Beiträge von Marcus Decimus Livianus

    Der Weg vom Gefängnis zum großen Marktplatz kam Livianus wie ein Traum vor – ein schrecklicher Traum. Er konnte Anfangs nicht abwiegen, ob all das hier wirklich Real war, oder nur seinem teilweise verwirrten und angeschlagenen Geist entstammte. Es wäre nicht das erste Mal, dass er Bilder von Menschen und Orten sah, die sich letzten Endes nur als Trugbilder herausstellten. Da sie das helle Licht nach der langen Dunkelheit in seiner Zelle nicht mehr gewohnt waren, hielt er seine Augen die meisten Zeit über geschlossen und hörte nur die Rufe und Beschimpfungen der Menschen, die an ihm Schemenhaft vorbeizogen. Erst als der Karren auf dem er transportiert wurde zum Stillstand kam und der römische Senator von einigen Wachen gepackt und aus dem Käfig gezerrt wurde, klarte sein Blick und sein Verstand etwas auf. Er versuchte langsam die Augen zu öffnen, kniff sie jedoch sofort wieder schmerzverzerrt zusammen, als ihm eine der Wachen ziemlich unsanft in sein Kniegelenk stieg und ihm damit zu Boden brachte. Langsam rappelte er sich wieder hoch und blieb auf seinen Knien.


    Direkt vor ihm baute sich im nächsten Moment der Körper einen stattlichen und großgewachsenen Mannes auf. Langsam öffnete Livianus seine verschwollenen Augen und ließ seinen Blick nach oben wandern. Dies musste Osroes sein, der König der Parther. Die bisher gehörten Beschreibungen, die Kleidung, das Auftreten – all das deutete darauf hin. Die schallenden Jubelrufe des Volkes bestätigten die Vermutungen. Der Decima versuchte sich aufzurichten und dabei so gut es ging das Gleichgewicht zu halten. Er war der Sprache der Parther nicht Mächtig, doch als der Mann zu sprechen begann konnte er einige Wortfetzen verstehen, deren Bedeutung ihm seit seinem Aufenthalt in diesem Teil der Welt bereits untergekommen waren.... Zurückgezogen, Kaiser und Tod. Im ersten Moment dachte Livianus an einen weiteren Versuch der Parther seinen Willen zu brechen. Doch ein derartiger Aufwand für einige Informationen eines römischen Kommandeurs? Nein. Es musste die Wahrheit sein. Rom hatte sich zurückgezogen, der Kaiser war Tod und der Legat war allein. Er sank für einen kurzen Moment zusammen und stützte sich mit beiden Händen am Boden ab. Als er jedoch sah, dass Osroes auf ihn zeigte, rappelte er sich wieder auf musterte den Partherkönig. Er verstand nicht, was Osroes sagte, doch dem Gesichtsausdruck nach waren es keine Worte großer Freundlichkeit.


    Als Livianus gleich darauf wieder von Soldaten gepackt wurde, rechnete er bereits mit dem Schlimmsten. Vielleicht hatte der Sháh gerade das Todesurteil über den Römer ausgesprochen. Er verzog Schmerzverzerrt sein Gesicht, als man ihm auf den Pfahl zog, presste jedoch seine Zähne zusammen, um keinen Laut dabei von sich zu geben. Als er hinter sich ein lautes Schnalzen hörte, wusste er was nun folgen würde. Sein Blick, der bisher zu Boden gewandt war, richtete sich nun wieder auf und sah zu Osroes. Im nächsten Moment traf die Peitsche mit großer wucht auf seinen Rücken. Der Decima spürte regelrecht, wie sie seine Haut teilte und die Peitsche tief ins Fleisch eintrat. Wieder biss er seine Zähne fest zusammen und verzog sein Gesicht zu einer schmerzverzerrten Fratze. Immer wieder und wieder traf die Peitsche seinen Rücken, doch der Römer gab keinen Laut von sich.

