Einen kleinen Moment war der junge Mann unaufmerksam gewesen und schon waren ihm, in anderem Umfeld durchaus potentiell gefährliche, Worte über die Lippen gekommen. Er hatte Republik gesagt, und formal mochte diese Bezeichnung auch stimmen, schließlich war der Staat noch immer Sache des Volkes. Der Senat tagte noch immer unter dem Vorsitz der Consuln, die Ämter des Cursus Honorum bestanden unangefochten. Und doch war natürlich hinter dieser bröckeligen Fassade nichts mehr wie früher, der Kaiser, auch wenn er schwach und krank gleichsam im Exil außerhalb Roms weilen mochte, hatte die Fäden und mit ihnen die tatsächliche Macht im Staat in seine Händen. Obwohl Flavius Flaccus selbst drei Kaiser seine Vorfahren nannte, hatte er die Zeit der Republik, die er selbst natürlich lange nicht mehr erlebt hatte, gleichsam zu einer goldenen, einer besseren erklärt und in vermutlich verklärender Weise, zumindest in seiner Phantasie zu etwas gemacht, das weit glorreicher als die Gegenwart erschien. Auf die Worte des Senators hin nickte Flaccus bedächtig und hütete sich, noch weitere Kommentare abzugeben, zu verstört war er noch durch seine eigene Unaufmerksamkeit von kurz zuvor. Er war es gewöhnt sich selbst, seinen Körper und seinen Geist ständig gänzlich unter Kontrolle zu haben, sodass solche Momente der Unachtsamkeit ihn hart trafen. Dann blickte er den greisen Matinier jedoch wieder an. "Ich hoffe meine Anwesenheit hält dich nicht von wichtigeren Dingen ab, ich möchte dir keinesfalls deine kostbare Zeit stehlen ...", meinte er in ehrlich besorgtem Ton.
Beiträge von Quintus Flavius Flaccus
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Den scriba, der in dem kurzen Moment, als Flaccus mit seiner Wachstafel beschäftigt war, durch den Raum huschte, bemerkte der junge Flavier lediglich aus den Augenwinkeln, doch schien er zu bestätigen, was Flaccus ohnehin bereits vermutet hatte. Der Octavier hatte offenbar gerade nicht sonderlich viel Zeit übrig, denn so wie es aussah, hatte er auch gar nicht die Absicht ein flüssiges Gespräch mit dem jungen Mann aufzubauen, sodass jener nach dessen knapper Antwort, das Priesteramt betreffend, lediglich einen kurzen Strich in das Wachs ritzte und sich daraufhin erhob. Die Tafel ließ er wieder im sinus seiner toga verschwinden und strich die dadurch etwas ausgebeulten Falten flüchtig zurecht, ehe er, einen Augenblick später wieder den Curator anblickte. "Ich denke, das wird reichen.", meinte er pragmatisch und fügte noch hinzu, "Danke, dass du einige Momente deiner kostbaren Zeit für dieses kurze Gespräch erübrigen konntest."
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"Ganz genau. Direkt an die Villa Flavia.", bestätigte der junge Flavier nickend und folgte dann dem Blick des greisen Senators zu einer Fortunastatue. Den Lebensweisheiten des Matiniers, die jener dem jungen Mann in fast väterlicher Weise offenbarte, lauschte er mit gerunzelter Stirn. Flaccus selbst hatte noch nicht allzu viele Erfahrungen mit der scheinbar wechselseitigen Gunst der Frauen gemacht, unweigerlich musste er an Polyxene denken, damals in Athen ... auch Axilla kam ihm in den Kopf und runzelnd gruben sich die Furchen noch ein wenig tiefer in seine Stirn. Nun blickte der alte Mann den Flavier direkt an und Flaccus erwiderte den Blick aus seinen aufmerksamen dunklen Augen. "Natürlich. Ich sehe es als Ehre und Pflicht zugleich an, der Republik zu dienen und den Ruhm Roms zu mehren.", erwiderte er nun aufrichtig und seine dunklen Augen blitzten auf. Der Familie Ehre und Ansehen, und Ruhm dem Vaterland zu verschaffen - konnte ein junger Mann hehrere Ziele hegen?
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Nach der Senatssitzung,der Flavius Flaccus als politischer Schützling des Konsuls natürlich aufmerksam beigewohnt hatte, war der junge Mann heute in Richtung der Casa Octavia aufgebrochen, um auch den zweiten der beiden octavischen Senatoren, Faustus Macer, ein wenig zu befragen. Zumindest war das seine Intention, denn ob der ehrwürdige Senator und derzeitige Curator Aquarum auch tatsächlich Zeit für den jungen Mann würde erübrigen können, war eine gänzlich andere Frage. Nestor, der greise griechische Sklave Flaccus' war auch heute wieder an seiner Seite und trat an die Porta um seinen jungen Dominus mit einigen kräftigen Schlägen anzukündigen. "Mein Dominus, der ehrenwerte Quintus Flavius Flaccus bittet um ein Gespräch mit dem Senator Faustus Octavius Macer.", verkündete er dem Ianitor, als sich die Porta öffnete.
