Beiträge von Patraios

    Am Tage nach der Hochzeit, schon beim ersten Morgengrauen, begab ich mich von der Villa Aurelia hin zu der Villa Flavia, um dort unverzüglich meine Arbeit als frischgebackener Hauskünstler bei Herrn und Frau Senator Aulus Flavius Piso anzutreten. Mein Werkzeug, sowie die halbfertigen Standbilder, Büsten und Gemälde, hatte man schon Tage vorher auf einen speziell dafür konstruierten Karren laden lassen und dort in einer entsprechend großen Räumlichkeit, welche wohl später mal als mein neues Atelier fungieren sollte deponiert. Sogar das besagte Ruhebett, auf dem des verblichenen Corvinus edle Nichte und ich, der Sklavenbalg vom Schwarzen Meer, einst Arm in Arm gelegen und uns monatelang ausgiebig den Freuden und Genüssen einer "jungfräulichen" Liebe" hingaben, hatte man nach dorthin geschafft! Ahnungsloser, eitler Piso! Nur gut das Möbel genauso schweigsam sind wie durch eigene Hand ums Leben gebrachte Tanten! "Aber nun war die wilde Zeit vorbei und mein Herz so schwer wie Blei!" Murmelte ich beim Anblick meines kleinen, leergeräumten Ateliers, welches mir Prisca doch mit eigener Hand im Nebenraum ihres alten Cubiculum so liebevoll eingerichtet hatte. Offengestanden fühlte ich mich schlecht, gradezu beschissen. Wäre er, Piso an meiner Stelle, es ginge ihm wohl kaum besser! "Des einen Glück ist des anderen Leid, so ist der Welt Gerechtigkeit!" "Genug der schlechten Verse, Maler bleib bei deinem Pinsel!!!" ermahnte ich mich selber ein letztes Mal und beschritt dann den einsamen Weg hin zu meinem neuen Domizil.


    Für die Dauer der Hochzeitsfeierlichkeiten ließ ich mich auf eigenes Verlangen hin von meiner Domina beurlauben und so hatte ich denn auch keinerlei Kenntniss von den Zeremonien und Ereignissen die während dieser für Prisca und Piso so überaus bedeutsamen Stunden stattgefunden hatten, aber beim Betreten der Villa Flavia schlug mir ein undefinierbarer, scharf-säuerlicher Geruch von Wein und Essen entgegen. Hier musste es gestern Abend hoch hergegangen sein. Wahrscheinlich eine 100 Millionen Sesterzen teure Sauf- und Fressorgie, wie sie das luxusgewöhnte Rom seit den Tagen Neros und Domitians nicht mehr erlebt hatte. Der Verfasser des "Satyricon" hätte sicher seine helle Freude gehabt, wäre er zugegen gewesen.


    Warum hatte ich mich beurlauben lassen? Das ist schnell erklärt, erstens weil ich mich ebenfalls unsterblich in die Braut verliebt hatte und daher ein nicht unbeträchtliches Gefühl der Eifersucht gegen ihren jetzigen Ehemann hegte und zweitens weil ich als gläubiger Mensch der Meinung war, das ein heimlicher Liebhaber im Gefolge der Braut in irgendeiner Form das Missfallen der Götter erregen könnte und daher kein gutes Omen für den glücklichen Bestand dieser Verbindung sein könne und eben genau das wünschte ich meiner geliebten Herrin nicht, eine von Hass und Eifersucht gebeutelte Ehe, wie sie einst Onkel und Tante geführt hatten und welche sie schließlich in den Freitod trieb. Wie auch immer, das Gefühl der Eifersucht jedenfalls war eine Strafe der Götter und zugegeben trug sie eine gewisse Mitschuld an diesem Zustand, aber damals, vor acht Monaten, in der Gluthitze des Sommers, als sie mich aus den Händen dieses schmierigen Titus Tranquillus befreite, um mich dann wenige Stunden später im Balneum zu vernaschen, traute sie sich ja kaum von einer Hochzeit mit ihrem ach so innig geliebten Piso auch nur zu träumen, damals war das noch alles sehr weit entfernt und erst der Freitod ihres Onkels und dessen letzte, schriftich niedergelegte Permisson im Herbst darauf, machten den Weg frei für dieses, von beiden Seiten lang ersehnte Ehebündniss. Wie auch immer, ich konnte diesen Aulus Flavius P. nicht ausstehen, brachte er mich doch um die Schäferstündchen mit meiner geliebten Herrin und das war schlimm! Eine Frau wie Aurelia Prisca lieben zu dürfen und von Ihr wiedergeliebt zu werden, war schon etwas ganz besonderes, besonders dann wenn man der untersten Gesellschaftsschicht angehörte. Sie hatte alle Vorzüge und Tugenden an denen es ihrer verblichenen Tante immer gemangelt hatte, sie war nicht nur außergewöhnlich attraktiv von ihrer äußeren Erscheinung, sondern besaß auch noch ein anschmiegsames, liebevolles Wesen und sie war keine überspannte, kratzbürstige Egozentrikerin, welche in erster Linie nur an sich selber und der Befriedigung ihrer eigenen Bedürfnisse dachte. Jeder Mann, egal ob hoch oder niedrig welcher Aurelia Prisca aus nächster Nähe kannte (und bei mir was das der Fall) musste daher den Glückspilz Piso um diese Ehefrau beneiden, selbst dann noch, wenn er ein ausgesprochener Ignorant und Antiästet war.


