Beiträge von Flavia Domitilla

    Sim-Off:

    Entschuldige bitte die lange Wartezeit. War keine Absicht. ;)


    "…die Bibliothek, natürlich," echote ich nachdenklich. Amalthea hatte mit hoher Wahrscheinlichkeit meine Absenz bereits bemerkt und schon nach mir suchen lassen oder sich sogar selbst bemüht. Sie würde gewisslich nicht gut auf mich zu sprechen sein, wenn sie mich fand. Doch dieses Risiko ging ich ein. Hier draußen war es allemal besser, als eingesperrt in der Bibliothek über Homer zu sitzen.
    "Ah, aus Paestum! Oh Campania, wie schön!", rief ich, als ob ich die Stadt selbst schon bereits hätte. "Der Tempel der Hera!" Mein Wissen hatte ich aus Büchern und den Erzählungen meiner Kinderfrau, die immer ein wenig stolz war, wenn sie über die Errungenschaften ihres Volkes sprach. Unglücklicherweise hatte ich vor meiner Reise nach Rom niemals Aquilaia verlassen. Meine Reisen zu den wundervollsten Orten der Welt hatten sich nur in meinem Kopf abgespielt. Im Gegensatz zu Flaccus, der wie viele junge Römer von Stand in jungen Jahren Achaia bereist hatte, um dort zu lernen.
    "Nun, dann bist du ja auch noch nicht so lange hier.", stellte ich fest. Doch Flaccus, da war ich mir sicher, hatte wie jeder junge Mann aus guter Familie, diese Zeit genutzt, um seine Laufbahn voranzutreiben. Ein bisschen konnte man ihn schon beneiden.
    "Und, welche Pläne verfolgst du?" fragte ich schließlich.
    Wenn ich über meine eigene Pläne nachdachte, kam ich relativ schnell ins trudeln. Denn zum einen war es nicht meine Sache, darüber zu befinden. Das taten andere. Zum Beispiel mein Vater oder mein Bruder, der sozusagen die rechte -hand meines Vaters in Rom war.
    Zum anderen war ich mir gar nicht so ganz sicher, was ich denn wirklich wollte. Wenn ich aber ganz realistisch blieb, dann lief es doch irgendwann darauf hinaus, verheiratet zu werden, Kinder zu bekommen und eine ehrbare Matrone zu werden. Hoffentlich wurde ich nicht mit einem alten Knacker verkuppelt! Ach herrje, mir wurde ganz schwindlig.


    "Was liest du denn da?", fragte ich Flaccus und deutete auf die Schriftrolle, die er hatte sinken lassen als er mich gefunden hatte und die noch immer in er Hand hielt.

    Mir ging das alles zu langsam! Immer erst diese dumme Übersetzerei. Was redeten die so viel?Ob ich dieser Libertina vertrauen konnte? Sie konnte den beiden alles Mögliche erzählen. Niemand konnte überprüfen, was sie sagte und was die beiden ihr antworteten. Andererseits würde es die Libertina nicht wagen, sich gegen mich zu stellen. Sie hatte ihrer Familie etwas zu verdanken. Das würde sie nicht mit Füßen treten.
    Mir blieb also nur eines übrig, geduldig zu warten und das Minenspiel der drei zu beobachten. Mir schwante, als könne man Verzweiflung im Gesicht der Frau erkennen. Doch dann richtete sie sich noch einmal stolz auf, um schließlich eine Verneigung anzudeuten.
    Der Mann jedoch schien weitaus weniger fügsam zu sein. Er bediente sich einfach so, ohne zu fragen an meiner Obstschale und griff sich einen Apfel. Dos hatte er bereits schon einmal gemacht. Nur ich hatte ihn gewähren lassen, weil ich einfach zu angespannt gewesen war. Nun aber widerstrebte es mir. Was er aber dann mit dem Apfel anstellte, wirkte auf seltsame Weise bedrohlich auf mich. Er zerquetschte das Obststück in seiner Faust. Zweifellos sollte wohl ich der Apfel sein, so interpretierte ich es jedenfalls. Furcht überfiel mich. Sollte ich vorsichtshalber jemanden rufen lassen, der dem Kerl Einhalt gebieten konnte?
    "Was sagen sie? Nun sag schon! Lass mich hier nicht so lange schmoren!", bedrängte ich die Flaviana, so dass man unschwer meine Nervosität bemerken konnte. Mit solcherlei Sklaven hatte ich keinerlei Erfahrung. Sklaven, die aufbegehrten und es wagten, zu drohen.

    Zitat

    Original von Manius Flavius Gracchus
    Ich habe morgen eine kleine OP an der linken Hand und werde danach etwa zwei Wochen mit dieser nicht sonderlich viel anfangen dürfen, respektive können. Zwar werde ich den Ausfall des 10-Finger-Tippens durch das Diktat abzufangen versuchen, doch zumindest in den kommenden Tagen wird meine Beitrags-Aktivität sich wohl eher in Grenzen halten.


