Beiträge von Myson

    In der Bibliothek von Misenum, genauer gesagt im Umkreis der großen griechischen Philosophen oder wenigstens ihrer verbliebenen Werke, stöberte ein unscheinbarer greiser Grieche scheinbar unsystematisch zwischen den einzelnen Rollen der platonischen Staatslehre. Tatsächlich waren es jedoch nicht die hehren Gedanken seines geistreichen Landsmannes, die ihn hierher gelockt hatten, sondern vielmehr die Aussicht auf ein besonderes Treffen mit einem alten Freund, ein wegweisendes Gespräch in vielerlei Hinsicht, welches er im Auftrag seines jugendlichen Herren zu führen gesandt worden war.

    Ich verstehe vollkommen, was ihr meint muss aber sagen, dass ich (als Lateinstudent :D) damit eigentlich kaum ein Problem habe. Fakt ist doch, dass die Charaktere hier allesamt in deutscher Sprache kommunizieren, und eben nicht in Latein. Selbst wenn argumentiert würde, dass die deutschen Worte lediglich als Vehikel dienen sollen, um den theoretisch lateinischen Inhalt zu transportieren, so muss doch gesagt werden, dass wohl kaum ein gesprochener (deutscher) Satz hier im IR so formuliert ist, wie ihn ein lateinisch sprechender Mensch jemals gesagt hätte (und da gibt es noch weitaus schlimmere Dinge, als die persönliche Anrede). Letztlich zählt doch, was der Satz beim ebenfalls Deutsch sprechenden Empfänger auslöst, und wenn da jemand, um besondere Höflichkeit oder sonst was auszudrücken, lieber eine andere Anrede benutzt, weil die deutsche Sprache diese Möglichkeit bietet, oder geboten hat, und ihm diese passender erscheint, so kann er sie meinetwegen gerne verwenden. Ich fände es ungleich unangenehmer , wenn jemand zum Beispiel das "du" verwendet und dadurch einen (für deutsche Ohren) fälschlich vertraulichen Eindruck erweckt. Viel unpassender finde ich die zahllosen Anachronismen in ganzen Charakteranlagen und Handlungsweise,die vermutlich aber ohnehin unvermeidbar sind. Aber das ist sowieso an ganz anderes Thema.Kurzum, sollte man eine Regel forumlieren, die die Anrede in der zweiten Person Singular vorschreibt, so ist mir das ebenso recht, wie wenn man es den Spielern freistellt. Letztlich bedeutet die Anredeform nur einen marginalen Schritt in der Annäherung an lateinische Sprachmuster. - Die Frage, die man sich stellen muss, ist allerdings die, ob es tatsächlich das Ziel sein soll, eine möglichst "lateinische" Kommunikation anzustreben, die nichtsdestotrotz deutsche Worte benutzt. Denn da würde sich gewiss so mancher Spieler, der noch nicht den Versuch unternommen hat, einen lateinischen Text linear ins Deutsche zu übertragen, wundern, was er da so zu lesen bekäme.

    "Nun gut.", immer noch etwas unsicher nahm der Grieche Platz und blickte tief in die Augen seines Gegenübers, den Grund, die Quelle des Vertrauens suchend, das der junge Flavius diesem Gelehrten entgegenbrachte. "Flaccus benötigt deinen Rat in einer philosophischen Angelegenheit...", begann er also zu erklären und kratzte ein wenig an seinem Kinn herum, welches im Moment entgegen seiner Gepflogenheit es sauber zu rasieren, wie in Rom üblich, von einem ungepflegten Bart ob der Reise mit dem Schiff verdeckt war, und ihn an jene glorreichen Zeiten fernerer Vergangenheit erinnerte, als er noch in seiner Heimat geweilt und selbstverständlich einen Bart getragen hatte. Ein wehmütiges Seufzen entfleuchte bei diesen Gedanken seinen von Wind und Wetter aufgerauhten Lippen, ehe er erneut mit sanfter Stimme zu sprechen begann, "Es geht um die Ordnung des Staates. - Eine kleine gedankliche Spielerei, quasi eine Hypothese ... Ist die monarchía nicht die beste Form, einen Staat zu lenken? Kann sie Platon zufolge nicht gar als Ideal einer optimalen Verfassung angesehen werden? Ein gerechter princeps, basileús, nenn' ihn wie du willst, jedenfalls ein Philosoph als Herrscher, ist das nicht die beste Form, einen Staat zu lenken?", neugierig nun blitzten die dunklen Augen des Griechen den Gelehrten an, als er innehielt, um jenen zu Wort kommen zu lassen, ehe er fortfahren würde.