    So durchschritt ich denn auf leisen Solen die Räume und Korridore der Villa Flavia und weidete meine Augen an den wundervoll gearbeiteten Fresken und Mosaiken, welche Fußböden und Wände zierten. Hier und dort dämmerte ein betrunkener Sklave oder Gast in einer Ecke und kurierte seinen Rausch aus. Die Sonne ging auf und mit ihren ersten goldenen Strahlen welche hier und dort auf die Farben der Fresken trafen, brachte sie selbige zum Leuchten und eine Atmosphäre der Verzauberung umgab den aufmerksamen Betrachter. Im Peristyl lehnte ein zartes, junges Mädchen mit vollen, dunklen Haaren an einer Säule und träumte mit geschlossenen Augen vor sich hin. "Guten Morgen!" rief ich ihr zu und lächelte freundlich. Sie war eine Schönheit, kaum älter als ich und außerordentlich wohl proportioniert. Das Aulus Flavius Piso einen Blick für schöne Frauen hatte war mir nicht neu und so schlussfolgerte ich mal spontan, das sie irgendwie zu seiner Dienerschaft gehören mochte, denn wie eine adlige römische Dame sah sie trotz ihres Festgewandes nicht aus. Die Römerinnen der Oberschicht trugen bei großangelegten Festlichkeiten wesentlich mehr Bleiweiß und Rouge auf ihren knochigen Wangen, außerdem aufwändig gelockte Frisuren oder Perücken, aber das Mädel hier trug nichts dergleichen und sie war eine sonnengebräunte Südländerin, warscheinlich Ägypten oder irgendeine andere Provinz des nahen Ostens, jedenfalls kam sie aus derselben Ecke wie meine Mutter, welche eine ägyptische Sklavin gewesen war.

    Zitat

    Original von Aurelia Prisca


    "Patraios?! … Du hast mir damals gesagt, dass du der glücklichste Sklave in Rom wärest. Bist du es denn immer noch? Oder gäbe es einen Wunsch, den ich dir erfüllen könnte? Nur zu, sei ganz offen zu mir!"


    "Hmmm?" ... bermerkte der Jüngling beiläufig, während seine eingeölten Hände langsam und zärtlich Priscas Wirbelsäule hinabglitten und dann ganz liebevoll ihr wohlgeformtes Hinterteil zu massieren begannen. "Ja ich bin es immer noch." Mit lüsternden Blicken verfolgte Patraios die Arbeit seiner Hände, ihr eingeölter Popo war zum anbeissen schön, Venus hätte es nicht besser haben können. "Wenn du mich schon so deutlich fragst, ...nun ich habe eigentlich keinen Wunsch den du mir erfüllen könntest." "Lass mich nur immer bei dir bleiben, mehr begehr ich nicht." Das war natürlich geflunkert, aber unter den gegebenen gesellschaftichen Umständen die reine Wahrheit. Wäre er hingegen der Spross eines begüterten römischen Aristokraten gewesen, hätte die Sache anders ausgesehen. Dann wäre dem Piso wohl ein äußerst gefährlicher Rivale entstanden, so aber, als rechtloser Sklave stellte er für den Favoriten um die Hand der jungen Aurelia Prisca keine Bedrohung dar, zumindest nicht im eigentlichen Sinne.

    Patraios war überaus schlecht gelaunt an diesem Tag und er verspürte nicht die geringste Lust mit jemanden zu reden, geschweige denn über sich selbst. Mit grimmig bösen Blick und verschränkten Armen lehnte er hinter der Säule und grübelte schweigend vor sich hin, die Augen auf einen unbestimmten Punkt des kostbar ausgestatteten Fußbodens gerichtet. Als er den Schatten des sich nähernden Afrikaners bemerkte, blickte er verärgert auf und fixierte den nubischen Leibsklaven des Titus Aurelius Ursus kurz mit seinen, diesmal bösartig stechenden braunen Augen, bevor er sich wortlos umdrehte und ging, noch bevor der hochgewachsene, muskulöse Glatzkopf ihn ansprechen konnte. In seinem Kopf drehte sich alles um Aurelia Prisca und seiner unglücklichen Liebe zu ihr und die Sorge um seine Zukunft unter der Fuchtel des Aulus Flavius Piso, für andere Dinge war da kein Platz, weder für Leichenumzüge, noch für Smalltalk mit irgendwelchen anderen Sklaven, schon schlimm genug das er einer war und so ging er zurück in seine Werkstatt und verschloss die Tür, während Piso und Prisca traurig und glückselig zugleich den schon müffelnden Kadavern ihrer beiden selbstgemordeten Verwandten hinterhertrotteten.

    Zitat

    Original von Aulus Flavius Piso
    Jahahaha, er war heilfroh, keinen eifersüchtigen Heini über seine Schultern glotzen zu haben.



