Triclinium | Familia cenat

  • Nicht stets, doch nicht selten pflegten die Herrschaften der Familia Flavia Romae gemeinschaftlich das Nachtmahl einzunehmen, um in heiterer, bisweilen aber auch vergrämter oder interessierter, niemals allerdings ennuyanter Gesellschaft den Tag revue passieren zu lassen und sich bezüglich der Perzeptionen des Alltages oder der Pläne des folgenden Tages auszutauschen.


    Auch an diesem Tage hatte man sich zusammengefunden, um sich an gebratenem Schwein, überbacken mit einer scharfen Sauce gütlich zu tun. Wie gewohnt hatte Manius Minor den Platz zwischen den beiden übrigen Flavii Gracchi eingenommen, von wo aus er sich mit spitzen Fingern mundgerechte Happen von seinem Teller stibitzte. Nachdem er das Stück sich gänzlich einverleibt hatte, fasste er den Entschluss, das Gespräch neuerlich zu entfachen, wobei er ein Sujet wählte, welches derzeit in aller Munde war und von welchem auch einer der Sklaven ihm berichtet hatte:
    "Hat einer von euch die Spiele des Duccius besucht?"


    Sim-Off:

    Um ennuyante Begrüßungszeremonien vorwegzunehmen möchte ich vorschlagen, Interessenten binden sich schlicht in die Unterhaltung ein unter der stillschweigenden Prämisse, sie wären bereits zur Entrée eingetroffen. ;)

  • Der Flavier lag etwas abseits auf einer Cline, so dass er seine geliebten Trauben stets griffbereit hatte. Auf das üppige Schwein musste er verzichten. Anordnung des Medicus. Obwohl er nicht inwiefern diese Diät seinem Lungenleiden zuhilfe kommen sollte, ließ er sich dennoch darauf ein, da eine gesunde Skepsis gegenüber einem leichtsinnigen Lebenswandel wohl bei jedem angebracht war.
    Zackig schnappte er nach einer grünen Reebe und ließ die kleinen Trauben, ähnlich kleinen Steinen, flugartig in den Mund gelangen.


    "Nein, aber ich habe gehört sie seien von minderem Amüsement gewesen. Aber das verwundert auch niemanden, vor allem nicht nach so einer entbehrungsreichen Zeit.", fügte er an, obgleich er kein sonderliches Interesse an den Spielen hatte. Wenn man sie ein, zwei Male erlebt hatte, dann hatte man eine genaue Vorstellung wie die nächsten zwangzig sein würden. Der Verlauf war ohnehin fest gefahren. Die Gladiatoren nahmen an Rafinesse ebenfalls ständig ab. Entweder waren die Gladiatorenschulen qualitativ schlechter oder die Kämpfer einfach fauler und dümmer.
    Ja, früher war alles besser.

  • Die junge Flavia genoss das gemeinsame Abendmahl in Kreise ihrer Verwandten. Eine Art Gefühl der Verbundenheit und des Geborgenseins verspürte sie dann immer. Etwas was ihr in Ravenna gänzlich gefehlt hatte und sie im Grunde nur aus ihren Kindertagen in der Villa ihrer Mutter in Aquileia her kannte.


    Domitilla hatte auf der rechten Kline Platz genommen. Sie mochte scharfes Essen und hatte sich deshalb ein wenig vom gebratenen Schwein, inklusive der dazugehörigen Sauce auf ihrem Teller anrichten lassen. Mit etwa frischgebackenem Brot goutierte sie das köstliche Mahl und wollte den Bissen mit etwas verdünnten Wein hinunterspülen. Deplorablerweise war ihr Becher aufgrund der Schärfe der Speise schon zur Neige gegangen. „Etwas verdünnter Wein.“ Sie hob etwas ihren Becher an, damit ihr ein Sklave einschenken konnte.


    Mit Interesse verfolgte sie das Tischgespräch, welches sich nun um die Spiele der 4-Götter-Festtage drehte. Sie selbst war zwar nicht dort gewesen, doch hatte sie einiges darüber während ihres Aufenthaltes in den Thermen hie und da aufschnappen können, worüber sie nun zu berichten wusste.
    „Unglücklicherweise war ich unpässlich, doch auch ich habe ähnliches in den Thermen vernommen“, pflichtete sie Furianus bei. „Langweilig soll es gewesen sein, tödlich langweilig!“ Doch selbst langweilige Spiele wären der Flavia wohl eine willkommene Abwechslung gewesen, nach der langen Zeit auf dem Lande, fernab von Rom. Wie dumm, dass sie sich nicht wohl gefühlt hatte!