    Wie erwartet stimmte das knappe Schreiben den Gelehrten so freundlich, dass er seinen griechischen Landsmann ohne Zögern herein bat. Dass der junge Flavier nicht selbst gekommen war, hatte eine Menge von Gründen, deren offensichtlichster war, dass es ihm als Mitglied des Senatorenstandes schlichtweg untersagt war, die Provinz zu bereisen. Also trat stattdessen sein griechischer Vertrauter ein in das schlichte Heim des Atheners, um sich endlich, nun da er sich ein wenig vor der Öffentlichkeit und ihren unzähligen Augen und Ohren verborgen fühlte, angemessen vorzustellen. Eine knappe Verbeugung begleitete seine Worte. "Sei gegrüßt und hab Dank für die Aufnahme. Ich bin Myson und man kann mich wohl als einen der einstigen Lehrer des jungen Flaviers bezeichnen." Er blickte sich unsicher um. "Danke für das Angebot, doch es wäre mir lieber, wir könnten sogleich ein wenig sprechen ... falls du Zeit erübrigen kannst, es wir vermutlich etwas länger dauern.",fügte er an, um sich dann abermals prüfend umzublicken. "Sind wir hier vor neugierigen Augen und Ohren geschützt?" Denn es waren durchaus Dinge von gewisser Brisanz, die der Grieche im Auftrag des Flaviers zur Sprache bringen sollte.

    Die flüchtigen Stoßgebete zu Zeus, dem Wahrer des Gastrechts schienen erhört, als sich die Tür nach erneutem Klopfen öffnete, und ein erwartungsvoll dreinblickender Mann, bei dem es sich nach den Beschreibungen des jungen Flaviers nur um den Gelehrten höchstselbst handeln konnte, den erschöpften Griechen erwartungsvoll anblickte. Jener verneigte sich höflich und erklärte sich beflissen: "Chaire. Xenophanes der Athener?", wollte er sich absichern, ehe er ein knappes Schreiben aus einer eingewachsten ledernen Umhängetasche zum Vorschein brachte, und es dem Gelehrten entgegenstreckte.




    Q' FLAUIUS XENOPHANEI SUO S.


    Jener Mann, der dir diese Nachricht überbringt, ist mein Vertrauter und handelt in meinem persönlichen Auftrag. Nimm ihn bitte in aller Gastfreundschaft auf, und behandle ihn so, wie du auch mich behandeln würdest.


    DATUM ANTE DIEM XIV KAL IUN DCCCLXI A.U.C.


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    Mühsam und beschwerlich war die Reise von Rom nach Alexandria für den alten Griechen verlaufen. Schon bei dem Gedanken daran wurde ihm erneut schlecht. Nun also war wenigstens die Überfahrt, und damit der unangenehmere Teil der Reise überstanden und Myson fand sich, in seinen staubigen Reisemantel gehüllt, an dem die salzige Gischt deutliche Flecken hinterlassen hatte, vor einem eher unscheinbaren Haus im Broucheion wieder, das einer der herumlungernden Müßiggänger als dem gesuchten athenischen Gelehrten gehörig ausgewiesen hatte. Seine knochigen Finger gegen das Holz der Türe schlagend, klopfte er verhalten an und konnte sich nur mit Mühe davon abhalten, verstohlen über seine Schulter zu blicken.