    Patraios stand verborgen hinter der dicken Säule und schmollte vor sich hin. Er hätte nie zu glauben gewagt, das es ihn dermaßen hart treffen würde, aber diese Welt war ungerecht und die Götter grausam, besonders Aphrodite, die Göttin mit dem makellosen Hinterteil.
    Gegen seinen Willen, aber dennoch zu neugerig um der Versuchung zu wiederstehen, spähte er wieder etwas hervor und sah in Richtung Aurelia Prisca und Flavius Piso, welche ihm dem Rücken zugedreht hatten und irgendetwas miteinander tuschelten. "Bah!" "Soll sie diesen verwöhnten Aristokratenbengel doch heiraten, irgendwann wird er Senator und dann gerät er früher oder später unter die Mühlsteine der hohen Politik." dachte er sich und wandte dabei seinen Kopf für ein oder zwei Sekunden in Richtung des Sextus Aurelius Lupus, Aurelia Priscas ehrgeizigem Cousin, welcher sich ebenfalls etwas abseits an eine der Trägersäulen des Atriums gelehnt hatte und das ganze Trauerspektakel mit einer eher als teilnahmslos zu bezeichnenden Miene verfolgte. Die Gesichtszüge des jungen Griechen hingegen waren düster und innerlich brannte er förmlich vor Eifersucht und Neid auf diesen Aulus Flavius Piso, den die Götter zwar nicht eben in körperlicher, aber so doch immerhin in gesellschaftlicher Hinsicht so überaus großzügig bevorzugt hatten.

    "Die Flavierin?" Schwermütig seufzend blickte Patraios die kleine, doch tatsächlich aus allen Wolken fallende Tilla Romania an. Wie nur sollte er dem jungen Mädchen erklären, wieso und warum auch diese hohe Dame plötzlich nicht mehr unter den Lebenden weilte? "Also das ist so, Flavia Celerina weiß es nicht, denn sie ist ... ist auch ... auch ganz urplötzlich verstorben, nur wenige Stunden zuvor." Aber noch mitten in der Rede, bemerkte der schwarzhäuptige junge Grieche, wie sich der Körper seiner geliebten Herrin plötzlich zu regen begann und sie ganz kurz darauf auch ihre Augen aufschlug. Nach ein paar Sekunden der Benommenheit wurde der jungen Frau wieder schmerzhaft bewusst, welch schreckliche Dinge grade soeben geschehen waren und sie begann mit leiser, aufgelöster Stimme zu weinen und zu schluchzen. Verwirrt und mit schmerzerfüllten Blick richtete sie sich auf und bemerkte nun ihre beiden Leibsklaven, welche wie zwei treue Hündchen an der Bettkannte saßen und sich so gut es eben ging um ihr Wohl bemühten. Mit warmherzig dankbaren Blicken richtete sie das Wort an die beiden, wobei sie wie im Reflex nach deren Händen griff und diese ganz kurz umklammerte, so als wenn sie irgendeinen Halt suchte um nur ja nicht wieder in dieses schreckliche schwarze Loch hinabzustürzen, bevor sie sich dann doch wieder ihrer Seelenpein ergab und zurück auf das Kissen fiel, um nur wenige Wimpernschläge darauf ihren Tränen und Gefühlen freien Lauf zu lassen. Patraios wandte sein Gesicht ab, heulende Frauen machten ihn verlegen und er wusste selber nicht so genau ob er sie zur Linderung ihrer Pein in den Arm nehmen, oder sie einfach dort liegenlassen sollte. Wenn Tilla nicht dagewesen wäre hätte er sie ohne zu zögern gleich in den Arm genommen, damit sie sich an seiner starken Schulter ausweinen konnte, aber er befürchtete das ein solch überaus intim-vertrautes Verhalten den Argwohn der stummen Leibsklavin wecken könnte und so senkte er erstmal nur beschämt seinen Kopf und tat gar nichts...


    Nach weiteren 15 untätigen Sekunden konnte er den Anblick der elendig heulenden Prisca nicht mehr ertragen und er nahm sie zu sich und drückte ihren Kopf sanft an seine Brust, während er ihr mit der einen Hand liebvoll zärtlich durch das schwarze Haar strich.


    "Ist ja gut." "Ist ja gut." "Bitte Herrin nicht mehr weinen." "Alles wird wieder gut ... ganz bestimmt ... du ... du heiratest
    deinen Piso und ... und dann wird alles wieder gut!"

    Ein spitzbübisches Lächeln umflog die Züge des sonnengebräunten Griechen, während seine blitzenden braunen Augen wollüstig über den makellos proportionierten marmorweißen Leib seiner überaus attraktiven Herrin strichen. Nach etwa zwei Monaten im Dienste der jungen Domina Aurelia, hatte sich Patraios an dererlei erotische Überraschungsmomente gewöhnt und dennoch erregte es den Burschen immer wieder aufs neue sie vollkommen nackt zu sehen, besonders mochte er es, wenn sie wie eine läufige Muschikatze schnurrend um ihn herum schlich und ihn an ganz bestimmten Stellen küsste und streichelte. Derartige Liebkosungen brachten Patraios immer sofort auf 180 und dann gab es für ihn so gut wie kein Halten mehr. Wie oft war es in solch hochexplosiv-erotischen Momenten bereits vorgekommen, das er das überaus starke Bedürfniss verspürte, sein Glied ganz tief in ihr "Allerheiligstes" zu versenken, um dann gemeinsam mit Ihr Körper an Körper in einem extatischen Rausch miteinander zu verschmelzen, daher war es Aurelia Prisca, welche selber in einem Rausch körperlicher und emmotionaler Sinneslust schwelgend, noch den ganzen verbliebenen Rest ihrer anerzogenen römischen Selbstbeherrschung der vielgerümten "Ratio" aufbieten musste, um ihren unüberlegt-stürmischen "Eros" davon abzuhalten, sie noch vor der ihr bestimmten Zeit "unbrauchbar" und damit in den Augen des hohen römischen Adels gesellschaftlich "unmöglich" zu machen. Entjungfert und entehrt von einem Sklaven! Onkel Corvinus würde die Hauptschlagader platzen, Tante Celerina an einem schadenfrohen Lachkrampf ersticken und dem guten Piso würden vor Wut und Enttäuschung warscheinlich sämtliche Eiterpusteln von selber aufplatzen, ohne das dafür noch die spitzen Fingernägel einer sexy syrischen Sklavin notwendig wären.