  • Unexpektiert traf den Knaben die Vermeldung seiner Familiaren, dass augenscheinlich keiner persönlichen Anteil an den Spielen genommen hatte und somit lediglich despektierliche Kommentare vom Hörensagen offeriert wurden.
    "Woher stammt Duccius eigentlich?"
    , entfernte er sich derhalben vom Inhalt der Spiele hin zu ihrem Organisator, von dem er bereits diverse Informationen erhalten hatte und welcher durchaus Interesse erweckte, da sein Tonsor ihm doch berichtet hatte, dass es sich bei jener Person um einen Homo Novus handelte, der im Laufe des Bürgerkrieges nicht geringen militärischen Ruhm errungen hatte. Noch immer brannte auch der junge Flavius selbst für diese edelste der Bürgerpflichten, sodass er doch wünschte über diese Gestalt mehr zu erfahren, zumal einem Homo Novus stets eine gewisse Exotik anhaftete.

  • Während Gracchus dazu war übergegangen, Cenae außerhalb des eigenen Hauses sofern möglich weitestgehend zu meiden, bot das Mahl in familiärem Kreise doch eine gewisse traute Sicherheit, welche er ab und an durchaus zu ästimieren wusste. Die Speisen waren - auch ohne Gäste und trotz des partiellen, nach-bürgerkriegszeitlichen Mangels in der Stadt - stets exquisit und selbstredend immer nach seinem Geschmack, zumindest in ausreichendem Maße. Nachdem er einen Schluck Wein seine Kehle hatte hinabgespült, beantwortete er die Frage seines Sohnes.
    "Senator Duccius ist ein Homo Novus aus einer der germanischen Provinzen, ich meine mich zu ent..sinnen, dass es Superior ist."
    Nachdem der junge Senator vor seiner Kandidatur zum Aedilat ihm seine Aufwartung hatte gemacht, hatte Gracchus einige Erkundigungen eingezogen, das meiste davon allerdings bereits wieder vergessen.
    "Insofern ist es wohl kaum frappant, dass seine Spiele nicht übermäßig observabel ausfallen, und es mag ihm durchaus zugute gerei'hen - sofern eben dies nicht gar sein Kalkül war -, dass das Volk nach der Zeit des Darbens sich überaus modest zeigt."

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  • Noch ein wenig Brot, die leckere Sauce dazu und hin und wieder eine Traube, die sie sich von einem Sklaven reichen ließ und dazwischen ein kleiner Schluck des Weines. So mundete ihr die Cena. Jedoch diente das Mahl nicht nur der Nahrungsaufnahme. Ein weitaus wichtigerer Aspekt der allabendlichen Zusammenkunft war der Austausch an Neuigkeiten untereinander.
    Da nun Domitilla erst einige Wochen in Rom weilte, empfand sie es als besonders substanziell, aufmerksam dem zu folgen, was bei Tisch gesprochen wurde. Allerdings war sie selbst noch etwas am zweifeln, ob auch sie selbst die Cena mit ihren Neuigkeiten bereichern sollte. Schließlich kam sie mit sich selbst überein, die rechte Gelegenheit abzuwarten zu wollen, um der Familie von ihrer neuerlichen Begegnung zu berichten.


    Vorerst jedoch drehte sich die Unterhaltung immer noch um die nicht gerade überwältigenden Spiele des Duccius, wobei nun seine Person immer mehr in den Fokus rückte. Zwar hatte sie in den Thermen schon einiges von jenem Duccius erhaschen können, jedoch brachten es Gracchus‘ erklärende Worte auf den Punkt. Ein Homo Novus aus der germanischen Provinz. Zwangsläufig verursachte dies einige Reminiszenzen an ihre Mutter. Die Horatia pflegte zu jeder ihr sich bietenden Gelegenheit den Untergang des Imperiums zu prophezeien, sobald ihr zu Ohren kam, dass wieder einmal „einer der Barbaren aus der Provinz“ ein höheres Amt begleitete.
    „Ein Germane also?“, warf sie daher mit einem leicht abwertenden Ton ein, da sie schlichtweg ihre Herkunft nicht verleugnen konnte.

