Livianus schüttelte resignierend seinen Kopf. Er war hier her gekommen um über seine Kandidatur zum Konsulat zu sprechen und nicht an seiner Sohnes statt von einem patrizischen Tribunal gerichtet zu werden.
"Du bist sehr jung Aurelius und deine Taten in jüngster Vergangenheit ehren dich und deine Familie. Auch wenn es dir vermutlich nicht viel bedeuten mag, so möchte ich dir meinen Dank für deinen Einsatz aussprechen. Doch nur weil dieser Bürgerkrieg der bisherige Höhepunkt deines jungen Lebens und das deiner Familie war, gerate nicht in die Versuchung zu glauben davor gab es…. nichts?
Du warst vermutlich noch in den Windeln, als ich mit meinem Vetter Meridius die Aufstände in Hispania niederschlug und ihre Häscher bis nach Germanien verfolgte. Und wo waren du und deine Familie, als ich unserem vergöttlichten Kaiser Iulianus in das Partherreich folgte und dort in Gefangenschaft geriet? Ich weiß sehr wohl was es heißt einen Krieg zu überstehen, ich weiß sehr wohl was es bedeutet in Gefangenschaft und unter Folter sein Dasein zu fristen und ich habe in meine Leben und in zwei Kriegen an vorderster Front mehr Leid gesehen und erlebt, als du oder dieser Flavier es sich jemals vorstellen könntet.
Ich bin mit guten Absichten hier vor euch getreten und habe versucht nach all den schrecklichen Verbrechen einen Konsens zu finden. Ich habe euch gebeten einen Neuanfang zu wagen und mit dem Angriff gegen meine Senatskollegen, wie du es nennst, wollte ich lediglich aufzeigen, dass es viele unter uns gibt, die ihre Hände nicht einfach in Unschuld waschen können. Nur gemeinsam könnten wir dieses anscheinend utopische Ziel eines umfassenden Friedens erreichen. Doch euch ist anscheinend nicht daran gelegen. Ihr wollt lieber weiterhin Schuldzuweisungen von euch geben und euren Zorn und eure Wut in die Welt hinausschreien. Gut. Ich habe es verstanden. Die Zeit ist wohl noch nicht reif, auch wenn ich hoffe, dass nicht alle so denken wie ihr. Du und Flavius wollt unbedingt über meine Familie reden. Lasst uns über meine Familie reden.
Meine Nichte Seiana ist lediglich eine Frau. Eine Frau die zugegebener Maßen schon lange Auctor der Acta Diurna ist, worin sie im Übrigen per Decretum Senatus eingesetzt wurde. Aber letztendlich immer noch eine Frau. Du willst mir doch nicht weismachen, dass eine Frau mit einem Amt, welches ihr der Senat jederzeit wieder entziehen kann solch eine Bedrohung für den römischen Staat darstellt?
Und Serapio. Ich kenne seine genauen Beweggründe nicht und wie ich bereits deinem patrizischen Kollegen gesagt habe, möchte ich sie auch nicht verteidigen. Doch lass mich versuchen dir etwas zu erklären, nun wo ich weiß, welche militärischen Erfahrungen du sammeln konntest. Du hast doch bei deinem Amtsantritt als Senator einen Eid auf den Kaiser geleistet. Ebenso wie du einen Eid geleistet hast, als du zum Tribun ernannt wurdest. Einen Eid in dem du wie jeder Milites geschworen hast, all das entschlossen auszuführen, was der Imperator Caesar Augustus befehlen wird. Alle Mitglieder des Exercitus Romanus werden auf den Namen des Imperator Caesar Augustus vereidigt und sind ihm zu unbedingter Treue verpflichtet. Ist es nicht so? Dies trifft wohl besonders auf die Prätorianer zu, die für den direkten Schutz unseres Kaisers verantwortlich sind."
Nun wandte er seinen Blick von Lupus ab und ließ ihn durch die Runde schweifen.
"Ich verstehe sehr gut was manche von euch meinem Sohn vorwerfen. Es war mir bisher leider nicht möglich mit Serapio persönlich darüber zu sprechen oder ihn vorwürfe zu machen, da es sein gesundheitlicher Zustand nach seiner Haftentlassung bis heute nicht zugelassen hat. Ich kann euch nicht einmal sagen, ob er die nächsten Wochen überleben wird. Doch eines möchte ich euch in Erinnerung rufen. Wenn man mich richtig informierte, dann war es nicht Serapio, der Salinator zum Kaiser erhoben hat. Mir ist auch nie zu Ohren gekommen, dass mein Sohn diese Wahl propagiert oder eure Entscheidung in irgendeiner Form erzwungen hätte. Er hat lediglich das getan, was laut einem Gesetz das hier im Senat beschlossen wurde, seine Aufgabe als Kommandeur der Cohortes Praetoriae war."
Dann wandte er sich wieder dem Aurelier zu.
"Ich weiß nicht ob du es verstehen kannst Aurelius. Aber Soldaten einen Vorwurf zu machen, weil sie auf jener oder auf der anderen Seite gekämpft haben ist mehr als heuchlerisch. Es ist die Politik, die der Auslöser für derlei Konflikte ist und die nach dem Ende zur Verantwortung gezogen werden sollte. Einige Wenige die über das Wohl Vieler entscheiden. Nicht die einfachen Bürger auf der Straße, nicht die Soldaten oder ihre Offiziere, nicht die Bäcker weil sie Brot für Salinators Anhänger backten oder die Händler, die Rom während des Bürgerkriegs weiterhin belieferten.
Gegenseitige Schuldzuweisungen und das blockieren einer neuen Einheit hilft niemanden. Verbrüderung, Stabilität, Neuanfang oder auch Nachsicht, Vergebung und Einsicht …. das sind einige der Werte auf die wir uns verständigen müssen, wenn wir vorhaben gemeinsam unser Reich zu einen und in die Zukunft zu blicken."