht hatte noch nicht einmal der Senat.
Allerdings war sich Sextus nicht ganz sicher, ob Gracchus diesen Vorschlag so ernst genommen hatte, wie Sextus ihn gemeint hatte. Natürlich würde eine Saecularsfeier die Gemüter erheitern, nicht zuletzt, weil dies mehrere Monate des Feierns der diversen Reinigungsriten bedeutete. Allerdings wollte Sextus dies wirklich nur dann einleiten, wenn es tatsächlich ein neues Saeculum wäre, und nicht, um den Kaiser oder das Volk zu erfreuen. “Ich war leider kein Teil der Ermittlungskommision“, begann Sextus seine Antwort, auch wenn er diesen Umstand nicht wirklich bedauern mochte, “daher ist mir nicht bekannt, inwieweit in diesem Fall schon Ermittlungen geführt wurden, geschweige denn welche Ergebnisse hierzu vorliegen. Ich denke nicht, dass der Mörder ebenfalls eine von Varia aufgepeitschte Frau ist, wie Claudius es zuletzt zusammenfasste. Aber ich stimme dir zu, dass dieser Mensch gefasst und der römischen Justiz zugeführt werden muss, wenn wirklicher Friede einkehren soll.“
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“Selbstverständlich. Bestell ihm ruhig meine Grüße und erkundige dich in meinem Namen nach seiner Tochter.“ Sextus interessierte sich zwar weder besonders für überbrachte Grüße, und erst recht nicht für Töchter im nicht-heiratsfähigen Alter, allerdings gebot die Höflichkeit bisweilen solche Floskeln. Abgesehen davon würde eine solche Geste sicherlich die Atmosphäre für seinen Klienten auflockern und den Purgitier etwas empfänglicher für dessen Anliegen machen. Wobei sich Sextus auch relativ sicher war, dass der Consular ohnehin nur dann einen Tiro aufnehmen würde, wenn er etwas hatte, mit dem er ihn beschäftigen konnte.
Dass Tiberius Caudex zu den Augustales wollte, quittierte Sextus mit einem überlegenden Nicken. “Nun, die Augustales sind zwar nicht so angesehen wie die quattuor amplissima collegia, aber eine solide und ehrbare Wahl, die nicht von anderen angefechtet werden kann. Wenn du eine Empfehlung brauchst, setze ich auch gerne ein entsprechendes Schreiben an den Magister auf.“
Sextus selbst hätte wohl die Quindecemviri bevorzugt. Allerdings war ihm alles recht, solange sein Klient nicht zu den Auguren wollte. Diese Pfuscher hatten in seinen Augen den Status eines Collegiums nicht verdient. Und sofern er durch seine Stellung als Haruspex Primus helfen konnte, seinen Klienten zu seinem Wunsch zu verhelfen, würde er das selbstverständlich nutzen. -
So ab und an kam es vor, dass Sextus auch nach seiner Amtszeit als Aedil über den Markt schlenderte. Insbesondere der Sklavenmarkt zog dabei dieser Tage seine Aufmerksamkeit auf sich. Nicht, dass die Villa Aurelia unbedingt Sklaven benötigte. Man hatte im Grunde mehr als genug. Doch war der Verschleiß an jungen, hübschen Sklavinnen in der letzten Zeit etwas angewachsen, da viele nur für einige Monate gekauft und im Anschluss wieder verkauft wurden.
Um wieder ein wenig Abwechslung für sein Bett zu finden, schlenderte Sextus also auch heute über den Markt. Natürlich begleitet von seinem Maiordomus, einem Custos Corporis und dem ein oder anderen Gesprächspartner, den man hier und da traf. Und so schlenderte er auch am Stand des Titus Tranquillus vorbei und bedachte die nubische Schönheit, die dieser dort heute ausstellte, mit einem etwas längeren Blick. Eigentlich war Sextus' Beuteschema eher hellhäutig, schwarzhaarig und eher nördlich. Soweit er wusste, hatte er noch nie eine Nubierin in seinem Bett gehabt. Vielleicht war es daher Zeit für etwas neues.