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Immer ausführlicher und detaillierter wurde das Bild, das Flavius Flaccus sich mittlerweile von der illustren Schar der Senatoren und ihrer, scheinbar so gänzlich unterschiedlichen, Auffassung der öffentlichen Verantwortung ihres Standes zeichnen konnte. In der Tat hatte er schon viele der ehrwürdigen Männer persönlich abgeklappert oder zumindest per Brief Kontakt aufgenommen und auch heute war er wieder unterwegs, um seinem Tutor, dem Consul Purgitius Macer bald Bericht von seinen vielfältigen Erfahrungen bringen zu können. Erneut war es die Basilica Iulia gewesen, in die ihn sein Auftrag geführt hatte, genauer gesagt, vor das Officium des Curator Operum Publicorum, wo er nun, gekleidet in eine ansehnliche Toga, kurz aber heftig anklopfte.
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Schon erfuhr der Heimweg der beiden jungen Patrizier, der mittlerweile eher zu einem Spaziergang durch Rom auszuarten schien, eine kleine Änderung, als sie vom direkten Weg zur Villa Aurelia ab, und in eine Seitenstraße in Richtung des Theaters einbogen. Die nächsten Worte Floras ließen Flaccus jedoch etwas belustigt lächeln. "Pferde?", wiederholte er mehr zur Bestätigung für sich selbst, denn er hatte die Aurelia schon richtig verstanden, und sein Lächeln weitete sich zu einem freundlichen Grinsen aus. DAS war nun wirklich ein Thema von dem er so was von keine Ahnung hatte ...
Doch man sollte wohl auch offen für Neues sein, und so hörte Flaccus aufmerksam zu, als Flora von ihrer Leidenschaft zu erzählen begann. "Dann muss dir hier in Rom wohl tatsächlich ziemlich langweilig sein.", denn Pferde waren in den Straßen der Stadt grundsätzlich verboten, sodass sie vermutlich lediglich bei den Rennanlagen etwa des Circus Maximus auf ihre Kosten kam, und ihre Leidenschaft ausleben konnte. Glücklicherweise kam Flora dann jedoch auch schon auf Flaccus' eigene Interessen zu sprechen, denn das Pferdethema war tatsächlich eines der wenigen, mit denen der junge Mann so überhaupt nichts anfangen konnte. "Also, ich lese ...", begann er bescheiden und tatsächlich war das ja auch seine Hauptbeschäftigung in der wenigen Freizeit, die ihm mittlerweile nur noch zur Verfügung stand, da er gewöhnlich von seinen vielfältigen Pflichten geradezu von einem Termin zum nächsten gehetzt wurde. " ... und ich schreibe auch ein wenig selbst, ich mache Musik, ich interessiere mich für Philosophie, auch Kunst im Allgemeinen ...", fuhr er etwas planlos fort, und tatsächlich waren seine Interessen weit gestreut und alles andere als konkret. Im Grunde beschäftigte er sich immer mit den Dingen, die ihn im Moment eben gerade am meisten fesselten. " ... ach ja, und ich diene den Göttern.", fügte er dann noch hinzu, doch das tat im Grunde ja ohnehin jeder ... auf irgendeine Weise.
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Der durch die Worte durch seine kurze Rede durchaus konzentrierte Gesichtsausdruck des Flaviers lichtete sich, als er vernahm, dass Tiberius Durus ihn als Klienten akzeptieren und künftig unterstützen würde. "Ich danke dir, Patronus.", meinte er also, sichtlich erfreut, dass seine Mühen bereits die ersten kleinen Früchte des Erfolges trugen.
Die, in Anbetracht der geistigen Schärfe des alten Mannes, unvermeidliche Frage nach dem Vater des jungen Mannes kam natürlich prompt. Tatsächlich war es gerade dieser Punkt seiner direkten Abstammung, den Flavius Flaccus ganz bewusst nicht etwa an den Beginn seiner Rede gestellt hatte. So schämte er sich zwar nicht wirklich für seinen Vater, doch traten ihm nur allzu deutlich wieder dessen letzten Worte, die er seinem Sohn im Angesicht des Todes zugeflüstert hatte, in Erinnerung. Sollte er sich und dem Staat zwar nicht zu sonderlichem Glanz und Ruhm verholfen haben, so war er doch ein Abkömmling der flavischen Gens und damit niemand, dem es an Glanz und Bedeutung mangeln sollte. Flaccus richtete sich also zu seiner vollen Größe auf und sagte: "Mein Vater war Cnaeus Flavius Flaccus, ein ehrenwerter Mann, der erst vor wenigen Monaten diese Welt verlassen hat. Meine Mutter ist Flava aus der Gens Aemilia und meine Großmutter väterlicherseits Aurelia Agrippina.", nun, da der junge Mann seine Abstammung von gleich drei patrizischen Gentes dargelegt hatte, fühlte er sich wieder etwas selbstsicherer, sodass er, wenig zögerlich, eine Bitte anschloss. "Wenn dir der Name meines Vaters, Cnaeus Flavius Flaccus nichts sagt, Patron, so ist das nicht besonders verwunderlich. Er hat bis zu seinem Tod ein sehr zurückgezogenes Leben auf unserem Landgut bei Paestum geführt und sich keine besonderen Ehren im Dienste um die Republik erworben...", begann er und fuhr langsam fort, "... dieser betrübliche Umstand führt mich auch zu der ersten tatsächlichen Bitte an dich, denn ich wurde nicht in den senatorischen Ordo geboren. Ich sehe mich also bei meinen Plänen, bereits zur nächsten Wahl als tresvir aere argento auro flando feriundo zu kandidieren, einer enormen Hürde gegenüber, werden doch nur Mitglieder des Ordo Senatorius zur Wahl zugelassen ..." Tatsächlich hatte dieser Umstand dem jungen Mann in letzter Zeit intensives Kopfzerbrechen bereitet, und nun blickte er den Tiberier fragend an, um zu sehen, ob der erfahrene und in den Augen des Jüngeren auch weise Mann in dieser Angelegenheit wohl Rat wüsste.