    Aus dem Inneren der Zelle war nichts zu hören. Kein Wort, kein Laut, nicht einmal das leise und widerlich anzuhörende Röcheln, das man sonst hin und wieder vernahm. Der Körper, der regungslos in einer Ecke der dunklen und feuchten Zelle lag, zuckte lediglich erschrocken zusammen, als die Faust des Wächters auf der Türe einschlug und einen lauten und dumpfen Klang in diesem Loch verbreitete. Bei der kurzen ruckartigen Bewegung die durch den Gefangenen fuhr waren sie wieder zu spüren, die unbeschreiblichen Schmerzen, die sich durch den ganzen von Wunden und blauen Flecken übersäten Körper zogen. Doch verzog sich dabei lediglich das zur Unkenntlichkeit verbeulte und verdreckte Gesicht zu einer schmerzverzerrten Fratze, aber ließ keinen Ton der Wehklage oder des Leids hören. Der Leib war geschunden, doch der Geist war noch stark.


    Wie lange diese letzte Barriere vor der totalen Selbstaufgabe jedoch noch standhalten würde, war nicht mehr zu sagen. Zuviel Leid und Schmerz mussten bereits ertragen und zuviel Spott und Hohn erduldet werden. Die Zeit schien zum Stillstand gekommen zu sein. Welcher Tag war heute? Welche Stunde? War es Tag oder Nacht? Hier schien jeder Tag gleich zu sein wie der davor und der davor und die vielen anderen die davor kamen. Was sagten die Stimmen auf der anderen Seite der Türe? Sie sprachen nicht Latein und daher waren sie nicht verstehen. Letztendlich war es egal, denn was auch kommen mochte, es konnte nicht schlimmer werden als es bereits war. Die Götter waren an diesem Ort nicht zu finden und auch das stolze und glanzvolle Rom war entfernt wie nie zuvor. Es gab hier nichts, außer die Leere und die Dunkelheit. Die völlige Vereinsamung wurde lediglich von den Stimmen vor der Zelle unterbrochen, denen man zwar lauschen, aber sie nicht verstehen konnte. Jedoch war es eine Abwechslung die das Empfinden vermittelte, nicht vollkommen allein und vergessen zu sein. Es wurde wieder still und die Schmerzen ließen langsam nach. Nur keine weitere Bewegung. Ausharren und warten. Doch worauf warten? Auf die Erlösung? Auf das Ende?

    Edessa war gefallen und ein weiterer wichtiger Schritt für die römischen Truppen getan. Livianus hatte die letzten Tage kaum geschlafen und auch nun war nicht der richtige Zeitpunkt, um sich von den Strapazen dieser letzten Tage und Wochen zu erholen und abwartend zurück zu lehnen. Wichtig war es nun, den weiteren Verlauf dieses Feldzugs zu überdenken, denn Edessa war zwar ein Sieg, aber erst der Anfang einer hoffentlich langen Reihe von Siegen, die einen reibungslosen Vormarsch der Römer sicherten.

    Für diesen Morgen ließ der Legat einen kleinen Reitertrupp bereitstellen, der mit ihm die unmittelbare Umgebung Edessas erkunden sollte. Seit jeher war es Livianus wichtig, sich selbst ein Bild der Lage zu machen und dies ging nicht immer an einem großen Tisch mit aufgerollten Landkarten oder Beschreibungen der Meldereiter. Livianus wollte selbst sehen, wie es um die Dinge stand und was seine Männer erwartete. Klar war zu diesem Zeitpunkt auch, dass der Aufenthalt hier in Edessa von kurzer Dauer sein würde.

    In seiner seine Rüstung gekleidet, trat der Legat nach draußen und hielt einen Moment Inne, um die ersten Sonnenstrahlen des Tages zu genießen, die in diesem Moment auf sein Gesicht trafen. Er schloss instinktiv die Augen und versuchte einen kurzen Moment an zu Hause zu denke. Nicht an Rom, sondern an Hispania – die Heimat seiner Vorfahren, den Ort seiner Geburt. Er sah sich durch die prächtigen Straßen Tarracos schlendern und erinnerte sich an die Gesichter des einen oder anderen Weggefährten dieser Tage. Was wohl aus ihnen geworden war nach all dieser Zeit? Die wärmenden Sonnenstrahlen auf seiner Haut verstärkten das kurze aber alles durchdringende Gefühl, sich im meist sonnigen und warmen Hispania aufzuhalten und es wäre ihm in diesem Moment das liebste gewesen, er hätte seine Augen erst gar nicht wieder öffnen müssen, um sich der Realität zu stellen.