    Bei den Göttern! Wie tief konnte man sinken? Hier stand er nun also, Myson, der Philosoph, und sollte Wein verkaufen. Gemeinsam mit einigen flavischen Klienten, die zwar freigeborene römische Bürger waren, in den Augen des Griechen jedoch fast noch dämlicher, als die Sklaven am Weingut in Paestum, woher das kleine Grüppchen eine ganze Ladung Amphoren zunächst nach Ostia verschifft hatte, um sie dann hierher, auf einen der Märkte Roms zu karren und möglichst gewinnbringend zu Geld zu machen, hatte er einen provisorischen Verkaufsstand improvisiert, wo er sich nun, da die Bürger keine Anstalten machten, die Initiative zu ergreifen, sondern lediglich begierig auf die vollen Amphoren starrten, gezwungen sah, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Er straffte seinen Mantel also, ehe er einige Schritte von dem Stand weg trat und mit großen Gesten und durchdringender Stimme, inmitten des Gewusels zu sprechen anhob: "Bürger Roms, Quiriten!", rief er und gestikulierte eindrucksvoll, "Seht hier den köstlichsten Wein ganz Italiens! An den fruchtbarsten Hängen Campaniens ist er gereift - seht her: nur noch wenige Amphoren sind da, lasst euch diese Gelegenheit nicht entgehen! " Er deutete auf den noch relativ großen Haufen hinter sich. "QUIRITEN - Dieser Wein wird jeden Gott versöhnlich stimmen!", versicherte er mit lauter Stimme. "Ihr habt keinen Zwist mit den Göttern? Umso besser! - Denn dann könnt ihr diesen köstlichen, diesen wunderbaren Trunk selbst genießen, und ich versichere euch: Er wird wird euch munden wie die Ströme des Elysiums! Ja, ganz genau! Die Ströme des Elysiums! Kauft diesen Surrrentiner! Kauft den Surrrrrrrrentiner des QUINTUS FLAVIUS FLACCUS!"


    Sim-Off:

    WiSim!

    Mit einem reichlich schmerzhaft klingenden Laut prallte die aufgerissene Tür an etwas ab, und schwang dem eintretenden Griechen gar wieder ein kleines Stück entgegen. Als Myson erkannte, was er soeben angerichtet hatte änderte sich nichts an seinem Gesichtsausdruck, ja das Grinsen wurde beim Anblick des sich vor Schmerzen am Boden krümmenden Sklaven vielleicht sogar noch etwas breiter. Wer war auch so blöde, sich direkt neben die Tür zu stellen ... Dummheit wurde von den Göttern bestraft, es war also nur gerecht, dass der Sklave eins auf die Nase gekriegt hatte - das war zwar schmerzhaft, würde ihn jedoch nicht weiter beeinträchtigen. Und so konnte Myson, nachdem der getroffene Sklave sich aufgerappelt und nach draußen verzogen hatte, wieder gänzlich seinem jungen Herren sich widmen. "Also können tu ich natürlich schon ...", entgegnete er Flaccus in bewusst provokativem Ton, während er mit seinen dürren Armen durch die Luft wedelte, " ... siehst du, zwei völlig gesunde Arme!" Lächelnd trat er einen Schritt auf den missmutig am Bett herumlungernden Flavier zu. "Ich konnte das Mädchen irgendwie nicht auftreiben ...", meinte er dann mit einem Achselzucken auf die nächsten Frage des jungen Mannes, ehe er sich noch näher zu ihm beugte, "Aber mal unter uns ... so hübsch ist die nun auch wieder nicht ..." Ganz ansehnlich ... ja das war sie schon, zart, anmutig, natürlich! - aber für den Geschmack des Griechen eindeutig zu wenig kurvenreich.


    Mit einem nunmehr schlagartig ernsten Ausdruck richtete der Grieche sich wieder zu seiner vollen Größe auf, als Flaccus sich anschickte, die Liege zu verlassen. Mit wenigen großen Schritten war Myson bei der immer noch offenstehenden Tür und schloss jene, ehe er, auf die Aufforderung seines Herren hin, das Siegel erbrach und sich anschickte, den Brief vorzulesen. Der aufmerksame Beobachter hätte in jenen Momenten ein durchaus interessantes Mienenspiel am Antlitz des Greises nachvollziehen können, schien sich doch der anfangs noch ernste Gesichtsausdruck desselben mit jeder Zeile, die er vortrug, gleichsam zu lichten bis schließlich, nach dem Durchlaufen aller Schattierungen und Zwischenstufen, zum Ende des kurzen Schreibens hin, die unzähligen Falten zu einem überaus belustigten Lächeln sich geformt hatten.

    Gemächlich schlurfte Myson, der greise Sklave des Flavius Flaccus durch die Gänge der Villa am Quirinal. In einer Hand hielt er einen versiegelten Brief, der für seinen jungen dominus abgegeben worden war. Zwar konnte er sich denken, von wem das Schreiben wohl stammte, nicht jedoch welchen Inhalt es offenbaren würde. Zu blöd auch, dass es versiegelt war - so würde er sich wohl noch einige Augenblicke gedulden müssen ... Doch nicht mehr lange, denn schon war er vor der Türe zum Cubiculum seines jungen Herren angekommen, hatte seinen dünnen Arm bereits erhoben, um dagegen zu pochen, als er es sich offensichtlich im letzten Moment anders überlegte und mit einem breiten Grinsen, der Schalk blitzte aus seinen dunklen Augen, die Tür schwungvoll aufriss, und einfach hineinplatzte: "Flaccus, ein Schreiben für dich ... Oh, störe ich etwa?" Lächelnd musterte er die Szenerie, die sich seinen altersschwachen Augen bot.

