Beiträge von Roxane

    Zum ersten Mal gelang es ihm ein wenig der "normalen" Roxane zu locken, als er von dem Thema Geld und Familie sprach, denn sie schmunzelte ansatzweise. "Dein Angebot ist freundlich und ehrt Dich, Decimus Verus, doch ist Geld nie ein Problem gewesen und wird es wohl auch nie sein. Ich stamme aus einer der angesehensten Kaufmannsfamilien Edessas und mein Großvater hat es mir niemals an etwas missen lassen. Weder was die finanziellen Belange betraf und auch heute noch betrifft, noch was die Bildung betraf. Er hat mehr als ausreichend den Wünschen meiner Mutter entsprochen mir die bestmöglichen Gelegenheiten zu bieten um dereinst überall bestehen zu können."


    Sie lauschte seinen weiteren Worten und ehe sie sich zögernd setzte und bittend Aculeo ansah, dass er sich neben sie setzen möge, meinte sie: "Ich wollte weder Dich, noch Deine Familie beleidigen." Doch sogleich korrigierte sie sich. "Nein, das ist nicht ganz korrekt, vielleicht wollte ich es doch. De facto jedoch ist es eher so, dass ihr und mein..." sie sträubte sich das Wort Vater in den Mund zu nehmen. "Und Decimus Sicca mir meist egal waren in der Vergangenheit. Ich habe nicht an ihn und nicht an seine Familie gedacht. Der Aufbruch nach Rom war für mich eine willkommene Gelegenheit ein Abenteuer zu erleben und eines der wichtigsten Aspekte meines Seins zu befriedigen." Sie sah zu Aculeo hin, dessen Hand sie wieder suchte und lächelte ihn leicht an. "Aculeo kann davon wohl ein leidvolles Lied singen, denn er musste schon oft darunter leiden: mein Wissensdurst und meine Neugierde." Sie drückte ihm, beinahe zärtlich die Hand und drückte damit sowohl eine Entschuldigung als auch ein Danke aus.


    "Wenn Du eine sofortige Entscheidung willst, wirst Du wohl zuvor einige Fragen beantworten müssen. Denn ich werde nichts über das Knie brechen, so verlockend vielleicht die Möglichkeiten seien mögen." Oh Ahuramazda hilf, dachte sie bei sich um dann zu Aculeo zu blicken und ihn mit ihren Augen ebenfalls um Hilfe zu bitten. "Germanicus Aculeo sagte mir zwar schon, dass ich keine Bedenken haben müsste in den Belangen, in denen ich Bedenken zu der Thematik der römischen Bürgerschaft habe, aber er konnte jene nicht gänzlich auslöschen." Sie lächelte ihn noch einmal an und murmelte: "Tut mir leid," dann wandte sie sich Decimus zu. "Ich bin, für kein Bürgerrecht der Welt bereit meine Herkunft, meine Familie oder mein Volk zu verraten. Ich bin als Partherin geboren, wenn auch auf römischen Gebiet, ich bin bei den Parthern aufgewachsen und habe gelernt meine Herkunft mit Stolz zu tragen und ich tue es gerne. Denn auch wenn die Römer in uns nur den bösen Feind sehen, wie es umgekehrt nicht viel anders ist, so besitzt meine Heimat doch viele Facetten, so wie das römische Imperium es tut, ja selbst die Stadt Rom es bereits tut. So wie selbst ein einzelner Mensch diese besitzt. Es gibt nicht nur gut und böse, schwarz und weiß. Ein jeder und ein jedes Reich haben viele Seiten einer Medaille und viele Grautöne. Römer haben zumeist nur den Feind gesehen, den sie nicht besiegen und nicht in ihr Reich integrieren können, der aber stets als Bedrohung ihrer Grenzen auftritt. Ähnlich geht es den Parthern mit den Römern. Wir mögen grundverschiedene Völker sein und doch haben wir vieles gemeinsam. Aber es sind auch oder vielleicht auch gerade die Unterschiede, die mich meiner Heimat stets verbunden sein wird und mich möchte die Möglichkeit erhalten eines Tages wieder zurück zu kehren zu ihnen. Sei es nur zu einem Besuch bei den Leuten, die ich liebe, oder aber für immer. Ich möchte den Kontakt aufrecht erhalten und ich möchte nicht plötzlich als Verräterin abgestempelt werden, weil ich vielleicht eben dies tue. Wenn Du mir garantieren kannst, dass dies Alles möglich bleibt und ich dafür vor Allem von Dir und jenen die mir hier etwas bedeuten, nicht verurteilt werde, so wird es mir eine Ehre sein die römischen Bürgerrechte anzunehmen. Ist dies nicht der Fall, bleibe ich lieber eine Peregrina." Offene, klare Worte, auch wenn dies bedeuten würde vielleicht nie einem inneren Gefühl folgen zu dürfen, welches -ohne das sie sich dessen bereits wirklich bewusst war - schon seit einer Weile in ihrem Herzen wuchs.

