Livianus lächelte ein wenig verschmitzt, als die Aelia ihre Befürchtung über den ungelegenen Zeitpunkt kundtat. Ganz im Gegenteil war der Decimer einerseits froh über die willkommene Abwechslung in seinem bisher arbeitsreichen Amtsjahr und andererseits hatte sich dieses Treffen bereits so lange hingezogen, dass er es von sich aus unter keinen Umständen weiter verschoben hätte. Doch so im Detail wollte er dies freilich nicht zugeben und fand daher eine andere Erklärung, die ebenfalls zutraf.
"Einer der Vorteile als Consul ist es, dass sich die Anderen in den meisten Fällen nach dem Consul richten müssen. In meiner langen Laufbahn in den unterschiedlichsten Ämtern habe ich zudem gelernt, dass man sich auch hin und wieder trotz der mitunter zahlreichen Aufgaben eine Auszeit nehmen muss, um Geist und Körper in Balance zu halten."
Danach war wieder für einen Moment Stille zwischen den beiden. Livianus war sich natürlich darüber bewusst, dass die letzte Annährung dieser Art an eine Frau bereits eine lange Zeit zurück lag und es daher nicht unbedingt leicht sein würde. Er war kein junger Haudegen mehr, der sich ziel- und siegessicher durch die römische Gesellschaft bewegte und die Damenwelt unsicher machte. Dieses Leben hatte er schon lange hinter sich gelassen. Natürlich war da immer noch seine höfliche, zuvorkommende und Frauen gegenüber ausgesprochen galante Art, die er sich über die vielen Jahre hinweg bewahrt hatte, doch in Übung war er freilich schon lange nicht mehr. Ganz im Gegenteil fühlte er sich trotz der Vorfreude auf dieses Treffen nun ausgesprochen Unsicher und wirkte für einen Mann seines Alters und mit seinem Werdegang sehr zurückhaltend. Grund dafür gab es freilich nicht, da ja beide wussten, worum es bei diesem Gespräch ging und in welche Richtung es letzten Endes laufen sollte. Doch da sein Patron Quarto der jungen Vespa die Letztendscheidung über diese Verbindung überlassen hatte, war es keine politische Hochzeit im eigentlichen Sinn, bei der man Heiratete und die Frau sich letztlich ihrem Schicksal fügen musste, ganz gleich ob es ihr nun gefiel oder nicht. In diesem Fall zählten also sehr wohl ein positiver Eindruck und das Wecken eines gewissen Interesses bei seinem Gegenüber. Livianus überspielte die Situation daher ein wenig holprig indem er sich auf der Liege des Hausherrn niederließ und einem Sklaven ebenfalls zu verstehen gab, dass man ihm einen Becher bringen sollte. Danach widmete er sich wieder seinem Gast.
"Doch lass uns nicht über mein Amt sprechen. Ich bin froh wenn ich es hin und wieder ausblenden kann, auch wenn das nicht immer leicht ist. Wir haben uns sehr lange nicht gesehen."
Auch die wenigen Treffen davor konnte man vermutlich an einer Hand aufzählen. Trotz seiner langjährigen Verbindung und Freundschaft zu Vespas verstorbenen Mann Balbus, dessen Bruder Flavius sein Ausbilder in der IX Legio war und der dann unter Livianus seinen Dienst in der Legio angetreten hatte, war der Kontakt nach der Heirat zwischen Vepsa und Balbus nicht mehr sonderlich intensiv gewesen.
"Vieles ist in dieser Zeit passiert. Einiges davon habe ich bereits von deinem Onkel erfahren und ich habe mit Freunden von deinem Sohn gehört. Ich wusste es bisher nicht. Gaius, nicht wahr? Ist er nach seinem Großvater Consular Commodus benannt? Wie geht es ihm?"