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Einige Wochen später kam der junge Flavier erneut in die Postannahmestelle des Cursus und gab einen Brief an Xenophanes auf, nun jedoch im Wissen, dass der Grieche tatsächlich bereits in Alexandria weilte, es also auch kein Problem darstellen sollte, ihm dort auch einen Brief zuzustellen.
Flaccus Xenophanei suo s.Es freut mich, zu hören, dass du gut in Alexandria angekommen bist, doch mehr noch, da du dich offensichtlich nicht im Geringsten verändert hast und noch ganz der Alte bist. Du schreibst, dass dir tausende Gedanken im selben Moment kommen und mir geht es nicht anders. Ich befinde mich schon seit geraumer Zeit in der Obhut des Purgitius Macer, eines der Konsuln dieses Jahres, der mich gleichsam als Tutor in das politische Leben der Stadt einführt. Mit derselben Kraft und Ausdauer, die diese Aufgabe verlangt, widme ich mich jedoch (du kannst beruhigt sein!), auch meinen Studien. Besonders am Abend wende ich täglich einige Stunden zur Lektüre auf, zweifellos die angenehmste Zeit des Tages. Denn so ehrenvoll und wichtig der Dienst am Staat und den Göttern auch sein mag, er ist ein officium, und als solches mit viel Anstrengung und Arbeit verbunden. Umso mehr freue ich mich, wenn ich zu späterer Stunde, mindestens jedoch nach der cena, wieder eine philosophische Schrift, etwas wissenschaftliches, oder auch einfach ein bisschen Lyrik, zur Hand nehmen, und bis in die tiefe Nacht hinein studieren kann, um die vielfältigen Pflichten und Sorgen des Tages etwas beiseite zu lassen.
Es freut mich außerdem, dass du dich auch in dieser Hinsicht nicht verändert hast: noch immer macht es dir anscheinend Freude, deinen Mitmenschen ihre Einfältigkeit nur allzu deutlich vor Augen zu halten. Gerade in der Geometrie gibt es durchaus gefinkelte Aufgaben, an denen selbst die größten Köpfe nur allzu oft zu verzweifeln scheinen. Doch, wie immer, hast du natürlich recht: aus Fehlern lernt man am meisten. "Fehler", sage ich, und mir kommt eine merkwürdige Begegnung in den Kopf, die ich vor einigen Wochen machen durfte und die einige Fragen in mir aufgeworfen hat, die ich bisher mit niemandem, denn keiner hier in Rom steht mir besonders nahe, besprechen konnte. Ich möchte dir als Freund davon erzählen, und bitte dich, mir auch als solcher mitzuteilen, was du davon hältst: Es war zum ersten Mal bei einer Feierlichkeit anlässlich der Verlobung einer Verwandten, als ich eine junge Frau sah, "eine junge Frau", habe ich geschrieben, und doch erschien sie mir in jenem Moment, und auch jetzt noch, wenn ich mich an diesen Abend erinnere, mehr einer Göttin, einer Nymphe, jedenfalls einem überirdischen Wesen zu gleichen. In ihrer Erscheinung lag etwas Sonderbares, etwas auf seltsame Weise Unfassbares, das, mich gänzlich in seinen Bann ziehend, alle anderen Gedanken nichtig und nebensächlich werden ließ. So genau habe ich selbst jetzt noch den Anblick vor Augen, dass ich ihn dir kurz beschreiben möchte: Sie ist von mittlerer Größe, sowie schlank und von überaus anmutiger Gestalt. Ihr Haar umfloss zum Teil ihre Schultern, den Rücken hinab, zum Teil war es kunstvoll geformt und mit goldenen Fäden und Blätternd durchwirkt. Ihr Kleid schien aus feinster Seide zu sein, in einem angenehmen Grün gehalten, nach griechischer, nicht römischer, Mode, äußerst locker und verspielt. Ihr linkes Bein umrankte eine zierliche Efeuranke, die den bezaubernden Anblick abrundete. Du kannst dir die plötzliche Faszination für jene junge Frau, als sie, einer Nymphe gleich, den Raum betrat, sicherlich vorstellen. Doch die Faszination hielt, ganz entgegen meiner Art, an, und im Laufe des Abends kam ich mit der jungen Frau ins Gespräch. Ihre Worte waren von anregendem Witz und schienen den bezaubernden Eindruck noch zu verstärken, als unser Gespräch auf sonderbare Weise gestört wurde. Flavius Piso, mein Onkel, gekleidet in eine Trauertoga, und sichtlich betrunken, mischte sich ein und beendete die zauberhafte Begegnung auf gleichsam barbarische Weise. Die junge Frau wollte mir jedoch nicht aus dem Kopf gehen, sodass ich sie zu einem weiteren Treffen in die Villa einlud, wo wir ein durchaus anregendes Gespräch (auch über Alexanria, denn dort hatte sie einige Zeit verbracht) führten, das