  • Germania transportierte für den jungen Flavius das Bild endloser Wälder und wilder Barbaren, wie er sie kürzlich erst in den Narrationen römischer Militärhistoriker geschildert bekommen hatte. Dass aus jenem entlegenen Raum am Ende der Welt ein Homo Novus kommen mochte, versetzte ihn in nicht geringes Erstaunen, welches seine Appetenz von den Spielen weg zu eben jener Region zu verlegen geeignet war.
    "Gibt es viele Senatoren aus Germania? Etwa diese... Germanici?"
    Letzterer Name hatte bereits in früheren Jahren bei Tisch seine Appetenz erregt, wobei er nicht mehr mit völliger Sekurität zu sagen vermochte, ob jener Nomen Gentile eher einem Triumphalnamen wie bei jenem Germanicus aus dem iulischen Kaiserhause oder doch eine unschmeichelhafte Herkunftsbezeichnung wie bei der zahlloser Sklaven similiär zu dechiffrieren war.

  • Es war kaum wohl verwunderlich, dass an diesem Tische in diesem Hause Homines Novi im generellen und jene germanischer Abstammung im speziellen nicht eben die besten Voraussetzungen besaßen, allzu großen Überschwang zutage zu fördern.
    "Ein römischer Bürger germanischer Abstammung"
    , entgegnete Gracchus auf die Frage der Domitilla mit einem süffisanten Lächeln.
    "Indes muss ich konzedieren, dass der Duccius für einen Mann aus der Provinz recht vernunftvoll anmutet. Er scheint keiner dieser Männer, welche er..hoben durch die Gunst des Kaisers in die römische Politik mit einem Male dem Glauben anheimfallen, sich anmaßen zu können, Jahrhunderte alte Riten, Traditionen und Rechte infrage und im gleichen Atemzuge eigene Ansprü'he stellen zu können. Er präsentierte sich durchaus soziabel, moderat und scheint zumindest zu wissen, wo er steht."
    Letztlich war auch Gracchus Homines Novi gegenüber recht reserviert, doch Aversionen baute er grundsätzlich erst dann auf, sobald sein Gegenüber ihm Grund dazu gab - was Duccius Vala nicht getan hatte, respektive der Flavier dies annahm, hatte er doch auf den Affront vergessen, welchen der Germane im Gericht seinem Neffen Flaccus gegenüber hatte begangen.
    "Bezüglich der Germanici befürchte ich, dass deren Familie bereits zu lange Teil des Imperium ist, als dass sie noch als römische Bürger germanischer Ab..stammung gelten, doch da sie dies Erbe fraglos in ihrem Blute tragen, mag durchaus die ein oder andere ihrer Attitüden auf diese Provenienz zurückzuführen sein."
    Zur Anzahl germanischer Senatoren konnte Gracchus indes nichts beitragen, hatte er doch seit der Flucht aus Rom nicht mehr die Hallen der Curia Iulia betreten. Beständig reflektierte er darüber, wie lange er diesen Zustand noch würde hinauszögern können, während gleichsam jener Tag, an welchem sein Fernbleiben nicht mehr würde zu diskulpieren sein, unaufhaltsam näher rückte.
    "Während der Vescularischen Ära ist zweifel..sohne der ein oder andere Provinzielle in die Reihen des Senats emporgefallen, und sofern jene nicht freiwillig retiriert sind, so werden wir uns deplorablerweise mit ihnen arrangieren müssen, zeigt sich Cornelius in Hinblick auf solche und similäre Entscheidungen des Usurpators doch überaus milde."
    Während hinwieder die Revision anderer Entscheidungen, welche den Kombattanten des Cornelius zum Nachteile gereichten, wochenlang geprüft werden mussten - doch Gracchus hatte sich damit arrangiert, die vollständige Wiederherstellung seiner Reputation schlichtweg zu seinem Vorteile gewandelt - denn wie sollte er reinen Gewissens den Senat betreten, solange augenscheinlich noch immer Zweifel an seiner Redlichkeit bestand.

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  • Unter germanischen Attitüden vermochte der Knabe sich nicht recht etwas zu vorzustellen, da ihm all jene Sterotype, die ihm die Autoren seines Grammatikunterrichts präsentiert hatten, doch gänzlich ferne jener Tätigkeit lagen, welcher römische Senatoren nachzugehen pflegten. In infantilem Übermut gab er somit eine ironisch intendierte Bemerkung zum Besten, wobei die ihm nächstbeste Assoziation germanischer Lebensart aufgegriffen wurde:
    "Leben sie etwa auch in Erdhütten?"
    , fragte er somit in die Runde und lächelte bereits selbst ob seines ihm gelungen erscheinenden Scherzes.