    Doch im selben Moment riss ihn das laute scheppern einer Rüstung wieder aus den Gedanken und er öffnete seine Augen. Ein Decurio stand vor ihm und salutierte seinem General anerkennend zu. Er meldete die Bereitschaft der kleinen Reiterei und wartete auf Livianus weiteren Befehle. Der Legat nickte und ließ seinen Blick kurz durch die Runde der Männer schweifen, die schon gespannt der weiteren Dinge harrten.

    „Es wird nur ein kurzer Ausritt sein meine Herren. Ich möchte mir einen kleinen Überblick verschaffen, ehe die Truppen weiterziehen.“

    Mit diesen Worten ging er die wenigen Schritte weiter, die zu seinem bereitgestellten Pferd führten. Er nahm dem Stalljungen die Zügel aus der Hand und klopfte dem Tier sanft und begrüßend den Hals entlang, ehe er schwungvoll aufstieg und sich dem Trupp anschloss. Gemeinsam mit seiner Reiterei verließ der Legat die Stadt…..

    …..Nach einer ganzen Weile erreichte der Trupp einen hügeligen und äußerst unübersichtlichen Streckenteil und der Truppführer gab Zeichen kurz zu pausieren, ehe er den Weg fortsetzen wollte. Einige Reiter steigen vom Pferd und andere wurden vom Decurio losgeschickt, um den noch vor ihnen liegenden Weg zu erkunden. Livianus, der bisher in der Mitte der Truppe geritten war schloss zum Decurio auf und sah sich kurz um, ehe er selbst vom Pferd stieg. Er streckte seine verspannten Gliedmaßen von sich und sah den Reitern hinterher, die im vollen Galopp davon ritten und kurz darauf nur noch eine Staubwolke hinterlassen hatten.

    Noch bevor Livianus richtig mitbekommen hatte was draußen vor sich ging, stand bereits ein Offizier der Leibwache in seinem Zelt und wollte ihn wecken. Der Legat, schon davor durch den Trubel und Lärm im Lager wach geworden, stand jedoch bereits auf den Beinen und ließ sich von zwei seiner Sklaven die Rüstung anlegen. Der Centurio erstattete kurz Bericht und schon schoss Livianus eifrig aus seinem Zelt. Seine Leibwache hatte bereits rund um den Eingang Aufstellung bezogen, um den Kommandanten vor etwaigen Anschlägen oder Angriffen zu schützen. Er sah in alle Richtungen, um sich, so gut es in dieser dunklen Nacht ging, einen Überblick zu verschaffen und marschierte dann in Begleitung einiger Männer zum Zelt des Kaisers, der ebenfalls bereits davor stand und Anweisungen gab. Er grüßte diesen mit einem Kopfnicken.


    „Mein Kaiser!“


    Dann sah er sich weiter um. Die Offiziere und Unteroffiziere schienen alles unter Kontrolle zu haben und auf den ersten Blick sah er eher nach einem kleineren Überfall aus, als nach einem wirklichen Angriff durch parthische Truppen. Dennoch sah man bereits einige meterhohe Feuersäulen aus dem Lager aufsteigen und hörte das laute geklirre von Schwertern, die aufeinander trafen.

    Beim Bericht des Decurios schüttelte Livianus etwas fassungslos den Kopf. Natürlich kannte er diese Taktik, doch er hatte nicht gedacht, dass die Parther gleich zu beginn des Feldzuges darauf zurückgreifen würden. Die Grenze lag noch zu Nahe und eine Versorgung der römischen Legionen sollte daher weniger Probleme machen, als dieses Vorgehen Auswirkungen auf die eigene Befölkerung hatte.


    „Gut. Wir sollten dennoch achtsam sein.“


    Dann sah er fragend zu Vitamalacus, ob dieser etwas dazu zu sagen hatte.

    Es dauerte nicht lange, da traf der Legat zusammen mit Tribun Vitamalacus und einigen berittenen Wachen auf die Vorhut, die auf einer kleinen Anhöhe Posten bezogen hatte. Die Männer hatten wohl kaum damit gerechnet, dass ein Stabsoffizier, geschweige denn der Legat höchst persönlich zu ihnen vorstoßen würde und dementsprechend war ihnen auch die Überraschung anzusehen, die in ihre Gesichter trat, als sie Livianus und Vitamalacus erblickten. Der Legat grüßte die Euques mit einem Kopfnicken und sah sich dann um. Der Meldereiter hatte nicht übertrieben - vor ihnen lag nur braches und ausgebranntes Ödland. Als er genug gesehen hatte, widmete er sich wieder dem Kommandanten der Vorhut und deutete in Richtung Horizont.