    Ich wünsche dir alles Gute! :)

    Mit einem Aufgebot von nicht weniger als zehn Sklaven (einschließlich der Sänftenträger)hatte ich das Haus verlassen, um die Thermen zu besuchen. Ich hatte noch nie die Thermen in Rom besucht. Und die in Aquilaia auch nicht. Bisher hatte ich mich mit den häuslichen Badeeinrichtungen zufrieden geben müssen, die sicherlich nicht die schlechtesten waren. Doch damit sollte vorerst einmal Schluss sein. Wenn ich schon in Rom war, dann wollte ich auch ein paar Römer kennenlernen. Fremdländische Sklaven huschten zu genüge in der Villa Flavia herum.
    Sechs von den zehn Sklaven, musste ich vor den Thermen zurücklassen, da es Männer waren. Amalthea riet mir dazu und ich nahm ihren Rat an. Sie selbst und noch drei andere Sklavinnen begleiteten mich hinein. Darunter war auch meine neue Sklavin Aoife. Zwei von den dreien entledigten mich meiner Kleidung und kleideten mich mit einer passenden Badekleidung. Die Dritte reichte mir eines Badetücher, welches ich um meinen Körper schlang. Amalthea, die sich alleine schon durch ihr Alter sowie ihrer Stellung von den drei anderen Sklavinnen unterschied, überwachte all dies mit ihrem kritischen Blick.
    Ich schritt voran, gefolgt von meinen vier Sklavinnen, in einem gebührenden Abstand. Der allerdings nicht so groß sein durfte, damit jede der anwesenden Damen erkennen konnte, dass sie zu mir gehörten. Keinen Moment dachte ich daran, dass dies an Größenwahn grenzen könnte. Zu Hause hätte ich mich auch nicht mit weniger zufrieden gegeben.
    Einen kurzen Moment überlegte ich, zu welchen Becken ich gehen sollte. Da ich hier war, um neue Bekanntschaften zu machen, wählte ich natürlich das Becken aus, in dem sich schon einige jüngere Damen zusammengefunden hatten, die sich bereits angeregt unterhielten.
    "Salvete! Dürfte ich mich zu euch gesellen?" Dass die Frage nur pro forma war, konnte man sich sicher denken. Ich gab der Handtuchsklavin ein Zeichen, damit sie mich von den Tuch befreite und schon tauchte mein Körper mir einem wohligen Seufzer in das angenehm warme Wasser. Ah, wie schön! Mein Blick ging in die Runde der jungen Frauen, die wohl alle ein paar Jahre älter waren, aber wie ich wohl erahnen konnte, noch nicht verheiratet waren. Das Wort Verlobter hatte sich in mein Ohr verirrt, wenn ich mich nicht getäuscht hatte. Also war ich mit meinen fast vierzehn Jahren nicht ganz fehl am Platz.

    [Blockierte Grafik: http://img139.imageshack.us/img139/3458/diomedeszm4.png] | Diomedes


    Diomedes, einer der altgedienten Custodes der Flavier, dem es wie kaum einem anderen an Erfahrung mangelte, war dazu auerkoren worden, ein Auge auf den neuen Sklaven der "kleinen Süßen", wie er sie heimlich nannte, zu werfen. Oder genauer gesagt, er war für die Ausbildung Aidans zuständig, damit auch aus dem Iren eines Tages ein anständiger Custos wurde.
    Anfangs hatte es einige Verständigungsschwierigkeiten gegeben, denn Aidan war des Lateinischen nicht mächtig gewesen. Doch daran ließ sich Diomedes nicht stören. In solchen Dingen war er recht schmerzfrei. Das "Jungelchen", wie er den Neuen nannte, würde das alles noch lernen. Tja, äußerlich glich Diomedes einem Bären, roh und grobschlächtig, doch tief in seinem Inneren schlummerte ein gute Herz.


    Der kleinen Süßen, äh pardon Flavia Domitilla hatte es gefallen, sich am frühen Morgen, kurz nach dem Frühstück für einen kurzweiligen Tag in den Thermen zu entscheiden. Danach war so etwas wie Panik unter den Bediensteten, sprich Sklaven ausgebrochen. Das kleine Mädchen hatte konkrete Vorstellungen, was kurzweilig war und was nicht. Schon die Auswahl des Bikinis war gar nicht so einfach gewesen.
    Glücklicherweise war dies aber nicht Diomedes Problem gewesen. Ihm hatte man nur gesagt, er solle noch ein, zwei Mann aussuchen, die die junge Flavia auf ihrem Weg zu den Thermen begleiten und für ihre Sicherheit sorgen sollten. Man kannte ja das Gesindel, welches sich in Roms Gassen herum trieb und nichts besseres zu tun hatte, als zu betteln oder die feinen Damen in ihren Sänften zu belästigen.
    Wann, wenn nicht jetzt, war dies die beste Gelegenheit, um zu sehen, was Aidan bisher bei ihm gelernt hatte! Darum hatte er auch keine Minute gezögert, dem Iren klarzumachen, dass dies heute so etwas wie eine Bewährungsprobe war. Er hatte ihm erklärt, dass es seine Aufgabe war, neben Domitillas Sänfte herzulaufen und die Augen aufzuhalten, besonders dann, wenn die Sänftenträger einmal anhalten mussten oder die junge Dame wünschte, auszusteigen. Das waren dann die kritischsten Momente seiner Mission. Natürlich übertrieb der gute alte Diomedes ein wenig. Was sollte man auch sonst machen, denn mal ehrlich, welcher Idiot würde es wagen, die Sänfte eines kleinen unbedeutenden Mädchens zu überfallen?


    Wie zu erwarten gewesen war, war alles ruhig geblieben. Zwar hatte es ein, zweimal Engpässe gegeben, weil einfach zu viele Menschen in den Straßen unterwegs gewesen waren. Aber das war es dann auch schon gewesen.
    An den Thermen angekommen, war die junge Domina ausgestiegen und mit ihrer Schar an Sklavinnen ins Innere verschwunden. Für Diomedes und Aidan würde nun der angenehme Teil des Tages beginnen. Denn solange sich die kleine Süße beim Baden amüsierte, hatten sie frei! Und das konnte sich in der Tat einige Stunden hinziehen.
    Wohlig seufzend ließ er sich nun auf einer Stufe nieder, genoss die winterlichen Sonnenstrahlen und kramte in seiner Tasche herum, bis er schließlich ein großes Stück frischgebackenes Brot und eine lange getrocknete Wurst herauszog.
    "Sooo, Jungelchen! Komm, setz dich doch zu mir. Jetzt gibt´s eh nichts zu tun." Genussvoll biss er zuerst in die Wurst und dann in das Brot. "Magft du auch waf?", fragte er kauend, mit vollem Mund.