    Seriöser war hingegen der weitere Aspekt, den sein Vater thematisierte, zu welchem der junge Flavius dessenungeachtet aber auch Rückfragen zu adressieren hatte, da ihn zu Cremona doch gänzlich differente Informationen erreicht hatten:
    "Aber haben nicht Germanen auf unserer Seite gegen Vescularius gekämpft? Vindex berichtete mir von wilden Germanen, welche Maturus bei Vicetia töteten und damit das Schlachtenglück wendeten!"
    Eben jener Rapport hatte dem Knaben damals gewisse Bedenken bereitet, war er doch bis das dato stets davon ausgegangen, dass die römische, wohldisziplinierte Kampfesweise jene war, welche stets den größten Erfolg nach sich zog, während die wilden Kriegshaufen der Barbaren an den festen Schlachtreihen der Legionen zerschellen mussten wie Wellen an einer Hafenmole. Indessen hatte Vindex ihm daraufhin mitgeteilt, dass eine gute Heeresaufstellung stets beider Aspekte bedurfte, im Herzen durchaus der Ordnung, bisweilen aber auch des Chaoses, um beim Feind Verwirrung zu stiften. Was aber selbstredend keinesfalls erklärte, warum die Germanen einerseits aufseiten der Anhänger der wahren Res Publica gefochten, andererseits durch die Gunst des Bekämpften in den Senat aufgestiegen waren.

  • Die Germanici und ihre Attitüden. Ein süffisantes Lächeln schlich sich auf seine Züge, ehe er zum Schluck ansetzte.
    Dem Scherz des jungen Gracchus konnte der Flavier nur ein müdes Kopfschütteln entgegen stellen. Natürlich war dies ein Versuch der Auflockerung jenes Gespräches, welches unweigerlich politische Richtungen einschlug. Das mochte nicht jedem gefallen, aber dies durch eher niveaulose Kommentare abzubrechen verärgerte den Flavier ein wenig zumal der junge Gracchus - zumindest hatte er den Anschein gemacht - in politische Gefilde vorzupreschen versuchte.


    "Und ich kenne einen Passus aus unserer Geschichte, in welchem sich ein römischer Barbar wieder den Barbaren zuwandte und das Schlachtenunglück hervor rief.", merkte der Flavier missmutig an und biss in eine Dattel.
    Die kurze Pause nutzte er, um seine Gedanken zu sammeln, wandte sich an Gracchus maior.
    "Ich erkenne keine Kooperationsbereitschaft bei unserem neuen Oberhaupt. Das macht mir Sorge. Natürlich sollte sich jeder gewiss sein, dass sein jetziger Stand über dem aller erhaben ist, doch die Herkunft hinweg zu werfen ist sehr verstörend. Milde ist an und für sich ein guter Wesenszug, doch scheint sie mir recht einseitig. Mir fehlt bisweilen die Milde gegenüber seinem Stand für begangenes Unrecht sowie die Großzügigkeit gegenüber seiner Gefolgschaft, gegenüber jenen, die Leid ertragen mussten, gegenüber jenen, die für ihn Blut vergoßen.", und es war zweifelsohne klar, dass er die Patrizier damit meinte. Es erschien ihm recht dumm Kompensation nur im Hinblick auf die alte Reputation walten zu lassen, nicht auf die Materiellen Verluste oder jene, die in Pekunien nicht zu beziffern waren.
    "Das ist schlichtweg undankbar.", raunte er noch zu, ehe er sich wieder seiner Dattel zuwandte. Der Kaiser musste aufpassen nicht in die Hand zu beissen, die ihn fütterte. Sie würde zurück schlagen.

  • Fusus hat sich an seinem Platz in der Runde bis dahin recht ruhig verhalten und knabbert gerade an einer süßen Traube, während er neugierig den gesprochenen Worten lauscht. Seine wachen, braunen Augen ruhen auf dem jeweiligen Sprecher und zumindest seine Mundwinkel zucken amüsiert ob des von Gracchus Minor projizierten, imaginären Bildes in Erdhütten lebender Senatoren.


    "Wie ist er eigentlich so? Also, der neue Augustus...?" meldet sich der junge Mann dann schließlich unvermittelt zu Wort, nachdem der neue Augustus bereits implizit zur Sprache kam. "Habt ihr ihn schon persönlich getroffen?" Weiterhin etwas sehr graziös (man könnte fast meinen, er habe dies gezielt geübt) an seinem Träubchen knabbernd spricht Fusus damit ganz offensichtlich vor allem die beiden Senatoren an. "Hat er gute Manieren und einen vielversprechenden Sachverstand?" Wenngleich dies gewiss die Erwartungen an ein gutes Staatsoberhaupt sind, so hat die jüngere und ältere Geschichte doch längst gezeigt, dass es sich mitnichten um zwingende Voraussetzungen handelt.

