Schweiss tropfte ihm in die Augen, als er sich zum sicherlich tausendsten Mal heute bückte, um mit der groben Forke in das geschnittene Gras zu stechen und es mit eimem Ruck hinter sich warf, damit es da einen neuen Wall bildete, der sich zum Trocknen der Sonne entgegenrecken würde. Es war der mittlerweile fünfte Tag ohne Regen, bisher hatten sie erstaunliches Glück gehabt, und sein Vatter hatte bereits Freya ein kleines Opfer dargebracht um ihr für das gute Wetter zu danken. Einen Tag noch... ein Tag ohne Regen, und das Heu würde trocken genug sein, um es in Haufen mit geöltem Leinen abzudecken, um es so noch ein paar Tage trocken zu lassen und es gleichzeitig gegen das willfährige Wetter zu schützen. Dann erst, in etwa einer Woche, dann würde man das Heu mit einem neuerlichen Kraftakt auf die Karren und Rücken hieven, und es in die Schober der Ädalam bringen, oder in den Schober der Hros. Eintausendundeins.
So weit vor der Stadt war es beinahe absolut still. Die Vögel sagen ihre Lieder, der Wind strich sachte durch die Bäume, die hier und dort noch standen, aber ansonsten war alles, was Sönke hörte das regelmäßige Auf-und-Ab seines angestrengten Atems. Eintausendundzwei.
Er widerstand der Versuchung, sich den Schweiss im Gesicht mit dem Ärmel abzuwischen, weil er keinen trug und bis auf die Hose mit nichts bekleidet war. Warum auch? Es war ein heißer Sommer, und Sönke genoss das Gefühl der leichten Brise auf seiner Haut, welche den verdampfenden Schweiss davontrug und seinen Körper kühlte. Seine Mutter hasste es, wenn er quasi nackt auf den Feldern herum lief, hatte sie doch Angst, dass er sich trotz der Hitze erkälten könnte. Eintausendunddrei.
Es roch nach Heu. Alles roch nach Heu. Nach Heu und Erde. Der Sommer hatte die Stadt der Römer und alles Land um sie herum vollkommen im Griff, eine Zeit, in der man von Morgens bis Abends auf den Feldern war um die Gunst der Stunde zu nutzen. Und nichts anderen taten sie, seit Wochen, Monden, wie jedes Jahr, seitdem er alt genug war den Hammer zu halten, um ihn seinem Vater reichen zu können. Eintausendundvier.
Schnauffend stellte der Junge die Forke auf, und lehnte sich mit den Armen darauf um einen Moment auszuruhen und gedankenverloren in die Ebene vor der Stadt zu blicken, die Bahnen an aufgehäuftem Heu verfolgend, die sie schon vier Mal umgeschichtet hatten. Ein Wochenwerk.
Er konnte beinahe die Sekunden zählen, die es brauchte damit sein Vater ihm von der anderen Seite der Weide wütend entgegenrief, dass er sich nicht auf die Forke lehnen sollte. Wenn sie zerbrach, würde das wieder nur Probleme geben, schließlich brauchte es einen ganzen Abend um Holz in Forkenform zu schnitzen, einen Abend, den man gut für anderes Werk gebrauchen konnte. Eintausendundfünf.
Anstelle weiter zu machen warf Sönke die Forke ins Heu und stapfte zur Seite, wo sein Vater die Arbeit machte, die er seit gefühlten Ewigkeiten machte. Er bestellte das Land, aber nicht sein eigenes, sondern dass der Sippe der Wolfrikssöhne. Wie sein Vater es auch schon getan hatte. Und dessen Vater.
Als er im Schatten der Bäume ankam, stapfte er schnurstracks zu dem Krug mit dem Wasser, und auch wenn dieses mittlerweile schon weit von der Brunnenkühle entfernt war, so war Sönkes Kehle doch dankbar für jeden Tropfen, der sie herunterrann. Eine kleine Menge warf er sich mit der hohlen Hand noch ins Gesicht, was ihn vermischt mit dem ganzen Staub und Dreck nurnoch schmutziger aussehen ließ.
Sein Vater keuchte und ächzte, aber er machte das Werk weiter, weil es einfach getan werden musste, und Sönkes Brüder entweder an der Hros arbeiteten oder selbst noch nicht alt genug waren. Aber nicht mehr lange.
"Vater.", sprach Sönke, der dem alten Mann den Krug entgegenhielt, und damit einen Gesprächsvorwand schaffte, "Vater... überleg es dir noch einmal."