Ich blätterte in den Acta herum und entdeckte einen, wie ich fand interessanten Artikel, zumal mir ein Gerede von Rom zu diesem Thema einfiel, über ein Geschehen vor meiner Zeit in Rom. Vor mich hin lächelnd meinte ich: „So etwas wie dies Dominus?“
"Der Praefectus Urbi - im oder das Zentrum der Macht?
ANTE DIEM V KAL FEB DCCCLXI A.U.C. (28.1.2011/108 n.Chr.)
Rubriken: Gesellschaftliches, Politisches
Es ist nun einige Jahre her, seit der Vater unseres geliebten Kaisers seinen Platz unter den Göttern Roms eingenommen hat, und fast ebenso lange, seit Gaius Ulpius Aelianus Valerianus den frei gewordenen Platz an der Stelle der Res Publica eingenommen hat. Kaum jemand hatte damals gedacht, dass der von übler Krankheit Befallene neun Jahre die Kraft fand, um den Staat zu erhalten. Eine Entwicklung, in der man nichts anderes als den Segen der Götter erkennen kann, die unserem Kaiser die Kraft gegeben haben sich gegen den Fluch zu stemmen, der ihm auferlegt schien.
Doch was man bei Betrachtung der letzten Jahre leicht vergessen mag, ist, dass mit der Initiation unseres Kaisers auch sein bester Freund erneut in das Licht der römischen Öffentlichkeit trat. Natürlich ist von niemandem anderes die Rede als von Potitus Vescularius Salinator, ehemaliger Legat der siebten Legion und Statthalter in Illyrien. Der von seiner Krankheit geschwächte Kaiser installierte ihn in wohlweislicher Voraussicht und im freundschaftlichen Vertrauen auf die Loyalität des Vescularius kurz nach seiner Initiation als Praefectus Urbi, und damit begann das Kapitel, das die Bürger der Stadt Rom in Zukunft im Guten wie auch im Schlechten beschäftigen sollte.
Während der Kaiser die Amtsgeschäfte aus Misenum leitet, um sich dort auf Anraten seiner Ärzte so gut als möglich von seiner Krankheit zu erholen und sich zu schonen, obliegt es dem Praefectus Urbi, die Geschäfte der Res Publica in Abwesenheit des Kaisers in dessen Sinne zu leiten, und damit den Erhalt des Staates und des Gemeinwesens sicher zu stellen. Was er mit eifriger Verve auf sich genommen hat; so müssen selbst Kritiker, die hier freilich nicht genannt werden wollen, zugestehen, dass die Amtsgeschäfte selten so reibungslos vonstatten gingen wie unter der Ägide des Vescularius Salinator. Mit einem an Zahlen starken Stab an Mitarbeitern hat er sich in die Arbeit geworfen, und damit der Ära des neuen Kaisers sicherlich eine Stabilität erhalten, die so mancher ihr beim Antritt des Valerianus gar nicht zugetraut hatte.
Dabei griff der Praefectus Urbi in zunehmendem Maße auf Männer zurück, auf dessen Tatkraft und Kompetenz er sich verlassen konnte. So haben sich vor allem namhafte und weniger namhafte Vertreter der Gens Iulia als treue Verbündete des Vescularius erwiesen, allen voran Lucius Iulius Centho, der gleich zwei seiner Verwandten ein Patronat des PU vermittelt haben soll. Gleich darauf folgt die Gens Octavia, bei der sich mit Gaius Octavius Victor ein hochkarätiger Name im Klientel an den Vescularius gebunden hat, zudem wird auch Faustus Octavius Macer als Verbündeter des PU gehandelt.
Mittlerweile müssen viele junge Männer auf dem Weg nach oben den Weg durch die Castra Cohortes Urbanes antreten, anstelle durch den kaiserlichen Palast, und so soll unter anderem Kaeso Modestus von den Annaern erstaunlich oft beim PU vorstellig gewesen sein. Während die Einzelheiten wie immer im Vagen liegen, ist zumindest definitiv nachvollziehbar, dass sich hochrangige Ritter wie Gaius Pompeius Imperiosus und Titus Decimus Verus an den mächtigsten Mann Roms gebunden haben. Was bei letzterem umso verwunderlicher ist, da man dem Vescularier und dem Oberhaupt der vom peregrinen Decimus abstammenden Familia des Marcus Decimus Livianus eine inoffizielle Fehde unterstellt. Zeichnet sich da ein Bruch zwischen den Familiae des Decimus und des Decimus Cato ab?
Den mächtigsten Part im wohlsituierten Zirkel des Vescularius Salinator dürfte wohl Quintus Turbo von den Marii darstellen. Als Klient des Praefectus Urbi wurde er mittlerweile zum Praefectus Praetorio ernannt. Eine Entscheidung, die ganz im Sinne der weisen und vorausschauenden Personalpolitik des PU steht, der es vortrefflich zu verstehen wusste, sich beinahe gänzlich mit bekannten Namen zu umgeben.
Wer hier eine Rangschau der bis dato wichtigsten Namen entdeckt haben will, liegt vielleicht gar nicht so falsch. Dass diese Namen im Namen des Vescularius, und dieser im Namen des Kaisers sehr viel Macht auf sich konzentrieren, erweckt freilich nicht nur Zustimmung. Die öffentliche Kritik am Handeln des Praefectus beschränkt sich bisher auf den Senat, und findet dort auch nur in kleinen, für den Praefectus unbedrohlichen Häppchen statt, die der gestandene Politiker mit seinen Verbündeten mit links kassiert. Was sich allerdings in den römischen Hinterzimmern abspielt, zu denen selbst die bestens unterrichteten Quellen der Acta keinen Zugriff haben, das wissen nur die Beteiligten selbst. Und natürlich der Praefectus Praetorio, der in der Geschichte immer wieder Möglichkeiten bewies, auch auf absurdeste Art und Weise an unöffentliche Informationen zu kommen.
Womit wir dann auch zur Öffentlichkeit kommen: Potitus Vescularius Salinator gilt als Mann der Gesellschaft. Auf zahlreichen wichtigen Ereignissen glänzt der zur Zeit mächtigste Mann Roms mit Anwesenheit. Seien es von Freunden und Feinden veranstaltete Spiele, seien es pompöse Hochzeiten, seien es große Opfer oder sonstige Veranstaltungen. Nicht immer weiß der Mann es da mit stadtrömischen Gepflogenheiten zu überzeugen, dies wird allerdings von manchen auf seine lange Zeit im Illyricum geschoben, andere sagen: 'Naja, er kann's einfach.'
Über die Ambitionen des Mannes kann man sich natürlich uneins sein: liegt dem Vescularier wirklich nur das Wohl der Res Publica am Herzen? Darüber könnte man streiten. Oder aber auch nicht: immerhin wird der Kaiser in Misenum sicherlich vom stadtrömischen Geschehen von der Kanzlei auf dem Laufenden gehalten.
Bei all den Unklarheiten, die über das Wirken der illustresten Persönlichkeiten der römischen Politik herrschen, kann man ein Factum jedoch nicht verhehlen: die Res Publica bleibt stabil. Die Geschichte unseres Staates zeigt deutlich, dass das nicht jede Dekade von sich behaupten kann. Allerdings fragen nicht nur die Graffiti an den Wänden der Stadt: ist das nun besser, oder schlechter?"