jedoch zunächst von einem Gewitter unterbrochen wurde und, ähnlich dem früheren Treffen, ein seltsames Ende nahm. Denn als wir uns in der Bibliothek befanden, begann sie mit einem Mal etwas von Homer zu singen, schlicht und berührend, sodass auf seltsame Weise alle Erinnerungen an Nikodemos - o hättest du ihn doch nur einmal persönlich kennengelernt! - du weißt, was jener für mich bedeutet, plötzlich lebendig wurden, und mich erneut die Trauer um dessen viel zu frühen Tod übermannte. Eine einzelne Träne benetzte mein Antlitz und ich frage dich, ist das nicht eine normales Zeichen der Trauer? Haben nicht selbst die großen Helden um ihre Lieben geweint? Jedenfalls schien die Atmosphäre mit einem Mal auf sonderbare Weise beklemmend und unangenehm, sodass unser Gespräch nicht mehr lange anhielt. All dies ist schon einige Zeit her, doch die junge Frau will mir immer noch nicht so recht aus dem Kopf gehen. Als Freund habe ich dir diese Geschichte erzählt, und so erbitte ich nun auch deinen Rat als Freund. Zweifellos ist mir ihre Gesellschaft überaus angenehm, doch weiß ich nicht recht, wie ich mich verhalten soll. Ist es rechtens, Zeit mit einer jungen Frau (ich vergaß zu erwähnen: sie ist verwitwet), zu verbringen, wenn es der hedone dient, soll ich also der Lehre Epikurs oder aber eher den strengen Sitten der Alten folgen, nach deren Meinung eine junge Frau doch so wenig Kontakt mit anderen Männern als ihrem Ehemann haben sollte?
Deine Erzählung von Kleobis und Biton hat mich jedenfalls nachdenklich gestimmt, und ich bin im Moment noch zu aufgewühlt um in der nötigen Klarheit darüber zu schreiben. Zweifellos mag es oft zutreffen, dass jung stirbt, wen die Götter lieben, doch kenne ich durchaus auch Menschen die in Würde, Ehre und Glück alt werden. Du siehst, ich bin mir über diese Frage selbst noch nicht ausreichend im Klaren, um eine eindeutige Position zu beziehen, doch ich werde dir wohl das nächste Mal berichten, zu welchem Schluss ich gekommen bin. Wieder ist der Brief lang und doch viel zu kurz geworden, denn noch viele Fragen schwirren durch meinen Kopf und unzählige Dinge, von denen ich dir noch erzählen möchte. Lass' dir nicht viel Zeit für deinen Brief, denn ich erwarte ihn schon jetzt in kaum erträglicher Spannung. Berichte auch von Alexandria, vom Museion und all' den Wundern dieses Ortes, deren Kunde bis hierher nach Rom dringt, und so unglaublich erscheint, dass ich selbst sie kaum als wahr erachten kann. Mögen die Götter dir auch weiterhin wohlgesonnen sein und deine Wege behüten. Vale.
Sim-Off: Familienwertkarte
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Einen Moment lang sah Flaccus Piso etwas verdutzt an, als jener das ehrenwerte, durch seine Stellung innerhalb der quattour amplissima collegia besonders ausgezeichnete, Kollegium der Septemvirn als Chaotenverein bezeichete, widersprach das doch dem religiösen Empfinden, das er sich innerhalb der letzten Monate angeeignet hatte, auf ziemlich empfindliche Weise. Als Piso jedoch belustigt lachte, lichtete sich auch die Miene des Jüngeren langsam, als jener erkannte, dass die Worte wohl eher als Scherz gedacht gewesen waren, sodass auch Flaccus nun seine Lippen fast schon mit Gewalt zu einem Lächeln formte. Ihm erschien es sehr heikel, in diesen dunklen Zeiten, der Religion nicht die ihr gebührende gravitas entgegenzubringen, war doch die Pax Deorum nach jenem furchtbaren Fervel im Hain der Diana immer noch nicht wiederhergestellt. Glücklicherweise schien das Gespräch nun jedoch in harmlosere, da weiter vom religiösen Bereich entfernte, Gefilde abzudriften genauer gesagt in den Bereich der verwandschaftlichen Verknüpfungen zwischen den Häusern der Iunii und Germanici. Zum Senator Germanicus Sedulus hatte Flaccus selbst im Grunde noch keine eigene Meinung, hatte er bisher doch weder positive noch negative Worte über jenen vernommen, so dass er ihn für den Moment in die Kategorie der neutralen Senatoren, also jene zwischen der konservativen patrizischen und der .... anderen Front, hinter diesem Ungetüm von Vescularier, gesteckt hatte. Lediglich seine Gattin, Iunia Serrana hatte durch den frommen und überaus klugen Eindruck, den sie auf den Flavier gemacht hatte, dessen Sympathie in hohem Maße gewonnen.