Er gab also seinem Maiordomus einen Wink und schlenderte derweil schon weiter, um zu sehen, was der Markt vielleicht sonst noch so zu bieten hatte.“Eintausendfünfhundert!“ bot also der Maiordomus der Aurelii und setzte damit mal einen etwas höheren Maßstab als die zurückhaltenden Bieter bislang.
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Das warme Wasser vermochte es, Verspannungen sanft zu lösen, von denen Sextus nicht gewusst hatte, dass sie existierten. Die Arme auf den Rand lässig gelehnt legte er leicht seinen Kopf in den Nacken, um dieses Gefühl der wohltuenden, warmen Schwerelosigkeit für einen Augenblick noch zu verstärken, während er Flavius Gracchus lauschte. Sicherlich hatte er recht und Rom war schon immer kompliziert gewesen. Nur erschienen einem die Lösungen so viel einfacher, wenn man noch jung war und noch nichts zu verlieren hatte. Wenn man nur sich selbst im Blick hatte und Familie, Tradition, Verbindungen, Freundschaften und dergleichen einfach ausblenden konnte, dann war die Welt wohl einfacher. Aber je älter er wurde, so schien es Sextus, umso mehr schlichen sich auch Gedanken um die Menschen ein, die ihm nahestanden. Und vielleicht auch die an ein Vermächtnis, das er weitergeben konnte. Oder zumindest etwas, woran man sich erinnern würde, denn Sextus machte sich keine Illusionen, dass er jemals die Anerkennung erhalten würde, die er seiner Ansicht nach verdient hätte. Aber Neid war da wohl das nächstbeste.
Als Gracchus auf Claudius Menecrates und seine Gesetzesinitiative zu sprechen kam, war Sextus' Blick glücklicherweise noch nach oben gerichtet, so dass sein Freund das spontane Verdrehen der Augen unmöglich sehen konnte. Sextus richtete sich wieder gerade auf, um die Konversation gesittet fortsetzen zu können, und sah Gracchus an.
“Oh, ich bin mir sehr sicher, dass den uns umgebenden Damen derlei aufgefallen wäre und wir bei der ein oder anderen Cena über ihren Wissensgewinn informiert worden wären. Wir Männer haben unsere Wege, Informationen zu erhalten, und die Frauen haben die ihren. Und was solcherlei angeht, hege ich keinen Zweifel, dass die Netzwerke der holden Weiblichkeit den unseren weit überlegen sind.“
Oder anders ausgedrückt: was für einen Mann die Politik war, das war für eine Frau der Klatsch. Und gerade in den höheren Schichten war es für die Damen überlebensnotwendig, daran teilzuhaben.
“Was nun aber Claudius angeht... Du kannst das folgende natürlich auch als Ausdruck meiner Antipathie werten, wenngleich ich dir versichere, dass dem nicht so ist. Aber wann immer ich mit ihm zu tun hatte, ist mir vor allen Dingen immer eines aufgefallen: Seine überdeutliche Emotionalität, die bisweilen seltsame Blüten trieb. Ich habe selbiges zwar zur damaligen Zeit nicht thematisiert, da mir ein Begraben der Geschehnisse des Bürgerkrieges statthafter erschien, doch zeigt es an dieser Stelle ein Muster, wenn ich es tue. Ich bin mir nicht sicher, inwieweit dir bekannt ist, dass ich als senatorischer Tribun die zweite Legion seit der Überquerung der Alpen geführt habe anstelle von Claudius? Damals sah er sich nicht in der Lage, sein Zelt auch nur zu verlassen, geschweige denn, Verantwortung für die ihm unterstellten Männer zu übernehmen, da sein Freund, der mit ihm jenes Zelt teilte, in den Alpen zu Tode gestürzt war.“ Sextus hätte es auch anders ausdrücken können: Claudius Menecrates hatte wie ein Mädchen seinen Liebeskummer in seinem Zelt zelebriert, nachdem sein Geliebter dämlich genug gewesen war, ohne erkennbaren Grund in einen Abgrund zu reiten. Aber gegenüber Gracchus und in der Öffentlichkeit einer Therme wollte er gewähltere und sanftere Töne anschlagen.