  • Der Scherz seines Sohnes gereichte dazu, Gracchus' linke Braue ein wenig empor wandern zu lassen, war dies doch eine Art von Humor, welchem er nicht konnte folgen, er einige Augenblicke tatsächlich darüber sinnierte, ob Minors Frage einer Antwort bedurfte. Der Einwurf seines Vetters indes erübrigte dies, so dass er darüber ebenso über die tatsächlich relevante Frage seines Sohnes bezüglich der Germanen und ihres Beitrages zum Bürgerkrieg hinweg ging, waren die Worte Furianus' in Hinblick auf den Augustus doch weitaus informativer. Während Gracchus' Zähne einen Bissen Schweinefleisch zermahlten, mahlten gleichsam die Mühlen seiner Gedanken, hatte er die Reaktionen und Aktionen des Cornelius in Hinblick auf seine eigene Person bisweilen doch eher für eine Ausnahme angesehen. Doch allfällig steckte tatsächlich noch mehr dahinter, was wiederum nicht unbeträchtliche Fährnis für seine Familie mochte bedeuten.
    "Cornelius ist dur'haus ein honoriger Mann, seine eigenen, aber auch die Taten der anderen verständig reflektierend und evaluierend. Wie Furianus bereits konstatierte, zeigt er sich über..aus gnädig mit seinen einstigen Gegnern - was wahrhaftig zu einer Gefahr sich könnte erheben. Auch Caesars Gnade war sprichwörtlich, doch letztlich war sie sein Ver..derben."
    Er unterdrückte ein Seufzen, mochte er dies alles doch nurmehr hinter sich lassen.
    "Rom dürstet es nach Eintra'ht und Sorglosigkeit, und obgleich auch ich diesem Wunsch mich gerne möchte anschließen, so sollten wir als Familie dennoch weiterhin wa'hsam bleiben - in alle Richtungen."
    Nicht zuletzt in Richtung des Imperators, welchem durchaus daran mochte gelegen sein, die Mitwisser seiner Konspiration früher oder später beseitigt zu wissen, doch selbstredend konnte Gracchus dies derart deutlich nicht aussprechen - nicht einmal gegenüber seinen Verwandten.

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  • Augenscheinlich war die ironisch intendierte Anmerkung keineswegs geeignet, das Plaisir der Anwesenden zu gewinnen, denn an keiner Stelle vernahm Manius Minor ein Lachen oder zumindest ein derartig ausgeprägtes Lächeln, dass es ihm trotz seiner Fehlsicht eindrücklich erschienen wäre. Verlegen senkte er somit das Haupt, zumal auch seine durchaus seriös gemeinte Interjektion keinerlei Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen in der Lage gewesen war, denn niemand fühlte sich geneigt, ihm jene disturbierenden Umstände der konfusen Parteinahme jener wilden Provinzialen zu explizieren, welche dem Knaben sich prinzipiell doch gewissermaßen als eine homogene Masse darboten und somit kaum auf opponierenden Seiten sich zu positionieren in der Lage waren. Hingegen hatte man ihn stets gelehrt, derartige Nachfragen zurückzustellen, wenn erwachsene Personen parlierten, weswegen er auch in diesem Falle es vorzog zu schweigen, obschon sich heute nicht wie in jüngeren Tagen die Option darbot, zu einem späteren Zeitpunkt bei seiner Mutter Rat zu holen. Jener Gedanke betrübte ihn gar aufs Neue, womit das Gespräch seiner Appetenz entglitt, sondern er vielmehr sich neuerlich die Frage stellte, ob jene seinen Brief erhalten hatte, wann sie nach Rom retournieren mochte und ob sie sich in den Wirren der Nachkriegszeit wohlauf befände. Fragen, welchen seine übrigen Anverwandten augenscheinlich keinerlei Aufmerksamkeit schenkten, da sie doch nunmehr, wie es schien, sich dem Princeps zugewandt hatten, dessen der junge Flavius bishero noch nicht ansichtig geworden und über den er nur überaus limitierte Informationen erhalten hatte war.