    Mochte die junge Dame auch aus biologisch-moralischer Sicht noch eine "Jungfrau" sein, so war sie es doch in einem gewissen Sinne eigentlich nicht mehr, denn in den folgenden Wochen seit sie Patraios zum erstenmal im großen Ballneum der Villa Aurelia mehr oder weniger absichtlich zuerst das Herz und dann den Verstand geraubt hatte, hatte des Corvinus tugendhafte Nichte so einiges in Bezug auf die erogenen Zonen des nackten männlichen Körpers dazugelernt und die junge Frau wusste genau, wie sie ihren Eros zu dirigieren hatte, damit sowohl er als auch sie ganz auf ihre Kosten kamen und dennoch war dieses selbstauferlegte "Penetrationsverbot" ein Stigma, welches besonders dem stolzen jungen Hellenen zu schaffen machte, zeigte es ihm doch nur all zu klar die gesellschaftlichen Grenzen auf. "BIS HIERHER VND NICHT WEITER!!!" "RESERVIERT FÜR AVLVS FLAVIVS PISO!!!" "ZVTRITT FVER SKLAVEN VERBOTEN!!!"


    Patraios machte daher gute Miene zum bösen Spiel, aber innerlich regten sich schon sehr bald Eifersucht und Neid auf diesen Aulus Flavius Piso, von dem Prisca immer grade dann zu schwärmen und in besonders hohen Tönen zu schwelgen begann, wenn sie schweißgebadet und vor Erschöpfung keuchend irgendwo nackend Arm in Arm herumlagen, sei es in einem Balneum, am nächtlichen Strand von Antium oder einfach nur in ihrem Bett oder eben auch auf dieser besonders breit geschreinerten Ruhekline in seiner (von Aurelia Prisca höchstpersönlich eingerichteten und finanzierten) kleinen Künstlerwerkstatt. Irgendwie schien sie immer eine Art schlechtes Gewissen zu haben, wenn sie ihren Trieben und Bedürfnissen freihen Lauf gelassen hatte und dann kam die Rede wieder auf diesen mysteriösen Piso, den sie ja ach angeblich so sehr liebte und vergötterte, Sie, "Die Prisca mit dem schönen Popo!"


    Der durchtrainierte junge Sklave lächelte schelmisch, als er seine Herrin schon wieder mal so ganz entblättert vor sich rumposieren sah. Mit lüsternen Blicken streichelte er ihren schneeweißen Alabasterkörper und wandte sich dann kurz von seiner Venus ab, um die Tür des Cubiculums zu verrammeln. Immerhin neigte sich der Tag bereits seinem Ende entgegen und es sah nicht danach aus, das die junge Dame heute noch Gäste, geschweige denn irgendwelche Familienangehörigen zu empfangen beabsichtigte. Ihre Leibsklavin Tilla hatten bereits die Öllampen entzündet und sich dann schweigend in ihr Quartier zurückgezogen. Für den Rest des Abends hatte sie dienstfrei und konnte sich daher ungestört mit ihrem Stallknecht amüsieren, wohingegen Patraios noch mal zu einer ganz speziellen Ganzkörpermassage in die Pflicht genommen wurde. Patraios entledigte sich rasch seines Palliums, dieser "Toga für Arme" und trug dann seine völlig verliebt und erwartungsvoll dreinschauende Herrin auf beiden Armen hin zu ihrem Himmelbett.


    Einige Minuten später lag sie entspannt und erleichtert seufzend ausgestreckt auf ihrem Bauch und ließ sich von Patraios den Rücken mit irgendwelchen duftenden Ölen und Essenzen einmassieren. Sie liebte seine rauhen Handwerkerhände auf ihrer milchig zarten Haut und jedesmal wenn er sie sanft und zärtlich damit streichelte, zuckte sie schlagartig zusammen und bekam sogleich eine Gänsehaut. "Ist es dir so recht meine Liebste?" fragte Patraios mit leiser, verliebter Stimme, während er mit der Spitze seines Zeigefingers ganz vorsichtig und sacht über ihre Wirbelsäule fur.