    „Wie weit seit ihr geritten? Wie sieht es weiter vorne aus?“

    Livianus nickte wenig begeistert, als Plautius ihn an Serapio erinnerte.


    „Glaube mir Plautius! Ich war ebenso überrascht, als ich über diese Ernennung gestolpert bin und ich habe daraus gelernt die Urkunden in Zukunft vielleicht doch etwas genauer anzusehen, bevor ich mein Siegel und meine Unterschrift darunter setze. Mein Neffe Serapio hat sie ohne mein Wissen schon in Mantua zur Legio gemeldet und ist mir bis zu seiner kürzliche Ernennung zum Legionarius nicht untergekommen. Und selbst da war es nur Zufall, dass ich mir den Namen auf der Urkunde genauer durchgelesen habe. Aber nun wo er da ist, kann ich keine Ausnahmen für ihn machen. So wie du, werden auch andere früher oder später herausfinden, dass er mein Verwandter ist und es würde kein gutes Bild abgeben, wenn ich ihn irgendwie bevorzugen oder in Sicherheit bringen würde. Ich erwarte von allen meinen Männern vollsten Einsatz und Kampfeswillen in der Schlacht und da gibt es keinen Platz für ausnahmen. Aber ich danke dir für dein Angebot.“

    Zitat

    Original von Quintus Tiberius Vitamalacus
    "Ich denke, der Imperator wird den Hilfstruppen einen ähnlichen Auftrag erteilen, auch wenn sich wohl an unserer Route nach Edessa nicht viel ändert," entgegnete er noch dem Terentier, bevor er sich dem Legatus zu wandte, allerdings ohne etwas so sagen, sondern nur knapp nickte.


    Und während Ajax unruhe stärker wurde, ahnte der Hengst wohl, das nun ein schneller Ritt folgen würde, stöhnte Titus innerlich auf, blickte gequält zu dem riessen Miles neben sich. Denn beide war nicht danach, im Galopp durch die Gegend zu reiten.


    Livianus, Vitamalacus und eine stattliche Abordnung der berittenen Leibwache des Legaten spalteten sich von der Marschformation ab und galoppierten am etwas abseits des Zuges nach Vorne. Die Soldaten in den Reihen sahen natürlich neugierig auf, als sie den Legaten im Vorbeiritt erblickten. Für den einen oder anderen gab dies sogar Anlass zu Spekulationen, dass vielleicht da vorne etwas passiert war oder demnächst etwas passieren würde. Die Offiziere brachten jedoch bald wieder Ruhe unter ihre Mannschaften und vom Legaten sowie seinen Begleitern war nach wenigen Minuten ohnehin nichts mehr zu sehen, außer einer Stabwolke, die sich ebenfalls langsam wieder legte.

    Livianus sah seinen Tribunen emotionslos an, als dieser Bericht erstattete. Er hatte damit gerechnet, dass dieser Feldzug kein Spaziergang war, der binnen weniger Wochen ein Ende fand. Ebenso war ihm bewusst, dass die Parther nun unter Zugzwang standen und den römischen Legionen ihren Vormarsch so schwer und langwierig wie möglich machen wollten. Er sah zum Rest seines Stabes.


    „Dann können wir davon ausgehen, dass sie auch jegliches Trinkwasser im gesamten Umland vergiftet oder zumindest ungenießbar gemacht haben. Wir müssen also unbedingt eine reibungslose und prompte Versorgung der Truppen sicherstellen – vor allem der Nachschub an Lebensmittel und Trinkwasser muss funktionieren. Numerianuns informiere auch den Kaiser über diese neusten Meldungen. Ich werde mir in der Zwischenzeit selbst ein Bild über die Lage machen und zu unseren Meldereitern vorstoßen. Vitamalacus! Begleitest du mich?“

    Während immer mehr Gäste aus den Reihen der Stabsoffiziere eintrafen und Quarto bereits in einem Gespräch mit Centurio Aristiedes vertieft war, wandte sich Livianus seinem Praefectus Castrorum zu, der ebenfalls vor kurzem eingetroffen war und sich bisher eher allein im Hintergrund hielt.