    Sim-Off:

    Wer immer auch mag, kann gerne dazustoßen!

    Seltsam! Sehr, sehr seltsam, diese Sprache. Dennoch verfolgte ich fasziniert dem Gespräch, auch wenn ich kein einziges Wort verstand. Es war in der Tat ein Glücksfall, dass Samira ODER WIE auch immer sie hieß, diese Frau auswendig gemacht hatte. Umso mehr erhoffte ich mir nun ein paar Antworten.
    Endlich, Flaviana begann zu übersetzen. Jedoch kam nicht das, was ich mir erhofft hatte. Sie seien verschleppt worden und sie hätten sich nichts zu Schulden kommen lassen. Herrje, wie furchtbar! Ich war schon nahe daran, mich erweichen zu lassen, sie einfach von dannen ziehen zu lassen. Weil ich doch ein gutes Herz hatte und ich doch nett sein wollte. Doch dann erinnerte ich mich der Worte meiner Mutter wieder, die sich nicht oft genug darüber ausgelassen hatte, sich nicht von den Sklaven und ihren jämmerlichen Geschichten beeindrucken zu lassen. Schon möglich, dass sie unschuldig waren, aber ich, äh pardon, mein Bruder hatte für sie gezahlt!
    "Ach ja wirklich?", fragte ich besorgt, allerdings war ich es keineswegs.
    "Nun, das kann schon sein. Dennoch gehören sie jetzt mir. Daran müssen sie sich jetzt gewöhnen!" Und das auf dem schnellsten Wege! So, und nun wollte ich die richtig wichtigen Dinge geklärt haben!
    "Frag sie doch gleich einmal nach ihren Fähigkeiten! Was können sie? Oder besser gesagt, wozu sind sie zu gebrauchen? Frag den Mann, ob er kämpfen kann. Und die Frau, frage die Frau, ob sie schminken und frisieren kann! Oder ob sie in der Küche besser aufgehoben ist."

    Es war schwer, sich in Geduld zu üben. Nachdem Aulus´ Sklavin davon gesaust war, blieb mir nichts anderes übrig, als zu warten. Dabei vermied ich es, den beiden Sklaven einen Blick zu würdigen. Sie waren das lebende Sinnbild für meine Unüberlegtheit. Verschwendung, reine Verschwendung war ihr Kauf. Wenn sie sich nicht verständlich machen konnten, dann waren sie zu nichts zu gebrauchen. Ich stellte mir vor, was ich dann noch mit ihnen anfangen konnte. Schlimmstenfalls konnte man sie auf eines der Landgüter schicken, wo sie Feldarbeit verrichten konnten. Dazu waren sie doch hoffentlich im Stande.
    Endlich! Die Tür ging auf. Eine mir unbekannte Frau tat auf. An ihrem Äußeren konnte ich sofort sehen, dass sie keine der unseren war. Dafür war ihre Kleidung zu einfach und an manchen Stellen schon etwas abgenutzt. Irgendeine Sklavin wahrscheinlich. Zu meinem Erstaunen aber stellte sie sich als Flaviana vor. Eine Freigelassene also. Von wem? Von meinem Bruder? Welche Qualitäten besaß sie, dass man sie freigelassen hatte?
    Noch ehe ich etwas sagen konnte, begann sie schon, Kontakt mit meinen beiden Sklaven aufzunehmen. Natürlich verstand ich nicht, was sie da sagte, doch auch sie beherrschte diese seltsame fremde Sprache, die auch meine Sklaven sprachen, denn die beiden begannen zu antworten.
    "Salve Flaviana! Wie ich sehe verstehst du die beiden. Das ist sehr gut!" Ich unterbrach ja nur ungern das traute Zusammentreffen der drei. Doch es gab einen triftigen Grund, weshalb die Freigelassene und die beiden Sklaven hier war.
    "Sage ihnen, dass sie von nun an meine Sklaven sind. Ich habe sie heute auf dem Markt erstanden. Sie gehören nun mir!" Wahrscheinlich wussten sie das schon, doch nun konnte auch ich mir sicher sein, dass sie es wussten. Was sonst geschah denn auf einem Sklavenmarkt? Das war doch Normalste auf der Welt. Es gab Herren und Sklaven. Und sie waren nun mal die Sklaven.

    Etwas seltsam fand ich es schon, als Vater sich so schnell nach Aulus´ Erscheinen aus dem Staub machte. Womöglich hatte er nur nach der passenden Gelegenheit gesucht, um sich zurückziehen zu können, die sich dann durch meinen Bruder ergab. Ich war ihm doch nicht etwa schon überdrüssig geworden, meinem Vater? Überdrüssig, ja genau das war eines jener Wörter, die meine Mutter gebrauchte, wenn sie, was äußerst selten vorgekommen war, über meinen Vater gesprochen hatte. Sie war ihm überdrüssig geworden. Weshalb, hatte sie mir immer verschwiegen. Natürlich hatte ich mir deswegen des Öfteren den Kopf zerbrochen. Wie musste man sein oder was musste man tun, um jemandem überdrüssig zu werden? Wieder sah ich mich darin bestätigt, dass ich einfach zu wenig wusste, über meinen Vater, meine Mutter, deren Ehe und somit auch über mein eigenes Leben. Wie erschütternd war das denn? Nichts über das eigene Leben zu wissen! Doch ich schwor mir, zu lernen und das nötige Wissen zu erlangen.
    Noch weniger wusste ich natürlich etwas über meinen Bruder oder von den weiteren Geschwistern, die nach Hörensagen existieren sollten. Auch wie deren Verhältnis zu unserem gemeinsamen Vater war, konnte ich nur raten. Ich für meinen Teil hatte ein ganz gutes Gefühl, was meinen Vater betraf. Schließlich hatte er mich hierher geholt, nach Rom, was nur eines bedeuten konnte: es lag ihm etwas an mir. Also vergaß ich ganz schnell wieder die absurde Idee vom überdrüssig werden.