    Die Nachricht von Marcus Aurelius Corvinus Selbstmord durchzuckte den jungen Sklaven wie einen Blitz! Erschrocken und mit großen Augen blickte er Brix an, ohne irgendwie etwas erwidern zu können. Dieser hielt sich auch nicht lange mit ihm auf, gab kurz ein paar Anweisungen und verließ dann fluchtartig das Zimmer um es den anderen Bewohnern des weitläufigen aurelischen Anwesens mitzuteilen. In spätestens einer Stunde wusste es jede sterbliche Seele innerhalb dieser Mauern angefangen von den Adligen, bis hin zu den Kellermäusen, das der Hausherr auf äußerst tragische Art und Weise seiner über alles geliebten Gattin freiwillig in den Tod gefolgt war. Prisca hatte ihm erzählt, das ihr Onkel in eine Art von Schockzustand verfallen war, nachdem man die Leiche seiner Frau vor ihm aufgebaart hatte und nun hatte er sich aus Kummer und Verzweiflung selber entleibt. Versteinert blieb Patraios sitzen und starrte auf das Pergament, welches einsam auf dem spiegelblanken Fußboden lag und die letzten Worte des lebenden Corvinus an seine über alles geliebte Nichte enthielt, deren Hand er nun fest umklammerte. Mehrere Minuten lang, verviel der Grieche in eine Art von Trance, bis plötzlich die stumme Tilla Romania vor ihm stand, ärgerlich mit dem Fuß aufstampfte und ihn damit schlagartig wieder in die Realität zurückholte. Verstört blickte der dunkelhaarige junge Mann das Mädchen an, welches sich sofort daran machte eine Flasche mit Riechsalz oder einer ähnlich gearteten Substanz herbeizuschaffen, welches sie Ihrer betäubten Herrin unter die zierlich geformte Nase hielt, dabei blickte sie den Burschen fragend und mit großen, neugierigen Augen an. Patraios, welcher immer noch Priscas Hand hielt, stammelte mit niedergeschlagener Stimme, "Brix war hier und ... und ... hat unserer Domina die Nachricht überbracht, das ................ das sich ihr Onkel Marcus Aurelius Corvinus heute ..... heute Morgen selber den Tod gegeben hat." "Er muss ihr diesen Brief dort gegeben haben." Patraios verwies mit dem Finger auf das Stück Pergament, "Danach hat sie einen furchtbaren, markerschütternden Schrei von sich gegeben und ist ... ist auf der Stelle vor Brix seinen Augen zusammengebrochen." Kaum das er dieses gesagt hatte, ließ Patraios Priscas Hand los und krallte sich dann den Abschiedsbrief, um ganz kurz und flüchtig dessen Inhalt zu überfliegen. Nur wenige Sekunden später warf er das Schreiben dahin zurück wo er es aufgelesen hatte. Mit einer gehörigen Portion Melancholie in den Augen wandte sich Patraios wieder an Priscas stumme Leibsklavin, welche noch immer eifrig mit dem Parfümfläschchen rumhantierte. "Er schreibt ihr, das die Götter ihn verlassen haben und das sein Glaube dadurch tief bis ins Mark erschüttert wurde." Nach einer mehrere Sekunden langen Pause fur er schwermütig seufzend fort, "Und er gestattet seiner Nichte den Aulus Flavius Piso zu heiraten, so sie ihn den wirklich und wahrhaftig liebt und ermahnt sie eindringlich stets nur das Glück zu suchen und nicht dieselben schwerwiegenden Fehler zu machen wie er."

    Offenbar begnügte sich die hohe Dame mit dieser Antwort, denn nur wenige Sekunden später verließ der junge Grieche Flavia Celerinas Gemächer und begab sich von dort gradewegs zu den Sklavenquartieren, wo er etwa eine Stunde verweilte, um seine Sachen und Malutensilien für die bevorstehende Reise nach Antium zu packen. Danach schlich er sich noch einmal heimlich in das Cubiculum von Aurelia Prisca, jenem Paradebeispiel für Tugend und Unschuld, um seiner frischgebackenen neuen Herrin noch ein paar leidenschaftlich-zärtliche "Gute Nacht" Küsse mit auf ihren Weg ins Schlummerland zu geben, bevor er sich dann fröhlich pfeiffend wieder zurück in die Sklavenquartiere begab. So jedenfalls endete des Patraios erster Arbeitstag im Dienste der Aurelier.



    - Finis -

    Patraios, Aurelia Priscas kunstfertiger griechischer Leibsklave stand etwas abseits von der Trauergesellschaft im Schatten einer großen Säule und beobachtete aufmerksam und mit etwas besorgter Miene das Geschehen, wobei seine Aufmerksamkeit weniger den beiden Toten als den anwesenden Lebenden galt, oder besser gesagt einer Lebenden, nämlich seiner reizenden Herrin, in die er sich gleich schon vom ersten Tage ihrer Begegnung an so unsterblich verliebt hatte und das obwohl ihr Herz ja längst einem anderen gehörte, eine Tatsache, die dem zur Eifersucht neigenden jungen Sklaven schon ettliche schlaflose Nächte bereitet hatte. Als er den hochgewachsenen, aber auch etwas schmächtig wirkenden Verwandten der drei flavischen Cäsaren bemerkte, wie er sich eingehüllt in eine Trauertoga durch die Reihen der anwesenden Gäste hindurch zu Aurelia Prisca vordrängelte, verdüsterte sich sein Antlitz und er versteckte sich nun völlig hinter der Säule, auf das Piso und Prisca seinen unwilligen Gesichtsausdruck nicht bemerkten.


    Was die sterblichen Überreste dieses auf so dramatisch-tragische Weise freiwillig aus dem Leben geschiedenen Patrizierehepaares betraf, so hatte Patraios die beiden Toten schon ganz aus nächster Nähe sehen dürfen, denn einem sehr alten römischen Brauch folgend war Ihm als ausgebildetem Maler und Bildhauer die äußerst heikle und sehr viel Fingerspitzengefühl erfordernde Aufgabe übertragen worden den beiden Verstorbenen die Totenmasken für die Ahnengallerie abzunehmen, bevor Ihre beiden Körper dann entgültig einbalsamiert und für die offizielle Leichenschau im Kreise der Familie und anwesender Trauergäste zurecht gemacht wurden. Es war nur eine Frage der Zeit, bis Aurelia Prisca, oder ein anderes Mitglied der Gens Aurelia an Ihn herantreten würde, um eine Marmorbüste oder vielleicht sogar eine-oder auch zwei komplette Statuen von Corvinus und Celerina als bleibendes visuelles Andenken in Auftrag zu geben. In diesem Falle dienten beider Totenmasken als Modell, da sie die Gesichtszüge der so Verewigten in unverfälschter Weise wiedergaben und so ein hohes Maß an physionomischer Authentizität gewärleisteten lange nachdem ihre sterblichen Körper zu Asche oder Staub zerfallen waren.