    Dennoch, die Bürde seiner Adoleszenz und damit der ihn erwartenden politischen Laufbahn kommemorierend, nötigte er sich recht bald wieder, jenen adulten Konsiderationen zu folgen, zumal selbst der sonst eher heitere und dem offiziösen tendenziell abgeneigte Fusus sich integrierte und somit ein treffliches Modell wissbegieriger Jugend darbot.
    "Glaubst du den Princeps in Gefahr, Vater?"
    , brachte er deshalb auch seinerseits wieder eine Frage hervor in der Hoffnung, diesmal auf adäquatere Weise den Ton der Runde getroffen zu haben, wobei dennoch infantile Unschuld und aufrichtige Sorge aus ihm sprach, denn trotz sämtlicher Kritik, welche soeben gegen die Person des Princeps war erhoben worden, wirkten doch jene infinite Loyalität gegen wie das Vertrauen in das Kaiserhaus, welche die Edukation von Kindesbeinen an gleichsam in ihn eingeschrieben hatte, in weitaus stärkerem Maße.

  • Mit großem Interesse lauscht Fusus den vom Imperator geschilderten Eindrücken. Freilich hat er bislang mehr oder minder nur solche Informationen über diesen vernommen, wie sie jedwedem römischen Bürger zur Verfügung stünden. Freilich ist aber just genau diese Persönlichkeit geradezu geschaffen, größtmögliche Neugier bei dem Klatsch und Tratsch keineswegs abgeneigten jungen Mann zu wecken. Ein Umstand, der ihm - laut geäußert - wohl kaum zum Vorteil gereichte. Er reckt sich etwas auf seinem Platz, um auch ja jedes Wort mitzubekommen und widmet sich nach jener zeitintensiven Traube genießerisch einem zarten Stückchen von einem köstlichen Fischlein.


    Des älteren Gracchus' Ermahnung zu besonderer Umsicht schürt seine Neugier. "Den Princeps...? Ob die Gefolgsleute des Vesculariers einen Racheplan ersonnen haben könnten?", knüpft er sogleich an die Frage des jungen Gracchus an. Noch erscheinen ihm diese Vorgänge als so fern und daher vielmehr spannend als beängstigend. Als lausche er einem fesselnden Drama oder einer klassischen Tragödie. Im Geiste ziehen sich unsortierte Parallelen. "Doch wieso sollten sie auch uns etwas Böses wollen?", interessiert er sich in geradezu naiv wirkender Unschuld. Wie allzu häufig lässt er sich nicht jedwedes Für und Wider durch den Sinn gehen, ehe er seine Fragen stellt.

  • Einige Augenblicke lang betrachtete Gracchus sinnierend den nun leeren Teller vor sich, suchte seine Gedanken zu sortieren und abzuwägen - denn einmal umsponnen von einem Netz aus Lügen musste jedes Wort sorgsam gewählt werden, um nicht versehentlich einen der Fäden zu zerreißen, das gesamte Konstrukt in Gefahr zu bringen. Jeder Gedanke musste somit doppelt bedacht werden, was wiederum mit jedem neuen Gedanken das Netz verkomplizierte, letztlich jeden diesbezüglichen Denkprozess zu einer rechten Mühewaltung werden ließ.
    "Es mag nach der vergangenen Zeit überaus kommod er..scheinen, Vescularius zum alleinigen Malefikanten zu erheben, darob dem Gedanken sich hinzugeben, dass mit seinem Tode auch aller Konflikt beseitigt ist - doch er hätte niemals diese Position erlangt, niemals sie derart mühelos über jenen Zeitraum beibehalten, niemals des Rückhaltes von Legionen sich versi'hert sein können, hätte er nicht auch Rückhalt in den Reihen mächtiger Männer gehabt. Einige dieser Männer mögen ebenfalls den Tod gefunden haben, einige haben Rom verlassen, doch andere sind un..bezweifelt noch immer hier, und niemand weiß, wie ihre Pläne aussehen oder sich noch entwickeln mögen, denn der einem Menschen innewohnende Groll - sei er aus Zorn, Demütigung, dem Wunsch nach Vergeltung, bloßem Ma'htstreben oder anderem erwachsen - ist eine gänzlich unberechenbare Konstante in allen zwischenmenschlichen Bereichen, doch insbesondere in jenem der Politik."
    Die entspannte Atmosphäre der familiären Cena war damit augenscheinlich ein wenig dahin, doch es war Gracchus durchaus ein essentielles Anliegen, seine Familie vor jeglicher Fährnis zu schützen, darob gleichwohl essentiell, sie für eben diese Bedrohungen zu sensibilisieren.
    "Im Augenblicke scheint die Gefahr allfällig gering, und auch wir sollten diese Zeit des Friedens für uns nutzen. Dennoch möchte ich, dass wir achtsam bleiben, zumindest bis die Ungewissheit, welche allerorten noch immer über Rom schwebt, ein wenig sich verflü'htigt hat, die Fronten und Positionen geklärt sind, und wir wissen, auf welche Grundlagen wir wahrhaftig vertrauen, auf welche Fundamente wir bauen können."
    Gracchus bemühte sich um ein sorgloses Antlitz, um die Wahrheit in seinem Geiste zu überdecken, doch seine Fragen dem jungen Fusus gegenüber mochten nicht gar so verwundert klingen, wie es für einen Manne, welcher seine Hände in Unschuld wusch, wäre angebracht.
    "Weshalb hatte der Vescularier unsere Familie destruieren wollen? Weshalb hat er unseren Vetter er..morden lassen, Furianus ins Exil verbannt und meine Person pro..skribiert? Letztlich lässt sich für alles ein Grund finden."
    Mörder!
    , wisperten die Schatten diesen Grund aus ihren Verstecken im rissigen Mauerwerk seines Gedankengebäudes, und Gracchus griff nach dem Glas voll Wein, seine Hand dabei unmerklich zitternd.
    "Es gibt immer einen Grund"
    , repetierte er leise und setzte das Glas an.
    Mörder!
    Auch der kalte Fluss der blutrotfarbenen Flüssigkeit durch seine Kehle hindurch konnte nicht dem zischenden Geflüster Einhalt gebieten, dass er das Gefäß auffordernd zur Seite hielt, es durch einen der Sklaven wurde wieder aufgefüllt, er es noch einmal hälftig leerte, im vergeblichen Versuche, die larvae zum Schweigen zu bringen.