    Und mein Bruder? Natürlich freute er sich auch. So sagte er jedenfalls. Und so schien es auch, bis zu dem Augenblick, da er eine Vera erwähnte und deren Erinnerung ich traurig werden ließ. Vera… Vera… ich kannte keine Vera. Oh, Götter, war das vielleicht seine Frau, die oh Jammer, womöglich im Kindbett gestorben war und ihn, wie furchtbar traurig, zum trauernden Wittwer werden ließ? Vielleicht interpretierte ich auch einfach zu viel hinein, zumal er bald wieder zu lächeln begann. Am besten ich fragte dezent nach.
    "Vera?", fragte ich vorsichtig und ärgerte mich schon gleich darauf, dass ich damit die traurigen Erinnerungen in ihm wieder heraufbeschwor.
    "Ja, ich glaube schon." Fragend wandte ich mich zu Amalthea um, die die Frage meines Zimmers betreffend weitaus besser beantworten konnte. "Es wird gerade ein Zimmer für die junge domina gerichtet," antwortete sie freundlich.
    "Nein, in Rom war ich noch nicht. Ich bin vorher noch nicht mal aus Aquilaia herausgekommen. Hui, war das vielleicht aufregend, als Vaters Männer zu uns kamen und Mutter sagten, sie hätten den Auftrag mich mitzunehmen. Du hättest ihr Gesicht sehen sollen!" Es überkam mich plötzlich, zu kichern, wobei Amalthea ein solch kindisches Verhalten nicht lange duldete und mich mit einem Räuspern in die Schranken wies.

    Ich vermutete fast schon, die beiden trieben ein übles Spiel mit mir, als sie sich wieder in ihrer grausamen Sprache regelrecht absprachen, was sie als nächstes ungehöriges anstellen konnten.
    Wieder kam dieses Gefühl der Hilflosigkeit über mich, obschon solche Gefühle einer Herrin über Sklaven fremd sein sollten. Was hätte Mutter an meiner Stelle getan? Dies Frage stellte ich mir immer wieder. Was sollte ich tun, um diesen beiden meine Macht zu demonstrieren? Oder war dies überhaupt von nöten? Denn als ich noch mit dem Sklaven haderte, ging die Frau bereits vor mir in die Knie. Ein Akt der Unterwürfigkeit, wie ich wohl meinte. Und das Kauderwelsch, welches sie vorbrachte, hielt ich für eine Bitte um Gnade für ihren Mann. Bei genauerem Hinsehen allerdings, wurde mir schnell klar, dass die Sklavin alles andere im Sinn hatte, allerdings keine Spur von Demut.
    "Was machst du da? Lass das!" rief ich. Sie deutete auf ständig auf den Saum meiner Tunika. Für einen Webfehler oder dergleichen fehlte mir einfach der nötige Blick, um diesen als Fehler auch wahrzunehmen. Schließlich schüttelte sie auch noch abfällig ihren Kopf. Dass dies nun keine zuvorkommende Geste war, konnte selbst ich verstehen, und so wuchs mein Zorn. Derartiges hatte ich bis dahin noch nicht erlebt, nicht von Sklaven!
    Als ich meinen Augenmerk wieder zu dem Sklaven richtete, so machte der seltsame Bewegungen, die ich nicht verstand, die mich jedoch ahnen ließen, dass ich es hier mit zwei unverschämten Barbaren zu tun haben musste.
    Gänzlich entnervt, sah ich wieder nach der Sklavin meines Bruders, die… ach wie hieß sie noch gleich? Einerlei! Da stand sie noch, neben der Tür und schaute recht dümmlich daher.
    "Semira.. äh oder Samira, komm her! Du sprichst doch die Sprache dieser beiden Sklaven. Also sage ihnen gefälligst, wer ich bin und frage sie, weshalb sie so unverschämt sind. Wissen sie nicht, was mit ihnen geschieht, wenn sie ungehorsam sind?"
    Plötzlich trat Amalthea wieder aus der Versenkung hervor und tastete mir leicht auf die Schulter, wie sie es immer schon getan hatte, wenn sie mir etwas wichtiges sagen wollte.
    "Domitilla, die Sklavin ist Syrerin. Sie kann die beiden eigentlich gar nicht verstehen. Die beiden kommen aus dem Norden. Noch nördlicher als Britannia!", flüsterte sie mir ins Ohr. Nun ja, das war einleuchtend! Aber trotzdem war mir immer noch nicht geholfen!
    "Semira, oder wie immer du ach heißt, vergiss das, was ich soeben gesagt habe. Aber bringt mir endlich jemand herbei, der die Sprache dieser beiden spricht! Sofort!" Wahrscheinlich hörte ich mich an, wie ein launisches, verzogenes Kind, wenn es nicht seinen Willen bekam.