Nun allerdings schien auch dieses Thema abgehakt und das Gespräch kam gänzlich auf die andere Iunia, Axilla und ihren, wie sich herausstellen sollte, offensichtlich depressiven Gatten. "Aelius Archias ...", murmelte Flaccus den Namen kurz nach und kramte in seinem Hirn nach irgendetwas, das er vielleicht damit verknüpfen könnte - vergebens. Zu kurz war er bei jenem schrecklichen Ereignis erst in Rom geweilt, um den Betroffenen in irgendeiner Weise kennengelernt zu haben. Er schüttelte also den Kopf und lauschte Piso, als jener begann von Archias und deren Freundschaft zu erzählen - und Axilla, die als Gattin Archias' den kyklos, der in diesem speziellen Fall wohl eher einem Dreieck glich mit, wiederum schloss. Einige Momente erwiderte Flaccus nichts, zu bedrückend war die Stimmung, die die Worte Pisos, selbst in der mittlerweile durchaus größeren zeitlichen Distanz zu den Ereignissen, ausgelöst hatten. Dann jedoch blickte er auf und seinen Verwandten an. "Archias ...", meinte er dann zögerlich, " ... wie war er?" Obwohl die Götter es dem jungen Flavier wohl verwehrt hatten, jenen, sicherlich herausragenden, Mann kennenzulernen, der das große Glück genossen hatte, Axilla seine Frau zu nennen, so glaubte er doch, durch ihn auch etwas über die junge Frau selbst herauszufinden, die ihn bereits bei der Sponsalia auf seltsame Weise in ihren Bann gezogen hatte, und die selbst nun, nach dem gemeinsamen Treffen, dem Flavier immer noch ziemlich verwirrend erschien. "Ich meine, was für eine Art von Mensch war er?", schob der junge Mann noch eine Frage nach, um die erste, doch ziemlich vage gebliebene, zu spezifizieren.
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Flink brachte Flaccus die Wachstafel zum Vorschein und ritzte mit dem stilus einige Notizen in dieselbe, wiewohl jene ob der knappen Auskünfte des Senators ziemlich spärlich ausfielen. "Ich verstehe.", nickte der Flavier und überlegte einen Moment. Das war tatsächlich nicht besonders viel. "Ansonsten ... bist du vielleicht Mitglied eines Priesterkollegiums?", schließlich war es wohl ein enormer Unterschied ob eine so gewichtige Person wie die eines Senators auch im kultischen Bereich in angemessener Weise sich engagierte, vor allem in Zeiten wie diesen, wo tatsächlich wohl jeder einzelne alles in seiner Macht stehende tun sollte, um die, durch den, immer noch nicht gesühnten, Frevel, empfindlich gestörte Pax Deorum wiederherzustellen.
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Ein kleiner Umweg übers Theater? Wieso eigentlich nicht? Zwar zeigte sich das Wetter in der ewigen Stadt heute nicht unbedingt von seiner strahlendsten Seite, doch schien dem Flavier seine Begleitung ohnehin glänzend genug, um diesen betrüblichen Umstand wett zu machen. "Klar, wieso nicht?", meinte er also, und schon schlug Flora auch vor, gemeinsam mit ihm hinzugehen ... Eine Verabredung? - schoss es Flaccus durch den Kopf. Zweifellos, der Gedanke an einen angenehmen Abend im Theater mit der hübschen Aurelia war dem jungen Flavier mehr als willkommen - vor allem auch, da er diesen Gedanken fortspann, über den bloßen Theaterbesuch hinaus. Doch schon sprach Flora weiter und brachte neben ihrer Zwillingsschwester, die die Phantasie des Flaviers gar noch etwas angespornt hatte, auch noch "die eine oder andere Freundin" ins Spiel. Nun wurde Flaccus klar, dass die Vorstellung der jungen Frau wohl in eine gänzlich andere Richtung gingen, und ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen, denn schließlich schloss, zumindest für sein Empfinden der Theaterbesuch mit Freunden das andere ja nicht unbedingt aus ...
Auf die Idee, Flora als gute Partie in hochzeitstechnischem oder gar politischen Sinn anzusehen kam Flaccus tatsächlich nicht. Doch anderen sichtbaren Reizen ihrer Person, welche wohl zumindest momentan eher oberflächlicher jedoch nicht weniger bedeutender Natur waren, unterlag er vollkommen. War ihm der Gedanke an den Theaterbesuch allein schon angenehm und willkommen, so waren die Vorstellungen über jenen hinaus noch viel anregender Natur ... Nur einen kurzen Augenblick jedoch schossen solche Gedanken durch seinen Kopf, ehe er jenen wieder gänzlich unter Kontrolle hatte und fortfuhr. "Und außer dem Theater ... was machst du sonst so? Ich meine, magst du Lyrik oder Musik?", fragte er interessiert nach.