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  • Die parentalen Einwände erschienen dem Knaben durchaus notabel, denn obschon im mantuanischen wie im cremonesischen Exile sich sämtliche Berichte über die Verläufe des Krieges stets auf den Vescularius projiziert hatten und man primär diesem geflucht hatte, so war ihm doch bekannt, dass nicht Salinator, sondern ein Maturus die Heere der wahren Verräter kommandiert hatte.


    Indessen zog er dies nicht zu weiteren Erwägungen heran, sondern wandte sich der augenscheinlich weitaus unmittelbareren Bedrohung, welche von diesen ausging und einen düsteren Schatten über das Wohl der Flavia Gens zu werfen schien, was freilich in dem jungen Flavius eine weitere Frage evozierte, welche ihm ebenso bereits vor geraumer Zeit sich gestellt hatte, und nun, da die gesamte Weisheit und politische Erfahrung der Flavii versammelt war, womöglich ihre Replik, die Manius Minor zur Satisfaktion gereichen mochte, finden würde:
    "Und welcher war Salinators Grund?"
    , gab er somit mit nicht geringer Insekurität zu bedenken, denn in der Tat war es ihm absolut unbegreiflich, weshalb jemand einen Hass gegen seine Familie hegen mochte, wo sie doch, wie er tagein tagaus ermahnt worden war, sich stets um die Res Publica verdient gemacht hatte, sie zahllose prominente Politiker und Feldherren hervorgebracht hatte und auch heute zuerst das Wohl der Allgemeinheit im Sinne hatte.

  • Das wusste Salinator nur selbst, dachte der Flavier, weigerte sich jedoch diesen Gedanken zu äußern. Es gab viele Gründe, doch er war selbst gespannt auf die Erläuterungen seines Vetters. Obgleich dieser sich im Senat stets bedeckt hielt, war sein Geist wohl nicht gerade unpolitisch geblieben in all der Zeit. Und da vertrauliche oder gar politische Gespräche mit Gracchus zu einer Seltenheit sondergleichen gerieten, war nun ein Augenblick gekommen die Gedankenzüge seines Vetters zu erfahren. Er teilte, wie nicht anders zu erwarten, sehr viele mit ihm, doch Gracchus war - im Gegensatz zu ihm selbst - sehr diplomatisch in der Ausgestaltung politischer Positionen.


    Daher nahm er sich eine Hand voll Trauben und wartete erst einmal ab.

  • Scato riss sich immer mal wieder ein wenig Brot ab während er dem Gespräch über den Imperator lauschte. Er war bisher ruhig geblieben, nicht weil ihn die Gespräche nicht interessierten, sondern einfach weil er zu wenig wusste und gelernt hatte die eigene Unwissenheit einfach durch Schweigen zu kaschieren, auch wenn er sich sicher war dass er in der kommenden Zeit viel lernen würde, besonders von Furianus, seinem 'Mentor', welchen er bald wieder aufsuchen würde, um die nächsten Schritte zu planen und natürlich um weitere wichtige Lektionen über die Politik zu lernen.