    „Plautius! Ich hoffe es stört nicht, wenn ich mich ein wenig zu dir geselle. Wie geht es dir? Hast du etwas von deiner Frau gehört?“

    Der Legat wandte sich von seinem Neffen ab als dieser sprach und ging zurück hinter seinen Schreibtisch, um sich wieder zu setzen. Er wirkte wieder ruhig und gefasst, fast resignierend.


    „Dich raus werfen? Wenn es so einfach wäre. Auf anraten deiner Vorgesetzten habe ich dich gerade vorhin zum Legionarius befördert. Du hast dein Ziel also erreicht und wirst eine sehr lange Zeit in der Legio abdienen müssen.“


    … sofern er diesen Krieg überlebt – dachte Livianus weiter, ohne es auszusprechen. Er schob die Ernennungsurkunde an den Tischrand und sah dann wieder zu seinem Neffen auf.


    „Dich nun, so kurz vor der Überschreitung der Reichsgrenzen, unehrenhaft zu entlassen und Heim zu schicken wäre nicht nur für dich, sondern auch für mich und unsere ganze Familie mit einer Schmach verbunden, die nicht akzeptabel ist. Viele würden es als Feigheit vor dem Feind sehen und mir vor werfen, dich in Sicherheit bringen zu wollen, während ich andere in die Schlacht schicke. Du wirst der Legio also weiterhin als Miles dienen. Die Götter mögen dir beistehen. Wegtreten Miles.“


    Livianus widmete sich wieder einigen Dokumenten. Für ihn war dieses Gespräch beendet, denn es gab nichts mehr, was dem bereits gesagten hinzuzufügen war.

    „Zufrieden?! Wie sollte ich zufrieden sein, wenn sich mein Neffe heimlich in meine Legion einschleicht! Und das am Vorabend eines Krieges! Ich verstehe nicht wie Lucilla dir so etwas gestatten konnte.“


    Livianus schüttelte energisch den Kopf und trat hinter seinem Schreibtisch hervor, um sich direkt vor seinen Neffen zu stellen. Der Legat machte dabei in seiner gesamten Rüstung einen ziemlich pompösen und vielleicht auch etwas einschüchternden Eindruck. Noch bevor Serapio auf den letzten Satz antworten konnte, fuhr er mit eindringlichem Ton fort.


    „Serapio! Wenn wir in Mantua wären, dann würde ich darüber hinwegsehen können. Aber wir sind hier Syria und werden in wenigen Tagen gegen die Parther marschieren. Ist dir das denn bewusst?! Wie soll ich deiner Ansicht nach mein Kommando führen, wenn ich weiß, dass der einzige Sohn meines verstorbenen Bruders, ganz vorne in der ersten Reihe steht, wenn es zum Kampf kommt und ich einen Angriff befehle? Hier geht es nicht um Richtig oder um Falsch! Hier geht es um dein Leben Junge!“

    Livianus, der gerade auf sein Pferd aufgestiegen war, nickte dem Kaiser grüßend und gleichzeitig bestätigend zu.


    „Das sind wir mein Kaiser! Wir können sofort aufbrechen.“


    Ein kurzer Seitenblick traf auf Plautius, der gerade dabei war zwei Schilder in den Boden zu rammen. Livianus konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Dem Praefectus Castrorum war anscheinend in keiner Situation sein Witz zu nehmen. Gleich darauf sah der Legat aber wieder ernst zu seinen Stabsoffizieren.


    „Tribun Cyprianus! Die Legio I soll sich fertig machen und eine Marschkolonne bilden. Tribun Numerianuns! Schick eine berittene Vorhut voraus. Sie soll uns über alle noch so kleinen Vorkommnisse sofort bericht erstatten. Primus Pilus! Die Männer sollen auf alles vorbereitet sein. Mache ihnen noch einmal klar, dass wir nun die Reichsgrenzen überschreiten.“

    Livianus, der hinter seinem Schreibtisch saß und gerade einige Berichte laß, schenkte seinen Neffen zuerst keinerlei Aufmerksamkeit, sondern wandte sich an seinen Scriba.