    Sie beobachtete ihn und hielt immer noch Aculeos Hand. Ein Decimus Sicca also. Das war der Mann, der sie gezeugt hatte? Ihre Hand krampfte sich um Aculeos und in diesem Griff lag erstaunlich viel Kraft. Je mehr der Decima sprach, je härter wurde der Griff, vielleicht gar schmerzhafter. Schließlich stieß sie zunächst nur sechs Worte aus: "Ich will kein Geld von Dir!" Dann aber atmete sie tief durch und versuchte sich zu beruhigen. "Entschuldige," meinte sie dann ob ihres Tones soeben. "Selbst wenn alles so wäre, wie Du sagst, so ist es doch so, dass ich ganz sicher nicht gekommen wäre, um jemanden um Geld anzugehen, ohne dafür eine Gegenleistung in Form von Arbeit zu geben." Sie atmete noch einmal tief ein und wieder aus. "Ich...," der Griff um Aculeos Hand hatte sich etwas gelockert und sie sah kurz von ihm zu Decimus und wieder zurück. Dann ließ sie ihn langsam los und ging nun ihrerseits auf und ab, nicht im Kreis wie Decimus, sondern nur auf und ab. "Ich weiß im Moment nicht, was ich will," gestand sie schließlich. "Das ist alles anders als ich es je geplant hatte. Ich hatte nicht vor die Familie des Mannes zu finden, der mich zeugte. Ich wollte nie etwas mit ihm zu tun haben, nie mit ihnen. Das Alles kam jetzt so plötzlich und..." Sie seufzte. "Ich weiß es nicht," seufzte sie und zuckte mit den Schultern. Ihr war noch immer kalt und sie nieste einmal mehr heftig. Die nächsten Worte klangen leicht verschnupft. "Auch wenn ich Dir für das Angebot danke, aber ich glaube... ich brauche etwas Zeit um... um das zu verdauen."

    Als Aculeo sich zu ihr gesellte und ihr Halt und Aufmunterung, vielleicht sogar Kraft gab, war sie ihm dankbar,egal wie sehr er sie mit dieser Geschichte in etwas Unangenehmes geritten hatte. Die Reaktionsveränderung des Decimus verwirrte sie, dennoch hörte sie zu und bemerkte, wie sie sich langsam entspannte. Noch einmal musste sie niesen und als sowohl Aculeo als auch der Decima sie um den Ring baten, holte sie ihn an der zerrissenen Kette hervor. Dennoch zögerte sie noch einen Moment, suchte mit der anderen Hand nach Halt bei Aculeos Hand und reichte schließlich Decimus Verus das Kleinod.