    Ein seltsames Kauderwelsch entwisch meine neuen Sklavin. Genau das, was ich bereits schon insgeheim befürchtet hatte, bewahrheitet sich nun. Die Sklavin verstand mich nicht und ich verstand sie nicht. Ebenso der Sklave, der sich nun auch bemerkbar machte. Beste Voraussetzungen also um die beiden mir fügsam zu machen. Doch so schnell wollte ich nicht aufgeben. Ein hilfesuchender Blick zu Amalthea, die mir allerdings auch gleich mit ihren Augen zu verstehen gab, dass auch ihr diese Sprache unbekannt war.
    Meine Unsicherheit überspielend, widmete ich mich wieder der Sklavin, lächelte knapp und zuckte mit den Schultern. Wozu war eine Sklavin nutze, wenn sie kein Wort verstand? Ich begann mich über mich selbst zu ärgern. Flaccus hatte recht gehabt, ich war einfach noch zu jung und unerfahren, um gute Sklaven zu kaufen. Ich hätte auf ihn hören sollen. Ich…. ich sollte aufhören, mir Selbstvorwürfe zu machen. Bisher war ich ein Mädchen, dessen Wege geebnet waren und jeder noch so kleine Stolperstein entfernt worden war. Es war an der Zeit, sich den Herausforderungen zu stellen, die auf mich warteten! Und ich fing auch sofort damit an.
    War es Zufall, dass Aulus´ Sklavin noch immer an der Tür herumlungerte, statt meinen Befehlen zu gehorchen?
    "DU! HIER GEBLIEBEN!", rief ich ihr zu, bevor sie sich doch noch aus dem Staub machte. Ich war mir gar nicht bewusst, dass auch ich über das gleiche gebieterische Organ meiner Mutter verfügte. Selbst Amalthea wurde dadurch aufgerüttelt und wähnte sich wohl wieder zu Hause in Aquilaia.
    Dann begann die Sklavin wieder zu sprechen. Seltsame Worte, die alles Mögliche bedeuten konnten. Indem sie aber auf den Mann auf sich und mich deutete, begriff ich, dass es sich wohl um ihre Namen handelte. Mich nannte sie Domina. Sehr gut! Na, geht doch!
    "Aha, Eiden und Iva. Das sind eure Namen?" Ich ersparte es mir, nachzufragen, was diese wohl bedeuteten. Das musste vorerst warten. Meine Anspannung schmolz wie Schnee, denn ich war mir nun wieder sicher, das Richtige getan zu haben.
    Doch dann passierte etwas ganz ungeheuerliches! Der Sklave berührte mich plötzlich am Arm, als sei er ein Vertrauter. Was fiel diesem Barbaren ein! Wollte er mich angreifen? Ich zuckte zusammen und wusste sofort, dass dies das Ungeschickteste war, was ich tun konnte. Sklaven durfte man keinesfalls mit Furcht begegnen. Das hatte mir Mutter oft genug gesagt. Zeig ihnen, wer der Herr ist und lass dich nicht von ihren rührseligen Geschichten einlullen.
    Der Sklave begann plötzlich zu sprechen. Völlig unaufgefordert natürlich. Zu meiner Überraschung sprach er ein recht holpriges Latein. Wie bitte? Ich hatte mich doch verhört! Er wollte mit mir ins Wirtshaus gehen und einige Weinkrüge leeren.
    "Was fällt dir ein, Sklave! Lass mich sofort los, sonst…." Ja, was sonst. Mir fiel auf die Schnelle nichts passendes ein. In der Tat, deplorabel!
    "Du sprichst Latein? Sehr gut! Dann hast du auch verstanden, dass ihr nun Sklaven seid. Meine Sklaven, um genau zu sein." Ha, Mutter wäre stolz auf mich, hätte sie diese Ansprache gehört, vielleicht.

    "Das grüne passt ganz hervorragend zu den neuen Schuhen, findest du nicht?" Amalthea, die froh war, wieder zurück in der Villa zu sein, nickte zustimmend. Eigentlich passten alle meine neuen Kleider zu den Schuhen, doch das grüne gefiel mir am besten. Auf meinem Bett hockend, hatte ich den besten Überblick über meine neuen Sachen. Ich war zufrieden, mit dem was ich gekauft hatte. Die Stoffe waren von edelster Qualität, aus schimmernder Seide aus dem Orient. Nur das Beste vom Besten.
    Ein Klopfen an der Tür lenkte mich von alledem ab. Wie selbstverständlich kam das "Herein" über meine Lippen. Es gab wohl nur einen Grund, weshalb es an meiner Tür klopfte. Dort draußen standen die neuen Sklaven, die nur darauf warteten, sich zu den anderen neuen Sachen zu gesellen. Eine unbeschreibliche Freude, das Gefühl, den kommenden Moment kaum abwarten zu können, überfiel mich. Ich hielt den Atem an, als endlich die Tür aufging. Aber es war nur sie, die Sklavin meines Bruders. Ich warf ich einen fragenden Blick zu, woraufhin sie die beiden wundersamen Geschöpfe herein winkte.
    Da war sie wieder, die Frau mit dem feuerroten Haar. Nach ihr trat auch der Mann ein. Sie waren in grobe, wollene Tuniken gesteckt worden, die nicht gerade einen ästhetischen Eindruck machten. Und sauber waren sie. Der Schmutz des Sklavenmarktes war verschwunden. Die Frau aber faszinierte mich aufs Neue. Ihre große, aber dürre Gestalt, die zarten Züge ihres Gesichtes, ihr rotes Haar natürlich und als Gegenpol dazu die blauen Augen. Genau diese Augen waren es, die ganz neugierig umherwanderten, um alles einfangen zu können, was sie entdeckten. Im Gegensatz zu ihr, beobachtete ich nur sie. So entging mir auch nichts ihres Mimikspiels. Neugier, womöglich auch Unverständnis und dann dieses zarte scheinbare Schmunzeln. Ich verstand nicht, was sie belustigte. Es war einfach nur spannend, sie zu beobachten. Eine fremde Spezies aus einer anderen Welt, die es hierzulande nicht zu geben schien.
    "Danke äh.., wie war noch gleich dein Name? … Na, einerlei, du kannst gehen!", sagte ich zu der Sklavin, dann wandte ich mich den neuen Sklaven zu, insbesondere der Sklavin mit dem roten Haar. Diese flammende Haarpracht zog mich magisch an. Ich erhob mich von meinem Bett und trat auf die Sklavin zu. Meine Finger griffen nach ihren Haaren, bis sie eine Strähne erfassten und diese dann ausgiebig untersuchten. In der Tat, es waren echte Haare. Und die Farbe? War auch sie echt?
    "Sind die echt? Sind die wirklich so rot? Wie ist dein Name?" Natürlich hätte ich wissen müssen, dass sie nichts von dem was ich sagte, verstand. Aber wenn sie nun meine Sklavin war, dann musste sie doch verstehen!