  • Während Gracchus die Klinge in seinem Leibe schlichtweg zu ignorieren suchte, bohrte sein Sohn - wenn auch in gänzlicher Unwissenheit - jene noch einmal ein wenig tiefer in sein Fleisch, ruckte und rüttelte daran, dass die Wunde mehr und mehr aufriss.
    Dein Vater war an einer Konspiration beteiligt, welche zum Ziel hatte, Vescularius zum Kaisermörder zu deklarieren und ihn aufgrund dieser Tatsache hinzurichten, zu welchem Zwecke auch der Kaiser sein Leben musste lassen. Dies war wohl Salinators vorrangigster Grund, welcher zweifellos für ihn nicht einmal ungerechtfertigt war.
    So oder similär hätte seine Antwort allfällig lauten können, wäre diese Wahrheit nicht noch immer derart perniziös, dass Gracchus sie selbst vor seiner Familie mehr als fürchtete. Er hoffte auf eine - durch dessen Unkenntnis weitaus ehrlichere - Antwort seines Vetters, doch Furianus schien nicht gewillt, von seinen Trauben abzulassen.
    "Die Prämisse für des Vesculariers generelle Aversion gegenüber unserem Stande und im spe..ziellen unserer Familie liegt wohl in der Historie begründet"
    , begann er darob recht unspezifisch, doch zumindest der Wahrheit getreu.
    "Die exakte Ursa'he Domitianus' Intention ist mir nicht bekannt, doch als die Familie des Vesculariers sich gerade erst aus dem Schlamm der Provinz hatten emporgearbeitet, enteignete und ver..bannte er sie ins Exil."
    Mochte der Name des dritten flavischen Kaisers auch offiziell der damnatio memoriae anheimgefallen sein, so wurde er im Kreise der Familie doch in beinahe gleicher Art und Weise ästimiert wie die Namen Titus' und Vespasianus', wurde hier doch die Wahrheit über Domitianus und dessen heimtückische Ermordung bewahrt, welche mit der Geschichte, welche dessen Gegner hatten festgeschrieben, wenig nur hatte gemein.
    "Obgleich dies nach Domitianus' Ermordung annulliert wurde, so hatte Salinator die Jahre der Ä'htung augenscheinlich nie gänzlich verkraftet, und die Saat der Abneigung, welche damals war gelegt worden, wuchs über die Jahre hinweg zu einem kräftigen Ge..wächs aus Feindseligkeit heran."
    Gracchus sog einen Atemzug durch die Nase ein, neuerlich abwiegend, ob er sich noch auf dem Pfad der Wahrheit bewegte, oder bereits in den Fäden seines Lügengeflechtes eingewoben war - ob dessen der nachfolgende Satz ein wenig langsamer, zögerlicher über seine Lippen kam.
    "Dass unsere Familie auf seiner Liste jener, welcher er nur allzu bereitwillig sich wollte ent..ledigen, weit oben stand, ist darob kaum verwunderlich, insbesondere nicht in Hinblick darauf, dass wir ihm und seinen Ma'henschaften gegenüber uns auch nie subsidiär haben gezeigt - eher ... gegenteilig."

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  • Die Person des Flavius Domitianus erschien aufs Neue als ein Schatten, welcher auf der Flavia Gens haftete gleich dem Unrat, der sich dieser Tage bei Ausflügen nur allzu leicht an den Calceus anhaftete und nur unter größten Aufwendungen der Sklaven die ursprüngliche Farbe des Schuhwerks wieder preisgab, denn obschon man ihn gelehrt hatte, auch diesen Namen zu ehren wie die übrigen Maiores, so entzog sich des Knaben Kenntnis doch auch dessen weithin distribuierte Unpopularität in aristokratischen Reihen mitnichten, welche doch immerhin die höchste Strafe nach sich gezogen hatte, die einem Verblichenen zuteil werden mochte. Dass dieser nun sich als jener Aggressor offenbarte, welchem der unversöhnliche Hass der Vescularii zu verdanken war, ließ auch die Diabolizität des Salinator an Qualität abnehmen, denn obschon Manius Maior die Ächtung als aufgehoben titulierte, so hatte Manius Minor doch bereits so viel gelernt, dass derartige Relationen keinesfalls durch simple Urteilsannulierungen oder die angesichts der langen Tradition der Res Publica lächerlich kurze Spanne von dreißig Jahren sich keineswegs ins Gegenteil sich kehren mochten.
    "Wen hat Domitianus denn noch alles verbannt?"
    , interrogierte er seinen Vater weiter, um etwaige weitere Kaisererhebungen mit tragischer Konsequenz für die Seinen frühzeitig einer korrekten Ästimation unterwerfen zu können.

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