    Sie seufzte, vielleicht nicht nur innerlich. Ihr Blick ging zu Aculeo und es lag beinahe schon so etwas wie Verzweiflung darin. Und die Frage, wieso er ihr dies alles antat. Vielleicht, nein, ganz sicher sogar ein Hilfeersuchen. Schließlich aber wusste sie, sie würde wohl nicht umhin kommen die Fragen dieses Mannes, dessen Beleidigung und Angriff sie sehr wohl verstanden hatte und diesen hoch erhobenen Hauptes und mit Stolz begegnete, zu beantworten.


    "Mich treibt ein Versprechen nach Rom," erwiderte sie ernst und sah immer noch Aculeo an, den sie als eine Art Anker in einer rauhen See nutzte. "Ich versprach in die Heimat meines Vaters zu reisen, als meine Mutter auf dem Totenbett lag." Ein wenig Schmerz war auch jetzt nicht ganz aus der Stimme heraus zu halten, aber dennoch fuhr sie unbeirrt fort. "Nun, was, wenn nicht Geld und Ansehen treibt wohl einen Mann in das Bett einer Frau?" fragte sie und Sarkasmus war nun sehr deutlich in ihrer Stimme zu vernehmen. "Da ich ihn nicht kannte und auch meine Mutter nie so viel mir gegenüber erwähnte, wie für weitere Details vielleicht nötig gewesen wären, kann ich nur sagen, dass die Liebe wohl ein ausschlaggebender Faktor gewesen sein soll. Wenn Du mir die offenen Worte verzeihen magst, aber ich glaube eher, das es der Trieb war, der den Mann dazu brachte." War da vielleicht ein wenig Verachtung in der Stimme zu hören oder doch nicht? Doch, eindeutig. "Liebe ist in meinen Augen etwas Anderes."


    Oh ja, sie verachtete den Mann, der ihr Vater sein sollte, denn er hatte ihre Mutter sehenden Auges im Stich gelassen. Ihr Blick hielt immer noch Aculeo fest und dieser wiederum konnte, wenn er in ihre Augen sah, all ihre Gefühle inklusive des Schmerzes darin vielleicht erkennen. "Auf Grund einer familiären Gegebenheit lebte meine Mutter einige Zeit in Syria, wo sie meinen Vater kennen und scheinbar lieben lernte. Angeblich war es beidseitig." Das sie das bezweifelte musste wohl mittlerweile auch ein Blinder mit dem Krückstock erkannt haben. "Er war Soldat der Legion und sollte später in den Krieg gegen mein Volk ziehen, gegen das Volk der Frau, die er doch angeblich so liebte." Verbitterung sprach aus diesen Worten und doch seltsamerweise kein Hass. "Er kam nicht wieder. Man sagte ihr, dass er auf dem Schlachtfeld sein Leben gelassen habe. Wie und ob man ihn vielleicht zu seiner Familie zurück sandte oder nicht genug übrig war um ihn zuzuordnen, das weiß ich nicht."


    Und ich will es nicht wissen. Ich will nichts von dem Mann wissen. Verflucht seist Du Aculeo, den ich aber dafür nicht einmal wirklich verfluchen kann, weil ich mich schon viel zu weit aus dem Fenster gelehnt und Dir viel zu viel von mir gegeben habe. "Meine Mutter kehrte daraufhin mit gebrochenem Herzen und mir als Neugeborene in ihre Heimat zurück, wo mein Großvater Enkidu sie mit Freuden wieder aufnahm und ihr alles versprach, was sie sich erbat." Sie war eben sein kleiner Liebling, sein Sonnenschein gewesen und es hatte auch ihm das Herz weh getan seinen Liebling so leiden zu sehen. "Ihm hat sie wohl mehr über den Mann erzählt, mir irgendwann nicht mehr, denn sie verstand sehr wohl, dass ich nicht viel von ihm hielt und halte." Wieder musste sie niesen und langsam bekam sie davon Kopfschmerzen. Sie massierte sich leicht die Stirn und schloss die Augen. "Neben dem Versprechen nach Rom zu reisen, welches sie mir abnahm, kurz bevor sie starb, vermachte sie mir auch den Ring, welcher der Mann, der mein Vater sein soll, ihr vor seinem Aufbruch in den Krieg gegeben hatte und den sie meines Wissen nach immer an einer Kette um ihren Hals trug. Sie verlangte, das auch ich ihn anlege und wo immer mich meine Wege führen würden, mit mir tragen würde. Sie hoffte wohl, ich würde eines Tages ein Einsehen haben und meinen Widerstand aufgeben und auch die väterliche Seite meiner Herkunft erkunden." Sie hätte vergeblich gehofft, wenn nicht Aculeo gewesen wäre.