    [Blockierte Grafik: http://img600.imageshack.us/img600/4311/amalthea.jpg] | Amalthea


    Amalthea hatte gegenüber Domitilla kein Wort mehr über die neuen Sklaven verloren. Die Kleine, wie sie Domitilla immer noch liebevoll nannte, obwohl diese das gar nicht gern hörte, musste langsam anfangen, erwachsen zu werden. Dabei sollte sie ruhig ihre Erfahrungen machen. Ihr Bruder oder ihr Vater würden ihr schon das Nötigste dazu sagen.
    Die Sänfte samt Leibwächter und neuer Sklaven hatte bald die Villa erreicht. Während Domitilla sich gleich in ihr cubiculum zurückzog, blieb die Griechin noch kurz mit den neuen Sklaven am Eingang stehen. Den beiden sah man an, dass sie eine lange, sehr lange Reise hinter sich hatten. Und hungrig waren sie sicher auch. Doch dies war glücklicherweise nicht Amaltheas Aufgabe. Schlimm genug, dass sie von nun an wohl schlechter Schafen würde, wenn nun diese beiden Barbaren im Hause waren.
    "He, du! Du bist doch eine der Sklavinnen des Bruders meiner Herrin, nicht wahr?" Die Griechin hatte einer Sklavin zugerufen, die zufällig zur falschen Zeit am falschen Ort war. Zwar hatte sie bislang mit der Sklavin noch kein einziges Wort gewechselt, doch das hielt Amalthea nicht davon ab, ihr zu delegieren, was getan werden musste.
    "Dies sind die neuen Sklaven der Schwester deines Herrn." Sie deutete auf den Mann und die Frau. "Führe sie ins Servitriciuum, zeige ihnen, wo sie sich waschen können und gib ihnen neue Kleidung und etwas zu essen!", sprach Amalthea gebieterisch und duldete keinen Widerspruch. "Ach ja, wenn du mit ihnen fertig bist, bringe sie zum cubiculum von domina Domitilla!"
    Amalthea hatte gesprochen! Da es für sie nun hier nichts mehr zu tun gab, machte sie sich auf den Weg zu ihrer Herrin.

    Fest kniff ich die Augen zu. Es war still geworden. Langsam wagte ich die Spannung zu lockern und noch langsamer öffnete ich dann die Augen. Kaum hatte ich meine Fähigkeit zu sehen wieder erlangt, sah ich auch schon den Sklavenhändler, der auf mich zeigte. Hatte ich? Hatte ich wirklich? Hatte ich tatsächlich soeben die beiden Sklaven dort oben gekauft? Ich konnte es gar nicht glauben. Doch, ich hatte! Denn der Sklavenhändler zweigte auf mich und nannte mich sogar eine junge Frau. Sogleich reckte ich stolz mein Haupt und meine Lippen formten sich zu einem vielsagenden Lächeln. Voller Stolz sah ich zu Amalthea, die neben mir stand und mehr oder weniger fassungslos Zeugin dessen geworden war, was sich soeben hier zugetragen hatte.
    "Ich glaube, ich habe soeben zwei Sklaven gekauft," sagte ich mit einem noch recht unsicher wirkenden aber glücklichen Unterton. "Ja, das hast du, domina," bestätigte sie. "Ich hab´s geschafft, Amalthea! Ich habe meine ersten Sklaven gekauft! Zwei auf einen Schlag!", jubelte ich. Ich war so stolz auf mich! Es gehörte doch schon viel Mut dazu um einfach '2001' in die Menge zu rufen. Warum eigentlich 2001? Warum nicht 2000 oder noch besser weniger? Denn wenn ich es genau bedachte, hatte ich eigentlich so viel Geld bei mir? Den Morgen über hatte ich ja nicht mit dem Geld meines Bruders gegeizt.