    Der überaus positive Eindruck, den Myson, der greise Grieche bereits bei der Ankunft des flavischen Grüppchens von Cimon, dem nubischen Sklaven gewonnen hatte, wurde durch dessen höfliches Verhalten noch weiter bestärkt. Nicht minder respektvoll als der stämmige dunkelhäutige selbst neigte also auch er dankbar den Kopf, als ihm auf einen Wink hin etwas gereicht wurde. Dankbar lächelnd nahm er den Becher entgegen und nippte daran, bevor er sich, als Aurelia Flora den Raum betrat, etwas zurückzog, um seinen Herren mit der jungen Dame alleine ins Gespräch kommen zu lassen. In unmittelbarer Nähe des Nubiers fand er schließlich einen für ihn angemessenen Platz (wie durch ein Wunder nahe an einer Obstschale mit äußerst delikat aussehenden Weintrauben), im Hintergrund, wo er die Geschehnisse gut überblicken konnte, ohne selbst aufzufallen, gleichzeitig aber auch mit wenigen Schritten seinem Herren zur Seite stehen konnte, sollte jener die Hilfe des Griechen in irgendeiner Angelegenheit benötigen.


    Den aufmerksam herumhuschenden dunklen Augen des hageren Sklaven entging kaum eine Regung im Antlitz der Anwesenden, sodass er auch vom Umstand, dass der dunkelhäutige Sklave mit dem Eintreten der jungen Schönheit einige Momente die restliche Welt um sich auszublenden schien, sofort Notiz nahm. Ergeben nickte der Nubier, als sein Herr, der Legat, eintrat, jenem zu, schien aber doch etwas abgelenkt zu sein. Schließlich traf ein ungläubiger Blick seinerseits die junge Aurelia, die bisher in einem für den Geschmack des Griechen etwas belanglosen Gespräch mit seinem dominus verwickelt gewesen war. Das Eintreten des Legaten hatte jenes, ohnehin nicht sonderlich aufregende, Gespräch natürlich unterbrochen, und Myson nahm zufrieden zur Kenntnis, dass seinem jungen Schützling einige durchaus ansprechende Komplimente über die Lippen kamen. Aufmerksam wanderte der Blick des Griechen fortan zwischen seinem Herren, den beiden Aurelii und dem höflichen Sklaven, der durch sein seltsames Verhalten mit dem Eintreten Floras den Eindruck auf den Greis gewirkt hatte, er hätte etwas zu verbergen, hin und her. Ein kleiner Schluck Wein zwischendurch. Eine Traube.

    "Gewiss.", nickte Myson und nahm zur Kenntnis, dass der Scriba den Termin bestätigte, indem er den Namen seines Herrn auf die Liste setzte. "Er wird sich um ein solches Schreiben bemühen." Der Grieche schenkte dem Soldaten ein letztes dankbares Lächeln, für dessen höfliche Freundlichkeit, ehe er sich verabschiedete. "Vale, miles!" Und noch während er zurück zum Reisewagen schritt, trug er dem jungen Burschen bereits die Nachricht auf, mit welcher jener nun schleunigstens nach Rom zu dem jungen Flavier reiten würde, um jenen von den erforderlichen Dingen in Kenntnis zu setzen.

    Bedächtig nickte der Grieche und ließ sich mit keiner Veränderung seiner Miene anmerken, wie unerhört er diese Anordnung des Vesculariers fand, schließlich war der freundliche Soldat ihm gegenüber lediglich Befehlsempfänger, und als solcher hatte er diese Anordnung natürlich zu befolgen.


    "Ich verstehe.", nickte Myson, als er den Befehl kurz überflog, "Mein Herr wird ein solches Schreiben mit sich bringen." Dann nahm er die Liste mit den freien Terminen, welche der herbeigerufene Scriba mit sich gebracht hatte, zur Hand, überlickte sie einen Moment und deutete dann auf einen Eintrag. "Dieser Termin hier ist hervorragend, genau an diesem Tag wird mein Herr Misenum erreichen."

