Dem breiten Purpurstreifen an seiner Tunika zufolge konnte der Beamte, welcher das Empfangskomitee anführte nur der Legatus Iuridicus sein. Er war der einzige senatorische Provinzbeamte neben dem Statthalter und hatte hier nach Livianus Informationsstand die interimistische Leitung der Provinz übernommen. Gemeinsam mit der Kaiserin begrüßte er, unter den immer wieder aufbrandenden Jubelrufen der Schaulustigen, den Legaten und die anderen Amtsinhaber der Provinz und der Stadt Mogontiacum. Es wurden wieder ein Haufen Hände gereicht, einige Begrüßungsfloskeln ausgetauscht und sich gegenseitig vorgestellt, bis sich der Decimer schließlich auch endlich dem Volk zuwenden konnte. Er hob einhaltgebietend und lächelnd seine Hände. Es dauerte eine kurze Weile, bis die Jubelrufe verstummten und alle gespannt zu ihrem neuen Statthalter blickten, der sich geschickt neben der Kaiserin und vor den Honoratioren und Beamten der Provinz positioniert hatte. Die gespannten Gesichter der Schaulustigen blickten so auf eine breite Front jener Personen, die in dieser Provinz die Macht Roms repräsentierten und mit der Kaiserin davor war es wohl ein sehr wirkungsvoller Eindruck, den der geballte Verwaltungsapparat bei den Zuschauern hinterlassen musste.
"Bürger Mogontiacums! Bürger Roms!
Ich bin Marcus Decimus Livianus, neuer Statthalter der Provinz Germania Superior und ich überbringe euch die besten Grüße eures Kaisers!"
Wie zu erwarten war brannte erneut Jubel auf als der Decimer den Kaiser erwähnte. Ganz gleich wo man im römischen Reich hinkam, der Kaiserkult wurde überall hochgehalten und entsprechend zelebriert, sodass sich die Bevölkerung der Provinzen oftmals mehr mit ihrem Kaiser identifizierten, als es in Rom selbst der Fall war. Erneut wartete der Decimer bis der Jubel ein wenig abgeklungen war, bevor er weitersprach.
"Doch es sind nicht nur Grüße, welche ich euch mitgebracht habe. Als Zeichen seiner Wertschätzung und seiner besonderen Verbundenheit zu eurer.... nein.... unserer Provinz, ehrt uns der Kaiser mit einer besonderen Auszeichnung und hat seine geliebte Gemahlin Venturia Serena zu uns entsandt, welche wir in den nächsten Wochen als besonderen Gast bei uns in Mogontiacum begrüßen dürfen. Sie hat die lange und teils beschwerliche Reise gemeinsam mit mir auf sich genommen, um in den letzten Wochen unsere wunderschöne und herausragende Provinz besichtigen zu können und ihre treuen und strebsamen Bürger kennen zu lernen. Ich bin mir sicher, sie wird unserem geliebten Kaiser nur das Beste über uns berichten können."
Dabei deutete der Decimer auf die neben ihm stehende Augusta, welche nun erneut mit einem frenetischen Jubel begrüßt wurde. Ja das Volk mochte theatralische und wirkungsstarke Auftritte, ganz gleich in welcher Ecke des Reiches. Auch das hatten alle Römer gemein und ein alter Fuchs wie Livianus wusste sich bei solchen Anlässen auch entsprechend zu verkaufen.
"Unter diesen außergewöhnlichen und auszeichnenden Umständen freut es mich besonders, die Führung dieser Provinz hiermit zu übernehmen und künftig ihre Geschicke leiten zu dürfen. Ich freue mich sehr auf diese Aufgabe und habe unserem Augustus bei Iuppiter Optimus Maximus geschworen, dass ich das in mich gesetzte Vertrauen nicht enttäuschen und die mir übertragenen Aufgaben und Pflichten nach bestem Wissen und Gewissen erfüllen werde. Zum Wohle Germania Superiors und zum Wohle Roms. Unsere Provinz steht weiterhin treu zu Rom und zum Kaiserhaus!
Lang lebe der Kaiser! Lang lebe die Kaiserin!"
Zum Abschluss deutete der Decimer mit einem breiten und gewinnenden Lächeln erneut in Richtung Kaiserin. Dieses Schauspiel diente schließlich nicht nur dem Volk, sondern sollte auch der Kaiserin vermitteln, dass der Decimer gewillt war die Provinz auch weiterhin auf ihren Ehemann einzuschwören. Treue war ein wichtiger Machtfaktor für das Kaiserhaus und so war es nur für alle Seiten vorteilhaft, wenn die Kaiserin entsprechendes zu Erzählen hatte, nachdem sie wieder zurück nach Rom gekehrt war.