    Patraios saß in seinem Atelier welches sich in unmittelbarer Nähe von Aurelia Priscas Cubiculum befand und meißelte eifrig an einer Statue. Er war so sehr in seine schöpferische Arbeit vertieft, das er Brix, den Sklaven des Hausherren gar nicht bemerkte, welcher mit beklommenden Gesicht an seiner Tür vorrüberging um Aurelia Prisca den Abschiedsbrief ihres Onkels zu überbringen. Nur wenige Sekunden später hallte ein gellendes, schmerzerfülltes


    "NEEEIIIIIIIIIIIIINNNNNNNN..."


    durch die Korridore von Aurelia Priscas Gemächern und riss den jungen Griechen aus seiner künstlerischen Trance. Sofort warf er Hammer und Meißel fort und stürmte dann aufgebracht in das Schlafgemach, wo seine Domina zusammengebrochen war und nun reglos wie eine Tote auf dem marmornen Fußboden lag, neben sich liegend die Schriftrolle mit den letzten Zeilen ihres geliebten Onkels. Reflexartig stürmte er zu Prisca, hob ihren ohnmächtigen zarten Leib umgehend vom kalten Parkett auf, und lagerte diesen dann ganz behutsam auf dem nahestehenden Bett. Patraios befühlte ihren Puls und prüfte ihre Atmung. Den Göttern sei Dank seine Liebste lebte noch! Zärtlich richtete er Ihr die Kopfkissen und deckte sie dann zu auf das sie es mollig und warm hatte. Danach setzte er sich auf die Bettkante und nahm ihre linke Hand in die seine um sie liebevoll zu streicheln. "Was...was ist hier passiert?" "Warum ist sie in Ohnmacht gefallen?" "Ist es wegen Ihrer vestorbenen Tante?" Erst jetzt richtete er seine Aufmerksamkeit auf Brix, der selber blass vor Schreck wie eine Bildsäule dastand.

    Der Hausherr schien wieder etwas zufriedener mit sich und der Welt zu sein. Huldvoll lächelnd gab er dem Sklaven die Erlaubniss sich zu entfernen. Patraios verneigte sich noch einmal und verabschiedete sich dann wie immer mit einem charmanten Lächeln auf den Lippen. Auf dem Weg zur Porta begutachtete der junge Grieche wieder die qualitätvoll ausgeführten Stuckarbeiten und Wandmalereien, bevor er dann entgültig das flavische Anwesen verließ, um sich gleich darauf mit den beiden germanischen Leibwächtern auf denkbar schnellstem Wege wieder nach Hause zu begeben, denn die Sonne begann zu sinken und in der Villa Aurelia wartete schon die Herrin.

    Nur drei oder vier Stunden nachdem er die Villa Aurelia in Richtung Villa Flavia verlassen hatte, stand Patraios schon wieder bei seiner Herrin Aurelia Prisca auf der Matte um ihr Bericht zu erstatten. "Salve Domina!" "Der erhabene Quaestor Aulus Flavius Piso sendet dir seine innigsten Grüße und lässt dir folgendes ausrichten." "Sage Ihr, das ich Sie von ganzen Herzen liebe und mich nach ihr verzehre." "Vielen, vielen Dank." "Dank für deinen Brief und für dein Beileid." "Fortuna wird es gewiss einrichten, dass wir uns bald wieder sehen." "Das in etwa waren seine Worte." Patraios räusperte sich, dann bemerkte er noch. "Der erhabene Piso sah sehr mitgenommen aus, eher wie ein Toter denn ein Lebender, aber als er nur deinen entzückenden Namen hörte, flackerten seine Augen auf und die Lebensgeister kamen zurück." "Er war so aufgeregt und erfreut ob deiner Nachricht, das er gar nicht in der Lage war dir einen Antwortbrief zu schreiben und so must du dich vorerst mit diesen paar Worten begnügen." "Dieser hohe Herr ist in der Tat über alle Maßen in dich verliebt." Patraios lächelte freundlich und erwartete dann schweigend die Reaktion seiner Herrin.

    Patraios hörte sehr aufmerksam zu was der junge Flavier ihm zu sagen hatte und lächelte dann freundlich. "Ja Dominus ich habe mir alles gemerkt Wort für Wort." Der Sklave verneigte sich artig vor seinem zukünftigen Herren und wartete noch bis dieser ihn ganz offiziell entließ. Seine Augen streiften kurz über ein prächtiges Wandgemälde, welches einen der römischen Imperatoren zeigte. Patraios konnte nicht anders und bemerkte beinahe erfürchtig: "Das ist doch der große Titus, der Bezwinger von Judäa, du musst sehr stolz sein einen so bedeutenden Feldherren und Herrscher zu deiner Familie zählen zu dürfen." "Das Bild ist übrigens sehr schön geworden, wenn du mit meiner Herrin verheiratet bist, gib mir nur den Befehl und ich male dir noch ein großes Schlachtengemälde von der Eroberung Jerusalems." Patraios blickte den Piso mit großen glänzenden Augen an und wartete gespannt wie ein kleiner Schuljunge auf dessen Reaktion.