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Keineswegs war Quintus Flavius Flaccus ein solch naiver junger Mann, weltfremd und verklärten poetisch-kindlichen Gemütes, dass er erwartet hätte, seine Informationen der bloßen Ehre wegen, einem Flavius zu Diensten zu sein können, zu bekommen. Zwar war er in seine liebste Beschäftigung durchaus im musischen Bereich und auch die poetische Gedankenwelt jene, die ihm am meisten zusagte, doch hatten ihn die Götter mit messerscharfer Intelligenz in ebensolchen Maßen wie kombinatorischem Geschick und einer nüchterner Sicht der Dinge bestückt. Und tatsächlich schien dieser Columnus eine brauchbare Quelle zu sein, begann er schließlich spontan, gerade für den jungen Flavier, der die letzten drei Jahre nicht in Rom, ja nicht einmal in Italien geweilt hatte, überaus kostbare Informationen wie ein Wasserfall auszuspucken. Gar nicht schnell genug konnte Flaccus mit seinem Griffel in die mitgenommene Wachstafel ritzen, um sich zumindest die wichtigsten Fakten zu notieren, so zügig und in solchem Überschwang sprudelten die Worte des seltsamen
AuctorsSubauctors. Schließlich jedoch schien das gewaltige Strömen des Flusses langsam abzunehmen, ehe die letzten Tropfen schließlich noch aus dem Munde des Columnus zu triefen schienen, bis die Quelle gänzlich versiegte. Etwas verdutzt und mit großen dunklen Augen blickte Flaccus abwechselnd auf seine bis zur letzten Ecke vollgekritzelte Wachstafel und den Mann vor sich. Nur einen Augenblick jedoch währte dieser kurze Moment des Erstaunens, ehe Flaccus sich wieder gänzlich unter Kontrolle hatte, langam zurücklehnte, die Hände vor der Brust verschränkte und Columnus mit leicht gerunzelter Miene anblickte.
"Ich sehe, du bist tatsächlich nicht der Falsche für diese Aufgabe, und doch ...", wandte er sofort ein, und ließ seinen Blick nochmals über die Notizen schweifen, " ... und doch sind diese Informationen gänzlich eigentlich nichts besonderes. Nichts allzu detailliertes, ja nichts sensationelles ... Ich könnte sie sicherlich auch von jedem beliebigen bekommen, den ich auf der Straße treffe ... Was aber ist es, das mir nur der große Caius Columnus bieten kann?", fuhr er mit bedächtiger Miene fort. "Und falls es tatsächlich so etwas geben sollte, was mir nur der große Caius Columnus und nicht jeder Acta-Laufbursche geben könnte ...", meinte er berechnend, " ... Was würde der große Caius Columnus dafür erwarten?" -
Den Gruß des ihm zuprostenden Onkels Gracchus erwiderte Flaccus mit einem fröhlichen "Bona Saturnalia!", ehe er seine Aufmerksamkeit, nach dem er sich niedergelegt und etwas enttäuscht festgestellt hatte, dass die hübsche Aglaia wohl tatsächlich nicht im Triclinium weilte, gänzlich auf ihn, und dessen an den Jüngeren gestellte Frage richtete. "Hervorragend.", erwiderte er zunächst, "... hervorragend.", fügte er noch einmal, etwas leiser hinzu. "Piso hat mir schon vor geraumer Zeit den Platz des verstorbenen Ceionius Petro im Collegium Septemvirorum in Aussicht gestellt. Ich denke, mittlerweile bin ich in meinen Studien tatsächlich so weit vorangeschritten, um diese Ehre anzustreben.", erklärte er dem Pontifex natürlich zuerst sein Vorankommen in kultischer Hinsicht. Ehe Flaccus jedoch fortfahren und auf das Tirocinium Fori bei Purgitius Macer zu sprechen kommen konnte, kam der kleinere Manius in den Raum, sodass die Aufmerksamkeit des älteren natürlich sofort von seinem Neffen hin zu seinem prächtigen Sohn abgelenkt.
"Bona Saturnalia, Minor!", erwiderte auch Flaccus den Gruß des Knaben und folgte mit wachen Augen der Behändigkeit seiner Bewegungen, die auch ihm das Ballspiel im Hortus in lebendige Erinnerung riefen. Dann folgte er dem Gespräch zwischen den beiden Gracchen, während sein Blick scheinbar selbstständig erneut durch das Triclinium zu schweifen begann, erfüllt von der Hoffnung, das ersehnte Mädchen doch vielleicht nun zu erblicken. -
Ah, der juristische Standpunkt der abstrusen Idee war es also gewesen, der Piso davon abgehalten hatte, die Relatio sofort zu blockieren. "Ich verstehe.", nickte Flaccus verständnisvoll, hatte ja auch er grundsätzlich ein durchaus waches Interesse an spannenden juristischen Fragen. Dass er selbst diese revolutionäre, ja fast schon umstürzlerische Idee (Frauen im Collegium Septemvirorum - man stelle sich das nur mal vor!) an sich jedoch strikt abgelehnt hätte, stand natürlich völlig außer Zweifel. In solchen, wie auch in eigentlich fast allen anderen Belangen, war der junge Flavier doch ein sehr konservativer, traditionell denkender Charakter. Dass tatsächlich in ganz Rom kein würdiger Mann für diesen Posten gefunden werden konnte, nahm Flaccus dem älteren Flavier zwar nicht im Geringsten ab, doch verstand er die Anspielung auf "einen jungen Mann, der Ahnung von der Angelegenheit hat" natürlich sofort, und allein die Tatsache, dass Piso seinen Neffen wohl tatsächlich in Erwägung zog für diesen Platz im Collegium, ließ den, lediglich durch das seltsame Verhalten des Älteren bei Nigrinas Sponsalia etwas getrübten, Eindruck, den Piso auf Flaccus machte, sofort noch glänzender erscheinen.