    „Danke! Nun lass uns allein.“


    Sein Blick verfolgte den Sekretär beim verlassen des Zeltes und traf zum ersten Mal auf Serapio, als sie endgültig allein waren. Wie vom Blitz getroffen und vollkommen überraschend sprang der Legat plötzlich auf und ließ seine Hände auf die Tischoberfläche niedersausen. Sein Gesichtsausdruck verriet dabei nichts Gutes und bei der Lautstärke, mit der er seinen Neffen nun anschrie, hätte der Scriba ruhig im Zelt bleiben können – denn man konnte den Legaten bestimmt über den ganzen Lagerplatz hören.


    „Bist du denn von allen guten Geistern verlassen Serapio? Wie kommst du hier her? Was machst du in meiner Legio? Verdammt noch mal! Wie kannst du dich zur Legio melden, ohne mit mir vorher darüber gesprochen zu haben? Weiß denn in Rom überhaupt jemand bescheid, oder bist du einfach wieder abgehauen?“

    Bei einer der Urkunden geriet das bisher recht flott ablaufende Prozedere ins stocken. Der Augen den Legaten blieben ungläubig an einem Namen heften, der ihm mehr als bekannt vorkam. Konnte es denn tatsächlich Möglich sein, oder spielten ihm seine Augen einen bösen Streich? Langsam setzte er sein Siegel und seine Unterschrift unter diese Urkunde und wandte sich dann fragend an seinem Scriba.


    „Ist dieser Name wirklich in den Listen der Probati zu finden?“


    Etwas verwirrt sah der Scriba den Legaten an und sah dann über seinen Schulter hinweg auf die Urkunde, die dieser vor sich liegen hatte. Achselzuckend ging er zu einem Regal und zog einige Schriftstücke heraus, in denen er sofort zu suchen begann. Es dauerte nicht lange, da fand er auch den gesuchten Eintrag und kam zurück zu Livianus.


    „Ja Legatus. Hier steht er. Decimus Serapio.“


    Erst hier wurde dem Scriba bewusst, dass auch er beim aufsetzen der Urkunde nicht darauf geachtet hatte, dass es sich hier wohl um einen Verwandten des Legaten handeln musste. Andererseits konnte er auch nicht auf alles achten. Er legte dem Legaten die Liste auf den Tisch und Livianus überzeugte sich selbst vom Eintrag in den Standeslisten der Probati. Sofort schob er die Liste wieder beiseite und sah auf.


    „Dieser Miles soll sofort ausfindig gemacht und hier her gebracht werden.“


    Der Scriba gab die Befehle sofort an eine der Leibwachen weiter und kam dann wieder zurück zum Legaten, um mit der Arbeit fort zu fahren. Er nahm die unterfertigte Urkunde und reichte Livianus einige neue, die dieser etwas abwesend wirkend unterzeichnete.

    Eine weitere Etappe auf dem Vormarsch war geschafft und nun sollte es unaufhaltsam weiter Richtung Osten gehen. Bisher hatten sich die Legionen auf römischen Boden fortbewegt, doch das nächste Ziel war Edessa. Noch am heutigen Tage würden die Legionäre unter dem Oberkommando ihres Kaisers die Reichsgrenze überschreiten und ihren Fuß auf parthisch besetzen Boden stellen.


    Ruhig und besonnen schritt Livianus durch das bereits fast gänzlich abgebaute Lager, an dessen Ecken und Enden sich die unterschiedlichsten Einheiten gruppierten und zum Abmarsch bereit machten. Laut tönten die Befehle der Offiziere und Unteroffiziere, sowie die dröhnenden Hornsignale der Cornicen über weite, nun fast leer wirkende Fläche. Das einzige das noch zu sehen war, waren Legionäre – Tausende von ihnen.


    Viele der Soldaten drehten sich um, nahmen Haltung an und sahen neugierig zu ihrem Legaten, als dieser mit festem Schritt an ihnen vorbeimarschierte und den einen oder anderen sogar mit einem Kopfnicken bedachte. Am Ende seines Weges warteten auf Livianus bereits einige Stabsoffiziere, sowie ein Soldat der das Pferd des Legaten vorbereitet hatte und sahen ihm erwartungsvoll entgegen. Man konnte Livianus seine leichte Anspannung ansehen, denn so wie allen anderen, war auch dem Feldherren bewusst, dass die ersten Kampfhandlungen nun nicht mehr lange auf sich warten lassen würden. An seinem Ziel angekommen, ließ er seinen Blick durch die Runde schweifen.


