Die Hände unter ihrem Umhang begannen zu schwitzen und sie wischte sie an ihrer Tunika ab, während sie ihm lächelnd zunickte bei seiner Bemerkung über Faustina.
"Ja, das bin ich wohl, eine Vertraute. Ich kann mich nicht beklagen und wenn ich das Leid mancher Sklaven sehe, wird mir bewußt, wieviel Glück ich habe."
Soweit man es als Glück empfinden konnte, als Sklave zu leben, ohne eigene Entscheidungen treffen zu dürfen und in dem Bewußtsein, dass Freiheit wohl ein lebenslanger Traum sein würde. Aber sie war schon so lange bei Faustina, dass sie sich kaum an ein anderes Leben erinnern konnte. Manchmal, in ihren Träumen, tauchten bruchstückhafte Erinnerungen auf, die sie meist am nächsten Morgen viel zu schnell wieder vergaß. Einzig der Tag, der alles veränderte, war unauslöschlich in ihre Seele eingebrannt.
Er erzählte von den Stallungen, seiner Arbeit und sie genoß es, ihm zuzuhören. Es war Abwechslung für sie und ihm war es wohl ein Bedürfnis. Seine Augen schienen zu leuchten, während er von den Pferden und deren Qualitäten berichtete. Er schien richtig in seiner Arbeit aufzugehen und das schürte wiederum ihre Neugierde. Zu gerne hätte sie sich von ihm auf der Stelle die Stallungen zeigen lassen, doch sie mußte sich in Geduld üben. Sie würde den richtigen Zeitpunkt abwarten, und dann Faustina bitten, sie einmal mitzunehmen.
Als er mit seinen Ausführungen endete und das Körbe tragen erwähnte, mußte sie herzhaft lachen, erschrak jedoch selbst so darüber, dass sie sich schnell auf die Lippe biss und es mit einem Kichern ausklang. Die Vorstellung eines Stallburschen, mit Korb auf dem Kopf, hatte sich in ihre Gedanken geschlichen.
"Entschuldige, es ist nur... Ja, ich denke, es ist wirklich ein Vorteil für dich."
Diese Vorstellung wieder aus ihrem Kopf zu vertreiben, war nicht so einfach und ihr Grinsen wollte auch nicht verschwinden. Sie bemühte sich wirklich zur Ernsthaftigkeit.
"Wenn Domina Faustina es erlaubt, würde ich mir die Stallungen wirklich gerne einmal ansehen. Gehört habe ich schon viel davon, es wird sich sicher einmal eine Gelegenheit ergeben."
So langsam wurde es ihr warm in der Sonne und die Beine taten weh vom langen Stehen. Schweiß sammelte sich auf ihrer Stirn und irgendwie fiel ihr keine Frage mehr ein, die sie ihm hätte stellen können. Natürlich gab es einiges, dass sie gerne erfahren hätte, seine Vergangenheit zum Beispiel, oder, ob es ihm nichts ausmachen würde, so ganz alleine im Stall zu schlafen. Sie selbst war in ihrem ganzen Leben noch nie alleine gewesen und konnte es sich daher überhaupt nicht vorstellen. Aber all das war viel zu persönlich und er ihr noch fremd. Nach einem kurzen Moment der Stille fiel ihr doch noch etwas ein, das sie ihn fragen konnte.
"Wie lange bist du schon hier, bei Dolabella und den Pferden?"