"Danke.", meinte Flaccus also schlicht, und noch immer etwas ungläubig, ehe er "Ich werde es dich wissen lassen, wenn es so weit ist.", hinzufügte. Tatsächlich konnte es allerdings nicht mehr allzu lange dauern, schließlich genoss er mittlerweile bereits eine geraume Zeit ausgezeichneten Unterricht, sodass er selbst zumindest sich schon jetzt mehr zutraute, als die gängige Aufgaben, die den Discipuli zugewiesen wurden.
Dann blickte Piso den jungen Mann einen marginalen Augenblick etwas seltsam an, ehe er stammelnd und durchaus verwirrt wirkend, den eben genannten Namen wiederholte. "Ja, Iunia Serrana, die Frau dieses Germanicers. Sedulus, ein Senator ...", begann Flaccus munter drauf los zu plaudern, als nun auch Piso langsam sich wieder zu erholen schien. "Genau.", meinte er dann, "Zwei wundervolle Menschen.", fügte er lächelnd hinzu. Und, das, obwohl sie einem plebejischen Geschlecht entstammten. Na so was! "Axilla ... kennst du sie eigentlich näher?", fragte er dann nach, und ein etwas ernsterer Ausdruck formte seine Gesichtszüge. -
Melde mich vorsichtig wieder zurück, bitte aber nicht mit übermäßiger Aktivität zu rechnen.
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Melde mich aus familiären Gründen für unbestimmte Zeit ab. Wann ich wiederkomme wissen nur die unsterblichen Götter.
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Flaccus folgte der einladenden Geste des Octaviers und ließ sich auf jenem Schemel, von dem spontan ein scriba des Curator Viarum verscheucht worden war, nieder, brachte seine mitgebrachte Wachstafel aus dem bauschigen sinus seiner Tunika zum Vorschein und begann sein Begehr zu erklären. "Ich leiste momentan ein Tirocinium Fori bei unserem Consul Purgitius Macer und in dessen Auftrag bin ich gewissermaßen auch hier." Tatsächlich zeigte sich mit der Zeit, dass die scheinbar lockere Aufforderung des Purgitiers immer mehr in tatsächliche Arbeit, verbunden mit einem großen Zeitaufwand ausartete. Dennoch war Flaccus froh, den Auftrag bekommen zu haben, konnte er so doch wenigstens die bedeutendsten Senatoren Roms kennenlernen. "Ich möchte mich ein wenig über deinen öffentlichen Einsatz erkundigen. Gibt es außer deinem Amt als Curator Viarum und der Senatorenwürde andere Dinge, die dich beim Volk in Erscheinung treten lassen - etwa die Patronage für bestimmte Städte oder dergleichen?"
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"Über die Motive unseres ehrenwerten Consuls zu sprechen steht mir nicht zu und im Grunde tut es auch gar nichts zur Sache.", erklärte Flaccus nüchtern, ehe er noch einen Schluck des, tatsächlich unvergleichlich köstlichen, Weines tat. "Für eine solche Liste wäre ich allerdings überaus dankbar.", erklärte der Flavier weiter und dann, auf die Frage des Senators hin, ob er momentan etwa das Amt eines Quaestors bekleide, schmunzelnd, "Es ehrt mich, dass ihr mich für das Amt eines Quaestors in Erwägung zieht, doch dafür bin ich wohl noch einige Jahre zu jung. Im Moment leiste ich ein Tirocinium fori bei Purgitius Macer." Hierauf tat er noch einen kleinen Schluck vom Weinbecher.
