Beiträge von Lucius Flavius Vibullius

    Selbstverleugnung


    Vergiß nicht, daß du dich im Leben wie bei
    einem Gastmahl betragen mußt. Man bietet etwas
    herum, und es gelangt zu dir: - strecke die Hand aus,
    und nimm bescheiden davon. Es geht an dir vorüber: -
    halte es nicht auf. Es will immer noch nicht kommen:
    - blicke nicht aus der Ferne begehrlich darauf
    hin, sondern warte, bis es an dich kommt. Ebenso
    halte es in Bezug auf Kinder, Weib, Ämter und
    Reichtum; dann wirst du einst ein würdiger Tischgenosse
    der Götter sein. - Wenn du aber selbst von dem,
    was dir vorgelegt wird, nichts annimmst, sondern darüber
    wegsiehst, so wirst du nicht bloß mit den Göttern
    zu Tische sitzen, sondern auch mit herrschen. So
    handelten Diogenes und Heraklit und ihresgleichen,
    und deshalb waren und hießen sie mit Recht göttliche
    Menschen.

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    Herr oder Knecht?


    Ein Herr über alles ist der, welcher die
    Macht hat, das, was er will, oder nicht will, anzuschaffen
    oder wegzuschaffen.Wer nun frei sein will,
    der muß weder etwas wollen, noch etwas nicht wollen von dem, was in anderer Leute Gewalt ist. Wo nicht,
    so muß er ein Sklave sein.

    Begehre nichts Unmögliches.


    Wenn du willst, daß deine Kinder, dein
    Weib und deine Freunde ewig leben sollen, so bist du
    ein Tor. Du willst damit, daß Dinge, die nicht in deiner
    Gewalt sind, in deiner Gewalt sein sollen, und
    was nicht dein ist, soll dir gehören.
    So auch, wenn du willst, dein Sohn soll keine Fehler
    machen, so bist du ein Narr; du willst nämlich,
    Schlechtigkeit soll nicht Schlechtigkeit sein, sondern
    etwas anderes. Willst du aber, daß deine Wünsche
    nicht fehlschlagen, das vermagst du schon. Das Mögliche
    also - darin übe dich..

    Sei ein Tor vor der Welt!


    Willst du Fortschritte machen, so laß es dir
    gefallen, daß man dich in Bezug auf äußere Dinge für
    dumm und einfältig hält. Du mußt nicht scheinen wollen,
    als wissest du etwas. Wenn auch gewisse Leute
    etwas auf dich halten, so traue dir selbst nicht. Wisse
    nämlich, daß es nicht leicht ist, die naturgemäßen Grundsätze, die du hast, und zugleich die äußeren
    Dinge im Auge zu behalten. Vielmehr, wer für das
    eine sorgen will, muß ganz notwendig das andere
    vernachlässigen.

    Was kostet Gemütsruhe?


    Fange also mit geringfügigen Dingen an.
    Man verschüttet dir dein bisschen Öl, man stiehlt dir
    dein Restchen Wein. Denke dabei: so teuer kauft
    man Gelassenheit, so teuer Gemütsruhe. Umsonst
    bekommt man nichts.
    Wenn du deinen Knecht herbeirufst, so denke: es
    kann sein, daß er es nicht gehört hat; und wenn er es
    gehört hat, daß er nichts von dem tut, was du haben
    willst. Aber so gut soll er es nicht haben, daß deine
    Gemütsruhe in seine Willkür gestellt wäre.

    Fort mit Sorgen.


    Willst du Fortschritte machen, so mußt du
    Gedanken, wie die folgenden, fahren lassen: Wenn ich
    das Meinige vernachlässige, so werde ich kein Brot
    haben; wenn ich meinen Jungen nicht züchtige, so
    wird er ein Bösewicht werden. Denn besser ist es,
    Hunger sterben, frei von Traurigkeit und Furcht, als im Überfluß leben mit Unruhe im Herzen; und besser
    ist's, daß der Junge ein Bösewicht werde, als daß du
    unglücklich seiest.

    Der Weise verliert nichts.