    Sie fühlte sich müde, erschöpft und wirkte auch so. Ihr war noch immer kalt und sie schlug die Arme um sich, da sie hoffte so ein wenig Wärme zu erhalten. Es war nicht nur die Kälte von außen, sondern nun auch eine Kälte von innen. "Ich hoffe, ich konnte Deine Neugierde stillen," meinte sie schließlich in einem nicht ganz deutbaren Tonfall, der aber von ihrer Müdigkeit berichtete.

    Das war wer? Ach ja, Aculeo wollte ja wegen diesem vermaledeiten Ring jemanden Fragen. Innerlich seufzte sie. Warum konnte er ihn nicht einfach vergessen? Scheinbar aber war das Thema vergessen in diesem Zusammenhang nicht gegeben. Die Art und Weise, wie der Mann sich ihr gegenüber benahm, auch wenn er scheinbar höflich war, missfiel ihr jedoch. Irgendetwas, sie konnte nicht sagen was, ließ sie versteifen und als er auf den Ring selber zu sprechen kam, in dieser Art und Weise, wurde sie noch steifer. Ernst betrachtete sie ihn und beantwortet zunächst seine erste Frage, die sie vielleicht als Beleidigung aufgefasst hätte, wenn sie sie nicht längst gewohnt gewesen wäre. "Nein, ich bin Peregrina," erwiederte sie in einem leicht kühlen, dennoch höflichen und immer noch mit einem Hauch Freundlichkeit unterlegten Tonfall. "Mein Vater war angeblich Römer, doch da ich ihn nicht kenne, kann ich wohl nur von der Herkunft mütterlicherseits sprechen und die ist parthisch," fügte sie an. Zwar war sie für eine Partherin wieder eher untypisch, aber für eine Römerin auch. Ein Mix eben, etwas Besonderes vielleicht gar, je nach Sichtweise eben. "Diese HErkunft macht mich," das sie dies mit stolz erfüllte, verschwieg sie lieber, "also auch zu einer Partherin," sagte sie nun und musterte den Mann noch etwas ernster. "Mein Name ist Roxane. Roxane Enkidu," wieder nannte sie den Namen ihres Großvaters als Familienname, auch wenn dies in Rom niemandem etwas sagte, aber sie hatte durchaus bemerkt, dass sie anders reagierten, wenn man einen solchen sein Eigen nennen konnte. "Mit wem habe ich die Ehre und das Vergnügen?"
    Noch war sie nicht bereit den Ring einfach so hervorzuholen und ein weiterer Niesanfall enthob sie auch zunächst dieser Aufgabe. Somit erhielt der ihr Fremde die Möglichkeit sich vorzustellen, ehe sie ihm vielleicht die Geschichte erzählen würde, so dünn sie auch war, denn so viel kannte sie ja selber nicht.

    Sie nickte nur, als er ihr das Angebot machte, dass sie sich in seiner Kammer umziehen konnte. Es war sicher angenehm endlich aus den nassen Kleidern zu kommen, zumal sie schon das zweite Mal heute klatschnass geworden war. Mittlerweile war ich fürchterlich kalt geworden und sie spürte ein stetiges Kribbeln in der Nase, dass sich schließlich, als sie umgezogen wieder im Atrium angekommen war, in mehrfaches heftiges Niesen entlud. Als sie endlich damit fertig war, fühlte sie sich schlecht und erschöpft.