    "Guten Morgen meine Herren!"

    Wieder einmal saß Livianus hinter seinem Schreibtisch und kümmerte sich um die üblichen Schreibarbeiten und Befehle, die er fast täglich vorgelegt bekam bzw. abzuarbeiten hatte. Sein Scriba hatte neben ihm Stellung bezogen und stand hinter einem kleinen Holzpult, von dem aus er seinem Legaten nach und nach Schriftstücke reichte, die dieser dann absiegelte und unterzeichnete. Livianus überflog dabei nur oberflächlich die Namen und Texte der Beförderungen und Befehle, da diese meist direkt von anderen Stabsoffizieren an ihn weitergeleitet wurden und man davon ausgehen konnte, dass deren Richtigkeit bereits überprüft war.


    IN NOMINE IMPERII ROMANI
    ET IMPERATORIS CAESARIS AUGUSTI



    ERHEBE ICH DEN
    LEGIONARIUS
    TIBERIUS ARTORIUS IMPERIOSUS
    LEGIO I TRAIANA



    MIT WIRKUNG VOM
    ANTE DIEM XVI KAL SEP DCCCLVII A.U.C. (17.8.2007/104 n.Chr.)


    ZUM
    OPTIO
    TIBERIUS ARTORIUS IMPERIOSUS
    LEGIO I TRAIANA





    IN NOMINE IMPERII ROMANI
    ET IMPERATORIS CAESARIS AUGUSTI



    ERHEBE ICH DEN
    PROBATUS
    FAUSTUS DECIMUS SERAPIO
    LEGIO I TRAIANA



    MIT WIRKUNG VOM
    ANTE DIEM XVI KAL SEP DCCCLVII A.U.C. (17.8.2007/104 n.Chr.)


    ZUM
    LEGIONARIUS
    FAUSTUS DECIMUS SERAPIO
    LEGIO I TRAIANA






    IN NOMINE IMPERII ROMANI
    ET IMPERATORIS CAESARIS AUGUSTI



    ERHEBE ICH DIE
    LEGIONARII
    MARCUS IULIUS LICINUS
    MARCUS IULIUS SPARSUS
    LEGIO I TRAIANA



    MIT WIRKUNG VOM
    ANTE DIEM XVI KAL SEP DCCCLVII A.U.C. (17.8.2007/104 n.Chr.)


    ZU
    TESSERARII
    LEGIO I TRAIANA




    Zitat

    Original von Duccia Venusia
    Manchmal frage ich mich wo der Spaß in der Welt geblieben ist und das Verständnis dafür.... ?(


    Ich frage mich eher wo das Recht des Betreibers einer Homepage geblieben ist, auf seiner Homepage zu tun und zu lassen was ihm gefällt. ;)


    Letztes Jahr hat es übrigens die gleichen Einträge in anderer Form gegeben - allerdings ohne einen solchen Aufstand. Und wie man sieht bzw. nicht mehr sieht, wurden sie nach kurzer Zeit ohnehin wieder entfernt, da sie ja nicht ernst gemeint waren, sondern für einige Tage als kleine Aufheiterung der "Drachenfest-Insider" gedient haben. Ihr seht..... die Diskussion ist also mehr als unnötig und daher erlaube ich mir auch, sie jetzt zu schließen. :)

    Livianus wollte dem Tribunen gerade antworten, als er von hinten einen weiteren Besucher hereinkommen hörte und sich diesem zuwandte. Den militärischen Gruß des Centurios erwiderte er mit einem Kopfnicken und fügte lächelnd hinzu


    „Keine Förmlichkeiten heute Abend meine Herren. Dazu freue ich mich viel zu sehr auf ein gemütliches Beisammensein in geselliger Runde.“


    Dabei sah er auch zu Tribun Cyprianus, der den Centurio ebenfalls gerade mit einem Kopfnicken begrüßte. Livianus hoffte dabei, dass die Runde überschaubar bleiben würde und es so tatsächlich einen entspannenden Abend genießen konnte. Da der Gastgeber selbst noch nicht anwesend war, musste er sich jedoch überraschen lassen, wer sonst noch aller in der nächsten Zeit durch die Türe schreiten würde.