    Sage nie von einem Ding: ich habe es verloren;
    sondern: ich habe es zurückgegeben. Dein Kind ist
    gestorben; - es ist zurückgegeben worden. Dein Weib
    ist gestorben; - es ist zurückgegeben worden. Dein
    Landgut wurde dir genommen. - Nun also auch dieses
    ist nur zurückgegeben worden. - »Aber der es dir genommen
    hat, ist ein Schurke.« -Was geht es aber
    dich an, durch wen es dir derjenige wieder abgefordert
    hat, der es dir gab? - So lange er es aber dir überläßt,
    behandle es als fremdes Gut, so wie die Reisenden die
    Herberge.

    Versuchung und Widerstand.


    Vergiß nicht, bei jedem Vorfall in dich zu
    gehen, und zu untersuchen, welches Mittel du besitzest,
    um daraus Nutzen zu ziehen. Erblickst du einen
    Schönen oder eine Schöne, so wirst du ein Mittel dagegen
    finden, - die Selbstbeherrschung. Kommt Anstrengung,
    so findest du Ausdauer; kommt Schmach,
    so findest du Kraft zum Erdulden des Bösen. Und wenn du dich so gewöhnst, so wird dich die Vorstellung nicht hinreißen.

    Der Wille ist frei.


    Krankheit ist ein Hindernis des Körpers, aber
    nicht des Willens, wenn er nicht selbst will. Lähmung
    ist ein Hindernis des Fußes, aber nicht des Willens.
    Und so denke bei allem, was dir begegnet; denn du
    wirst finden, daß es wohl ein Hindernis für etwas anderes
    ist, aber nicht für dich.

    Zum Sterben fertig.


    Wenn du auf einer Seereise, während das
    Schiff im Hafen liegt, ausgehst, um Wasser zu schöpfen,
    so hebst du wohl nebenbei auch ein Muschelchen
    oder Zwiebelchen am Wege auf; deine Gedanken aber
    mußt du auf das Schiff gerichtet haben, und fleißig
    zurückschauen, ob nicht etwa der Steuermann rufe;
    und wenn er ruft, so mußt du alle jene Dinge zurücklassen,
    damit du nicht gebunden hineingeworfen werdest,
    wie die Schafe. So ist's auch im Leben. Wenn
    dir statt Zwiebelchen und Muschelchen ein Weibchen
    oder Kindchen geschenkt wird, so wird nichts dagegen
    einzuwenden sein. Wenn aber der Steuermann
    ruft, so renne zum Schiff und laß alle jene Dinge zurück,
    ohne dich auch nur umzuschauen. Bist du aber
    ein Greis, so entferne dich nicht einmal weit vom
    Schiff, damit du nicht zurückbleibest, wann jener ruft.

    Törichter Stolz.


    Sei auf keinen fremden Vorzug stolz. Wenn das
    Pferd sich stolz erhebend spräche: wie schön bin ich!
    so könnte man sich das gefallen lassen. Wenn aber du
    selbst voll Stolz sprächest: welch ein schönes Pferd
    habe ich! so wisse, daß du auf die Vorzüge deines
    Pferdes stolz bist. Was ist nun aber dein? - Der Gebrauch
    deiner Vorstellungen! -Wenn du also von deinen Vorstellungen einen naturgemäßen Gebrauch machst, dann magst du stolz sein; denn alsdann bist du stolz auf einen Vorzug, der dir gehört.

    Der schrecklichste der Schrecken.


    Nicht die Dinge selbst, sondern die Meinungen
    von den Dingen beunruhigen die Menschen. So ist
    z.B. der Tod nichts Schreckliches, sonst wäre er auch
    dem Sokrates so erschienen; sondern die Meinung
    von dem Tod, daß er etwas Schreckliches sei, das ist
    das Schreckliche.Wenn wir nun auf Hindernisse
    stoßen, oder beunruhigt, oder bekümmert sind, so
    wollen wir niemals einen andern anklagen, sondern
    uns selbst, das heißt: unsere eigenen Meinungen. -
    Sache des Unwissenden ist es, andere wegen seines
    Mißgeschicks anzuklagen; Sache des Anfängers in der Weisheit, sich selbst anzuklagen; Sache des Weisen,
    weder einen andern, noch sich selbst anzuklagen.