    Sie hatte nicht bemerkt, dass sich Aculeo mittlerweile wieder zurück begeben hatte und dies mit einem weiteren Mann. Als sie nun tief durchatmete und ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Umgebung lenkte, bemerkte sie diese und ein entschuldigendes Lächeln huschte über ihr Gesicht. "Verzeiht, ich wollte nicht stören, schon gar nicht mit so etwas." Freundlich nickte sie dem Fremden zu, während sie sich fragte, wie um Ahuramazda Willen sie eigentlich wieder warme Füße bekommen würde.

    Meiner einer samt Zweit-ID werden aus beruflichen Gründen bis 2.3. nur noch äusserst eingeschränkt anwesend sein können. Explizit kommende Woche, am 1.3. definitiv gar nicht.

    Sie hob leicht amüsiert die Augenbrauen und musterte ihn eine Weile. Dann aber nickte sie schließlich. Warum nicht.Im Zweifel waren sicher genügend Sklaven im Haus, die bezeugen würden, das nichts war. Bei seinen Worten den Ring betreffend versteifte sie sich einen Moment, beschloss dann aber es soweit zu ignorieren und reagierte sicherheitshalber nicht weiter. "Dann lass uns aufbrechen,"meinte sie stattdessen und suchte nach ihrer Kleidung, die sie sittsam in einer Ecke, wo sie nicht gesehen werden konnte überzog. Schließlich kam sie wieder zu ihm und sah auch wieder ganz sittsam und brav - soweit man das als stilles Wasser sein konnte - aus.

    Momentan müssen einige auf meine Posts warten, wofür ich mich entschuldige, aber das wird leider auch noch ein wenig so bleiben, wegen viel zu tun. Hoffe es wird in den nächsten Tagen besser :)

    Nun schmunzelte sie noch mehr und schüttelte leicht den Kopf. "Nicht wirklich weit," sagte sie leise und legte ihm ihre Hand kurz auf die Brust, da wo das Herz saß. "Ich bin doch da, spürst Du es?" Dann ließ sie die Hand sinken und rang einen Moment ihn auch ihren Herzschlag spüren zu lassen, aber das wäre wohl doch zu viel des Guten gewesen. "Wenn es Dir unangenehm ist beziehungsweise nicht schicklich, dann musst Du mir das nicht anbieten," lächelte sie. "Ich kann auch in meiner Wohnung schlafen. Es ist kein Problem." Nun ja, ob es keines war, musste sich dann im Zweifel rausstellen, aber erst einmal die Tapfere miemen.

    Entweder er hatte ihr nicht richtig zugehört oder es war ihm nur recht so oder er empfand es als egal, ob es schicklich war oder nicht. Jedenfalls hatte er ja gesagt. Wobei der Zusatz mit es ist niemand da nicht gerade beruhigend war, irgendwie. Irgendwie aber doch. Sie schmunzelte leicht und ohne das sie es beeinflussen konnte legte sich ihre freie Hand ganz leicht auf seine Wange und ihr Daumen strich ihm kaum spürbar über die Lippen: "Edessa an Rom, bist Du wieder unter uns?" fragte sie leise, da er ihr den Eindruck vermittelte, dass er irgendwo in anderen Sphären weilte. Sie ließ ihre Hand sinken und lächelte immer noch leicht vor sich hin.

