Zum ersten Mal gelang es ihm ein wenig der "normalen" Roxane zu locken, als er von dem Thema Geld und Familie sprach, denn sie schmunzelte ansatzweise. "Dein Angebot ist freundlich und ehrt Dich, Decimus Verus, doch ist Geld nie ein Problem gewesen und wird es wohl auch nie sein. Ich stamme aus einer der angesehensten Kaufmannsfamilien Edessas und mein Großvater hat es mir niemals an etwas missen lassen. Weder was die finanziellen Belange betraf und auch heute noch betrifft, noch was die Bildung betraf. Er hat mehr als ausreichend den Wünschen meiner Mutter entsprochen mir die bestmöglichen Gelegenheiten zu bieten um dereinst überall bestehen zu können."
Sie lauschte seinen weiteren Worten und ehe sie sich zögernd setzte und bittend Aculeo ansah, dass er sich neben sie setzen möge, meinte sie: "Ich wollte weder Dich, noch Deine Familie beleidigen." Doch sogleich korrigierte sie sich. "Nein, das ist nicht ganz korrekt, vielleicht wollte ich es doch. De facto jedoch ist es eher so, dass ihr und mein..." sie sträubte sich das Wort Vater in den Mund zu nehmen. "Und Decimus Sicca mir meist egal waren in der Vergangenheit. Ich habe nicht an ihn und nicht an seine Familie gedacht. Der Aufbruch nach Rom war für mich eine willkommene Gelegenheit ein Abenteuer zu erleben und eines der wichtigsten Aspekte meines Seins zu befriedigen." Sie sah zu Aculeo hin, dessen Hand sie wieder suchte und lächelte ihn leicht an. "Aculeo kann davon wohl ein leidvolles Lied singen, denn er musste schon oft darunter leiden: mein Wissensdurst und meine Neugierde." Sie drückte ihm, beinahe zärtlich die Hand und drückte damit sowohl eine Entschuldigung als auch ein Danke aus.
"Wenn Du eine sofortige Entscheidung willst, wirst Du wohl zuvor einige Fragen beantworten müssen. Denn ich werde nichts über das Knie brechen, so verlockend vielleicht die Möglichkeiten seien mögen." Oh Ahuramazda hilf, dachte sie bei sich um dann zu Aculeo zu blicken und ihn mit ihren Augen ebenfalls um Hilfe zu bitten. "Germanicus Aculeo sagte mir zwar schon, dass ich keine Bedenken haben müsste in den Belangen, in denen ich Bedenken zu der Thematik der römischen Bürgerschaft habe, aber er konnte jene nicht gänzlich auslöschen." Sie lächelte ihn noch einmal an und murmelte: "Tut mir leid," dann wandte sie sich Decimus zu. "Ich bin, für kein Bürgerrecht der Welt bereit meine Herkunft, meine Familie oder mein Volk zu verraten. Ich bin als Partherin geboren, wenn auch auf römischen Gebiet, ich bin bei den Parthern aufgewachsen und habe gelernt meine Herkunft mit Stolz zu tragen und ich tue es gerne. Denn auch wenn die Römer in uns nur den bösen Feind sehen, wie es umgekehrt nicht viel anders ist, so besitzt meine Heimat doch viele Facetten, so wie das römische Imperium es tut, ja selbst die Stadt Rom es bereits tut. So wie selbst ein einzelner Mensch diese besitzt. Es gibt nicht nur gut und böse, schwarz und weiß. Ein jeder und ein jedes Reich haben viele Seiten einer Medaille und viele Grautöne. Römer haben zumeist nur den Feind gesehen, den sie nicht besiegen und nicht in ihr Reich integrieren können, der aber stets als Bedrohung ihrer Grenzen auftritt. Ähnlich geht es den Parthern mit den Römern. Wir mögen grundverschiedene Völker sein und doch haben wir vieles gemeinsam. Aber es sind auch oder vielleicht auch gerade die Unterschiede, die mich meiner Heimat stets verbunden sein wird und mich möchte die Möglichkeit erhalten eines Tages wieder zurück zu kehren zu ihnen. Sei es nur zu einem Besuch bei den Leuten, die ich liebe, oder aber für immer. Ich möchte den Kontakt aufrecht erhalten und ich möchte nicht plötzlich als Verräterin abgestempelt werden, weil ich vielleicht eben dies tue. Wenn Du mir garantieren kannst, dass dies Alles möglich bleibt und ich dafür vor Allem von Dir und jenen die mir hier etwas bedeuten, nicht verurteilt werde, so wird es mir eine Ehre sein die römischen Bürgerrechte anzunehmen. Ist dies nicht der Fall, bleibe ich lieber eine Peregrina." Offene, klare Worte, auch wenn dies bedeuten würde vielleicht nie einem inneren Gefühl folgen zu dürfen, welches -ohne das sie sich dessen bereits wirklich bewusst war - schon seit einer Weile in ihrem Herzen wuchs.