    Patraios notierte den misstrauisch verkniffenen Blick des jungen Flaviers als er die knackige Aurelia Prisca mit der Göttin Aphrodite (alias Venus) verglich, dachte sich aber nicht viel dabei, zumal ihm die römischen Vorstellungen von Sitte und Moral sowieso hinlänglich fremd waren. Schamgefühle in Bezug auf Nacktheit oder Sexualität kannte der griechische Sklave ohnehin nicht und er hätte dem Piso auch ohne wenn und aber wohl alles über sein intimes Verhältniss zu dessen Angebeteter erzählt, wenn dieser ihn denn nur danach gefragt hätte. Aber die Erwähnung seiner beruflichen Tätigkeit als Maler und Bildhauer lenkte das Gespräch sofort in andere Bahnen. "Phidias und Polyklet waren ohne Zweifel alles überragende Meister, aber Ihr Stil ist mir dennoch zu streng und zu statisch, obwohl gute Kopien Ihrer Werke grade bei römischen Sammlern sehr beliebt sind." "Mein persönlicher Stil hingegen orientiert sich eher an den Meistern der jüngeren Zeit." "Ich liebe die Arbeiten des Lysippos sowie die kraftvollen, dynamischen Werke der pergamenischen Bildhauer, Künstlern wie Epigonos, Menekrates, Dionysiades oder Boethos." "Wenn du mal die Provinz Asia besuchst, solltest du unbedingt für ein paar Tage in Pergamon verweilen, ich verspreche dir, die Skulpturen und Friese dort suchen Ihresgleichen." Zu seiner eigenen Person und Künstlerkarriere befragt entgegnete er, "Ich bin der uneheliche Sohn von Alkibiades von Patraios, dem Hofmaler von Sauromates I. dem Basileios des Bosporanischen Reiches." "Ich habe keine Ahnung ob der Name meines Vaters bis hierher nach Rom gedrungen ist, aber in Attika und den Städten an der Küste von Asia sind seine Gemälde bei Sammlern und Kunstliebhabern sehr gefragt." "Alles was ich kann habe ich in seinen Ateliers gelernt." "Später hat mich mein Vater dann an einen befreundeten Bildhauer nach Athen verkauft, der mir in fünfjähriger Lehrzeit beibrachte mit Hammer und Meißel umzugehen und aus unförmigen Klumpen Ton schöne Köpfe und Figuren zu formen." "Ich bin erst zwei Monate in Rom und hatte noch nicht viel Gelegenheit mein Können unter Beweis zu stellen." "Von meiner Domina Aurelia Prisca habe ich einige Portraitzeichnungen gemacht, während wir die heißen Sommermonate über in Ihrer Strandvilla nahe Antium zubrachten."
    Beim Gedanken an Antium huschte ein kleines verstohlenes Lächeln über Patraios Gesichtszüge und seine Bernsteinbraunen Augen bekamen für einen kurzen Moment wieder diesen burschenhaft frech, lüsternen Ausdruck. Das der Sklave schon eine komplette Marmorskulptur von seiner Herrin in Arbeit hatte verschwieg er wohlwissend, da diese Bildsäule ja als Hochzeitsgeschenk für ihren vergötterten Aulus Flavius gedacht war. Zu einem Thema allerdings musste der Sklave leider passen, denn weder hatte er Gesangsunterricht erhalten, noch war ihm der Umgang mit Instrumenten vertraut, obwohl auch er gute Musik überaus zu schätzen wusste.

    Über Patraios Gesicht huschte ein breites Lächeln. "Ganz einfach, schreibe genau das was dir dein verliebtes Herz befielt und was dir in den Sinn kommt, wenn du an Aurelia Prisca denkst." "Ich für meinen Teil vergleiche sie immer mit einer Statue der Göttin Aphrodite, gefertigt aus kostbaren Marmor, Elfenbein oder Alabaster, weil es genau das war woran sie mich erinnerte, als ich mich deiner Angebeteten zum erstenmal vorstellen musste."
    An dieser Stelle räusperte er sich und fur dann ungeniert fort.
    "Also Dominus dieser Vergleich mit einer Statue sollte dich nicht allzusehr verwundern, denn du solltest wissen das ich dem Handwerk eines Bildhauers und Malers nachgehe und daher neige ich von Geburt an dazu, schöne Menschen mit Kunstwerken zu verwechseln." "Da gibt es zum Beispiel auch einen jungen blonden Barbaren, der zum Besitz der Flavia Celerina gehört, der Bursche ist ungebildet und hat auch nicht sonderlich viel im Kopf, aber er besitzt einen schönen, durchtrainierten Körper und ein wohlproportioniertes Gesicht." "Als Modell für eine Monumentalstatue des Achill oder Herakles wäre dieser Gallier oder Germane unschlagbar, wenn er auch sonst zu nichts zu gebrauchen ist." Patraios musste plötzlich spitzbübisch kichern, aber nicht wegen des gutmütig, naiven Galliers, sondern weil sich grade ein herrlich dramatisches Kunstwerk vor seinem inneren Auge zu manifestieren begann. Flavia Celerina als schlangenhäuptige Gorgone im blutigen Kampfe mit dem schwertschwingenden Perseus, welcher unzweifelhaft die Züge des Marcus Aurelius Corvinus trug. Natürlich vermied der Sklave es wohlwissend dem Piso über seine momentanen Gedanken bezüglich Perseus und der Medusa in Kenntniss zu setzen, zumal es auch irgendwie unangebracht und geschmacklos wäre. Manche boshaften Gedanken behielt man besser für sich, aber dennoch zumindest ein kurzes Kichern war diese Sache schon wert.