    Sie war dankbar für seine Geduld mit ihr und völlig perplex, als er sie plötzlich küsste. Ihr wurde heiß und sie lief sogar zartrosa an. "Öhm," meinte sie voller Intelligenz und wusste im ersten Moment nicht, wie sie reagieren sollte. Das was sie fragen wollte, war nun irgendwie in ein ganz anderes Licht getaucht und doch... Schließlich überkam sie ein Ruck von Mut und sie erhob sich auf die Zehenspitzen und legte ihre Lippen sachte auf seine. Wenn es ein Fehler war, dann war es ein Fehler, wenn nicht um so besser. Als sich ihre Lippen wieder lösten, meinte sie leise und wieder mit der leicht heiseren Stimme. "Eigentlich wollte ich Dich fragen, ob es die Möglichkeit gibt, dass ich heute Nacht nicht alleine in meiner Wohnung bleiben muss," mit Fokus vielleicht eine Nacht in seiner Casa Gast sein zu dürfen. "Aber ich weiß nicht, ob das nun noch eine gute Idee ist."

    Sie lächelte schief und eher matt. "Nenn es einfach Befriedigung von Neugierde." Einen langen Moment sah sie die Kette an und es schien, als wollte sie sie nicht annehmen, dann aber griff sie zögernd danach und betrachtete sie, als hätte sie sie zuvor niemals gesehen. Sie schloss die Hand drum herum und sah zu ihm auf. "Du kennst das Zeichen, oder?" Sie wirkte müde in diesem Moment, irgendwie, wie nach einem langen Kampf. "Ja, vielleicht zurück nach Rom," erwiederte sie leise. Sie suchte ihre Kleidung mit den Augen um schließlich zu Aculeo zurück zu blicken. "Darf ich einen Wunsch äußern?"

    Sie atmete mehrmals tief durch um sich zu fassen. Es dauerte einige Augenblicke, aber dann verdrängte sie die Tränen, die sich einen Weg nach draußen bahnen wollten und sie sich ihm wieder zuwandte. Leise sagte sie zu ihm: "Man soll Versprechen nicht geben, wenn man nicht bereit ist diese einzuhalten. Ich habe meiner Mutter versprochen nach Rom zu reisen und da bin ich." Ihre Mutter hatte es haben wollen, damit sie ihren Vater suchte, aber das hatte sie nicht versprochen. "Ich gebe keine Versprechen, die ich nicht zu halten bereit bin. Ich habe ihr versprochen nach Rom zu reisen. Ich habe ihr aber nicht versprochen nach der Familie meines Vaters zu suchen." Sie atmete tief durch. "Ich..." Sie hielt inne und wusste nicht, was sie sagen sollte. Ihre Schultern sackten etwas hinab und sie wirkte durchaus niedergeschlagen. Der Tag war so schön gewesen und nun das.

    Eigentlich sollte sie seine Nähe genießen und das tat sie auch, bis zu dem Moment, wo er von den Fragen sprach.Sie versteifte sich in seinen Armen und zum ersten Mal, seit er sie kannte - was durchaus nicht lange war, dennoch bisher einen Eindruck hinterlassen haben musste - erlebte er, wie sie scheinbar wütend wurde. Wobei es auch einfach nur Zorn oder Angst oder beides gepaart sein konnte. "Wer sagt Dir, dass ich dahingehend überhaupt Fragen habe?" Sie machte sich nun doch los und wandte sich um. "Er kann mir egal sein," sagte sie mit diesem Unterton. "Wer hat sie denn verlassen? Verlassen um gegen die Menschen zu kämpfen, die ihrem Volk angehörten, vielleicht gar welche aus ihrer, aus meiner Familie? Wenn er sie wirklich geliebt hätte, wirklich eine Zukunft gesehen hätte, dann hätte er das nie getan!" Sie drehte sich um und in ihren Augen blitzte Zorn. "Wenn er auch nur einen Funken Liebe und Verstand gehabt hätte, dann wäre er nie in diese verdammte Schlacht gezogen um Menschen zu töten und sich selbst umbringen zu lassen." Sie riss an der Kette und als sie sich von ihrem Hals löste - nicht ohne eine Schramme im Nacken zu hinterlassen, welche unter den Haaren liegend sehr leicht blutete - und warf das Kleinod samt Kette auf den Boden. "Er hat sie im Stich gelassen und ihr Herz gebrochen. Wieso sollte er mich interessieren?" Damit drehte sie sich um und entfernte sich eilends ein paar Schritte, denn sie wollte nicht, dass er sah, dass ihr Tränen des Zorns, der Wut und der Trauer in die Augen stiegen.