    Der freundliche Gruß des Praetorianers zauberte dem greisen Griechen ein müdes Lächeln auf das faltige Antlitz - wenigstens legte man hier noch etwas Wert auf gute Umgangsformen.


    "Es handelt sich um Quintus Flavius Flaccus. Er wird in den nächsten Tagen auf seiner Reise aus der Stadt nach Paestum hier in Misenum vorbeikommen. Er sieht es als seine althergebrachte Pflicht an, unseren hochwürdigsten Imperator persönlich zu einer kleinen Unterredung zu treffen, ist es doch eine gute, väterliche Sitte, dass gerade die besten der jungen Männer, auf deren Schultern der Fortbestand und das Wohl des römischen Volkes einst ruhen mag, sich möglichst früh dem Imperator Caesar Augustus vorstellen, als dessen candidati sie schließlich auch um Ämter kandidieren werden. Als rechtschaffener Römer sieht er es überdies hinaus als seine unbedingte Pflicht an - da sein Weg schließlich über Misenum führen wird - nicht ohne weiteres an der Residenz unseres besten Imperators vorbeizureisen, sondern jenem vielmehr alle ihm gebührende Aufmerksamkeit und Ehrerbietung zuteil werden zu lassen, auf dass er auch persönlich ein Bild von den - hoffentlich! - sich einstellenden Besserungen im Gesundheitszustand des Kaisers gewinnen kann. Du siehst, die pietas des so vortrefflichen jungen Mannes scheint grenzenlos und so besteht er in seiner treuen Ergebenheit unbedingt auf ein kurzes Treffen mit dem Imperator, welches jener ihm in seiner unendlichen Güte und Milde sicherlich nicht verwehren wird."


    Sprach der Grieche und blickte den Soldaten aus seinen alten, tiefgründigen Augen an.

    Zwei unendlich lange Tage hatte es Myson, den greisen Griechen gekostet, in einem Reisewagen die Strecke von Rom nach Misenum hinter sich zu bringen. Und das alles, nur um einen Termin zu arrangieren. Hätte man dafür nicht einen jungen cursor mit einer entsprechenden Botschaft senden können? Myson, ich vertraue auf dich..., hatte der Grünschnabel gemeint und den Alten gemeinsam mit einem jüngeren Sklaven als Begleitung losgeschickt. Die Qualen der Reise hatten den Griechen derartig erschöpft, dass er, als der Junge freudig ausrief, dass die Bucht und der Hafen von Misenum bereits zu sehen war, und wild herumgestikulierte, lediglich müde nickte. Einige Stunden später waren sie dann auch an kaiserlichen Residenz angekommen, wo Myson umständlich aus dem Wagen stieg, seinen grauen Mantel, den er über der Tunika trug, zurechtrückte und auf den wachhaltenden Praetorianer zutrat. "Salve. Ich bin hier, um einen Termin mit dem Imperator Caesar Augustus zu vereinbaren.", sprach er in schneidigem Latein, jener Sprache, der er abgesehen von ihrer präzisen Ausdrucksklarheit kaum etwas abgewinnen konnte.

    "... und dennoch kann es nicht angehen, dass die Pflicht das Gute zu tun ... Nanu?", eben als der griechische Gelehrte in eine pathetischen, reichlich moralinsauren Exkurs sich ergießen wollte, blickte das über beide Backen grinsende Gesicht des jungen Sklaven zur Tür herein. "... ähm, also ... wo war ich noch mal?", etwas verlegen kratzte sich der Grieche an seiner sich mit der Zeit sich immer drastischer ausbreitenden Glatze, ehe auch ihm ein breites Lächeln über die Lippen huschte. "Wie dem auch sei ... ich denke es ist Zeit, ein wenig das Leben und die Freundschaft zu betrinken ...." Und schon hatte er Flaccus, seinen jungen Herrn mehr aus dem Raum geschoben, denn gebeten, nur um dann in durchaus vertraulicher Weise neben ihm durch die Gänge des Praetoriums zu spazieren. "Wird die hübsche Aurelia hier sein? Die Blume, das Blümelein ...", mit einer Albernheit, die sein Alter kaum vermuten ließ, stieß der Philosoph dem Flavier kichernd in die Seite, was jener mit einem etwas entnervten Blick quittierte. "Ich weiß es nicht, Myson." Götter! Konnte dieser Mann manchmal kindisch sein ... wenn er nur nicht so unendlich klug dabei wäre. So etwas mochte dem jungen Flavier gerade durch den Kopf schießen, doch übermäßig viel Zeit für derartige Überlegungen würde ihm wohl nicht bleiben, denn schon waren die beiden offenbar am Ziel ihres kurzen Spaziergangs angelangt, denn der Raum, in welchem sie sich nun befanden, sah verdächtig danach aus, als wäre er für ein Mahl vorbereitet.