    "Und was gedenkst du mit zwei Sklaven zu tun, die kein Wort verstehen, domina?", erkundigte sich die Griechin und ich bemerkte es schon an ihrem Ton, dass sie ganz und gar nicht damit einverstanden war, was ich getan hatte.
    "Ach, da überlege ich mir noch was!", antwortete ich schnell und winkte unbesorgt ab. Von meiner Kinderfrau wollte ich mir den Triumph nicht nehmen lassen. Doch je länger ich darüber nachdachte, was man mit zwei Sklaven machte, die scheinbar nutzlos waren, packte mich schon das schlechte Gewissen. Schließlich lag es an mir, meinen Kauf vor meinem großen Bruder zu verantworten, der hier in Rom sozusagen als Stellvertreter meines Vaters über mich das Sagen hatte. Unbehagen stieg in mir auf. Amalthea, die mich ein Leben lang kannte, wusste dies natürlich. Doch statt mir Vorhaltungen zu machen, lächelte sie nur mütterlich. Sie gab dem Sklaven, der uns begleitete und das Geld hütete nur ein Zeichen, damit der die Zeche bezahlte.
    Das tat er dann auch. Die Sklaven wollte ich natürlich gleich mitnehmen. Während ich bereits wieder auf dem Weg zu meiner Sänfte war, führte man die Sklaven vom Podest. Sollten sich die Leibwächter darum kümmern, sie unbeschadet zur Villa zu treiben.


    Sim-Off:

    Ein dicker Schmatzer für den großen Bruder! [SIZE=7]Du darfst sie dir gerne mal ausleihen, wenn du willst! :D[/SIZE]

    Gebannt starrte ich weiterhin nach oben und beobachtete die beiden Sklaven. Sie bemächtigten sich einer seltsam klingenden Sprache, die ich noch nie gehört hatte. Auf Amaltheas Einwände ging ich gar nicht erst ein. Es war der in mir wachsende Wunsch, der zählte.
    Aus dem Wunsch wurde bald ein Entschluss. Aufmerksam hörte ich, wie ein weiteres Gebot gerufen wurde. Offenbar war ich nicht die einzige, die Gefallen an den beiden Barbaren gefunden hatte. Und dennoch zögerte ich. Warum eigentlich? Ich wollte sie doch haben? Es lag sicher nicht daran, dass ich nicht wusste, wie man einen Sklaven ersteigerte. Vielleicht war es vielmehr das Neue Ungewohnte. Ich hatte in meinem bisherigen Leben noch nie einen Sklaven gekauft. Das erledigte bis dahin immer der Verwalter meiner Mutter, der selbst ein Sklave war.
    Ich wartete noch immer. Eine innere Stimme drängte mich, doch endlich zu bieten und eine andere beschwichtigte mich, noch etwas zu warten, bis zu jenem Moment, da kein anderes Gebot mehr einging und kurz bevor der Sklavenhändler seinen Zuschlag gab.
    Langsam wurde ich nervös, aber nicht übermütig. Als ich den rechten Zeitpunkt für gekommen erachtete, rief ich: "2001!" und kniff dabei wie ein ängstliches Kind die Augen zu.

    "Oh ja! Dir etwa nicht?" entschlüpfte es aus mir. "Wie muss es hier erst im Sommer sein, wenn alles blüht und duftet? Aber auch der Herbst und Winter hat seine Reize. Wenn die Natur beginnt inne zu halten und sich ausruht, um sich dann im Frühling wieder neu entfalten zu können." Ich freute mich schon auf den Frühling und die Erneuerung, die jedes Mal wieder damit einherging. Dann konnte ich wieder meinen Forschungen nachgehen.
    "Der Garten meiner Mutter in Aquileia ist viel kleiner als dieser hier." fügte ich noch hinzu, doch ich merkte schon, dass das Gartenthema damit eigentlich schon ausgereizt war. Vielmehr wollte ich noch etwas über meine Familie wissen, die mir im Grunde immer noch fremd war. Doch wollte ich den armen Flaccus nicht mit unzähligen Fragen überhäufen, sonst bekam er von mir noch einen ganz falschen Eindruck. Dass es dem jungen Flavier in keinster Weise anders erging, hätte ich mir zwar denken können, doch ich tat es nicht. Drum ging ich behutsam vor und begann erst einmal mit einer Frage.
    "Die Villa ist ja auch riesengroß. Man könnte sich beinahe darin verlaufen. Lebst du schon immer hier in Rom?" Glücklicherweise war mir solches noch nicht widerfahren, denn fast überall traf man auf einen Sklaven, der einem den richtigen Weg weisen konnte.

    Die Saturnalien waren von jeher etwas besonderes für mich gewesen. Nicht nur wegen der Geschenke. Auch die Tatsache, dass an diesen Tagen alles auf dem Kopf zu stehen schien, empfand ich als sehr antreibend. Einmal im Jahr tauschte ich die Rolle. Dann war es nicht verboten, mit den Kindern der Sklaven zu spielen und mit ihnen ganz unbekümmert umher zu toben. Natürlich war ich nun aus dem Alter herausgewachsen, in dem ich herumtobte. Ich war auf dem besten Wege, eine junge, erwachsene Dame zu werden.
    Am Morgen hatte ich ein Bad genommen. Später war ich in der Tat zu den Sklaven gegangen und hatte dort ein Mädchen in meinem Alter kennengelernt. Wie ich im Laufe unseres Gesprächs feststellen konnte, arbeitete sie sonst immer in der Küche. Ich lud sie ein, mich in mein cubiculum zu begleiten, wo wir gemeinsam den Nachmittag verbrachten.
    Beinahe hätte ich die cena vergessen. Und dann dauerte einem Tag, wie diesem alles viel länger, als an den gewöhnlichen Tagen, an denen man nicht alles selbst zu erledigen hatte. Sie kam ich im triclinium mit einer enormen Verspätung an. Doch zu meiner Beruhigung durfte ich feststellen, dass noch lange nicht alle Familienmitglieder da waren.
    "Io Saturnalia!", rief ich fröhlich und gesellte mich dann zu meinen Verwandten. Neben Quintus Flaccus, den ich schon näher kennengelernt hatte, erkannte ich auch Manius Gracchus und dessen Sohn, den alle nur Minimius nannten. Ich war ganz erpicht darauf, meine Familie noch besser kennenzulernen. So nahm ich neben dem jungen Gracchus Platz, dessen Alter ich nicht genau einordnen konnte. Doch wahrscheinlich war er kaum älter als ich, schätzte ich zumindest.