“Und dies zog sich über Wochen und Monate hinweg.
Ebenso hat Claudius seinen ersten Entwurf bezüglich Reglementierung zu Wagenrennen eigenen Angaben zufolge in einer einzigen, schlaflosen Nacht geschrieben, nachdem es bei seinen Wagenrennen zu Unstimmigkeiten mit den Fahrern gekommen war. Und auch jener Gesetzesentwurf war über alle Maßen emotional und fehlerbehaftet.“Sextus zuckte leichthin die Schultern. “Ich habe die Tafeln gelesen, die Claudius im Senat extra hat herumreichen lassen. Und es würde mich sehr wundern, wenn die Aussagen von Sergia ihn nicht über alle Maßen geärgert haben. Und auch hier sagte er wieder, dass er den Gesetzesentwurf nächtens geschrieben habe.“
Ein Moment des Schweigens entstand, in dem Sextus nichts weiteres anfügte. Nein, dass Claudius Menecrates irgendetwas anderes sah als sein eigenes Ego war für Sextus ausgeschlossen. Nichts desto trotz galt es, die Ursachen der momentanen Unruhe herauszufinden.
“Ich habe schon gerätselt, ob vielleicht die kalendarischen Berechnungen falsch sein könnten. Das Ende eines Saeculums wird üblicherweise von Unruhen eingeleitet. Doch nach allen Berechnungen sollte es wenigstens noch zwölf Jahre dauern, bis das nächste Saeculum der Stadt Rom beginnt. Ich hatte schon überlegt, ob man vielleicht die parthischen Astronomen ebenfalls befragen könnte, um die Kalender abzugleichen, ob hier wirklich kein Fehler vorliegt. Aber dies bedürfte des Einverständnisses des Kaisers, und jener ist in religiösen Dingen bislang sehr zurückhaltend.“ -
Freischalten dürfte wegen 13,1 Lex Mercatus unmöglich sein.
Und Tutor darfst du selber im Control Panel machen. Einfach Suum Cuique -> Control Panel -> neuer Untergebener -> Name raussuchen -> Tutor
Wichtig dafür, dass es richtig herum ist, ist nur, dass Sisenna die Anfrage macht und Menecrates bestätigt, nicht anders herum. -
Tirocinium, Rhetorik... Ja, das war wohl das übliche. “Mit einem tirocinium bist du nun nach der Wahl fast ein wenig spät dran, und fast nur eher unbekannte Namen haben sich dieses Jahr für die höheren Ämter qualifiziert. Versteh mich nicht falsch, ich will dich von deinem Plan nicht abbringen. Nur sind mir wenig Projekte von anderen Senatoren bekannt, bei denen ein junger Mann etwas lernen kann.“ Es brachte schließlich nichts, einem Vigintivir über die Schulter zu schauen. Was sollte man da schon großartiges für seine Karriere lernen, und wichtiger noch, welche Fürsprecher wollte man damit gewinnen?
“Allerdings könntest du bei Consular Purgitius vorsprechen hierfür. Bisweilen ergibt sich bei ihm aufgrund seiner früheren Tätigkeiten bei der Academia Militaris etwas interessantes. Zumindest, falls du dich für militärische Dinge interessierst.“ Das war an dieser Stelle wohl der einzige Tipp, den Sextus für ein Tirocinium geben konnte. Das, oder auf die nächste Wahl warten. Aber welcher junge Mann wollte schon warten?Einen Teilaspekt seiner Laufbahn hatte Tiberius Nero allerdings bislang unerwähnt gelassen. Sextus wusste nicht, ob er ihn nur nicht erwähnt oder aber tatsächlich vergessen hatte. In jedem Fall erwähnte er ihn jetzt. “Wie sieht es mit deinem kultischen Engagement aus? Für einen Patrizier ziemt es sich nicht, weder in einer Sodalität noch in einem der Collegia vertreten zu sein.“ Auch wenn einige Patrizier diesen Aspekt ihrer Pflicht an Rom nur zu gerne vergaßen. Spätestens in der Politik war man gezwungen, daran zu denken.