    Nachdenklich und sichtlich verwirrt sah sie den Germanicus an, der plötzlich ganz anders wirkte. "Ähm, doch, bestimmt," meinte sie dann vorsichtig, wollte sich auch eigentlich abwenden, tat es aber nicht, weil sie nicht allzu unhöflich sein wollte. "Aber es hat mich nicht sonderlich interessiert," gestand sie schließlich beinahe - ungewohnt - kleinlaut. "Ich kenne ihn nicht und nur, weil er einmal ..." Nein, das musste sie nun wirklich nicht kundtun. "Jedenfalls," fügte sie an. "Es hat mich nicht interessiert. Ich habe eine Familie und ich liebe meinen Großvater Enkidu und ich liebte in gewisser Weise auch meine Mutter, aber ihre Art mir etwas aufzwingen zu wollen, was ich nicht war in einer Gesellschaft und Kultur, wo man damit der Feind war, das ging mir schon als Kind auf den Nerv. Sie hat mir das Versprechen abgenommen nach meiner Familie hier zu suchen und mir gesagt, wo ich Aufzeichnungen finden würde, aber die habe ich meinem Großvater gegeben ohne je reinzusehen. Er," sie schwieg einen Moment und wirkte bedrückt. "Er konnte damit mehr anfangen, denn ihr Tod hat ihn am Meisten von uns allen mitgenommen. Sie war sein Augenstern, weshalb er ihr alles verzieh. Auch dass sie sich - dazu ohne Ehe - mit einem Römer einließ und schwanger von diesem wurde."

    Verwirrt über den plötzlichen Gedankensprung brauchte sie erst einmal eine Weile um wieder ins hier und jetzt zu kommen und dabei rekapitulierte sie leicht, was eigentlich geschehen war und wäre wohl rot angelaufen, wenn nicht die Frage ihre Aufmerksamkeit erforderte. "Ähm?" kam es zunächst sehr geistreich über ihre Lippen, während ihre Hand nach oben zu dem Anhänger, welcher ein Ring war und an einer dünnen, feingliedrigen, goldenen Kette hing. "Das ist ein Erbstück meiner Mutter. Sie wollte, das ich ihn bekomme, als sie starb." Einen Augenblick legte sich der Hauch eines Schattens über ihr Gemüt, welcher aber sogleich wieder verschwand. "Er hat ihr viel bedeutet, doch sie hat mir nie gesagt, wo sie ihn her hat. Mein Großvater hat Andeutungen gemacht, dass es wohl was mit meinem Vater zu tun hat, aber wer weiß das schon. Es war einer ihrer letzten Wünsche und dem entsprach ich. Mittlerweile ist er mir zu eigen geworden und ich glaube, würde ich ihn nicht mehr tragen, würde mir auch etwas fehlen." Sie sah wieder zu ihm hoch. "Warum fragst Du?"

    Welch eine Frage, welch ein Moment. Sie konnte ihn sich nicht erklären. Und doch genoss sie ihn. Einen Moment lang schwieg sie. Einen sehr langen Moment. Dabei sah sie ihm in die Augen, unverwandt, versank darin. Schließlich antwortete sie ihm. Leise, immer noch leicht heiser und rauh. "So lange Du willst," erwiderte sie und wusste nicht einmal, dass sie das gesagt hatte. Doch, sie wusste es irgendwie schon, doch zugleich auch nicht. Es war, als wenn es zwei Teile in ihr gäbe und der eine gerade ausgeschaltet worden war. Der Andere agierte komplett unabhängig - komplett nur für sich und tat, was er wollte, was das, was man dereinst Hormone nennen würde, mit ihr anstellten.