    Da oben standen ein Mann und eine Frau. Wie ich mitbekommen hatte, handelte es sich um ein Paar. Ein Babarenpärchen. Der Mann sah eher finster drein, doch die Frau hatte etwas magisches an sich. Ihr feuerrotes Haar hatte es mir angetan. Noch nie hatte ich jemanden gesehen, der so rotes Haar besaß. Keiner der Sklaven meiner Mutter in Aquileia war ein Rotschopf gewesen. Meine Mutter hatte eine Aversion gegen alles barbarische. Lediglich ein paar grobschlächtige Germanen hielt sie sich als Leibwächter, die sie immer begleiten mussten, wenn sie das Haus verließ. Ansonsten waren unsere Sklaven von griechischer, italischer oder orientalischer Herkunft. Mutter meinte immer, sie ertrüge es nicht, ungebildete Barbaren um sich zu scharen und sie auch noch durchfüttern zu müssen.
    So waren diese beiden Gestalten dort oben ein absolutes Novum für mich. Allein dies erregte schon mein Interesse an ihnen. Dann musste ich auch ganz unumwunden an das Sklavenpärchen denken, welches ich vorletzten Sommer in unserem Garten aus dem Gebüsch heraus beobachtet hatte. Die beiden hatten seltsame Dinge miteinander angestellt, aus denen ich nicht schlau geworden war. Erst waren sie nett zueinander gewesen und hatten sich dutzende Male geküsst aber dann… Im darauffolgenden Frühling hatte die Sklavin dann ein winzig kleines Kind zur Welt gebracht. Das war doch erstaunlich!


    Amalthea hatte es mittlerweile geschafft, zu mir zu stoßen. Nun stand sie neben mir und richtete ebenfalls ihren Blick zum Podest.
    "Das sind nur Barbaren und dann auch noch im Doppelpack," meinte sie abschätzig, als sie in meinem Gesicht das Interesse für die beiden entdeckt hatte.
    "Wir sollten nun wirklich gehen, domina! Es ist schon spät." Es kam nur selten vor, dass die alte Griechin mich domina nannte. Eigentlich nur, wenn sie mich ermahnte und mir damit zu verstehen geben wollte, dass ich mich nicht standesgemäß benahm. Aber was war schon dabei, wenn ich mich auf einem Sklavenmarkt aufhielt?
    "Sieh nur ihr Haar, Amalthea! Es ist so rot wie Feuer!" Die Faszination, die diese Sklavin auf mich ausübte, war kaum zu verbergen. Vor meiner Kinderfrau konnte ich dies auch nicht lange verbergen. Sie kannte mich seit meiner Geburt und wusste, womit man mich beeindrucken konnte.
    "Liebes, was willst du denn mit den beiden? Wahrscheinlich sprechen sie nicht einmal unsere Sprache. Ganz zu schweigen von der Tastsache, dass wir von nun an mit einem Messer unter dem Kopfkissen schlafen müssten, würdest du die beiden mit nach Hause nehmen."
    Amalthea konnte mir wahrlich keine Angst machen. Ganz im Gegenteil. Damit stachelte sie mich förmlich an. In mir wuchs ein Wunsch heran, etwas haben zu wollen. So wie man sich ein Kleid wünscht, welches man einmal gesehen hat und in das man sich verliebt hatte. Dieses oder keines!
    Die Frau wollte ich haben. Und wenn der Mann gleich mit dabei war. Auch gut!

    "Kind, wir sollten langsam wieder nach Hause gehen!" Amalthea, die alternde griechische Kinderfrau, die mir aus Aquileia geblieben war, trottete mir unwillig hinterher. Den ganzen Morgen hatten wir uns in der Stadt aufgehalten. Ich hatte mich in den wunderschönen Geschäften umgesehen und sie hatte stets ihr Urteil abgegeben, zu den unzähligen Tuniken, den mannigfaltigen Arten von Kosmetika. Denn ihr Urteil war mir noch immer sehr wichtig. Auch wenn ich nun zu einer jungen Dame heranwuchs, gerade deshalb wollte ich nicht darauf verzichten. Lieber hätte es Amalthea zwar gesehen, hätte ich mich mehr anderen Dingen hingegeben, zum Beispiel Büchern. Dennoch war auch sie der Auffassung, dass es nun an der Zeit war, mich neu einzukleiden. Glücklicherweise war es ihr erspart geblieben, all die schönen Sachen, die ich käuflich erworben hatte, tragen zu müssen. Dies erledigte ein recht wortkarger Sklave für sie, der uns begleitet hatte.
    "Nein, ich möchte nachsehen, warum dort vorne so viele Menschen stehen. Komm, lass uns nachsehen!", erwiderte ich. Noch bevor die alte Griechin etwas darauf sagen konnte, war ich schon vorgepirscht, hinein in die Menge.
    "Das ist ein Sklavenmarkt, Liebes. Nichts weiter. Was willst du denn auf einem Sklavenmarkt?" Amalthea blieb nichts anderes übrig, als mir zu folgen. "Ich möchte schauen. Einfach nur schauen," sagte ich und betrachtete interessiert die menschliche Ware, die dort auf dem Podest zum Verkauf angeboten wurde.