    Wie man die Fassung behauptet

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    Wenn du an ein Geschäft gehen willst, so erinnere
    dich beiläufig, wie das Geschäft beschaffen sei. -
    Wenn du zum Baden gehst, stelle dir vor, was im Bad
    zu geschehen pflegt, wie sie einander mit Wasser
    spritzen, einander stoßen, schimpfen und bestehlen.
    So wirst du mit größerer Sicherheit zu Werk gehen,
    indem du dabei alsbald zu dir selbst sprichst: Ich will
    jetzt baden, zugleich aber auch meinen der Natur gemäßen
    Grundsatz festhalten. Und so bei jedem Geschäfte.
    Auf diese Weise wirst du dann, wenn dir
    beim Baden etwas in den Weg kommt, sogleich den
    Trost bei der Hand haben: Ich wollte ja nicht dieses
    allein, sondern auch meinen naturgemäßen Grundsatz
    festhalten. Ich werde ihn aber nicht festhalten, wenn
    ich mich über das Vorgefallene ärgere

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    Ich dankte Patentiam ganz artig und harrte der Dinge, die da folgen sollten.


    Sim-Off:

    Die Ursprünge des Beamtentums liegen im alten Ägypten. Auch in den orientalischen Staaten der Antike und im Römischen Reich gab es bereits Beamte. Im Gegenzug für ihre unbedingte Treue übernahm ihr Dienstherr die Verpflichtung, sie lebenslang angemessen zu unterhalten. Ein wesentliches Merkmal auch des modernen Beamtentums wurde damit bereits im 3. Jahrtausend v. Chr. entwickelt. Als ein weiteres prägendes Merkmal ist die hierarchische Ordnung des Beamtenstums zu nennen, die sich bis heute weitgehend erhalten hat. Die frühen Beamten waren zudem einem absoluten Herrscher verpflichtet. Nur in Griechenland war bereits die heute verbreitete Verpflichtung der Beamten auf Staat und Gesetz bekannt.

    Gemütsruhe

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    Bei Allem, was die Seele ergötzt, oder Nutzen
    schafft, oder dir lieb und wert ist, vergiß nicht, ausdrücklich
    zu erwägen, welcher Art es sei, und fange
    beim Geringsten an. Wenn du einen Topf liebst,
    denke: ich liebe einen Topf. Zerbricht er dann, so
    wird es dich nicht anfechten. Wenn du dein Kind oder
    Weib herzest, so sage dir, daß du einen Menschen
    herzest. Stirbt er, so wird es dich nicht anfechten

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    Das Sicherste für den Anfang

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    Hinweg also mit deinem Widerwillen von
    allem dem, was nicht in unsrer Gewalt ist, und trage
    ihn über auf das, was der Natur der Dinge, die in unsrer
    Gewalt sind, zuwider ist. Die Begierde aber entferne
    vorerst ganz. Denn wenn du etwas von dem begehrst,
    was nicht in unserer Gewalt ist, so mußt du
    nothwendigerWeise unglücklich sein. Von den Dingen
    aber, die in unserer Gewalt sind, und welche zu
    begehren rühmlich wäre, ist dir noch gar nichts bekannt.
    Nur Trieb und Abneigung laß walten; aber
    sachte, mit Auswahl und mit Zurückhaltung

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    Du hast dein Glück in der Hand

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    Bedenke, daß die Begierde verheißt, wir werden
    erlangen, was wir begehren; der Widerwille aber
    verheißt, es werde uns nicht widerfahren, was er zu
    meiden sucht. Wer nun nicht erlangt, was er begehrt,
    ist unglücklich, und wem widerfährt, was er gerne
    vermeiden möchte, ist es doppelt.Wenn du aber bloß
    dasjenige zu meiden suchst, was der Natur der Dinge,
    die in deiner Gewalt sind, zuwider ist, so wird nichts
    von dem widerfahren, was du meiden willst. Willst du
    aber Krankheit meiden, oder Armut, oder Tod, so wirst
    du unglücklich sein.