    Wortlos, aber mit einem Lächeln auf den Lippen begab sich Patraios zum Tisch mit der Karaffe, nahm eines der dabeistehenden Gläser und positionierte sich beim Einschenken so das der Hausherr alles genau mitverfolgen konnte. Noch während er damit beschäftigt war das Glas zu füllen, richtete er das Wort an Piso. "Dominus bitte gestatte das ich dir eine Frage stelle, aber meine Herrin, deine vergötterte Aurelia Prisca, schilderte mir des öffteren in gradezu überschwenglichen Worten, das du ein ausgesprochener Liebhaber der Musik und der schönen Künste sein sollst." Die geübten Augen des junge Künstlers hatte schon beim Betreten des Hauses die für herrschaftlich römische Häuser obligatorischen Wandmalereien und Stuckverziehrungen gemustert, welche in der Feinheit der Details wesentlich sorgfältiger und mit größerer Rafinesse ausgeführt waren als in der Villa Aurelia. Hier in der Villa Flavia wohnte ganz offenbar jemand der ein hochsensibles Auge für gut gezeichnete Figuren und feinfühlige Pinselstriche besaß. Patraios hatte das Glas nun gefüllt und brachte es dem Patrizier. "Dein Wein Herr."

    Patraios stand da und beobachtete genau wie die verführerisch, liebenden Worte seiner Herrin ihre wohltuende und belebende Wirkung entfalteten, gleich einer Heilkräutertinktur auf schmerzender Wunde. Nach einer Zeit der Düsterniss und Verzweiflung, erreichten nun wieder die hoffnungsvoll wärmenden Strahlen der liebenden Sonne das von Trauer und Gram gebeutelte Herz und Gemüt des empfindsamen jungen Herren. Patraios hatte keine Ahnung was genau in dem Brief stand, aber dem breiten Lächeln und den gleich darauf folgenden Freudentränen des durch jene Worte so beglückten Empfängers zu urteilen, musste dessen Inhalt ganz einfach wunderbar sein. Der junge Piso erschien sprachlos und etwas verwirrt, seine Gefühle, noch zwischen Trauer und neu aufkeimender Hoffnung schwebend, schlugen in diesem Moment wohl heftigste Purzelbäume. Der Quaestor erhob sich von seiner Kline um dem Sklaven zu danken, aber Patraios wiegelte äußerst höflich und mit verführerisch-charmanten Lächeln ab. "Aber hoher Herr ich bitte dich, du schuldest mir Elenden doch keinen Dank, denn dieser gebührt einzig und allein meiner Herrin, die dich auf das innigste liebt und dir über alles andere in der Welt zugetan ist." Stattdessen nahm der einfühlsame Grieche den aufgeregt und verwirrt scheinenden Römer freundschaftlich und voller Mitgefühl in seine Arme und barg dessen Kopf an seiner Schulter. Dabei klopfte er ihm beruhigend auf den Rücken und konnte erfühlen wie der hochgewachsene Mann am ganzen Körper bebte und zitterte, denn der Schock über den plötzlichen Tod seiner geliebten Schwester, sowie der damit verbundene Stress und die Anspannung der letzten Tage und Stunden saßen noch immer tief und waren noch lange nicht verarbeitet. Patraios kannte diese Situation aus eigener Anschauung und wusste genau wie dreckig und beschissen sich der junge Flavier zu diesem Zeitpunkt trotz Aurelia Priscas liebender Worte noch immer fühlte. Er brachte den Piso wieder zurück zu seiner Kline und bat ihn sich hinzulegen. "Götter!" "Du bist ja vollkommen erschöpft, du brauchst unbedingt Ruhe und Schlaf damit du gesund und bei Kräften bleibst." Der Sklave blickte sich um und entdeckte zufällig eine kostbare gläserne Karaffe halbvoll gefüllt mit Wein. "Ähhh ... ich denke ein kräftiger Schluck Traubensaft würde dir jetzt sicher guttun, möchtest du das ich dir ein Glas von dem Wein dort bringe?"

    Patraios war etwas überrascht ob der hiesigen Umstände. Ganz in Weiß gekleidet, glaubte er sich als der Überbringer schmachtend-romantischer Liebesbotschaften, stattdessen wurde er nun unmittelbar mit Trauer und Tod konfrontiert. Welch merkwürdigen Eindruck musste der unbändige Lebensfreude und Vitalität ausstrahlende Sklave auf den niedergeschmettert dasitzenden, vor Kummer und Gram gebeugten Hausherren machen. "Salve Quaestor!" sprach Patraios mit weicher, freundlicher Stimme, nachdem er sich respektvoll vor dem Hausherren verneigt hatte. "Mögen die Götter dich schützen, besonders Asklepios und Kypris." "Meine Herrin Aurelia Prisca übermittelt dir ihre innigsten Grüße und wies mich an dir diese Botschaft von ihr auszuhändigen." Mit diesen militärisch knappen Worten übergab er dem unglücklichen jungen Patrizier die versiegelte Papyrusrolle, verneigte sich nochmals und trat dann ehrfürchtig ein paar Schritte zurück.


    ...

    :D "AUA!" "Au ... Aurelia Prisca!" "Ihr Name ist Aurelia Prisca!" Wie Patraios hellseherisch erwartet hatte lichteten sich die Nebel des Uranus und Saturn nicht, sondern es kam wie es bei solchen Typen eben kommen musste. Am liebsten hätte Patraios diesem als Römer verkleideten Neandertaler einen Tritt in seine grobklotzigen Eier verpast. :D