Der Weg vom Gefängnis zum großen Marktplatz kam Livianus wie ein Traum vor – ein schrecklicher Traum. Er konnte Anfangs nicht abwiegen, ob all das hier wirklich Real war, oder nur seinem teilweise verwirrten und angeschlagenen Geist entstammte. Es wäre nicht das erste Mal, dass er Bilder von Menschen und Orten sah, die sich letzten Endes nur als Trugbilder herausstellten. Da sie das helle Licht nach der langen Dunkelheit in seiner Zelle nicht mehr gewohnt waren, hielt er seine Augen die meisten Zeit über geschlossen und hörte nur die Rufe und Beschimpfungen der Menschen, die an ihm Schemenhaft vorbeizogen. Erst als der Karren auf dem er transportiert wurde zum Stillstand kam und der römische Senator von einigen Wachen gepackt und aus dem Käfig gezerrt wurde, klarte sein Blick und sein Verstand etwas auf. Er versuchte langsam die Augen zu öffnen, kniff sie jedoch sofort wieder schmerzverzerrt zusammen, als ihm eine der Wachen ziemlich unsanft in sein Kniegelenk stieg und ihm damit zu Boden brachte. Langsam rappelte er sich wieder hoch und blieb auf seinen Knien.
Direkt vor ihm baute sich im nächsten Moment der Körper einen stattlichen und großgewachsenen Mannes auf. Langsam öffnete Livianus seine verschwollenen Augen und ließ seinen Blick nach oben wandern. Dies musste Osroes sein, der König der Parther. Die bisher gehörten Beschreibungen, die Kleidung, das Auftreten – all das deutete darauf hin. Die schallenden Jubelrufe des Volkes bestätigten die Vermutungen. Der Decima versuchte sich aufzurichten und dabei so gut es ging das Gleichgewicht zu halten. Er war der Sprache der Parther nicht Mächtig, doch als der Mann zu sprechen begann konnte er einige Wortfetzen verstehen, deren Bedeutung ihm seit seinem Aufenthalt in diesem Teil der Welt bereits untergekommen waren.... Zurückgezogen, Kaiser und Tod. Im ersten Moment dachte Livianus an einen weiteren Versuch der Parther seinen Willen zu brechen. Doch ein derartiger Aufwand für einige Informationen eines römischen Kommandeurs? Nein. Es musste die Wahrheit sein. Rom hatte sich zurückgezogen, der Kaiser war Tod und der Legat war allein. Er sank für einen kurzen Moment zusammen und stützte sich mit beiden Händen am Boden ab. Als er jedoch sah, dass Osroes auf ihn zeigte, rappelte er sich wieder auf musterte den Partherkönig. Er verstand nicht, was Osroes sagte, doch dem Gesichtsausdruck nach waren es keine Worte großer Freundlichkeit.
Als Livianus gleich darauf wieder von Soldaten gepackt wurde, rechnete er bereits mit dem Schlimmsten. Vielleicht hatte der Sháh gerade das Todesurteil über den Römer ausgesprochen. Er verzog Schmerzverzerrt sein Gesicht, als man ihm auf den Pfahl zog, presste jedoch seine Zähne zusammen, um keinen Laut dabei von sich zu geben. Als er hinter sich ein lautes Schnalzen hörte, wusste er was nun folgen würde. Sein Blick, der bisher zu Boden gewandt war, richtete sich nun wieder auf und sah zu Osroes. Im nächsten Moment traf die Peitsche mit großer wucht auf seinen Rücken. Der Decima spürte regelrecht, wie sie seine Haut teilte und die Peitsche tief ins Fleisch eintrat. Wieder biss er seine Zähne fest zusammen und verzog sein Gesicht zu einer schmerzverzerrten Fratze. Immer wieder und wieder traf die Peitsche seinen Rücken, doch der Römer gab keinen Laut von sich.