    Zufrieden blickte der Grieche sich um. Na das sah ja mal gut aus. Die ansprechende Dekoration mochte seinen ästhetischen Ansprüchen durchaus gerecht zu werden, wenngleich er sie fast ein wenig zu dezent fand - doch da mochte wohl sein griechischer Geschmack den Ausschlag geben. Den dunklen Nubier, welcher die Gesandtschaft aus Rom bereits vor einigen Stunden so höflich empfangen hatte, bedachte der Grieche mit einem freundlichen Nicken, ehe er verstohlen eine Weintraube von einem der vorbereiteten Obstteller fixierte, und sie blitzschnell in seinen Mund beförderte. Glücklicherweise hatte der Flavier sich in diesem Moment gerade mit seiner prächtigen Tunika beschäftigt, sodass die Traubenaktion des Sklaven unbemerkt geblieben war, zumindest von seinem eigenen Herren. Dieser schien wieder seinem Perfektionswahn zu erliegen, in welchem er seine Sklaven regelmäßig zur Verzweiflung trieb. Seufzend musterte der greise Grieche das Erscheinungsbild des jungen Flaviers. "Ach, was soll ich sagen ....", amüsiert beobachtete er, wie die Miene des jungen Mannes in einem Anflug von Bestürzung sich verformte, ehe ein breites Grinsen sich auf die Züge des Sklaven schlich. " ... du siehst aus wie Ádonis ...", und nach gespielt eingehender Musterung, " ... nur etwas römischer."

    Leibwächter? Zweifelsohne war Myson, jener griechische Sklave des Quintus Flavius Flaccus, ein Mann von unzähligen Qualitäten, wenngleich er selbst sich nur als Philosoph sah, und gewissermaßen als Mentor des jungen Flaviers, welchem er in allen Belangen zur Seite stand, doch ein Leibwächter war der alte Grieche vermutlich nicht. Natürlich hatte er seinen jungen Herren auch nach Mantua begleitet, wenngleich die Reise für ihn selbst mit zahlreichen Strapazen verbunden gewesen war, schließlich war er nicht mehr der Jüngste, und nutzte auch jede Gelegenheit, das dem Grünschnabel, also Dominus Flavius nur allzu deutlich zu machen. Die Aussicht auf eine angenehme Unterkunft und den einen oder anderen guten Schluck Wein im Lager ließen jedoch schon bei der Ankunft seine Lebensgeister wieder erwachen. Und so trat auch er, als Flavius Flaccus bereits einzutreten sich anschickte, an die Sklaven heran, um mit seinen Händen und Füßen ein wenig im warmen Wasser zu plantschen. Nachdem er das also eine kleine Weile gemacht hatte - das Vergnügen darüber entlockte dem Griechen gar einige wonnig glucksende Laute - trat auch er ein, dem nubischen Sklaven freundlich zunickend.


    Daraufhin folgten die beiden, Flavius Flaccus und Myson, einem äußert fröhlichen, an Lebensfreude nur so sprudelnden, jungen Mann zu den Räumen, die für den Flavier waren vorbereitet worden. Kurz darauf wurden auch die Truhen, welche bisher auf dem Reisewagen sich befunden hatten, und größtenteils Kleidung sowie einige essentielle Schriften, ohne die der junge Flavier die Reise wohl kaum angetreten hätte, herbeigebracht, und Myson kleidete zunächst seinen Herren und daraufhin auch sich selbst, elegant ein. Mittlerweile war auch der Tag schon soweit vorangeschritten, dass nur noch wenig Zeit zu einer kleinen philosophischen Diskussion blieb, ehe der junge Sklave, gleichsam der strahlendste Sonnenschein in Person, erneut auftauchte, um den jungen Flavier zur cena abzuholen, wohin ihm der Grieche natürlich folgte.