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Ganz wie erhofft (und in Anbetracht seiner sozialen Stellung von Geburt an, durchaus auch erwartet), wurde dem jungen Flavier keine allzu lange Wartezeit aufgebürdet, sodass er schon bald nach seinem Eintreffen auch an die Reihe kam. Er trat an den Stuhl des älteren Tiberiers heran und ohne groß nachzudenken kam ihm auch schon ein "Salve..." über die Lippen. Dann allerdings stockte er einen winzigen Moment, indem sein Kopf auf Hochtouren ratterte, obwohl er nach außen hin selbst in diesem klitzekleinen Augenblick der Unsicherheit den gewohnten souveränen, ernsten und römischen Eindruck wahrte. Salve, was? Salve, Senator .... Salve, Pontifex ...? Nur einen Moment allerdings wähnte sich der junge Mann unsicher, beließ er es schließlich ganz einfach bei einem schlichten "... Tiberius." und erwiderte das Lächeln des Konsulars, wodurch erstmals der bisher ernste Gesichtsausdruck sich etwas lichtete. "Ich bin zu dir gekommen, um deine Unterstützung zu erbitten.", begann er, entgegen seiner griechischen Natur, in eher nüchterner, ja pragmatischer Weise. "Wie du sicherlich unschwer erkennen kannst, steht ein junger Mann vor dir, mit dem Verlangen Rom zu dienen und die Bahn der Ämter der Republik zu durchlaufen. Nicht um in das politische Leben eingeführt zu werden, bin ich jedoch zu dir gekommen - darum hat sich unser Konsul Purgitius Macer in selbstloser Weise angenommen - nein viel grundsätzlicher und umfassender ist die Unterstützung, die ich erhoffe. Warum ich diese Bitte gerade an dich herantrage, brauche ich sicher nicht zu erklären, aber ich will dir in wenigen Worten darlegen, weshalb es auch für dich und deinen Ruhm durchaus ehrenvoll und vorteilhaft wäre, sich meiner anzunehmen.
Zuerst kannst du wohl kaum einen vielversprechenderen jungen Mann dir vorstellen, um deine Arme gleichsam schützend über ihn zu erheben, als ich es bin. Meine Abstammung aus edelstem Geschlecht spricht für mich, und, als ob das den Alten nicht bereits genug gewesen wäre, noch viel mehr: Ich habe schon früh intensive Studien in verschiedenen Bereichen betrieben und in den letzten drei Jahren meine rhetorische Ausbildung in Athen mit einer großen öffentlichen Rede, gleichsam einer, die bisherige Anstrengung krönenden Blüte, abgeschlossen. Xenophanes, einen überaus gebildeten und umfassend gelehrten Mann nenne ich meinen Lehrer und, was vielmehr ist als das, meinen Freund. Wenn die Götter seinen Vorhaben wohlgesonnen waren, mag er mittlerweile bereits in Alexandria weilen und am dortigen Museion wirken. Neben meiner vergangenen Ausbildung spricht allerdings wohl auch mein gegenwärtiger Einsatz als discipulus im cultus deorum für mich, die ehrwürdigen aedituae Iunia Serrana und Pedania Iunor können dir meine Gewissenhaftigkeit sicherlich bestätigen.
Dann allerdings soll schließlich auch die Zukunft für mich sprechen, denn wenn du mich als deinen cliens akzeptierst, so will ich, ganz dem alten Brauch und väterlicher Sitte folgend, auch alle deine Angelegenheiten ohne Zögern und mit allen Kräften unterstützen. Dein Nachteil soll es also nicht sein." Hiermit schloss der junge Flavier seine kleine, spontane Überzeugungsrede in der er, völlig ungeplant, wohl auch bereits eine winzige Kostprobe seiner rhetorischen Fähigkeiten gegeben hatte. Nun blickte er den Tiberier an und wartete auf dessen Reaktion. Es würde Flaccus schon ziemlich verwundern wenn jener, nach dieser sorgfältigen Präsentation aller Vorteile, den Flavier nicht als Klienten akzeptieren würde.
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Erfreut, einen Schnittpunkt gemeinsamer Interessen gefunden zu haben, schmunzelte Flaccus. Plautus. Es wäre wohl eine Lüge, zu behaupten, der junge Flavier könnte dem leicht dahinplätschernden bis derb römischen Humor des alten Dichters nichts abgewinnen. Und dennoch schien gerade in diesem scheinbar leichten, unpolitischen Ton der Grieche Ménandros, des Theóphrastos Schüler, das heitere Spiel mit der Sprache auf eine noch ausgefallenere, witzigere Art zu beherrschen. Zumindest für das Empfinden des jungen Flaviers. Dennoch zog Flaccus gerade im Bereich der Komödie doch die älteren Werke, etwa eines Aristophánes, denen der Jüngeren vor, glaubte er hierin doch unter der vordergründig heiteren Thematik doch historisch sehr konkrete und reale Problemstellungen und Konflikte ausfindig zu machen. Insgesamt erschien ihm die alte griechische Komödie überhaupt weit anspruchsvoller als die jüngere und hier zog er wiederum die griechischen Werke den lateinischen vor.
"Oh, Plautus.", entgegnete er also auf die Worte der Aurelia, und, "Weißt du, wann das nächste Mal gespielt werden wird?" Vermutlich anlässlich des nächsten größeren Feiertages oder anderer kultischer Festlichkeiten, zumindest kannte der Flavier diese Verknüpfung des Theaters mit Feiertagen aus seiner Zeit in Athen. "Achja, und wie war die Aufführung eigentlich?", fragte er dann nach, schließlich hatte man ihm in Griechenland eingetrichtert, dass gerade in Rom nicht unbedingt die kunstsinnigsten Menschen des Kosmos beheimatet waren, was den jungen Mann, wohl zum ersten Mal in seinem Leben, wenn auch nicht tatsächliche Scham, so doch zumindest Unverständnis für seine Vorfahren empfinden hatte lassen, waren doch gerade unter den Flaviern als principes Philosophen vertrieben und Bücher verbrannt worden.